Abschnitt 229 VV-BauGB - 229. Übertragung von Aufgaben der Gemeinde
Bibliographie
- Titel
- Verwaltungsvorschriften zum Baugesetzbuch (VV-BauGB)
- Amtliche Abkürzung
- VV-BauGB
- Normtyp
- Verwaltungsvorschrift
- Normgeber
- Niedersachsen
- Gliederungs-Nr.
- 21074000000002
229.1
Allgemeines
229.1.1
Zulässigkeit der Übertragung
Die Gemeinde kann sich zur Erfüllung von Aufgaben, die ihr bei der Vorbereitung, Durchführung oder Abwicklung der Sanierung obliegen, eines geeigneten Beauftragten bedienen (§ 157 Abs. 1 Satz 1), soweit sich aus Nr. 229.2 nichts anderes ergibt.
229.1.2
Ermessen der Gemeinde
Ob die Gemeinde sich eines Sanierungsträgers oder eines anderen Beauftragten bedient, liegt grundsätzlich in ihrem Ermessen. Sie kann alle betreffenden Aufgaben auch mit eigenen Kräften erfüllen.
Aus dem Gebot der zügigen Durchführung kann sich jedoch die Notwendigkeit ergeben, Aufgaben zu übertragen, wenn die Gemeinde selbst nicht in der Lage ist, die zügige Durchführung sicherzustellen.
229.1.3
Verantwortung der Gemeinde
Trotz der Übertragung von Aufgaben auf einen Sanierungsträger oder anderen Beauftragten bleibt die Verantwortung der Gemeinde für die Vorbereitung, Durchführung und Abwicklung der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme bestehen. Die Aufgabenübertragung hat keine Entlastung der Gemeinde zur Folge; eine Delegation von Aufgaben im Rechtssinne liegt nicht vor.
229.2
Aufgaben
229.2.1
Nicht übertragbare Aufgaben
Nicht übertragbar sind Aufgaben, deren Erfüllung notwendig die Ausübung von Hoheitsgewalt erfordert oder die nur in den Formen des öffentlichen Rechts erledigt werden können. Hierzu gehören alle Maßnahmen, die einen Beschluß der Gemeindevertretung, den Erlaß eines Verwaltungsaktes oder den Abschluß eines öffentlich-rechtlichen Vertrages erfordern. Das gleiche gilt für die förmliche Beteiligung der Träger öffentlicher Belange. Hiernach sind insbesondere nicht übertragbar:
- a)der Beschluß über den Beginn der vorbereitenden Untersuchungen (Nr. 210.5.1),
- b)der Beschluß zur Sanierungssatzung (Nr. 211.3.4),
- c)der Beschluß über die förmliche Festlegung von Ersatz und Ergänzungsgebieten (Nr. 202.11.4),
- d)die in Nr. 26.2 VV-BBauG genannten Aufgaben bei der Aufstellung von Bauleitplänen,
- e)der Beschluß über die städtebauliche Planung, insbesondere über den Rahmenplan (Nrn. 213.3.11 und 212.4),
- f)
- g)die Umlegung,
- h)die Aufhebung und Verlängerung von Miet- und Pachtverhältnissen (Nr. 250.6.1),
- i)die Erhebung von Ausgleichsbeträgen (Nr. 226.8),
- j)die Bewilligung von Sanierungsmitteln,
- k)die Abschlußerklärung für einzelne Grundstücke gemäß § 163 (Nr. 236.4),
- l)der Beschluß über die Aufhebung der Sanierungssatzung gemäß § 162 (Nr. 235.3.1),
- m)die Gewährung eines Härteausgleichs (Nr. 248.4.2),
- n)die Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes bei Verletzung der Auskunftspflicht nach § 138 (Nr. 206.5).
229.2.2
Eingeschränkt übertragbare Aufgaben
Gemäß § 157 Abs. 1 Satz 2 können folgende Aufgaben nur einem bestätigten Sanierungsträger übertragen werden:
- a)die Durchführung der Sanierung, soweit sie nach §§ 146 bis 148 der Gemeinde obliegt,
- b)der Erwerb von Grundstücken oder von Rechten an Grundstücken im Auftrag der Gemeinde zur Vorbereitung oder Durchführung der Sanierung,
- c)die Bewirtschaftung von Mitteln der Gemeinde, die der Sanierung dienen.
Einem auf eigene Rechnung tätigen Sanierungsträger (Sanierungsunternehmer) soll nach § 157 Abs. 2 nicht die Ausarbeitung von Bauleitplänen übertragen werden. Das gleiche gilt im Hinblick auf ein vom Sanierungsunternehmer rechtlich oder wirtschaftlich abhängiges Unternehmen.
229.3
Beauftragter
229.3.1
Sanierungsträger
Als Beauftragter kommt in erster Linie ein bestätigter Sanierungsträger in Betracht (Nr. 230).
229.3.2
Sonstiger Beauftragter
Nach § 157 Abs. 1 Satz 1 ist für den sonstigen Beauftragten alleinige Voraussetzung, daß er für die Übernahme der Aufgaben geeignet ist. Unter dieser Voraussetzung kommen als sonstige Beauftragte in Betracht:
- a)Einzelpersonen,
- b)Unternehmen,
- c)Behörden des Landes, Landkreise, Samtgemeinden oder sonstige öffentliche Stellen.
229.4
Beauftragung
Die Übertragung von Aufgaben der Gemeinde erfolgt
- a)beim Sanierungsträger durch Abschluß eines Sanierungsträgervertrages (Nr. 229.5),
- b)beim sonstigen Beauftragten durch Abschluß eines Werkvertrages i.S. von § 631 BGB.
229.5
Sanierungsträgervertrag
229.5.1
Form
Die Übertragung von Aufgaben der Gemeinde auf den Sanierungsträger erfolgt durch schriftlichen Vertrag (§ 159 Abs. 2 Satz 1). Die Vertragsurkunde ist gemäß § 126 BGB von den Vertragsparteien eigenhändig zu unterzeichnen. Eine notarielle Beurkundung gemäß § 313 BGB ist, auch wenn die Übertragung oder der Erwerb von Grundstücken zu den übertragenen Aufgaben gehören soll, nicht erforderlich (§ 159 Abs. 2 Satz 2).
229.5.2
Rechtsnatur
Der Sanierungsträgervertrag ist, da öffentliche Aufgaben der Gemeinde übertragen werden, ein öffentlich-rechtlicher Vertrag i.S. von § 54 VwVfG.
229.5.3
Inhalt
Der Sanierungsträgervertrag muß nach § 159 Abs. 2 Satz 1 mindestens folgendes festlegen:
- a)
Art und Umfang der zu übertragenden Aufgaben;
- b)
Rechtsteilung des Sanierungsträgers.
Festgelegt werden muß, ob der Sanierungsträger gemäß § 159 Abs. 1
im eigenen Namen für Rechnung der Gemeinde als deren Treuhänder (Sanierungstreuhänder) oder
im eigenen Namen für eigene Rechnung (Sanierungsunternehmer)
tätig werden soll;
- c)
Vergütung;
- d)
Befugnis der Gemeinde zur Erteilung von Weisungen.
Die Weisungsbefugnis der Gemeinde kann vertraglich nicht abbedungen oder eingeschränkt werden. Der Vertrag kann jedoch nähere Regelungen über die Ausübung der Weisungsbefugnis treffen.
Der Sanierungsträgervertrag kann weitere Bestimmungen enthalten, insbesondere über
- e)
jährliche Prüfung des Sanierungsträgers;
- f)
Abwicklung von beendeten Sanierungsträgerverträgen, soweit das BauGB keine Regelungen getroffen hat (vgl. Nr. 229.5.7).
229.5.4
Kommunalaufsichtliche Genehmigung
Der Sanierungsträgervertrag begründet
- nach § 160 Abs. 4 beim Sanierungstreuhänder bzw.
- nach § 159 Abs. 6 Satz 5 beim Sanierungsunternehmer
Gewährleistungs- und Haftungsverpflichtungen der Gemeinde. Auf Grund von § 93 Abs. 2 NGO bedarf der Sanierungsträgervertrag daher der Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde.
Die gemäß § 93 Abs. 4 NGO durch RdErl. des MI vom 7.2.1979 (Nds. MBl. S. 237 - GültL 76/48) erteilte allgemeine Genehmigung für Rechtsgeschäfte i.S. von § 93 Abs. 2 und 3 NGO gilt nicht für Sanierungsträgerverträge.
229.5.5
Rechtswirkungen
Der Sanierungsträgervertrag löst folgende Verpflichtungen des Sanierungsträgers aus:
- a)Auskunftspflicht.
Der Sanierungsträger hat der Gemeinde auf Verlangen Auskunft zu erteilen (§ 159 Abs. 1 Satz 3). Diese Pflicht kann vertraglich nicht abbedungen oder eingeschränkt werden. Der Sanierungsträgervertrag kann nähere Bestimmungen über die Auskunftserteilung treffen; - b)Veräußerung von Grundstücken gemäß § 159 Abs. 3;
- c)Abführung bzw. Verrechnung von Ausgleichsbeträgen gemäß § 159 Abs. 4;
- d)Zahlung von Ausgleichsbeträgen gemäß § 159 Abs. 5.
229.5.6
Beendigung des Sanierungsträgervertrages
Der Sanierungsträgervertrag kann gemäß § 159 Abs. 2 Satz 3 von jeder Seite nur aus wichtigem Grund gekündigt werden.
Der Sanierungsträgervertrag endet mit seiner Erfüllung, d.h. mit Abschluß und Abwicklung der städtebaulichen Sanierungsmaßnahme (Nrn. 234 bis 237).
Der Sanierungsträgervertrag erlischt mit der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Sanierungsträgers (§ 159 Abs. 6 Satz 1 bzw. § 161 Abs. 3 Satz 1).
229.5.7
Abwicklung des Sanierungsträgervertrages
Die Abwicklung des beendeten Sanierungsträgervertrages ist in § 159 Abs. 6 und 7, in § 160 Abs. 6 und in § 161 Abs. 3 gesetzlich geregelt.
Weitergehende Regelungen über die Vertragsabwicklung können im Sanierungsträgervertrag getroffen werden.