Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 17.11.2022, Az.: 5 V 96/22

Drittlandunternehmer; Reisebüro; Reiseleistungen; Reisepakete; Reiseveranstalter; Zur Anwendung von § 25 UStG für im Drittland ansässige Unternehmer

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
17.11.2022
Aktenzeichen
5 V 96/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 50098
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE::2022:1117.5V96.22.00

Fundstellen

  • DStRE 2024, 32-36
  • IStR 2023, 292-295
  • UStB 2023, 108-109

Amtlicher Leitsatz

Die Rechtmäßigkeit der Nichtanwendung der Sonderregelung für die Besteuerung von Reiseleistungen (§ 25 UStG) für im Drittland ansässige Unternehmer ist ernstlich zweifelhaft (entgegen Abschn. 25.1 Abs. 1 Satz 5 UStAE).

Gründe

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über die Besteuerung von Reiseleistungen (...) einer außerhalb des Gemeinschaftsgebiets ansässigen Reiseveranstalterin nach § 25 des Umsatzsteuergesetzes (UStG).

I.

Die Antragstellerin ist eine Kapitalgesellschaft nach dem Recht A, außerhalb des Gemeinschaftsgebiets in A ansässig und operiert im Gemeinschaftsgebiet ohne eine feste Niederlassung.

Die Antragstellerin ist eine Reiseveranstalterin, die unterschiedliche Reiseleistungen [Einzelheiten zur Wahrung des Steuergeheimnisses nicht zur Veröffentlichung bestimmt] bündelt und als Reisepakete gegen Entgelt anbietet. Hierzu gehören auch Reisen mit Leistungen in Deutschland. Die Reisepakete werden an Kunden außerhalb des Gemeinschaftsgebiet in B durch eine in B ansässige Gesellschaft und in C durch eine in C ansässige Gesellschaft vermittelt.

In der Vergangenheit hat die Antragstellerin auf ihre Reisepakete die Sonderregelung des § 25 UStG angewandt. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2021, III C2-S7419/19/10002:004 vertrat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die Rechtsauffassung, dass diese Vorschrift auf Reiseleistungen von Unternehmern mit Sitz im Drittland und ohne feste Niederlassung im Gemeinschaftsgebiet nicht anwendbar sei. Aus Gründen des Vertrauensschutzes sei es aber nicht zu beanstanden, wenn auf bis zum 31. Dezember 2022 ausgeführte bzw. auszuführende Reiseleistungen die Sonderregelung weiter angewendet werde.

Hierauf teilte die Antragstellerin am 11. Februar 2022 dem Finanzamt im Zusammenhang mit den umsatzsteuerlichen Folgen der Nichtanwendung der Sonderregelung des § 25 UStG zum 1. Januar 2023 mit, dass sie bereits vor der jeweiligen Durchführung der Reisen Anzahlungen hierauf vereinnahmt habe und es ihr sowohl wirtschaftlich als auch zivilrechtlich unmöglich sei, die durch die Nichtanwendung des § 25 UStG abzuführende deutsche Umsatzsteuer ihren Kunden noch in Rechnung zu stellen. Den hiermit verbundenen Antrag auf Weiteranwendung des § 25 UStG lehnte der Antragsgegner am 16. März 2022 ab. Insbesondere habe sich die Antragstellerin für die Buchungen ab dem Jahr 2021 auf die geänderte Rechtslage einstellen können. Darüber hinaus wies der Antragsgegner darauf hin, dass sich die Nichtbeanstandungsregelung auf ausgeführte Reiseleistungen beziehe. Auf den Zeitpunkt der Buchung der Reise komme es daher nicht an. Die Sonderregelung des § 25 UStG könne weder auf die nach Ablauf der Nichtbeanstandungsregelung ausgeführten Reiseleistungen noch auf bereits vereinnahmte Anzahlungen nach Vertragsschluss angewandt werden. Für die vor der Ausführung der Reisen im Jahr 2023 vereinnahmten Entgelte sei die Anzahlungsbesteuerung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG vorzunehmen.

Hierauf übermittelte die Antragstellerin zunächst am 5. Mai 2022 eine Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 1. Kalendervierteljahr 2022 mit einer Umsatzsteuer-Vorauszahlung in Höhe von ... €. Nach Zahlung der insoweit unstreitigen Vorauszahlungsschuld übermittelte die Antragstellerin am 7. Juni 2022 eine berichtigte Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 1. Kalendervierteljahr 2022 und erklärte darin zusätzlich die in diesem Zeitraum vereinnahmten Anzahlungen von Kunden in B und C für die von der Antragstellerin erst ab dem Jahr 2023 durchzuführenden Reisen ohne Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25 UStG. Hiernach erhöhte sich die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das 1. Kalendervierteljahr 2022 um ... € auf ... €.

Am 17. Juni 2022 legte die Antragstellerin beim Antragsgegner gegen die am 7. Juni 2022 übermittelte berichtige Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 1. Kalendervierteljahr 2022 Einspruch ein und beantragte wegen der hieraus resultierenden Nachforderung die Aussetzung der Vollziehung. Der Antragsgegner hat über den Einspruch bisher noch nicht entschieden. Die Aussetzung der Vollziehung hat der Antragsgegner am 22. Juli 2022 abgelehnt.

Am 28. Juli 2022 hat die Antragstellerin die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung beantragt. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der als Vorsichtsmaßnahme von der Antragstellerin eingereichten berichtigten Umsatzsteuer-Voranmeldung, weil die rechtliche Würdigung unklar und relevante Fragen vom Bundesfinanzhof (BFH) noch nicht entschieden seien.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners sei die Differenzbesteuerung nach § 25 UStG auch auf Reiseveranstalter mit Ansässigkeit in einem Drittland anzuwenden. Auf Grundlage von § 25 UStG unterlägen die von der Antragstellerin erbrachten Reiseleistungen nicht der deutschen Umsatzsteuer. Die Antragstellerin sei eine Reiseveranstalterin im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG, da sie als Unternehmerin gegenüber den Leistungsempfängern in eigenem Namen handele und Reisevorleistungen in Anspruch nehme. Die von der Antragstellerin erbrachten Reiseleistungen im Zusammenhang mit den Reisepaketen stellten daher eine einheitliche (sonstige) Leistung im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 3 UStG dar. Nach § 25 Abs. 1 Satz 4 UStG bestimme sich der Ort einer solchen einheitlichen Leistung nach § 3a Abs. 1 UStG, also nach dem Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibe. Im Fall der Antragstellerin liege dieser Ort nicht in Deutschland, so dass die streitbefangenen Reiseleistungen der Antragstellerin nicht der deutschen Umsatzsteuer unterlägen. Ebenso seien die Anzahlungen, die die Antragstellerin für die Reisepakete, die (teilweise) im Inland im Jahr 2023 durchgeführt werden, auf Grundlage des § 25 Abs. 1 UStG i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG nicht im Inland steuerbar.

Bereits der BFH habe in seinem Urteil vom 7. Oktober 1999 (V R 79, 80/98, BStBl. II 2004, 308) angenommen, dass § 25 UStG auf einen Reiseveranstalter mit Sitz im Drittland anwendbar sei.

Die ernstlichen Zweifel an der Nichtanwendbarkeit ergäben sich auch aus einer Auslegung des § 25 UStG. Der Wortlaut des § 25 UStG sei eindeutig und beziehe sich auf "Unternehmer", unabhängig vom Sitz oder Ort der Geschäftsleitung des Unternehmers. Für die Anwendung des § 25 Abs. 1 UStG sei lediglich erforderlich, dass der Unternehmer Reiseveranstalter im Sinne des § 25 Abs. 1 UStG sei. Der Wortlaut des § 25 Abs. 1 UStG sei daher nicht auf im Gemeinschaftsgebiet oder in Deutschland ansässige Unternehmer beschränkt. § 25 UStG treffe insoweit selbst eine solche Unterscheidung, denn § 25 Abs. 2 UStG unterscheide zwischen dem Gemeinschaftsgebiet und dem Drittlandsgebiet. § 25 Abs. 1 UStG enthalte keine entsprechende Unterscheidung. Wegen des Eingriffscharakter des Steuerrechts stelle der vom Gesetzgeber vorgegebene Wortlaut des Gesetzes die Grenze des Eingriffs dar. Der eindeutige Gesetzeswortlaut des § 25 Abs. 1 UStG dürfe von der Finanzverwaltung nicht ohne gesetzliche Grundlage einseitig eingeschränkt werden.

Eine Anwendung über die Grenze des Wortlauts hinaus im Wege der Rechtsfortbildung sei nur im Fall einer Regelungslücke möglich. Der Wortlaut des § 25 Abs. 1 UStG enthält keine Regelungslücke, da dieser eindeutig sei und ohne Einschränkung auf den "Unternehmer" abstelle.

Die Gesetzesbegründung zum Entwurf des Gesetzes zur Neufassung des Umsatzsteuergesetzes und zur Änderung anderer Gesetze vom 26. November 1979 (BT-Drs. 8/1779, 49) zeige ebenfalls, dass die Vorschrift entsprechend ihrem Wortlaut auf sämtliche Unternehmer, unabhängig von deren Ansässigkeit, anzuwenden sei.

§ 25 UStG sei zudem auf der Grundlage von Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG (jetzt Art. 306 der Richtlinie 2006/112/EG (MwStSystRL)) eingeführt worden. Die unionsrechtliche Grundlage behandelte auch keine Beschränkung des Anwendungsbereichs.

Der nationale Gesetzgeber habe darüber hinaus insbesondere bei der Änderung des § 25 UStG durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I 2019, 2451) den weiten Anwendungsbereich von § 25 UStG nicht eingeschränkt, obwohl bereits die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG wegen der Sonderbestimmungen für Reisebüros veröffentlicht habe, der die Einführung eines neuen Satzes in Art. 26 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG umfasst habe, nach dem im Fall von Reisebüros beziehungsweise Reiseveranstaltern mit Sitz in Drittländern bei einer einheitlichen Leistung der Ort der Leistung der Ort der Niederlassung oder des Wohnsitzes des Empfängers sein, wenn die tatsächliche Nutzung der Dienstleistungen innerhalb der EU erfolge.

Nachdem die EU-Kommission den Änderungsvorschlag am 21. Mai 2014 offiziell zurückgenommen habe, sei sie in ihrer Evaluierung der Sonderregelung für Reisebüros zu dem Schluss gelangt, dass die von Reiseveranstaltern aus Drittländern erbrachten Dienstleistungen nicht der Umsatzsteuer nach Art. 306 ff MwStSystRL unterlägen, und habe deshalb gegenüber dem Europäischen Parlament und dem Rat angekündigt, dass sie beabsichtige, die Vorschriften im Zeitraum 2022/2023 zu überarbeiten.

Hieraus ergebe sich nach Auffassung der Antragstellerin, dass der Anwendungsbereich der Sonderregelung für Reisebüro nach dem einschlägigen Unionsrecht nicht auf in der EU ansässige Reiseveranstaltern beschränkt sei.

Auch aus einer Auslegung nach dem Sinn und Zweck des § 25 UStG folgten ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Festsetzung. Die Sonderregelung bezwecke eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der für Reiseveranstalter geltenden umsatzsteuerrechtliche Regelungen. Diese Regelungsziele gelten ebenso für Reiseveranstalter in Drittstaaten. Der Regelungszweck stehe auch in Einklage mit einer gerechten Aufteilung der Besteuerungsrechte, weil dem Bestimmungsland der Reise ohnehin die Umsatzsteuer auf die umsatzsteuerpflichtigen Reisevorleistungen zustünde, ohne dass der Reiseveranstalter über einen Vorsteuererstattungsanspruch im Hinblick auf die Reisevorleistungen verfüge.

Nach alledem bestehe auch kein Raum für eine teleologische Reduktion des § 25 Abs. 1 UStG, weil der Gesetzeswortlaut gemessen an seinem Zweck gerade nicht planwidrig zu weitgehend sei.

Die Antragstellerin beantragt,

die Vollziehung der Umsatzsteuervorauszahlung für das 1. Kalendervierteljahr 2022 in Höhe von EUR ... bis einen Monat nach Beendigung des Verfahrens über den Einspruch gegen die Umsatzsteuervorauszahlung für das 1. Kalendervierteljahr 2022 ohne Sicherheitsleistung auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Auslegung des § 25 UStG habe richtlinienkonform auf Grundlage der Auslegung der Art. 306 ff. MwStSystRL zu erfolgen. Hierfür gälten die Auslegungsgrundsätze des Unionsrechts, nach denen neben dem Wortlaut und dem Zweck der Richtlinie ergänzend auch der Zusammenhang, in dem die Bestimmung der Richtlinie stehe, und ihre Entstehungsgeschichte zu berücksichtigen seien. Von mehreren Auslegungsmöglichkeiten sei diejenige vorzuziehen, die allein geeignet sei, die praktische Wirksamkeit der betreffenden Regelung zu sichern und damit die Ziele des Unionsrechts zu verwirklichen.

Weder Art. 306 ff. MwStSystRL noch § 25 UStG enthielten einen expliziten Ausschluss von Unternehmen mit Sitz im Drittland und ohne feste Niederlassung im Gemeinschaftsgebiet.

Nach Art. 307 Satz 2 MwStSystRL werde die einheitliche Dienstleistung jedoch in dem Mitgliedstaat besteuert, in dem das Reisebüro den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung habe. Damit habe der Richtliniengeber klar zum Ausdruck gebracht, dass - auch vor dem Hintergrund gleicher Wettbewerbsbedingungen zwischen Reiseunternehmen in Drittstaaten und solchen im Gemeinschaftsgebiet - eine Besteuerung im Gemeinschaftsgebiet erfolgen solle. Eine Anwendung von § 25 UStG auch auf Sachverhalte, bei denen der Unternehmer im Drittland ansässig sei, würde eine Margenbesteuerung im Gemeinschaftsgebiet ausschließen. Die Reiseleistungen eines Nicht-EU-Reisebüros blieben bei Anwendung der Sonderregelung unversteuert. Aus Artikel 309 Abs. 1 MwStSystRL ergebe sich, dass der Richtliniengeber nur dann von einer Steuererhebung absehen wollte, wenn der Verbrauch außerhalb der Gemeinschaft eintrete, nicht jedoch schon dann, wenn das Reisebüro außerhalb der Gemeinschaft ansässig sei. Eine mögliche Verfahrensvereinfachung habe in diesen Fällen zurückzutreten. Zudem würden Neutralitätsprobleme vermieden, da ein Ausschluss die Besteuerung identischer Leistungen zumindest dem Grunde nach sicherstelle.

Darüber hinaus stehe der Anwendung der Sonderregelung der Zweck der Richtlinie entgegen. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH diene diese neben der Vereinfachung der Mehrwertsteuervorschriften für Reisebüros auch der ausgewogenen Verteilung der Einnahmen zwischen den Mitgliedstaaten. Die Mehrwertsteuereinnahmen jeder Einzelleistung sollen dabei dem Mitgliedstaat des Endverbrauchs der Dienstleistung zufließen, während die Mehrwertsteuereinnahmen im Zusammenhang mit der Marge des Reisebüros dem Mitgliedstaat zufließen sollen, in dem dieses ansässig sei. Dieser Zweck könne allerdings nicht erfüllt werden, sofern die Marge nicht im Gemeinschaftsgebiet besteuert werde.

Im Übrigen handele es sich bei der Sonderregelung für Reisebüros um eine Ausnahme von der allgemeinen Regelung der Besteuerungsgrundlage und könne nur dann angewandt werden, soweit dies zur Erreichung des Ziels der Richtlinie erforderlich sei.

II.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist begründet.

Nach der im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung gebotenen summarischen Prüfung haben sich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzung ergeben.

1. Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. März 2014 V B 14/14, BFH/NV 2014, 999, und vom 19. März 2014 III S 22/13, BFH/NV 2014, 856, jeweils mit weiteren Nachweisen). Ernstliche Zweifel können auch bestehen, wenn die Gesetzeslage unklar ist, die streitige Rechtsfrage höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Schrifttum Bedenken gegen die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung erhoben werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19, August 1987 V B 56/85, BStBl. II 1987, 830, und vom 28. November 1974 V B 52/73, BStBl. II 1975, 239).

Für die Begründung solcher Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO genügt es, dass die nach Aktenlage nicht fernliegende - ernstliche - Möglichkeit besteht, dass die Antragstellerin im Hauptsacheverfahren mit ihrem Begehren obsiegt (BFH-Beschluss vom 26. Juni 2003, X S 4/03, BFH/NV 2003, 1217, m.w.N.). Für eine Aussetzung der Vollziehung ist daher nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Gründe überwiegen. Vielmehr genügt es, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wenig auszuschließen ist wie sein Misserfolg (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 23. August 2007, VI B 42/07, BStBl. II 2007, 799). Dagegen begründet eine vage Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs noch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts (BFH, Beschluss vom 11. Juni 1968 VI B 94/67, BStBl. II 1968, 657).

Die Prüfung, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts vorliegen, erfolgt im Rahmen einer lediglich summarischen Prüfung. Dabei beschränkt sich der Prozessstoff wegen der Eilbedürftigkeit des Verfahrens auf die dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere auf die Akten der Finanzbehörde und andere präsente Beweismittel. Weitere Maßnahmen zur Ermittlung des Sachverhalts muss das Gericht nicht ergreifen (BFH, Beschluss vom 14. Februar 1989, IV B 33/88, BStBl. II 1989, 516).

2. Nach Maßgabe der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts sind im Streitfall ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerfestsetzung zu bejahen.

Die vereinnahmten Anzahlungen für die im Jahr 2023 zu erbringenden Reisen unterliegen als Reiseleistungen im Sinne des § 25 Abs.1 Satz 1 UStG nicht der deutschen Umsatzsteuer. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist weder dem Wortlaut des § 25 Abs. 1 UStG noch dem der nationalen Regelung zugrundliegenden Art. 306 MwStSystRL eine Einschränkung der Anwendbarkeit nur auf im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer zu entnehmen.

a) Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Sinne des § 2 UStG im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG entsteht die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen im Falle der bei der Antragstellerin erfolgten Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten im Sinne des § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG grundsätzlich erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Wird das Entgelt oder ein Teil des Entgelts jedoch vereinnahmt, bevor die Leistung ausgeführt worden ist (sog. Anzahlung), entsteht die Steuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG insoweit bereits mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder das Teilentgelt vereinnahmt worden ist. Die Besteuerung des Entgelts vor Leistungserbringung setzt allerdings voraus, dass alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestands, d.h. der künftigen Lieferung oder der künftigen Dienstleistung, bereits bekannt sind, insbesondere die Gegenstände oder die Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Anzahlung - wie im Streitfall - genau bestimmt sind (vgl. BFH-Urteil vom 14. November 2018 XI R 27/16, BFH/NV 2019, 423 [BFH 14.11.2018 - XI R 27/16], mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Es muss sich also um eine Anzahlung für eine bereits konkret feststehende noch zu erbringende Lieferung oder sonstigen Leistung handeln. Wegen dieser Maßgeblichkeit der konkreten Leistung ist im Rahmen der Steuerentstehung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG auch zu berücksichtigen, ob es sich um ein Entgelt für eine mangels inländischen Leistungsorts nicht steuerbare oder für eine nach § 4 UStG steuerfreie oder eine nach § 12 Abs. 2 UStG ermäßigt zu besteuernde Leistung handelt. Auch nach Verwaltungsauffassung ist eine Anzahlung für eine künftige Leistung, die nicht steuerbar ist, nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen (vgl. Abschn. 13.5 Abs. 4 Satz 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlass).

b) Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG gelten die Vorschriften für die Besteuerung von Reiseleistungen für Reiseleistungen eines Unternehmers, soweit der Unternehmer dabei gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen auftritt und Reisevorleistungen in Anspruch nimmt. Die Leistung des Unternehmers ist als sonstige Leistung anzusehen (§ 25 Abs. 1 Satz 2 UStG). Erbringt der Unternehmer an einen Leistungsempfänger im Rahmen einer Reise mehrere Leistungen dieser Art, so gelten sie als eine einheitliche sonstige Leistung (§ 25 Abs. 1 Satz 3 UStG). Als Reiseleistungen werden die im Zusammenhang mit einer Reise üblicherweise anfallenden Leistungen angesehen. Reisevorleistungen sind Lieferungen und sonstige Leistungen Dritter, die den Reisenden unmittelbar zugutekommen.

c) Nach § 25 Abs. 1 Satz 4 UStG bestimmt sich der Ort einer solchen einheitlichen (sonstigen) Leistung nach § 3a Abs. 1 UStG und wird daher an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, gilt die Betriebsstätte als der Ort der sonstigen Leistung (§ 3a Abs. 1 Satz 2 UStG). Der in dieser Vorschrift verwendete Begriff der Betriebsstätte stimmt mit dem vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2009 in Art. 43 MwStSystRL a.F. und nun in Art. 45 MwStSystRL verwendeten Begriff der festen Niederlassung überein. Zur Vorgängerregelung in Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG hat der EuGH bereits entschieden, dass vorrangiger Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Ortes der Dienstleistung der Ort ist, an dem der Dienstleistungserbringer den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit hat. Eine (weitere) Niederlassung ist nur dann zu berücksichtigen, wenn die Anknüpfung an den Sitz nicht zu einer steuerlich sinnvollen Lösung führt oder wenn sie einen Konflikt mit einem anderen Mitgliedstaat zur Folge hat. Eine Betriebsstätte bzw. feste Niederlassung liegt deshalb nur dann vor, wenn die Niederlassung eines Steuerpflichtigen einen hinreichenden Grad an Beständigkeit sowie eine Struktur hat, die von der personellen und technischen Ausstattung her eine autonome Erbringung der betreffenden Dienstleistungen ermöglicht. Dem entspricht nunmehr Art. 11 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EWG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (vgl. BFH-Urteil vom 29. April 2020 XI R 3/18, BFH/NV 2020, 1204, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

d) Hiernach sind die von der Antragstellerin im 1. Kalendervierteljahr 2022 vereinnahmten Anzahlungen für ab dem Jahr 2023 zu erbringenden Reisen als einheitliche Reiseleistungen im Inland nicht steuerbar.

aa) Die vereinnahmten Entgelte vor Leistungserbringung stehen in einem konkreten Zusammenhang mit künftigen Reiseleistungen. Denn die Antragstellerin ist eine Reiseveranstalterin, die als Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG Reisevorleistungen in Gestalt von ... von Dritten in Anspruch nimmt, zu Reisepaketen bündelt und diese als einheitliche Reiseleistung gegenüber ihren Kunden, den Leistungsempfängern, im eigenen Namen zu erbringen hat.

bb) Der Ort dieser einheitlichen Reiseleistungen liegt gem. § 25 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 3a Abs. 1 UStG allerdings nicht im Inland, weil die Antragstellerin ihren Sitz in A hat und im Gemeinschaftsgebiet nicht über eine feste Niederlassung verfügt. [Einzelheiten zur Wahrung des Steuergeheimnisses nicht zur Veröffentlichung bestimmt]

cc) Nach seinem klaren und eindeutigen Wortlaut ist § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG auch für alle Unternehmer im Sinne des § 2 UStG - unabhängig von deren Ansässigkeit - anwendbar. Eine beispielsweise mit der Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG vergleichbare Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs der Sonderregelung für die Besteuerung von Reiseleistungen auf solche Unternehmer, die im Inland bzw. im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind, enthält die nationale Regelung nicht.

dd) Eine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs ergibt sich insbesondere auch nicht auf der Grundlage des Unionsrecht.

(1) Unionsrechtliche Grundlage der nationalen Vorschrift des § 25 Abs. 1 UStG ist Art. 306 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28. November 2006 (MwStSystRL). Danach wenden die Mitgliedstaaten auf Umsätze von Reisebüros bzw. Reiseveranstalter die Mehrwertsteuer-Sonderregelung dieses Kapitels an, soweit die Reisebüros gegenüber dem Reisenden in eigenem Namen auftreten und zur Durchführung der Reise Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen. Diese Sonderregelung gilt nicht für Reisebüros, die lediglich als Vermittler handeln und auf die zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage Art. 79 Buchst. c MwStSystRL anzuwenden ist.

Nach Art. 307 Satz 2 MwStSystRL soll die einheitliche Reiseleistung zwar in dem Mitgliedstaat besteuert werden, in dem der Reiseveranstalter den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Reisedienstleistungen erbracht werden. Daraus wird von dem Mehrwertsteuer-Ausschuss (MwSt-Ausschuss) gefolgert, dass von im eigenen Namen handelnden Reiseveranstalter bewirkte Umsätze nur dann unter die Sonderregelung fallen, wenn der Reiseveranstalter den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit in der Europäischen Union hat oder in der Europäischen Union über eine feste Niederlassung verfügt, von wo aus es die betreffenden Dienstleistungen erbracht hat (Leitlinien aus der 101. Sitzung vom 20. Oktober 2014, UVR 2015, 97). Dementsprechend vertritt auch die Finanzverwaltung die Auffassung, dass die Sonderregelung für die Besteuerung von Reiseleistungen keine Anwendung auf Reiseveranstalter findet, die in Drittstaaten ansässig sind und auch keine feste Niederlassung im Gemeinschaftsgebiet unterhalten, die am Verkauf von Reiseleistungen beteiligt ist (BMF-Schreiben vom 29. Januar 2021 III C 2 - S 7419/19/10002:004, BStBl. BStBl. I 2021, 250, und Abschn. 25.1 Abs. 1 Sätze 5 und 6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) in der Fassung des BMF-Schreibens vom 24. Juni 2021 III C 2 - S 7419/19/10001:006, BStBl. I 2021, 857; ebenso Huschens, in Küffner/Zugmaier, UStG, § 25 Rz. 16).

Allerdings lässt sich aus der Regelung für die Leistungsortsbestimmung nach Art. 307 Satz 2 MwStSystRL nicht ableiten, dass die Sonderregelung nicht für im Drittland ansässige Reiseveranstalter gelten soll. Eine solche wesentliche Einschränkung hätte einer ausdrücklichen Regelung zum persönlichen Anwendungsbereich bedurft. Die Regelung in Art. 307 Satz 2 MwSt-SystRL ist lediglich dem territorialen Anwendungsbereich der MwStSystRL geschuldet.

Insoweit hat auch der EuGH Art. 26 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG (jetzt Art. 306 MwStSystRL) dahingehend ausgelegt, dass der Anwendungsbereich nicht auf Reiseleistungen beschränkt ist, die von Reiseveranstaltern oder Reisebüros erbracht werden, sondern vielmehr auf alle Unternehmer anwendbar ist, die in eigenem Namen einzelne oder mehrere Reiseleistungen als eine einheitliche Leistung erbringen und dazu Reisevorleistungen in Anspruch nehmen, die von anderen Unternehmen erbracht werden (vgl. EuGH-Urteile vom 13. Oktober 2005 C-200/04, IST, DStRE 2005, 1481 [FG Köln 24.08.2005 - 2 K 3126/04], und vom 22. Oktober 1998 C-308/96 und C-94/97, Madgett und Baldwin, DStRE 1998, 843 [BFH 25.08.1998 - II B 25/98]). Insbesondere ist bei den nach Art. 26 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG (jetzt Art. 306 MwStSystRL) zu besteuernden Umsätzen eines Wirtschaftsteilnehmers das einzige relevante Kriterium für die Anwendung dieses Artikels der Haupt- oder Hilfscharakter der Reiseleistung (EuGH-Urteil vom 13. Oktober 2005 C-200/04, IST, a.a.O.). Die Sonderregelung für die Besteuerung von Reiseleistungen ist daher umsatzbezogen und nicht unternehmerbezogen anzuwenden. Der eindeutige Wortlaut des Art. 306 MwStSystRL spricht ebenso wie der gleichermaßen eindeutige Wortlaut des § 25 UStG gegen die Unanwendbarkeit der Sonderregelung auf Drittlandsunternehmer. Eine entsprechende Einschränkung der Sonderregelungen zur Besteuerung von Reiseleistungen ist entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht erkennbar.

Dementsprechend hatte auch die EU-Kommission am 8. Februar 2002 vorgeschlagen, die MwStSystRL dahingehend zu ändern, dass im Falle der Erbringung von Reiseleistungen eines ausschließlich aus dem Drittland tätigen Unternehmers und deren tatsächliche Nutzung oder Inanspruchnahme innerhalb des Gemeinschaftsgebiets erfolgt, der Ort der Reiseleistung am Sitz- oder Ansässigkeitsstaats des Leistungsempfängers sein soll (Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG bezüglich der Sonderregelung für Reisebüros, KOM(2002) 64 endg., Abl.EU C 126 E, 390).

(2) Neben dem Wortlaut ist allerdings auch die Zielrichtung der Sonderregelung bei der Auslegung zu berücksichtigen. Denn die Regelungen der Art. 306 ff. MwStSystRL stellen eine Ausnahme von der allgemeinen Regelung der MwStSystRL dar und dürfen daher nur angewandt werden, soweit dies zur Erreichung des Ziels der Richtlinie erforderlich ist (EuGH-Urteil vom 22. Oktober 1998 C-308/96 und C-94/97, Madgett und Baldwin, a.a.O.).

Hiernach kann die Zielsetzung der Sonderregelung für die Besteuerung der Reiseleistungen nach Art. 306 ff. MwStSystRL aber ebenso eine Auslegung, die deren Anwendung davon abhängig macht, dass der Reiseveranstalter den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung, von der aus die Leistungen erbracht werden, im Gemeinschaftsgebiet hat, nicht rechtfertigen.

(a) Zum Ziel der Sonderregelung hat der EuGH wiederholt ausgeführt, dass den Schwierigkeiten abgeholfen werden soll, die sich für die Wirtschaftsteilnehmer ergäben, wenn auf die Umsätze, die die Erbringung von bei Dritten bezogenen Leistungen voraussetzen, die allgemeinen Grundsätze der MwStystRL anwendbar wären. Die Anwendung der allgemeinen Bestimmungen über den Ort der Besteuerung, die Steuerbemessungsgrundlage und den Vorsteuerabzug würde aufgrund der Vielzahl und aufgrund der Lokalisierung der erbrachten Leistungen bei diesen Unternehmen zu praktischen Schwierigkeiten führen, die die Ausübung ihrer Tätigkeit behindern würden. Die Sonderregelung dient damit der Vereinfachung der Mehrwertsteuervorschriften für Reiseveranstalter. Ferner soll sie die Einnahmen aus der Erhebung dieser Steuer in ausgewogener Weise zwischen den Mitgliedstaaten verteilen, indem sie zum einen die Mehrwertsteuereinnahmen für jede Einzelleistung dem Mitgliedstaat des Endverbrauchs der Dienstleistung und zum anderen die Mehrwertsteuereinnahmen im Zusammenhang mit der Marge des Reisebüros dem Mitgliedstaat, in dem dieses ansässig ist, zufließen lässt (zu alledem EuGH-Urteile vom 26. September 2013 C-189/11, Kommission/Spanien, DStR 2013, 2106, und vom 25. Oktober 2012 C-557/11, Kozak, DStRE 2013, 807).

(b) Hiernach drängt sich eine einschränkende Auslegung des persönlichen Anwendungsbereichs nicht auf, weil sich der Vereinfachungszweck auch gleichermaßen für Drittlandsunternehmer stellt, die Reiseleistungen im eigenen Namen unter Inanspruchnahme von Reisevorleistungen im Gemeinschaftsgebiet erbringen. Die Verteilung der Einnahmen aus der Erhebung der Steuer wird ebenso nicht berührt. Denn im Regelungsbereich der Margenbesteuerung nach Art. 306 ff. MwStSystRL versteuert der Reiseveranstalter die Reiseleistung dort, wo er den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus er die Dienstleistung erbringt (Art. 307 Satz 2 MwStSystRL). Dadurch wird zunächst sichergestellt, dass die Marge im Staat der Ansässigkeit des Reiseveranstalters besteuert wird. Sofern der Ansässigkeitsstaat die Reiseleistung beziehungsweise die Marge nicht der Umsatzsteuer unterwirft, bleibt sie zwar unversteuert. Die Nichtbesteuerung von Reiseveranstaltern mit Sitz außerhalb des Gemeinschaftsgebiets ist insoweit jedoch noch als bloße Folge des Territorialprinzips nicht zu beanstanden und läuft dem Regelungszweck der Art. 306 ff. MwStSystRL nicht zuwider. Die Besteuerung der Reisevorleistungen wird insoweit nach den allgemeinen Vorschriften dadurch sichergestellt, dass die einzelnen Reisevorleistungen wegen der Versagung des Vorsteuerabzugs nach Art. 310 MwStSystRL endgültig nach Maßgabe der allgemeinen Regelungen zur Leistungsortsbestimmung besteuert werden, d.h. für jede Einzelleistung dem Mitgliedstaat des Endverbrauchs der Dienstleistung das entsprechende Steueraufkommen verbleibt.

(3) Nach alledem kann dahinstehen, ob einerseits eine richtlinienkonforme Auslegung der nationalen Regelungen entgegen dem eindeutigen und klaren Wortlaut des § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG überhaupt möglich wäre und andererseits eine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs dieser Vorschrift einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstellt (Art. 3 des Grundgesetzes).

3. Für die Anordnung einer Sicherheitsleistung bestand kein Anlass, weil sich aus dem Vortrag der Beteiligten und nach Aktenlage keine Gründe für die Gefährdung des Steueranspruchs ergeben (vgl. BFH-Beschluss vom 20. März 2022 IX S 27/00, BFH/NV 2002, 809).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

5. Die Zulassung der Beschwerde erfolgt gem. § 128 Abs. 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung.