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Abschnitt 210 VV-BauGB - Vorbereitende Untersuchungen

Bibliographie

Titel
Verwaltungsvorschriften zum Baugesetzbuch (VV-BauGB)
Amtliche Abkürzung
VV-BauGB
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
21074000000002

210.1
Erforderlichkeit

210.1.1
Grundsatz

Die Durchführung vorbereitender Untersuchungen ist zwingende verfahrensrechtliche Voraussetzung für den Erlaß der Sanierungssatzung.

210.1.2
Absehen von vorbereitenden Untersuchungen

Vorbereitende Untersuchungen sind nicht erforderlich, soweit bereits hinreichende Beurteilungsunterlagen vorliegen (§ 141 Abs. 2).

Die Regelung des § 141 Abs. 2 bezieht sich jedoch nur auf einzelne Untersuchungen im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen, nicht aber auf die Einleitung und Durchführung der vorbereitenden Untersuchungen als Verfahrensabschnitt insgesamt.

210.2
Aufgabe und Inhalt der vorbereitenden Untersuchungen

210.2.1
Feststellung der Notwendigkeit der Sanierung

Ziel der vorbereitenden Untersuchungen ist nach § 141 Abs. 1, die Voraussetzungen für die Durchführung einer städtebaulichen Sanierungsmaßnahme als Gesamtmaßnahme im betreffenden Gebiet festzustellen. Aus den vorbereitenden Untersuchungen müssen sich daher ergeben:

  1. a)
    Vorschlag zur Abgrenzung eines förmlich festzulegenden Sanierungsgebiets (Nr. 202.10), erforderlichenfalls auch von Ersatz- und Ergänzungsgebieten (Nr. 202.11),
  2. b)
    Nachweis der städtebaulichen Mißstände im betreffenden Gebiet (Nr. 202.3),
  3. c)
    Begründung der Erforderlichkeit von Sanierungsmaßnahmen (Nr. 202.6),
  4. d)
    Nachweis des öffentlichen Interesses an der Sanierung (Nr. 202.7),
  5. e)
    Abstimmung mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung (Nr. 202.4).

210.2.2
Bestandsaufnahme und Bewertung der sozialen, strukturellen und städtebaulichen Verhältnisse und Zusammenhänge

Zur Beurteilung der Frage, ob eine Sanierung notwendig ist und in welcher Weise sie gegebenenfalls durchgeführt werden könnte, ist eine Bestandsaufnahme und Analyse der vorhandenen Verhältnisse erforderlich. Dabei ist auch zu berücksichtigen, wie sich diese Verhältnisse entwickeln würden, falls eine Sanierung nicht durchgeführt würde.

Im Rahmen der Bestandsaufnahme sind auch die planungsrechtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen. Erfaßt und ausgewertet werden müssen:

  • die Ziele der Landes- und Regionalplanung,
  • Fachplanungen,
  • Darstellungen des Flächennutzungsplans,
  • Bebauungspläne, Erhaltungssatzungen, örtliche Bauvorschriften über die Gestaltung.

Ist ein Bebauungsplan vorhanden, muß geprüft werden, ob auf seiner Grundlage die Sanierung durchgeführt werden kann oder ob eine Umplanung erforderlich ist.

Erfaßt und bewertet werden müssen, soweit dies erforderlich ist, auch die sonstigen rechtlichen Gegebenheiten, z.B. die Eigentumsstruktur.

Bestandsaufnahme und Analyse dürfen sich nicht auf das in Aussicht genommene Sanierungsgebiet beschränken, vielmehr sind auch die strukturellen und funktionellen Zusammenhänge und Verflechtungen dieses Gebiets mit anderen Teilen des Gemeindegebiets zu berücksichtigen.

210.2.3
Festlegung der anzustrebenden allgemeinen Ziele der Sanierung

Die Bewertung der Verhältnisse und Zusammenhänge muß zu Aussagen darüber führen, ob und gegebenenfalls welche Änderungen, Umgestaltungen oder Erhaltungsmaßnahmen erforderlich sind. Im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen sind die anzustrebenden allgemeinen Ziele der Sanierung festzulegen.

Eine Konkretisierung dieser Ziele und Zwecke der Sanierung ist nur insoweit erforderlich, als diese für die Beurteilung der Notwendigkeit der Sanierung, die Abgrenzung des Sanierungsgebiets und die Art des anzuwendenden Sanierungsverfahrens (Nr. 203) von Bedeutung sein können. Grundstücksbezogene Aussagen sind nicht notwendig.

210.2.4
Begründung der Durchführbarkeit im allgemeinen

Die in Aussicht genommene städtebauliche Sanierungsmaßnahme muß im Hinblick auf die festgelegten allgemeinen Ziele der Sanierung gebietlich, inhaltlich, organisatorisch und finanziell durchführbar sein. Dies ergibt sich aus dem Gebot der zügigen Durchführung in § 136 Abs. 1 (Nr. 202.9). Besteht keine Aussicht auf Durchführung innerhalb eines absehbaren Zeitraums, ist die Sanierungssatzung nach § 143 Abs. 1 Satz 3 rechtsfehlerhaft (Nr. 202.9.2). Im Hinblick darauf müssen die vorbereitenden Untersuchungen Aussagen ergeben über:

  1. a)
    die zweckmäßige Abrenzung und die Größe des Sanierungsgebiets (Nr. 202.10);
  2. b)
    die Mitwirkungsbereitschaft der Träger öffentlicher Belange (Nr. 207.2);
  3. c)
    die Abstimmung mit Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Aufgabenträger und Bedarfsträger in sachlicher, zeitlicher und finanzieller Hinsicht (Nrn. 207.3 und 207.4).
    Ist zur Vorbereitung und Durchführung der Sanierung die Mitwirkung oder in den unter Nr. 206.6 genannten Fällen die Zustimmung öffentlicher Aufgabenträger erforderlich, kann die Durchführbarkeit in Frage gestellt sein, wenn ein wesentlicher Aufgabenträger der Sanierung aus triftigen Gründen widerspricht und eine Abstimmung gemäß § 139 sich nicht erreichen läßt;
  4. d)
    die Mitwirkungsbereitschaft der Betroffenen.
    Mangelnde Mitwirkungsbereitschaft der Betroffenen (Eigentümer, Mieter, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte) vermag in der Regel die Aussicht auf Durchführung nicht zu beeinträchtigen. Das BauGB gibt den Gemeinden hinreichende Befugnisse, für eine zügige Durchführung zu sorgen (Nr. 204.3);
  5. e)
    die Verwaltungskraft der Gemeinde, Bestellung eines Beauftragten.
    Vorbereitung, Durchführung und Abwicklung einer städtebaulichen Sanierungsmaßnahme stellen hohe Anforderungen an die Verwaltungskraft einer Gemeinde. Besitzt die Gemeinde nicht die erforderlichen Kräfte, muß sie einen Sanierungsträger oder einen sonstigen Beauftragten bestellen (Nr. 229);
  6. f)
    die voraussichtlichen Gesamtkosten der Sanierung.
    Hierzu ist eine überschlägige Ermittlung der Kosten erforderlich;
  7. g)
    die Festlegung von Durchführungsabschnitten und Durchführungszeiten.
    Hierzu ist die Aufstellung eines groben Zeit-Maßnahme-Plans erforderlich;
  8. h)
    die Anwendung der besonderen sanierungsrechtlichen Vorschriften der §§ 152 bis 156.
    Auf Nrn. 223 bis 228 wird verwiesen;
  9. i)
    die Finanzierbarkeit.
    Die Kosten der Sanierung können im Regelfall nur zu einem geringen Umfange durch sanierungsbedingte Einnahmen gedeckt werden. Die Gemeinde muß daher zur Finanzierung der durch Einnahmen nicht gedeckten Kosten Finanzierungsmittel bereitstellen. Insoweit muß ihre finanzielle Leistungsfähigkeit gegeben sein.
    Im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen braucht allerdings nicht der volle Nachweis der Finanzierbarkeit geführt zu werden. Die Durchführbarkeit der Sanierung ist erst dann in Frage gestellt, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Aussicht besteht, die städtebauliche Sanierungsmaßnahme innerhalb eines absehbaren Zeitraums durchzuführen (§ 143 Abs. 1 Satz 3).
    Einigermaßen verläßliche Aussagen über die Bereitstellung von Mitteln der Gemeinde sind auch nur für das jeweilige Haushaltsjahr und den Zeitraum der fünfjährigen Finanzplanung der Gemeinde möglich. Für den Nachweis der Finanzierbarkeit im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen reicht es aus, wenn der Haushaltsplan und die fünfjährige Finanzplanung die Bereitstellung von entsprechenden Mitteln der Gemeinde als möglich erscheinen lassen.
    Ist die betreffende Sanierungsmaßnahme in das Förderungsprogramm des Landes aufgenommen und sind dementsprechend Städtebauförderungsmittel des Landes zu erwarten, so beschränkt sich der Nachweis der Finanzierbarkeit auf den daneben noch von der Gemeinde aufzubringenden Eigenanteil.

210.2.5
Ermittlung nachteiliger Auswirkungen

Im Rahmen der vorbereitenden Untersuchungen sind auch die nachteiligen Auswirkungen der beabsichtigten Sanierung auf die hiervon unmittelbar Betroffenen zu ermitteln, soweit sie erkennbar sind. Nachteilig betroffen sein können:

  • die persönlichen Lebensumstände;
  • die wirtschaftlichen Verhältnisse.
    Hierzu gehören z.B. Mehrbelastungen durch höhere Mieten, Veränderungen im Kundenstamm bei Gewerbe betrieben;
  • die sozialen Verhältnisse.
    Diese können betroffen sein, wenn sich die Notwendigkeit ergibt, z.B. das Sanierungsgebiet verlassen oder den Arbeitsplatz wechseln zu müssen.

210.3
Ausgeschlossene Planungen und Untersuchungen

Nicht zu den vorbereitenden Untersuchungen gehören:

  1. a)
    Planungen und Untersuchungen auf dem Gebiete der Raumordnung,
  2. b)
    Aufstellung und nicht sanierungsbedingte Änderungen des Flächennutzungsplans,
  3. c)
    Aufstellung anderweitig gesetzlich vorgeschriebener Pläne,
  4. d)
    Erstellung von Generalverkehrsplänen,
  5. e)
    Landschaftsplanungen,
  6. f)
    allgemeine Vermessungen.

210.4
Untersuchungsbereich

Die vorbereitenden Untersuchungen erstrecken sich auf einen abgegrenzten Bereich des Gemeindegebiets, für den der Verdacht besteht, daß dort sanierungsbedürftige Zustände vorhanden sind (Untersuchungsbereich).

Der Untersuchungsbereich ist so abzugrenzen, daß die beabsichtigte Sanierung zügig durchgeführt werden kann. Er ist in der Regel größer als das später festzulegende Sanierungsgebiet.

210.5
Verfahren

210.5.1
Einleitungsbeschluß

Gemäß § 141 Abs. 3 Satz 1 werden die vorbereitenden Untersuchungen durch Beschluß der Gemeinde eingeleitet.

Zuständig für den Beschluß ist der Verwaltungsausschuß (§ 57 Abs. 2 NGO), sofern der Rat sich nicht die Beschlußfassung gemäß § 40 Abs. 2 NGO vorbehalten hat.

Der Beschluß ist an keine Voraussetzungen des Gesetzes gebunden. Er erschöpft sich darin, den Untersuchungsbereich zu bezeichnen. Mit ihm verbunden ist der Auftrag an die Verwaltung der Gemeinde, die Untersuchungen durchzuführen.

Der Beschluß nach § 141 Abs. 3 Satz 1 ist keine Satzung, sondern ein Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung.

Unmittelbare Rechtsfolgen zur Sicherung der späteren Sanierung sind mit dem Beschluß nicht verbunden. Diese treten erst mit Erlaß der Sanierungssatzung in Kraft. Die Gemeinde muß daher erforderlichenfalls die allgemeinen Instrumente zur Sicherung städtebaulicher Planungen und Maßnahmen (z.B. Veränderungssperre, Zurückstellung von Baugesuchen, Teilungsgenehmigung, Ausübung von allgemeinen Vorkaufsrechten) anwenden.

210.5.2
Bekanntmachung

Der Beschluß über den Beginn der vorbereitenden Untersuchungen ist ortsüblich bekanntzumachen (§ 141 Abs. 3 Satz 2).

Die Art der örtlichen Bekanntmachung bestimmt sich nach der Hauptsatzung der Gemeinde. Die BekanntmachungsVO ist auf die Bekanntmachung nach § 141 Abs. 3 Satz 2 nicht anzuwenden.

Wird für die ortsübliche Bekanntmachung eine Übersichtskarte benötigt, so eignet sich hierfür die Topographische Karte 1:25.000 (TK 25).

210.5.3
Durchführung der vorbereitenden Untersuchungen

Die Durchführung der vorbereitenden Untersuchungen obliegt der Gemeinde. Sie kann sich hierzu eines geeigneten Beauftragten bedienen (Nr. 229).

210.5.4
Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Betroffenen

Auf die notwendige Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (Nr. 207) und der Betroffenen (Nr. 206) wird hingewiesen.

210.6
Beendigung der vorbereitenden Untersuchungen

210.6.1
Abschluß, Bericht

Die vorbereitenden Untersuchungen sind abzuschließen, wenn die erforderlichen Beurteilungsgrundlagen vorliegen.

Über das Ergebnis der vorbereitenden Untersuchungen ist, falls die Gemeinde die förmliche Festlegung eines Sanierungsgebiets in Betracht zieht, ein Bericht über die Gründe anzufertigen (§ 143 Abs. 1 Satz 1). Der Bericht ist Grundlage für die Prüfung der Aufsichtsbehörde (Nr. 211.5).

Ein Bericht ist sanierungsrechtlich nicht erforderlich, wenn die vorbereitenden Untersuchungen zum Ergebnis kommen, daß eine Sanierung nicht durchgeführt werden kann.

210.6.2
Abbruch der vorbereitenden Untersuchungen

Die Gemeinde kann die vorbereitenden Untersuchungen auch ohne Ergebnis abbrechen.

Das Gemeindeorgan, das den Beschluß über die vorbereitenden Untersuchungen gefaßt hat, hat im Regelfall auch über deren vorzeitige Beendigung zu entscheiden.

Im Hinblick auf die Rechtswirkungen der Einleitung vorbereitender Untersuchungen ist es geboten, die Einstellung der Untersuchungen ebenfalls ortsüblich bekanntzumachen.

210.7
Durchführung der vorbereitenden Untersuchungen in Stufen

Die vorbereitenden Untersuchungen können auch in Stufen durchgeführt werden.

Die erste Untersuchungsstufe bezieht sich auf das gesamte Untersuchungsgebiet mit dem dazugehörigen Verflechtungsbereich. Sie schließt mit der Abgrenzung von Gebieten mit hoher Sanierungsbedürftigkeit ab.

Die zweite Untersuchungsstufe und erforderlichenfalls jede weitere ist auf das Gebiet mit hoher Sanierungsbedürftigkeit beschränkt. Sie bildet die Grundlage für die Abgrenzung des förmlich festzulegenden Sanierungsgebiets.