Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 06.07.2006, Az.: 7 U 2/06

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
06.07.2006
Aktenzeichen
7 U 2/06
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2006, 42132
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2006:0706.7U2.06.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - AZ: 9 O 210/05

In dem Rechtsstreit

H. E., ...

Klägerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte G., K. und v. B., ...

gegen

D. A. S. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer T. S., ...

Beklagte und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte:

Rechtsanwälte P., D., R., M., M. und S., ...

hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht K., die Richterin am Oberlandesgericht H. und den Richter am Oberlandesgericht K. auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 6. Dezember 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird zurückgewiesen.

    Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Beschwer für die Klägerin: 7.184,61 €

Gründe

1

I.

Die Klägerin begehrt u.a. Schadensersatz für die Reparatur eines Audi A2.

2

Die Klägerin kaufte den streitgegenständlichen PKW bei der Beklagten als Neufahrzeug ohne Zulassung. In der Internetanzeige war u.a. auf einen Transportschaden vorne rechts hingewiesen. Der im selbständigen Beweisverfahren beauftragte Sachverständige hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass zur Instandsetzung der Schäden Teile verwendet wurden, die älter als das Fahrzeug sind. Ein Ersatz aller festgestellten Gebrauchtteile durch Neuteile sowie die Erneuerung des beschädigten Längsträgers würde 6. 600 € brutto kosten.

3

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

4

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Klägerin der Beklagten keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe, obwohl diese erforderlich gewesen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

5

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie vertritt die Auffassung, dass eine Fristsetzung zur Nacherfüllung entbehrlich gewesen sei. Die Beklagte sei zu einer Reparatur in eigener Werkstatt nicht berechtigt gewesen, da sie - unstreitig - kein von Audi anerkannter "Alu-Stützpunkt-Partner" sei. Im Falle einer Reparatur durch die Beklagte und eines Weiterverkaufs müsse der Erwerber darüber aufgeklärt werden, eine fachlich vom Hersteller nicht autorisierte Firma habe die Reparatur durchgeführt, was einen weiteren Mangel darstellte. Ferner habe die Beklagte durch die Stellung eines Klagabweisungsantrags zu erkennen gegeben, dass sie ernsthaft und endgültig die Erfüllung eines an sie gerichteten Reparaturverlangens verweigere. Sie habe sich weder von dem in dem Beweissicherungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachten noch durch die vorprozessuale Korrespondenz beeindrucken lassen.

6

Die Klägerin stellt den Antrag,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Lüneburg - 9 U 210/05 - vom 6. Dezember 2005 die Beklagte zu verurteilen, an sie 6.878,66 € nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sowie weitere 305,95 € zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und verweist darauf, dass es ihr ohne weiteres möglich sei, eine von Audi autorisierte Werkstatt mit Arbeiten an dem Alu-Längsträger zu beauftragen. Der Klagabweisungsantrag habe sich ausschließlich auf den Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrags bezogen.

9

Im Übrigen wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug

10

genommen.

11

II.

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.

12

1. Das Landgericht hat zu Recht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß den §§ 437 Nr. 3, 440, 281 BGB auf Ersatz der Reparaturkosten verneint. Die sich aus den vorgenannten Vorschriften ergebende erforderliche Fristsetzung zur Nacherfüllung war nicht entbehrlich.

13

a) Gemäß § 281 Abs. 2 1. Alt. BGB ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung entbehrlich, wenn der Verkäufer die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat. Dabei sind an die Annahme einer Erfüllungsverweigerung strenge Anforderungen zu stellen. Es muss deutlich sein, dass sich der Schuldner über das auf die vertragliche Leistung gerichtete Erfüllungsverlangen des Gläubigers klar ist und gewissermaßen als letztes Wort seine Weigerung erklärt, so dass eine Änderung des Entschlusses ausgeschlossen ist (BGH NJW 1986, 661; Staudinger-Otto, BGB, Stand: Januar 2004, § 281 Rn B 107 m. w. N.; MüKo-Ernst, BGB, 4.Aufl., § 281 Rn 99). Dies kann vorliegend nicht festgestellt werden.

14

aa) Der Senat ist mit dem Landgericht der Auffassung, dass sich eine solche endgültige Nacherfüllungsverweigerung nicht aus dem Schreiben der Beklagten vom 11. November 2004 ergibt. Die Beklagte hat hierin ausgeführt, dass sie zu einer Instandsetzung bereit sei, die gebraucht verbauten Bauteile jedoch nur nach ihrer Notwendigkeit und nicht wegen ihres Design austauschen werde. Hieraus ergibt sich nicht, dass die Beklagte unter keinen Umständen zu einer Nacherfüllung bereit gewesen wäre; gegenteiliges ist der Fall. Die Beklagte durfte sich darauf beschränken, eine Reparatur in dem von ihr für erforderlich gehaltenen Umfang anzubieten, da sie als Verkäuferin den Umfang der Mängelbeseitigung bestimmt (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn 301).

15

bb) Eine endgültige Nacherfüllungsverweigerung ergibt sich auch nicht aus dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 23. November 2004. Dieses Schreiben stellt eine Reaktion auf das Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom selben Tag dar, mit dem der Beklagten eine Frist zur Herbeiführung der Zahlungs-, nicht der Nacherfüllungsbereitschaft gesetzt wurde.

16

cc) In dem von der Beklagten gestellten Klagabweisungsantrag ist ebenfalls keine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Nacherfüllung zu sehen.

17

(1) Die Beklagte wendet sich mit ihrem Abweisungsantrag nicht gegen eine von der Klägerin geforderte Mängelbeseitigung, sondern gegen die von ihr - der Klägerin - begehrte Zahlung von Reparaturkosten. Voraussetzung für einen Anspruch auf Schadensersatz ist jedoch eine erfolglose oder entbehrliche Frist zur Nacherfüllung. Dies ist seitens der Klägerin nicht erfolgt. Vor diesem Hintergrund stellt sich der Klagabweisungsantrag als prozessual zwingende Maßnahme dar, die für die Beklagte ohne materiell-rechtliche Konsequenz bleibt. Dies wäre anders zu sehen, wenn die Klägerin - was nicht der Fall ist - einen Anspruch auf Nacherfüllung geltend gemacht hätte.

18

(2) Ein Schadensersatzanspruch läßt sich auf eine Erfüllungsablehnung nur stützen, wenn die Weigerung vor dem Übergang des Gläubigers zum Schadensersatz erklärt worden ist bzw. die Umstände, aus denen auf die Weigerung geschlossen werden soll, vor diesem Zeitpunkt entstanden sind. Allerdings mag die Einbeziehung eines späteren Verhaltens des Schuldners (auch im Prozeß) in die Auslegung seiner früheren Erklärungen nicht ausgeschlossen sein (BGH NJW 1986, 661, 662 m. w. N.). Vorliegend lässt sich hieraus jedoch nichts für die Klägerin herleiten. Die Beklagte hat immer - zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - ihre Bereitschaft zur Mängelbeseitigung erklärt.

19

(3) Der Verweis der Klägerin auf das Urteil des Bundesgerichtshofs in NJW 1984, 1460 [BGH 08.12.1983 - VII ZR 139/82] ist unbehelflich. Die dortigen Ausführungen beziehen sich auf einen anders gelagerten Sachverhalt. Dort ging es um eine Klage auf Zahlung restlichen Werklohns - also auf Erfüllung und nicht auf Schadensersatz - und die Frage, ob der beklagten Partei noch eine Frist zur Erfüllung des Werklohnanspruchs hätte gesetzt werden müssen.

20

b) Es liegen keine besonderen Umstände i. S. v. § 281 Abs. 2 2. Alt. BGB vor, die die Fristsetzung entbehrlich gemacht hätten. Es besteht weder ein Interessenwegfall noch ein sog. Just-in-Time-Vertrag oder eine sonstige vergleichbare Situation (vgl. hierzu Palandt-Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 281 Rn. 15).

21

c) Die Nachbesserung ist der Beklagten auch nicht unmöglich.

22

Der Hinweis der Klägerin darauf, dass für die notwendige Reparatur an den Alu-Längsträgern nur die von Audi autorisierten Werkstätten befugt seien, bedeutet keine Unmöglichkeit für die Beklagte. Dieser bleibt es - wie sie selbst ausführt - unbenommen, eine derart autorisierte Werkstatt mit der Durchführung der Reparatur zu beauftragen. In diesem Fall blieben Garantieansprüche erhalten. Die Beklagte hat sich auch nicht geweigert, die erforderlichen Arbeiten bei einer von Audi autorisierten Werkstatt vornehmen zu lassen.

23

d) Der Klägerin ist die ihr zustehende Art der Nacherfüllung nicht unzumutbar i. S. v. § 440 Satz 1 BGB.

24

Dies wäre unter Umständen der Fall, wenn die Beklagte die Klägerin arglistig über den genauen Umfang der erfolgten Reparatur getäuscht hätte (vgl. hierzu MüKo-Westermann, a. a. O., § 440 Rn 8; Palandt-Putzo, a. a. O., § 440 Rn 8). Dies ist jedoch nicht der Fall. Das Landgericht hat eine arglistige Täuschung mit sachgerechter Begründung verneint (S. 8 des Urteils). Die Klägerin hat dies mit ihrer Berufungsbegründung nicht angegriffen. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den Aspekt einer arglistigen Täuschung angesprochen hat, ist das diesbezügliche Vorbringen, das im übrigen ohne hinreichende Substanz geblieben ist, gem. §§ 520 Abs. 3 Satz 2, 530, 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht zu berücksichtigen.

25

2. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung von 218,66 € für - angebliche - Montagekosten aus § 280 BGB zu.

26

a) Die Klägerin ist schon nicht aktivlegitimiert. Die Rechnung des Unternehmens B. E. ist an "Firma E. A." gerichtet, nicht an die Klägerin.

27

b) Die Klägerin hat zudem trotz des Bestreitens der Beklagten nicht vorgetragen, ob sie die Rechnung bezahlt hat. Selbst wenn die Beklagte grundsätzlich zur Freistellung verurteilt werden könnte, kommt dies vorliegend nicht in Betracht, da angesichts des Adressaten der oben genannten Rechnung nicht klar ist, wer von den Kosten freizustellen ist.

28

3. Der Klägerin steht aus den zu II.1. genannten Gründen kein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlich angefallenen Anwaltskosten von 305,95 € zu.

29

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Regelung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

30

Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen in diesem Einzelfall nicht vor.