Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 21.05.2019, Az.: 18 B 7477/18
Aktualisierungsgebot; Anklageerhebung wegen Untreue in zwei besonders schweren Fällen; Mangel einer fehlenden Anhörung; teilweise Einbehaltung der Dienstbezüge dem Grunde nach; Verdacht der Ämterpatronage; vorläufige Dienstenthebung; Vorwurf der Haushaltsuntreue; wesentliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebes
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 21.05.2019
- Aktenzeichen
- 18 B 7477/18
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2019, 69696
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 38 Abs 1 DG ND
- § 38 Abs 1 Nr 2 DG ND
- § 58 Abs 2 DG ND
- § 263 Abs 3 Nr 2 StGB
- § 263 Abs 3 Nr 4 StGB
- § 266 StGB
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Zu den Voraussetzungen einer vorläufigen Dienstenthebung wegen wesentlicher Beeinträchtigung des Dienstbetriebes nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG.
Tenor:
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 29.308,53 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen seine vorläufige Dienstenthebung sowie gegen die - bislang nur dem Grunde nach beschlossene - teilweise Einbehaltung seiner Dienstbezüge.
Der F. geborene Antragsteller, der zunächst eine Lehre zum Verwaltungsfachangestellten abschloss, ist seit G. bei der Antragsgegnerin beschäftigt. Im Februar 2014 berief ihn die Antragsgegnerin für die Zeit vom 3. Februar 2014 bis zum 2. Februar 2022 in ein Beamtenverhältnis auf Zeit als Stadtrat (BesGr. B 7). Nachdem er in dieser Funktion zunächst als Personal- und Organisationsdezernent der Antragsgegnerin tätig war, wurde das von ihm geführte Dezernat im Jahr 2015 um die Bereiche Kultur und Feuerwehr erweitert.
Mit Verfügung vom 6. Oktober 2017 leitete der Hauptverwaltungsbeamte der Antragsgegnerin ein Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller wegen des Verdachts der Ämterpatronage ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, es bestehe der Verdacht, dass der Antragsteller versucht habe, seinen Einfluss als Kultur- und Personaldezernent zu nutzen, um seine Lebensgefährtin in eine höher dotierte Position zu befördern.
Durch Beschluss des Rates der Antragsgegnerin vom Dezember 2017 wurde die Dezernatsverteilung geändert. Die Bereiche Personal und Organisation sowie Feuerwehr wurden in ein anderes Dezernat verlagert. In dem vom Antragsteller geführten Dezernat verblieb nur der Bereich Kultur.
Mit Verfügung vom 25. Mai 2018 wurde das Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller auf weitere Sachverhalte ausgedehnt. In der Ausdehnungsverfügung wurde u. a. ausgeführt, es bestehe der Verdacht, dass der Antragsteller Unterlagen, die die Zahlung einer Zulage für geleistete Mehrarbeit an H., den Leiter des (im April 2015 neu geschaffenen) Geschäftsbereichs des Hauptverwaltungsbeamten der Antragsgegnerin, beträfen, nicht in dessen Personalakte, sondern in einer privaten Handakte aufbewahrt und Kopien dieser Handakte mutmaßlich im Oktober 2017 an den Vorsitzenden der CDU-Fraktion im I. Landtag und Vorsitzenden des CDU-Kreisverbandes A-Stadt-Stadt, J., sowie mutmaßlich auch an die Bild-Zeitung und die K. Allgemeine Zeitung weitergeleitet habe. Weiter bestehe der Verdacht, dass der Antragsteller auf diese Weise gezielt versucht habe, das Gerücht zu verbreiten und zu substantiieren, der Hauptverwaltungsbeamte der Antragsgegnerin habe die Zahlung einer unrechtmäßigen Gehaltszulage für den Leiter seines Geschäftsbereichs gefordert.
Unter dem 4. Juni 2018 erfolgte eine weitere Ausdehnung des Disziplinarverfahrens gegen den Antragsteller um den Vorwurf der Haushaltsuntreue zulasten der Antragsgegnerin. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, es bestehe der Verdacht, dass der Antragsteller die Zahlung einer pauschalen Mehrarbeitsvergütungszulage an H. angewiesen habe, obwohl er zuvor durch den zuständigen Bereich darauf hingewiesen worden sei, dass die Zahlung einer solchen Zulage für Beamten der Besoldungsgruppe B, der H. angehöre, rechtswidrig sei. Weiter bestehe der Verdacht, dass der Antragsteller auch die Zahlung einer Mehrarbeitsvergütungszulage an den Direktor der Feuerwehr der Antragsgegnerin in Höhe der Differenz der Besoldungsgruppe B2 zu B3 angewiesen habe.
Mit Verfügung vom 15. Juni 2018 enthob die Antragsgegnerin den Antragsteller gestützt auf § 38 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG vorläufig des Dienstes. Am 22. Oktober 2018 beantragte der Antragsteller bei der erkennenden Kammer die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung (18 B 6708/18).
Daraufhin hob die Antragsgegnerin die Suspendierungsverfügung vom 15. Juni 2018 mit Bescheid vom 26. November 2018 auf und enthob den Antragsteller gleichzeitig - nunmehr auf § 38 Abs. 1 Nr. 1 und 2 NDiszG gestützt - weiterhin vorläufig des Dienstes.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Im Zuge der Ermittlungen habe sich bezüglich des Vorwurfs der Ämterpatronage der Verdacht erhärtet, dass der Antragsteller die bei der internen Ausschreibung der betroffenen Stelle abgeforderten persönlichen Voraussetzungen ohne sachlich gerechtfertigten Grund in der Weise beeinflusst habe, dass die Bewerbung seiner Lebensgefährtin bessere Erfolgsaussichten gehabt habe. Der Vorwurf, Unterlagen betreffend eine Zulage an H. unsachgemäß aufbewahrt und an Dritte weitergeleitet zu haben, sei weiter Gegenstand der disziplinarischen Untersuchungen sowie eines gegen den Antragsteller eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Hinsichtlich des Vorwurfs der Haushaltsuntreue zulasten der Antragsgegnerin habe der Antragsteller die ihm zur Last gelegten Vorwürfe in seiner dem erkennenden Gericht im Verfahren 18 B 6708/18 vorgelegten Antragsschrift im Wesentlichen eingeräumt. Die Möglichkeit einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Haushalts- bzw. Amtsuntreue gem. § 266 StGB sei damit sehr wahrscheinlich geworden. Wenn sich die dem Antragsteller zur Last gelegten Vorwürfe bestätigen würden, habe er in erheblichem Maße gegen seine Dienstpflichten verstoßen. Durch sein Verhalten habe er das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit in eine ordnungsgemäße und rechtmäßige Amtsführung stark beschädigt. Durch die inzwischen bundesweite Berichterstattung werde der Eindruck vermittelt, rechtliche Vorgaben seien im öffentlichen Dienst einfach zu umgehen. Das Vertrauensverhältnis zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin sei so stark erschüttert, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis überwiegend wahrscheinlich sei.
Zudem sei es weiterhin so, dass durch ein Verbleiben des Antragstellers im Dienst bzw. seine Rückkehr in denselben der Dienstbetrieb wesentlich beeinträchtigt würde und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis sei. Unter dem 29. Mai 2018 habe der Antragsteller seine Zuständigkeit für die Kulturhauptstadtbewerbung der Antragsgegnerin mit Verweis auf das gegen ihn laufende strafrechtliche Ermittlungsverfahren zurückgegeben, sodass diese Aufgabe - wie aktuell auch die übrigen Aufgaben des Kulturdezernats - seither von seiner Vertreterin wahrgenommen würde. Mit der Kulturhauptstadtbewerbung eng verzahnt sei die Erarbeitung des Kulturentwicklungsplanes. Im Falle einer Rückkehr des Antragstellers in den Dienst müsse die Zuständigkeit für den Kulturentwicklungsplan jedoch bei dem Antragsteller verbleiben, da das Kulturdezernat ansonsten mangels anderer wesentlicher Aufgaben nur noch eine „leere Hülle“ darstellen würde. Ein solches Auseinanderfallen der Zuständigkeiten würde dazu führen, dass die Mitarbeiter die Zuständigkeiten nicht mehr eindeutig nachvollziehen könnten.
Hinzu komme, dass die gegen den Antragsteller erhobenen disziplinarrechtlichen und strafrechtlichen Vorwürfe weiterhin nicht geklärt seien. Dies führe zu Irritationen der Mitarbeiter, die dem Antragsteller und dem Kulturdezernat unmittelbar zugeordnet seien, sowie sämtlicher Bediensteter der gesamten Stadtverwaltung. Bei einer Rückkehr in den Dienst sei vor dem Hintergrund der dienstlichen und politischen Verantwortung des Antragstellers nach alledem zu erwarten, dass die Betriebsabläufe und der Betriebsfrieden erheblich gestört würden. Darüber hinaus sei aufgrund der aktuellen Presseberichterstattung unvorstellbar, dass der Antragsteller seine Tätigkeit als Dezernent mit den damit verbundenen repräsentativen Aufgaben wieder aufnehme.
Mit Schreiben vom 27. November 2018 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, der Verwaltungsausschuss habe am 25. November 2018 neben seiner vorläufigen Dienstenthebung auch die Einbehaltung von maximal 50 vom Hundert seiner Dienstbezüge beschlossen. Gleichzeitig hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur Bestimmung der tatsächlichen Höhe der Kürzung der Dienstbezüge zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen an.
Am 4. Dezember 2018 hat der Antragsteller beim Gericht einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.
Der Antragsteller beantragt,
die mit Verfügung vom 26. November 2018 ausgesprochene vorläufige Dienstenthebung und teilweise Einbehaltung von Dienstbezügen auszusetzen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Staatsanwaltschaft A-Stadt hat gegen den Antragsteller am 17. April 2019 Anklage wegen des Vorwurfs der Untreue in zwei besonders schweren Fällen gem. §§ 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 2 und 4, 53 StGB erhoben. Ausweislich der Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft besteht gegen den Antragsteller darüber hinaus hinreichender Tatverdacht wegen des Vorwurfs der Verletzung des Dienstgeheimnisses gem. § 353b StGB. Insoweit hat die Staatsanwaltschaft von einer Verfolgung der Tat mit Blick auf die wegen des Untreuevorwurfs zu erwartende Strafe sowie die im Rahmen einer Hauptverhandlung erforderlichen erheblich weitergehenden notwendigen Beweiserhebungen vorläufig gem. § 154 Abs. 1 StPO abgesehen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren und der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
I. Soweit der Antragsteller die Aussetzung der teilweisen Einbehaltung seiner Dienstbezüge beantragt, ist der Antrag bereits unzulässig. Der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin hat am 25. November 2018 lediglich dem Grunde nach beschlossen, die Dienstbezüge des Antragstellers bis zu einer Höhe von maximal 50 vom Hundert einzubehalten. Nach Anhörung des Antragstellers zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen hat die Antragsgegnerin von einer Kürzung der Bezüge des Antragstellers vorläufig Abstand genommen. Einen Bescheid über eine tatsächliche Einbehaltung der Dienstbezüge des Antragstellers hat die Antragsgegnerin nicht erlassen. Für den diesbezüglichen Aussetzungsantrag des Antragstellers besteht mithin kein Rechtsschutzinteresse.
II. Im Übrigen ist der Antrag zulässig, aber unbegründet. An der Rechtmäßigkeit der mit Verfügung vom 26. November 2018 ausgesprochenen vorläufigen Dienstenthebung des Antragstellers bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 58 Abs. 2 NDiszG.
Gemäß § 38 Abs. 1 NDiszG kann die für die Erhebung der Disziplinarklage zuständige Behörde einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird (§ 38 Abs. 1 Nr. 1 NDiszG) oder durch ein Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht (§ 38 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG). Die vorläufige Dienstenthebung ist nach § 58 Abs. 2 NDiszG auf Antrag des Beamten gerichtlich auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung im Sinne des 58 Abs. 2 NDiszG liegen vor, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass die Voraussetzungen der Anordnung nach § 38 Abs. 1 NDiszG erfüllt sind, (mindestens) ebenso groß ist wie die Wahrscheinlichkeit, dass die Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Demnach sind ernstliche Zweifel im Sinne des § 58 Abs. 2 NDiszG gegeben, wenn offen ist, ob die Anordnung nach § 38 Abs. 1 NDiszG rechtmäßig oder rechtswidrig ist, wobei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich ist (Nds. OVG, Beschl. v. 10. Januar 2018 - 3 ZD 7/17 -, V. n. b. m. w. N.).
Gemessen an diesen Maßstäben bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in Streit stehenden Suspendierungsverfügung der Antragsgegnerin.
1. Die vorläufige Dienstenthebung ist zunächst in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.
a) Zunächst ist die mit Bescheid vom 26. November 2018 ausgesprochene vorläufige Dienstenthebung durch die gem. § 38 Abs. 1 NDiszG zuständige Behörde, nämlich durch den Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin als höhere Disziplinarbehörde (§ 34 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 5 Abs. 2 Satz 1 NDiszG i. V. m. § 107 Abs. 5 Satz 3 NKomVG), beschlossen worden.
b) Soweit der Antragsteller rügt, vor Erlass der streitgegenständlichen Dienstenthebung nicht angehört worden zu sein, vermag er hiermit nicht durchzudringen. Denn der hierin liegende Verfahrensmangel ist jedenfalls geheilt. Der Antragsteller, der von der beabsichtigten Beschlussfassung bereits aus anderer Quelle vorab erfahren hatte, hat mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 20. November 2018, welches dem Verwaltungsausschuss im Rahmen der Beschlussfassung vorgelegen hat, sogar noch vorab seinen Standpunkt zu der beabsichtigten Entscheidung dargelegt (vgl. Bl. 16 BA 001, Bd. 1/1). Überdies hatte er nachträglich Gelegenheit zur Stellungnahme. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass bei einer vorläufigen Dienstenthebung die nachträgliche Gelegenheit zur Stellungnahme den Mangel einer fehlenden Anhörung heilt, da die Behörde jederzeit in der Lage und verpflichtet ist, die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung wieder aufzuheben, wenn sich ein anderer Sachverhalt oder ein Anlass zu anderweitiger Ermessensausübung ergeben sollte (sog. Aktualisierungsgebot, vgl. BVerwG, Beschl. v. 1. November 1985 - 1 DB 45.85 -, BeckRS 1985, 108871 m. w. N.).
2. Auch in materieller Hinsicht bestehen gegen die vorläufige Dienstenthebung keine rechtlichen Bedenken.
Die Antragsgegnerin hat die vorläufige Dienstenthebung vorliegend ausdrücklich sowohl auf § 38 Abs. 1 Nr. 1 als auch auf § 38 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG gestützt. Die erkennende Kammer legt ihrer Entscheidung allein die tragende Begründung nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG zugrunde. Die genannten Suspendierungstatbestände stehen selbstständig nebeneinander; liegt einer dieser Tatbestände vor, genügt dies zum Ausspruch der vorläufigen Dienstenthebung, ohne dass es auf das Vorliegen der Voraussetzungen der anderen Tatbestandsalternative ankommt.
Die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung auf der Grundlage von § 38 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG hat zum einen zur Voraussetzung, dass durch ein Verbleiben des Beamten oder der Beamtin im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden. Zum anderen darf diese Maßnahme zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis stehen. Schließlich steht die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung im Ermessen der Disziplinarbehörde. Eine auf diese Vorschrift gestützte Anordnung bedarf daher unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eines besonderen rechtfertigenden Grundes. Dabei sind die entscheidungserheblichen Ermessenserwägungen konkret und nachvollziehbar darzulegen. Anderenfalls kann nicht festgestellt werden, ob die Behörde von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Dabei ist das Gericht darauf beschränkt, die Ermessensausübung durch die Disziplinarbehörde nach den Maßstäben der §§ 4 NDiszG, 114 VwGO zu überprüfen und dabei die aktuellen Entscheidungsgrundlagen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung zugrunde zu legen. Es darf keine eigene Ermessensentscheidung treffen und kann, sollten Ermessensfehler vorliegen, nur die vorläufige Dienstenthebung in ihrer Gesamtheit aufheben (Nds. OVG, Beschl. v. 25. März 2013 - 19 ZD 4/13 -, juris Rn. 5 f. m. w. N.).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe bestehen an der Rechtmäßigkeit der auf § 38 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG gestützten vorläufigen Dienstenthebung keine Zweifel.
Die Disziplinarkammer teilt die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass durch ein Verbleiben des Antragstellers im Dienst bzw. durch seine Wiederaufnahme des Dienstes der Dienstbetrieb wesentlich beeinträchtigt würde und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht. Das ihr nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG zukommende Ermessen hat die Antragsgegnerin ermessensfehlerfrei ausgeübt; ihre entscheidungserheblichen Ermessenserwägungen in der streitgegenständlichen Verfügung und im Laufe des gerichtlichen Verfahrens sind auch hinreichend konkret und nachvollziehbar.
a) Eine wesentliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebs ist vor allem dann zu besorgen, wenn auf Grund von Umständen, die mit dem mutmaßlich begangenen Dienstvergehen in Zusammenhang stehen, eine gedeihliche, der Dienstverrichtung dienende Zusammenarbeit mit dem Beamten gefährdet ist und hierunter die Aufgabenerledigung ernsthaft leiden kann. Anhaltspunkte hierfür können sich aus den bereits eingetretenen Folgen des mutmaßlichen Dienstvergehens ergeben (Nds. OVG, a. a. O., Rn. 8). Von einer derartigen zu erwartenden wesentlichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebs ist die Antragsgegnerin vorliegend zur Überzeugung der Kammer zu Recht ausgegangen:
Die gegenüber dem Antragsteller erhobenen disziplinarrechtlichen und strafrechtlichen Vorwürfe wiegen schwer. Sie sind weiterhin nicht geklärt. Dem Antragsteller, der wegen Untreue in zwei besonders schweren Fällen zulasten seines Dienstherrn angeklagt wurde, fehlt es auch nach Auffassung der Disziplinarkammer an der für die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dezernenten der Landeshauptstadt D. erforderlichen Akzeptanz seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Soweit in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. November 2018 angeführt wird, die ungeklärten und schwerwiegenden disziplinarrechtlichen und strafrechtlichen Vorwürfe führten im Falle einer Rückkehr des Antragstellers in den Dienst zu Irritationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihm und dem Kulturdezernat unmittelbar zugeordnet sind, sowie auch sämtlicher Bediensteter der gesamten Stadtverwaltung, erweist sich diese Einschätzung nach Auffassung der Kammer als zutreffend und nachvollziehbar. Dabei hat die Antragsgegnerin auch die herausgehobene Position des Antragstellers als Dezernent der Stadt zu Recht maßgeblich mit in ihre Ermessenserwägungen eingestellt. Gerade in Anbetracht dieser Vorgesetztenfunktion und herausgehobenen Stellung als Leiter eines von sechs Dezernaten der Antragsgegnerin erscheint die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass eine Rückkehr des wegen schwerer Untreue angeklagten Antragstellers die internen Betriebsabläufe und den Betriebsfrieden in der Stadtverwaltung erheblich stören würde, lebensnah und nachvollziehbar. Zutreffend hat die Antragsgegnerin auch darauf abgestellt, dass eine Wiederaufnahme des Dienstes durch den Antragsteller dem öffentlichen Ansehen der Stadtverwaltung abträglich wäre. Gerade angesichts des Umstandes, dass der Antragsteller als Dezernent die Antragsgegnerin auch nach außen öffentlich und rechtlich vertreten würde, wären die aufgrund der gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestehenden Zweifel an seiner Unparteilichkeit und der Rechtmäßigkeit seines Handelns geeignet, das Ansehen der Stadtverwaltung erheblich zu beschädigen. Die fortlaufende Presseberichterstattung lässt es zudem ebenfalls unvorstellbar erscheinen, dass der Antragsteller seine Tätigkeit als Dezernent, die in erheblichem Maße auch mit repräsentativen Aufgaben verbunden ist, auf gedeihliche Art und Weise wiederaufnehmen könnte. Auch hinsichtlich der nichtrepräsentativen Aufgaben erschiene eine ungestörte, auf Sachthemen gerichtete Dienstwahrnehmung durch die regelmäßige Presseberichterstattung, die bei einer Rückkehr des Antragstellers in den Dienstbetrieb in verstärktem Ausmaß zu erwarten wäre, in nicht unerheblicher Weise gefährdet. Dabei kommt es entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht entscheidend darauf an, durch welchen der drei „Protagonisten“ der „Rathausaffäre“ die mediale Berichterstattung maßgeblich zu vertreten ist. Denn für die Frage einer wesentlichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebes nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG ist nur entscheidend, ob bei einer Wiederaufnahme des Dienstes aus objektiver Sicht von einer Beeinträchtigung des Dienstbetriebes auszugehen ist.
Ebenso zutreffend und tragend hat die Antragsgegnerin in ihre Ermessenserwägungen eingestellt, dass sich die Wahrnehmung der Aufgaben als Kulturdezernent der Landeshauptstadt D. nicht mit den gegen den Antragsteller eingeleiteten disziplinarrechtlichen und strafrechtlichen Ermittlungen, die zwischenzeitlich zu einer Anklage wegen schwerer Untreue geführt haben, vereinbaren lässt, da zu den wesentlichen Aufgaben des Kulturdezernats der Antragsgegnerin die Zuständigkeit für die Bewerbung L. zur Kulturhauptstadt 2025 gehört. Es versteht sich von selbst, dass die Verantwortung für ein herausgehobenes Projekt wie die Bewerbung zur Kulturhauptstadt in die Organisationshoheit des Kulturdezernenten fällt, der dieses Projekt verwaltungsintern zu steuern und die Bewerbung nach außen zu vertreten hat. Eine erfolgreiche Bewerbung, die von einem Kulturdezernenten, der wegen schwerer Untreue zulasten seines Dienstherrn angeklagt ist, gesteuert und vertreten wird, ist schwer vorstellbar. Im Hinblick darauf, dass der Antragsteller unter dem 29. Mai 2018 gegenüber der Antragsgegnerin erklärt hat, dass er bis zur Klärung der ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe die Zuständigkeit im Zusammenhang mit der Bewerbung als Kulturhauptstadt nicht wahrnehmen könne, scheint auch der Antragsteller diese Einschätzung im Kern zu teilen. Soweit der Antragsteller vorträgt, er könne als Kulturdezernent auch sinnvoll eingesetzt werden, ohne Verantwortung für das Bewerbungsverfahren wahrzunehmen, überzeugt dies nicht. Denn die Bewerbung zur Kulturhauptstadt 2025 dürfte im Hinblick auf die Bedeutsamkeit dieses Projektes den Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Kulturdezernenten der Landeshauptstadt D. - jedenfalls bis zum im Juli 2020 liegenden Bewerbungsschluss - maßgeblich bestimmen. Die Antragsgegnerin hat im gerichtlichen Verfahren auch überzeugend dargelegt, dass die Erstellung des Kulturentwicklungsplans einen wesentlichen und integralen Bestandteil der Bewerbung zur Kulturhauptstadt darstellt und sich daher entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht organisatorisch von der Kulturhauptstadtbewerbung trennen lässt. Soweit der Antragsteller hierzu vorgetragen hat, eine organisatorische Trennung selbst vorgenommen zu haben, indem er im Juli 2017 ein Kulturhauptstadtbüro eingerichtet habe, das dem Kulturdezernenten direkt zugeordnet sei, während für den Kulturentwicklungsplan dagegen der Leiter des Kulturbüros, der räumlich an einem anderen Behördenstandort angesiedelt wäre, zuständig sei, hat die Antragsgegnerin zu Recht darauf verwiesen, dass auch der Leiter des Kulturbüros dem Kulturdezernenten unterstellt ist, sodass der Kulturdezernent auch bei dieser Konstruktion weiterhin die Verantwortung für beide Projekte trägt. Die Disziplinarkammer teilt auch die Einschätzung der Antragsgegnerin, dass es bei den für die Kulturhauptstadtbewerbung und die Erstellung des Kulturentwicklungsplans zuständigen Mitarbeitern der Stadt zu Loyalitätskonflikten und damit zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebes käme, wenn die Organisationshoheit für Bewerbungsverfahren und Kulturentwicklungsplan bei verschiedenen Dezernenten, nämlich zum einen bei der derzeit als Vertreterin tätigen Dezernentin und zum anderen beim Antragsteller liegen würde. Nachvollziehbar erscheint ebenfalls, dass eine solche Trennung der Zuständigkeiten auch bei den für die Bewerbung eingerichteten Gremien wie Beirat, Kuratorium und Kulturrat, die auch in die Erarbeitung des Kulturentwicklungsplans mit einbezogen werden, zu organisatorischen Verwerfungen führen würde.
Soweit der Antragsteller geltend macht, es sei unzulässig, den Tätigkeitsbereich eines Beamten erst einzuschränken und mit dem hieraus resultierenden verminderten Aufgabenbereich später die Suspendierung zu begründen, muss er sich entgegenhalten lassen, dass er gegen die im Dezember 2017 durch Ratsbeschluss erfolgte Entziehung der Zuständigkeitsbereiche Personal, Organisation und Feuerwehr keine Rechtsmittel eingelegt hat. Im Übrigen liegt es auf der Hand, dass der Antragsteller, der jedenfalls im Kern eingeräumt hat, zugunsten seiner Lebensgefährtin Einfluss auf ein Stellenbesetzungsverfahren genommen zu haben, für die Tätigkeit als Personaldezernent nicht mehr tragbar wäre. Ebenso gilt dies auch für eine Tätigkeit als Dezernent für den Bereich Feuerwehr, da der vom Antragsteller ebenfalls eingeräumte Vorwurf, Mehrarbeitsvergütung für Beamte der Besoldungsgruppe B trotz des ihm gegebenen Hinweises auf die bestehende Rechtslage gewährt zu haben, sich unter anderem gerade auf den Direktor der Feuerwehr bezog.
Schließlich kann der Antragsteller auch nicht beanspruchen, dass die Antragsgegnerin ihm ein anderes der verbleibenden vier Dezernate bei der Landeshauptstadt überträgt. Zum einen sind diese durch andere Dezernenten besetzt. Zum anderen wäre eine wesentliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebes auch bei einer Tätigkeit des Antragstellers als Dezernent in einem der übrigen Dezernate der Antragsgegnerin zu bejahen. Auf die obigen Ausführungen wird insofern zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
b) Die vorläufige Dienstenthebung steht im Hinblick auf die schwerwiegenden Vorwürfe, denen der Antragsteller ausgesetzt ist, zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme auch nicht außer Verhältnis. Nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes kommt die Suspendierung eines Beamten nach § 38 Abs. 1 Nr. 2 NDiszG aufgrund der in diesem Tatbestand gesetzlich vorgeschriebenen qualifizierten Prüfung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit regelmäßig nur in Betracht, wenn als Disziplinarmaßnahme voraussichtlich mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge verhängt werden würde (Nds. OVG, Beschl. v. 25. März 2013 - 19 ZD 4/13 -, juris Rn. 12). Hiervon ist vorliegend nach den in § 14 Abs. 1 NDiszG niedergelegten Bemessungskriterien zur Überzeugung der Kammer auszugehen:
Die Staatsanwaltschaft A-Stadt hat in der Anklageschrift detailliert und substantiiert dargelegt, dass der Antragsteller mit Verfügungen vom 17. April 2015, 20. September 2016 und 5. Oktober 2017 die Zahlung einer zunächst der Differenz zwischen B2 und B5 entsprechenden Mehrarbeitspauschale an den Leiter des Geschäftsbereichs des Oberbürgermeisters, H., angewiesen habe, obwohl ihm aufgrund mehrerer Vermerke und Hinweise bewusst gewesen sei, dass die Zahlung einer solchen Zulage für Beamte der Besoldungsgruppe B rechtswidrig sei. Durch dieses Verhalten des Antragstellers ist der Antragsgegnerin nach den Ausführungen in der Anklageschrift ein Schaden von 49.522,65 € entstanden. Ebenfalls wird in der Anklageschrift substantiiert dargelegt, dass der Antragsteller mit Verfügungen vom 11. August 2015, 31. Mai 2016 und 11. Mai 2017 auch die Zahlung einer Mehrarbeitspauschale an den Direktor der Feuerwehr der Antragsgegnerin in Höhe der Differenz der Besoldungsgruppe B2 zu B3 angewiesen habe und sich auch hier über die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewusst gewesen sei. Schließlich hat der Antragsteller in der Antragsbegründung im vorliegenden gerichtlichen Verfahren auch selbst eingeräumt, sich zu Recht vorwerfen lassen zu müssen, besoldungsrechtliche Vorgaben und den ihm gegebenen Hinweis auf die Rechtslage nicht beachtet zu haben. Danach erscheint eine strafrechtliche Verurteilung des Antragstellers wegen Untreue zulasten der Antragsgegnerin in zwei besonders schweren Fällen gem. §§ 266 Abs. 1 und 2, 263 Abs. 3 Nr. 2 und 4, 53 StGB im gegenwärtigen Zeitpunkt überwiegend wahrscheinlich.
Hinsichtlich des Vorwurfes der Ämterpatronage zugunsten seiner Lebensgefährtin bestreitet der Antragsteller zwar, konkret Einfluss auf die Formulierungen des Ausschreibungstextes genommen zu haben. Im Kern hat er den Vorwurf jedoch selbst eingeräumt, indem er vorgetragen hat, es treffe zu, dass er gegenüber dem Leiter des Kulturbüros und der Fachbereichsleiterin Personal und Organisation erklärt habe, dass er sich eine Besetzung der ausgeschriebenen Stelle mit seiner Lebensgefährtin „wünsche“ oder „freue“, wenn sie diese Stelle erhalten würde.
Angesichts dieser substantiiert dargelegten bzw. durch den Antragsteller im Kern eingeräumten Vorwürfe, die gerade in Anbetracht des vom Antragsteller bekleideten Amtes besonders schwer wiegen und geeignet sind, das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in den Antragsteller in ganz erheblichem Maße zu beeinträchtigen, steht es unter Berücksichtigung der dargelegten Maßstäbe für die Kammer außer Frage und bedarf keiner weiteren Darlegungen, dass die vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht.
c) Auch im Übrigen sind keine Ermessensfehler ersichtlich:
Zunächst ist entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht ersichtlich, dass es sich bei der Aufhebung der ersten mit Verfügung vom 15. Juni 2018 ausgesprochenen vorläufigen Dienstenthebung des Antragstellers und dem gleichzeitigen Erlass einer erneuten, nunmehr auf beide Tatbestandsalternativen des § 38 Abs. 1 NDiszG gestützten Dienstenthebung um ein reines verfahrenstaktisches Manöver handelte und dieser Entscheidung daher sachfremde Erwägungen zugrunde lagen. Die nach § 38 Abs. 1 NDiszG zum Erlass einer vorläufigen Dienstenthebung zuständige Klagebehörde hat die Pflicht und das Recht, ihre Entscheidung jederzeit zu überprüfen und zu aktualisieren. Die Antragsgegnerin hat insoweit vorgetragen, dass sich aufgrund des Vortrags des Antragstellers im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens 18 B 6708/18, namentlich des im Kern eingeräumten Untreueverdachts, für die Disziplinarbehörde die Prognose ergeben habe, dass im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden würde und damit auch § 38 Abs. 1 Nr. 1 NDizG einschlägig wäre. Dies erscheint nachvollziehbar; eine verfahrenstaktisch motivierte Vorgehensweise ist nicht erkennbar. Vielmehr hat die Antragsgegnerin durch die vollständige Aufhebung der ursprünglichen und den Erlass einer neuen Verfügung eine verfahrensmäßige „saubere“ Lösung gewählt.
Die Ermessensausübung des Verwaltungsausschusses der Antragsgegnerin erweist sich auch nicht deshalb als fehlerhaft, weil die Stimme des ebenfalls in die „Rathausaffäre“ verwickelten Oberbürgermeisters der Antragsgegnerin für die Entscheidung letztlich ausschlaggebend war. Dass der Oberbürgermeister ein eigenes unmittelbares Interesse an der Suspendierung des Antragstellers gehabt hat, ist nicht erkennbar. Die Einschätzung des Antragstellers, dass der Oberbürgermeister sich durch eine Belastung des Antragstellers selbst entlastet hat, teilt die Kammer nicht.
Schließlich vermag der Antragsteller auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, seine vorläufige Dienstenthebung sei gleichheitswidrig, da gegenüber dem wegen Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall angeklagten H., der anders als der Antragsteller sogar einen geldlichen Vorteil durch die Tat erlangt habe, keine vorläufige Dienstenthebung ausgesprochen worden sei. Im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung des Antragstellers ist nicht in den Blick zu nehmen, ob die Antragsgegnerin zu Recht von einer Suspendierung von H. abgesehen hat. Im Übrigen fehlt es auch schon an einem hinreichend vergleichbaren Sachverhalt, um einen Verstoß gegen Art. 3 GG festzustellen. Denn jedenfalls ist bei dem Antragsteller sein herausgehobenes Amt als Dezernent erschwerend zu berücksichtigen und rechtfertigt die Annahme einer wesentlichen Beeinträchtigung des Dienstbetriebes bei einer Rückkehr in denselben in besonderem Maße.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Die Höhe des Streitwertes folgt aus § 71 Abs. 1 NDiszG i. V. m. §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG. Nach der Rechtsprechung der Disziplinarsenate des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ist für die Streitwertfestsetzung bei der vorläufigen Dienstenthebung in Anlehnung an § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG ein Viertel des Jahresendgrundgehaltes des Beamten zuzüglich eventueller ruhegehaltsfähiger Zulagen zugrunde zu legen. Danach ergibt sich vorliegend ein Streitwert von 29.308,53 € (9.769,51 € x 3).