Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 19.07.2006, Az.: 9 U 86/05

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
19.07.2006
Aktenzeichen
9 U 86/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 42152
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2006:0719.9U86.05.0A

Verfahrensgang

vorgehend
- 16.06.2005 - AZ: 7 O 69/04

Fundstellen

  • EWiR 2007, 303 (Volltext mit red. LS u. Anm.)
  • OLGReport Gerichtsort 2006, 668-669
  • WM 2006, 2036-2039 (Volltext mit amtl. LS)
  • WuB 2007, 3-4
  • ZBB 2006, 480 (red. Leitsatz)

In dem Rechtsstreit

...

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch am Oberlandesgericht .... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts ... vom 16. Juni 2005 wird zurückgewiesen.

  2. 2.

    Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsrechtszuges.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages erbracht hat.

  4. 4.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Die Parteien sind Sparkassen, die gemeinsam die Sanierung eines Bauobjekts, nämlich die Umwandlung eines ehemaligen Möbelhauses in Eigentumswohnungen, gegenüber einem später insolvent gewordenen Baubetreuungsunternehmen finanziert haben. Die Klägerin wirft der Beklagten vor, als Konsortialführerin nicht die erforderliche Kostenkontrolle vorgenommen zu haben, und stützt darauf Schadensersatzansprüche.

2

Die Parteien schlössen am 01./21.03.2000 einen Konsortialvertrag, dessen Gegenstand die gemeinsame Finanzierung der Kosten für den Erwerb und den Umbau des als Möbelhaus genutzten Objektes war. Kreditnehmerin war ein Baubetreuungsunternehmen, dessen Hausbank die Klägerin war. In Verbindung mit einer Zusatzvereinbarung vom 24./25.07.2001 belief sich der Finanzierungsrahmen des Konsortialvertrages auf insgesamt 5 180 000,00 DM (2 648 491,90 €). Hintergrund der Ausweitung des Finanzierungsrahmens war, dass die Baubetreuerin am 15.06.2001 mitteilte, die Kreditlinie sei ausgeschöpft und es bestehe Nachfinanzierungsbedarf. Grund dafür waren u.a. versteckte, vor Beginn der Bauarbeiten nicht erkennbare Brandschäden in dem Objekt. Am 12.12.2002 stellte die Baubetreuerin Insolvenzantrag. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklage habe gegen ihre sich aus dem Konsortialvertrag ergebenden Pflichten verstoßen, weil sie den jeweiligen Bautenstand nicht durch Bauingenieure/ Baucontroller habe feststellen lassen. Das Landgericht hat eine Verletzung vertraglicher Pflichten verneint. Wegen des weitergehenden erstinstanzlichen Vorbringens und der Gründe der Klageabweisung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

3

Die Klägerin hat ihren erstinstanzlichen Antrag mit der Berufung weiterverfolgt, aber nach einem Hinweis auf die fortbestehende mangelnde Substantiiertheit der Klage einen geänderten Hauptantrag gestellt. Sie meint, das konkrete Ausmaß der Pflichtenstellung der Beklagten habe vom Landgericht bestimmt werden müssen. Maßgebend sei die Verpflichtung, für eine Umsetzung der Kredit- und Sicherheitenverträge zu sorgen. Dabei sei gem. der Anlage zum Kreditvertrag zu beachten gewesen, dass die Valutierung nur gegen Einreichung von Rechnungen oder geeigneten Unterlagen habe erfolgen dürfen. Diese Verpflichtung habe es ausgeschlossen, jegliche von der Baubetreuerin vorgelegte projektbezogene Rechnung schlichtweg zu bezahlen. Die Bezahlung habe den sukzessiven aktuellen Bautenstand "reflektieren" müssen, weil nur dadurch eine Überwachung der Einhaltung des Kreditrahmens möglich gewesen sei. Bei Abschluss der Zusatzvereinbarung zur Ausweitung des Kreditrahmens habe die Klägerin in ihrem Schreiben vom 25.07.2001 die Erwartung geäußert, dass die Fertigstellung des Gesamtprojekts mit dieser Erhöhung sichergestellt sei und die Beklagte als vor Ort tätiges Unternehmen die entsprechenden Überwachungstätigkeiten wie Objektbesichtigungen, Bautenstandskontrolle und Bauqualitätskontrolle wahrnehmen werde.

4

Mit Schreiben vom 11.04.2000 habe die Klägerin die Ergänzung der besonderen Kreditvereinbarungen dahingehend verlangt, dass ein Mindestverkaufsstand, Rechnungslegung und erreichter Bautenstand Voraussetzung für die jeweilige Valutierung sein sollten. Aus dem Antwortschreiben der Beklagten vom 02.03.2000 habe die Klägerin entnehmen dürfen, dass die Beklagte ihrem Änderungswunsch Rechnung tragen wolle. Als Konsequenz habe die Beklagte dann am 28.09.2000 eine Kostenübersicht zu den einzelnen Gewerken übermittelt, die eine Kostenüberschreitung von bereits 81 777,39 DM dokumentiert habe. Die Klägerin habe ihre Antwort vom 09.10.2000 mit dem Hinweis verbunden, dass die Auflagen und Bedingungen des Kreditvertrages mit dem Kunden vollumfänglich eingehalten würden. Erstmals am 11.1.0.2000 habe die Beklagte dann einen Bautenstandsbericht der Architektengemeinschaft übersandt. Die Beklagte habe die Architektengemeinschaft jedoch nicht für weitere Bautenstandskontrollen eingesetzt. Rechtlich unerheblich sei, ob die Bautenstandskontrolle durch Bauingenieure oder durch Einschaltung eines Generalunternehmers habe erfolgen müssen. Es habe ausschließlich der Beklagten oblegen zu entscheiden, wie sie ihre Kontrollpflicht bei der Valutierung der Kreditmittel habe nachkommen wollen. Sie habe sich nicht auf die Einschätzung des Mitarbeiters ... der Klägerin verlassen dürfen, bei der Baubetreuerin sei der nötige Sachverstand zur Einhaltung kalkulierter Kosten vorhanden.

5

Der Bautenstandsbericht, den die Klägerin am 24.09.2001 durch ihren Mitarbeiter ... habe erstellen lassen, habe auf die Bautätigkeiten im Zeitraum August 2000 bis Mai 2001, in dem das Bauvorhaben im wesentlichen realisiert worden sei, keinen Einfluss mehr nehmen können. Die Eigenkontrolle sei vielmehr durch die Besorgnis ausgelöst worden, selbst die am 24.07.2001 vereinbarte Nachfinanzierung von 430 000,00 DM werde nicht zu einer kompletten Fertigstellung des Bauvorhabens führen.

6

Unzutreffend sei die Annahme des Landgerichts, die Höhe der tatsächlich entstandenen Baukosten sei bei ordnungsgemäßer Pflichterfüllung durch die Beklagte nicht zu senken gewesen. Die Klägerin habe die vollständige Rückführung der Kreditvaluta und die Zahlung der Zinsen aus dem Abverkauf der zu schaffenden und zu veräußernden 23 Eigentumswohnungen erwarten können. Diese Erwartung habe die Beklagte erfüllen müssen. Das Bauvorhaben sei bis zum heutigen Tage noch nicht fertig gestellt. Die Kontrolle durch die Beklagte habe sich darauf erstrecken müssen, ob die ausgereichten Geldmittel tatsächlich eine Fertigstellung des Bauvorhabens hätten sicherstellen können.

7

Die Klägerin habe kein eigenes Bauvorhaben mitfinanziert, sondern geschäftsmäßig ein fremdes Vorhaben finanziert; daher sei das Argument untauglich, Baukosten wären ohnehin entstanden. Der offene Kreditsaldo zuzüglich Zinsen sei in vollem Umfang als Schaden anzusetzen, weil diese Finanzierung nicht aus dem Abverkauf von Wohnungseigentum aus dem noch nicht fertig gestellten Bauvorhaben habe realisiert werden können.

8

Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz zunächst beantragt,

  1. das am 16.06.2005 verkündete Urteil des Landgerichts LMWH - 7 O 69/04- abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 751 511,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Freigabe der für die Klägerin treuhänderisch verwalteten Sicherheiten gem. Ziffer 7 des Konsortialvertrages vom 1 721.03.2000 zu zahlen.

9

Sie beantragt nunmehr,

  1. in Abänderung des am 16.6.2005 verkündeten Urteils des LG ... - 7 O 69/04- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den durch die Verletzung des zwischen den Parteien zur Finanzierung des Bauvorhabens "Umbau eines ehemaligen Möbelhauses zu Eigentumswohnungen" geschlossenen Konsortialvertrages vom 1./21.03.2000 nebst Zusatzvereinbarung vom 24./25.07.2001 durch die Beklagte als Konsortialführerin entstandenen Schadens zu ersetzen; hilfsweise,

  2. unter Abänderung des am 16.06.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Lüneburg - 7 O 69/04 - die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 751 511,85 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Freigabe der für die Klägerin treuhänderisch verwalteten Sicherheiten gem. Ziffer 7 des Konsortialvertrages vom 1./21.03.2000 zu zahlen.

10

Die Beklagte beantragt,

  1. die Berufung zurückzuweisen.

11

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Der Konsortialvertrag habe der Streuung von Kreditrisiken auf die Konsortialpartner gedient. Hingegen habe die Beklagte nicht mit dem Konsortialvertrag das Risiko übernommen, für die Fertigstellung des Bauvorhabens mit den zugesagten Kreditmitteln sowie für eine vollständige Rückführung der Kredite durch den Abverkauf der Wohnungen zu sorgen. Im Rahmen der Prüfung des Kreditantrages sei telefonisch erörtert worden, dass die Beklagte keine eigenen Bauingenieure und Baucontroller beschäftige. Dieser Behauptung sei die Klägerin in beiden Instanzen nicht entgegengetreten. Die Klägerin selbst habe beim Abschluss des Konsortialvertrages die an die Beklagte weitergegebene Erwartung gehegt, die Baubetreuerin biete Gewähr für die Einhaltung geplanter Kosten; daher habe die Klägerin die Einschaltung eines Generalunternehmers nicht für erforderlich gehalten. Die Beklagte habe insgesamt 4 Baustellenbesichtigungen zur Kontrolle der von der Baubetreuerin eingereichten Bautenstandsberichte durchgeführt, nämlich am 10.10.2000, am 04.01.2001, am 20.03.2001 und Mitte Mai 2001. Dabei seien keine sichtbaren Abweichungen von den mitgeteilten Bautenständen festzustellen gewesen. Die Valutierung sei nicht allein gegen Rechnungsvorlage erfolgt, sondern erst nach Prüfung der Bauten-Standsberichte und der Einreichung von Kostenkalkulationen.

12

Die Klägerin habe auf die als Schriftsatzanlagen B 2 bis B 19 vorgelegten Schreiben und die darin enthaltenen Anforderungen der Konsortialanteile nicht mit der Forderung nach weiteren Überprüfungen durch die Beklagte reagiert. Die Klägerin sei somit selbst davon ausgegangen, dass die Beklagte keine weitergehenden Prüfungen geschuldet habe. Erstmals mit Schreiben vom 25.07.2001 (Anlage K 24) habe die Klägerin die Erwartung geäußert, dass die Beklagte Überwachungstätigkeiten in Bezug auf Bautenstände und Bauqualität wahrnehme. Durch derartige einseitig geäußerte Erwartungen sei der Inhalt der im Konsortialvertrag übernommenen Verpflichtungen nicht mehr zu ändern gewesen.

13

Die Klägerin habe sich überdies selbst mit Schreiben vom 20.06.2001 an die Baubetreuerin gewandt und um eine detaillierte Aufstellung der aus der Nachfinanzierung zu begleichenden Bau- und Baunebenkosten gebeten. Auf dem am gleichen Tage in Beantwortung der Anforderung eingegangenen Bericht der Baubetreuerin habe ein Mitarbeiter der Klägerin handschriftlich vermerkt, dass deren Angaben mit dem Bautenstand vom 26.06.2001 übereinstimmten. Daraus könne geschlossen werden, dass der Klägerin ein weiterer Bautenstandsbericht vom 26.06.2001 vorgelegen und sie diesen ebenfalls geprüft habe. Überdies habe die Klägerin auf derselben Unterlage handschriftlich vermerkt, dass die Gründe für die Kostenerhöhung in einem versteckten Brandschaden, in mangelhafter Arbeit zweier Baufirmen im Bereich Trockenbau und Fenster und in zusätzlichen Arbeiten im Rahmen des Bauablaufs gelegen hätten, also in Umständen, die nicht durch die Überwachung der Bautenstände zu vermeiden gewesen seien. Die eigene Bautenstandsprüfung vom 24.09.2001 durch den Mitarbeiter ... der Klägerin habe keine gravierenden Mängel der Bauausführung und keine gravierenden Abweichungen vom Bautenstandsbericht, den die Beklagte für ihre Entscheidung zugrunde gelegt habe, ergeben.

14

Wenn sich die Klägerin darauf berufe, dass die wesentlichen Bautätigkeiten im Zeitraum August 2000 bis Mai 2001 stattgefunden hatten, sei eine mit Schreiben vom 25.07.2001 geäußerte Erwartung zur Entfaltung gesteigerter Überwachungsmaßnahmen für den wesentlichen Teil der Bautätigkeiten ohne Einfluss gewesen. Der Mitarbeiter ... der Klägerin habe bei der Bautenstandsprüfung vom September 2001 keine gravierenden Mängel der Bauausführungen und keine gravierenden Abweichungen vom Bautenstand entsprechend dem Bautenstand, wie er nach den damals vorhandenen Bautenstandsberichten habe vorliegen sollen, festgestellt habe.

15

Unklar bleibe, welche Erkenntnisse aus einer Bautenstandsermittlung durch von der Beklagten eingeschaltete Bauingenieure und Baucontroller für die Darlehensvalutierung hätten gewonnen werden sollen. Dazu trage die Klägerin nichts vor. Die Valutierung des Kredits habe dem jeweiligen tatsächlichen Bautenstand entsprochen.

16

Es fehle nicht nur an einer Pflichtverletzung der Beklagten. Eine unterstellte Pflichtverletzung sei nicht für etwaige Schäden der Klägerin ursächlich geworden.

17

Es sei nicht erkennbar, was die Beklagte bei einer Einschaltung von Bauingenieuren oder Baucontrollern habe erkennen können, was die Klägerin selbst bei ihrer Bautenstandserhebung vom 24.09.2001 nicht erkannt habe. Die Nichterkennbarkeit des Brandschadens habe die Klägerin selbst ausdrücklich eingeräumt.

18

Unzutreffend sei die Schadensermittlung der Klägerin. Ein Ausfall der eingesetzten Kreditmittel sei erst festzustellen, wenn die Sicherheitenverwertung abgeschlossen sei; das sei derzeit nicht der Fall. Die nach einem Zinssatz von 7,75 % geltend gemachten Zinsen seine unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt. Die Klägerin mache geltend, sie hätte bei pflichtgemäßem Handeln der Beklagten Kreditmittel nicht eingesetzt. Dann könne sie nicht gleichzeitig den Ersatz ihres positiven Interesses, nämlich den vertraglich geschuldeten Zins, verlangen. Verzugszinsen könnten ebenfalls nicht beansprucht werden. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch stelle keine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB dar.

19

Die Klägerin treffe zudem ein Mitverschulden in einer Höhe, das den geltend gemachten Anspruch im Ergebnis entfallen lassen. Die Klägerin habe sich im Verlaufe des Bauvorhabens wiederholt Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte vorbehalten. Das habe sie auf Unterlagen gestützt, die Grundlage der Prüfungen und der jeweiligen Valutierung durch die Beklagte gewesen seien. Die Klägerin habe sich in dieser Situation nicht passiv verhalten dürfen, wenn sie konkrete Pflichterfüllungen von der Beklagten erwartet habe.

20

Der Klageantrag sei auch als Zug-um-Zug-Antrag nicht begründet. Im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs aus § 280 BGB könne keine Rückabwicklung des Konsortialvertrages verlangt werden.

21

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

22

II.

Die Berufung ist zulässig. Eine Beschwer hinsichtlich des Feststellungsantrages ist gegeben, weil es sich bei gleichem Streitgegenstand nur um eine Klageeinschränkung (§ 264 Nr. 2 ZPO) handelt. Für den Hilfsantrag, der zuvor Hauptantrag war, besteht ebenfalls eine Beschwer (vgl. BGH NJW 2001, 226). Die Berufung ist aber hinsichtlich des Haupt- und des Hilfsantrages nicht begründet.

23

Es kann dahinstehen, ob der Feststellungsantrag wegen mangelnder Eingrenzung der festzustellenden Pflichtverletzung den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt und ob von einem unsubstantiierten Schadensersatzantrag auf einen Feststellungsantrag übergegangen werden darf, wenn aus dem Sachvortrag selbst in zweiter Instanz nicht zu erkennen ist, dass die Schadensentwicklung tatsächlich noch nicht abgeschlossen ist. Die Klage ist nicht begründet.

24

Es lässt sich mangels substantiierten Sachvortrags nicht feststellen, dass die Beklagte zu irgendeinem Zeitpunkt während der Bauphase Pflichten aus dem Konsortialvertrag verletzt hat. Ebenso wenig ist mangels substantiierten Vertrags der Klägerin feststellbar, dass die Klägerin auf eine vermeintliche Pflichtverletzung der Beklagten zu irgendeinem benennbaren Zeitpunkt aktiv mit Maßnahmen reagiert hätte, die entweder das Kreditvolumen durch vorzeitige Kündigung des Darlehensvertrages vermindert hätten oder die doch eine Ausweitung des Kreditvolumens verhindert hätten. Es ist nach der Lebenserfahrung sogar nahe liegend, dass ein Stilllegen der Baustelle wegen fehlender Kredite den Verkauf restlicher Wohnungen vereitelt und Zurückbehaltungsrechte der Erwerber bereits verkaufter Wohnungen ausgelöst hätte, wodurch sich der finanzielle Verlust hätte erhöhen können. Das wollte die Klägerin, wie noch zu erörtern ist, auf jeden Fall vermeiden. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in aller Offenheit eingeräumt, dass sie bis heute nicht wisse, worauf die Kostensteigerungen zurückzuführen seien. Auf dieser Ratlosigkeit beruht offenbar der mangelnde Sachvortrag, den die Klägerin trotz der Mahnungen im angefochtenen Urteil und des zweitinstanzlich erteilten Berichterstatterhinweises nicht zu konkretisieren vermochte.

25

Die Beklagte hatte gegenüber der Klägerin lediglich die Pflicht, wie ein ordentlicher Bankkaufmann zu agieren; hingegen traf sie keine Pflicht als Generalbauunternehmerin oder als Architektin oder als Baubetreuerin. Die Klägerin hat nicht mit Beweisantritten behauptet, dass es banküblich ist, bei einem Kreditvolumen von über 2.5 Mio. Euro für die Sanierung eines Bauobjekts bzw. für die Umwandlung eines Geschäftshauses in Wohnungseigentum ohne besonderen Anlass eine Kostenkalkulation parallel zu dem als Baubetreuer tätig gewordenen Kreditnehmer durchzuführen. Nur daraus könnte sich die rechtliche Anforderung ergeben, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) entsprechend festzulegen. Für eine gesteigerte Kontrollnotwendigkeit hat die Klägerin nichts vorgetragen. Sie selbst war Hausbank der Baubetreuerin und hat diese als sachkundig bei der Beklagten eingeführt.

26

Der Kostenkontrolle hätte es gedient, wenn die Baubetreuerin mit den: Bauhandwerkern Pauschalpreise vereinbart hätte, wobei selbst dann unvorhersehbare Ereignisse wie der Brandschaden oder die Geltendmachung von Gegenrechten durch Wohnungserwerber mit Auswirkungen auf die Zahlung der Kaufpreise davon nicht erfasst gewesen wären. Die Klägerin hat entsprechende Vorgaben gegenüber der Baubetreuerin, die in den Kreditvertrag hätten aufgenommen werden müssen, um rechtlich durchsetzbar zu sein, nicht verlangt. Sie hat den Inhalt des Kreditvertrages mit der Beklagten abgestimmt und einzelne Änderungen des von der Beklagten vorgelegten Vertragsentwurfs erzwungen. Wenn die Kontrolle in diese Richtung hätte gelenkt werden sollen, hätte die Klägerin ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, auf eine solche Vertragsausgestaltung hinzuwirken. Das hat sie jedoch nicht einmal versucht. Sie war an einschlägigen Absicherungen offenbar nicht interessiert. Als die Ende Juli 2001 vertraglich vereinbarte Nachfinanzierung am 15.06.2001 erforderlich wurde, hat die Klägerin ebenfalls keine Fixierung von Pauschalvergütungen in Bauhandwerkerverträgen gegenüber der Baubetreuerin verlangt, sondern der Ausweitung des Kreditrahmens ohne Auflagen zugestimmt.

27

Die von der Klägerin vermisste Einschaltung von Bauingenieuren in die Bautenstandskontrolle war für die mehrfache Überziehung des ursprünglich vereinbarten Kreditrahmens bedeutungslos. Die Klägerin macht nicht etwa geltend, wie sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, die von der Baubetreuerin eingereichten Bautenstandsberichte seien gefälscht worden und/oder die Kreditteilbeträge seine vorzeitig valutiert worden. Das hätte im Übrigen auch nur dann Auswirkungen auf den Finanzbedarf gehabt, wenn die Baubetreuerin die Valuta zweckwidrig ausgegeben hätte.

28

Weder im Konsortialvertrag noch im Kreditvertrag waren Teilvalutierungen in Bezug auf bestimmte Bautenstände vorgesehen. Ein paralleler, linearer Anstieg von Baufortschritt und Ausgaben für das Bauvorhaben - wie ihn etwa das Organisationshandbuch der Klägerin unter Nr. 3.1.1 (Kategorie 2) vorsieht - bestand nicht, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt hat. Eine Bautenkontrolle war nur im Hinblick auf die Erfüllung bestimmter Gewerke möglich. Sie ergab, wie beispielhaft in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist, keine gravierenden Kostenüberschreitungen. Die Klägerin macht auch nicht geltend, die Rechnungen für Bau- und Baunebenleistungen seien vertragswidrig überhöht gewesen bzw. abgerechnete Leistungen seien nicht ausgeführt worden. Die Klägerin vermag, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist, nicht zu sagen, welche Kostenüberschreitungen zu welchem Zeitpunkt der Bauphase ihrer Ansicht nach bei der Beklagten hätten Alarm auslösen müssen, sodass eine gemeinsame Überprüfung des Kreditengagements notwendig gewesen wäre.

29

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin nur diffuse Vorstellungen geäußert, dass die Beklagte Kostenkalkulationen hätte anstellen müssen, ob angesichts der Bauausgaben, die bei bestimmten Bautenständen getätigt waren, das restliche Kreditvolumen für die Baufertigstellung ausreichte. Dafür gab es keine rechtliche Grundlage. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, haben sich beide Parteien bei Gewährung des Kredits mit einer Plausiblitätskontrolle der Kostenplanung der Baubetreuerin begnügt. Die Beklagte musste nicht während der Bauausführung als Konsortialführerin zu einer Nachkontrolle der Kostenplanung in Form einer Eigenberechnung übergehen, wie sie der Baubetreuerin oblag. Zu derartigen Erkenntnissen hätte im Übrigen nicht einmal die Einschaltung externer Baufachleute geführt, die nach Vorstellung der Klägerin die Richtigkeit der Bautenstandsberichte kontrollieren sollten.

30

Unsubstantiiert ist die Behauptung der Klägerin, die Beklagte habe nicht zeitnah auf seit Anfang 2001 ausbleibende Zinszahlungen der Baubetreuerin hingewiesen.

31

Die Klägerin hat selbst die Anlage K 21 vorgelegt, zu der das Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 27.2.2001 gehört. Dort ist bei Anforderung eines Konsortialausgleichs vermerkt, dass Zinsforderungen in Höhe von 56 386,90 DM aufgelaufen seien. Mit diesem Schreiben setzt sich der gegenteilige pauschale Sachvortrag der Klägerin nicht auseinander.

32

In tatsächlicher Hinsicht unsubstantiiert und auf unzutreffender rechtlicher Würdigung beruhend ist der Vorwurf einer fehlerhaften Kalkulation des Nachfinanzierungsbedarfs durch die Beklagte. Die Klägerin hat selbst von der Baubetreuerin mit Schreiben vom 20.6.2001 Unterlagen angefordert, um den Nachfinanzierungsbedarf überprüfen zu können (Anlage zu Anlage K 23). Dazu äußert sich die Klägerin nicht. Die Beklagte hat als Konsortialführerin insoweit keinen Informationsvorsprung vor der Klägerin gehabt. Die Beklagte war nicht verpflichtet, anstelle der Klägerin die Angaben der Baubetreuerin zum Nachfinanzierungsbedarf zu überprüfen und damit die Klägerin in ihrer Funktion als Kreditgeberin zu schützen.

33

Es fehlt jeglicher substantiierte Vortrag zum Schaden und zur Kausalität vermeintlicher Pflichtverletzungen. Unabhängig davon, ob das positive oder das negative Interesse der Schadensberechnung zugrunde gelegt werden soll, wären anfängliche Valutierungen in jedem Fall erfolgt. Kontrollen der Bauabwicklung durch die Beklagte, wie auch immer sie geartet waren, konnten nur ex post wirken. Von welchem Zeitpunkt an die Klägerin eine Pflichtverletzung der Beklagten annehmen will, vermag nicht einmal sie selbst zu sagen.

34

Die Klägerin hat schließlich mehrfach dokumentiert, dass sie an einer Fertigstellung des Bauvorhabens trotz der Kostenüberschreitung interessiert war. Demnach wollte sie an dem im Konsortialvertrag vorgesehenen Recht, eine vorzeitige Kreditkündigung durch die Beklagte zu verlangen, keinen Gebrauch machen. Sie hat sogar noch unmittelbar vor der Insolvenzantragstellung durch die Baubetreuerin eine derartige Entwicklung abwehren wollen, für die die Kreditfälligstellung durch die Beklagte letztlich ausschlaggebend war. Daraus kann nur der Schluss gezogen werden, dass es der Klägerin darauf ankam, das Kreditengagement durch Verkauf der Wohnungen zurückzuführen. Sie hat nicht aufgezeigt, wie dieses Ziel in anderer Weise als durch Gewährung von Nachfinanzierungen bei Inkaufnahme weiterer Uneinbringlichkeit rückständiger Zinsforderungen zu erreichen war.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.