Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 16.10.2002, Az.: 5 K 56/98
Voraussetzungen einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit i.S.v. § 4 Nr. 14 UStG (hier: Zilgrei-Kurse)
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 16.10.2002
- Aktenzeichen
- 5 K 56/98
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 14057
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2002:1016.5K56.98.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 24.02.2005 - AZ: V R 60/02
Rechtsgrundlagen
- § 4 Nr. 14 UStG
- § 4 Nr. 21b UStG
Fundstellen
- EFG 2003, 348-351
- INF 2003, 168
- UStB 2003, 132
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Für gesetzliche Krankenkassen durchgeführte "Zilgrei-Selbsthilfekurse" sind nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei.
- 2.
§ 4 Nr. 14 Satz 1 UStG stellt darauf ab, dass es sich um Leistungen durch "heilberufliche Tätigkeit" handelt. Eine solche liegt vor, wenn Leistungen ihrer Art nach von den Sozialversicherungsträgern für den Patienten bezahlt werden.
- 3.
Die Richtlinie 77/388/EWG rechtfertigt es, nur die Leistungen durch heilberufliche Tätigkeit zu befreien, die ihrer Art nach von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden.
- 4.
Die Anwendung des § 4 Nr. 14 UStG setzt nicht die Aufnahme in den Katalog der nach § 124 SGB X zugelassenen Leistungserbringer voraus; abzustellen ist vielmehr darauf, ob die Heilbehandlung i.d.R. tatsächlich von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert wird.
Tatbestand
Streitbefangen ist die Anwendung der Umsatzsteuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) und des § 4 Nr. 21 b UStG 1993.
Die Klägerin legte 1978 die Prüfung für das höhere Lehramt u.a. auf dem Gebiet des Sports ab. Da sie in diesem Beruf keine Anstellung fand, besuchte sie in der Folgezeit auf der Basis ihres Sportstudiums verschiedene weiterführende Veranstaltungen in der Gesundheitsbildung. 1990 erwarb sie den Abschluss einer "Fachkraft für kommunale Gesundheitsförderung". 1989 wurde sie von der Deutschen Zilgrei-Gesellschaft e.V., Frankfurt/Main, als Zilgrei-Lehrerin zertifiziert; hierdurch erwarb sie die Befugnis, Zilgrei-Selbsthilfekurse zu leiten. 1992 wurde die Klägerin Zilgrei-Ausbilderin mit der Berechtigung andere Zilgrei-Lehrer auszubilden.
Zilgrei ist eine kombinierte Atmungs- und Haltungsselbstbehandlungsmethode, die von Andriana Zillo und Dr. med. Hans G. Greissing entwickelt wurde. Nach Angaben der Deutschen Zilgrei-Gesellschaft (DZG) erzielt diese natürliche Selbstbehandlungsmethode in vielen Fällen von Beschwerden im Bewegungsapparat wie Schmerzen, Bewegungseinschränkung, Muskelverspannungen verblüffende Erfolge. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die von der Klägerin eingereichte Darstellung der Deutschen Zilgrei-Gesellschaft e.V. "ZILGREI Respiro-Dynamogenik" und die von der Klägerin vorgelegte Broschüre "Der gesunde Weg Zilgrei" Bezug genommen.
Im Streitjahr 1994 war die Klägerin in Kooperation mit der Deutschen Zilgrei-Gesellschaft zum einen als Ausbilderin von Zilgrei-Lehrern tätig. Insoweit erbrachte die Klägerin als externe Dozentin Leistungen gegenüber der DZG; letztere war Veranstalterin der Ausbildungskurse. Hieraus erzielte die Klägerin im Streitjahr 1994 Umsätze in Höhe von 22.221,60 DM.
Zum anderen erzielte die Klägerin im Streitjahr 1994 Umsätze in Höhe von 18.150 DM als Zilgrei-Selbsthilfe-Lehrerin im Rahmen von Kursen "Zilgrei als Selbsthilfe", die von gesetzlichen Krankenkassen zur Linderung und Beseitigung von Beschwerden des Bewegungsapparates durchgeführt wurden. Weitere Umsätze in Höhe von 5.405 DM erzielte die Klägerin aus Zilgrei-Selbsthilfe-Kursen, die sie für ein Krankenhaus und gemeinnützige Vereine (Frauenbildungshaus, Arbeiterwohlfahrt) durchführte. Nach den Erläuterungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entsprachen diese Kurse inhaltlich in vollem Umfang den Selbsthilfekursen, die von den Krankenkassen finanziert wurden. Geringfügige Umsätze erzielte die Klägerin aus einer Zilgrei-Selbsthilfe-Einzelarbeit (225,00 DM).
Ferner führte die Klägerin Kurse in Gesundheitssport für gemeinnützige Einrichtungen durch (Umsätze 3.675,00 DM). In diesen Kursen wurden zwar auch Zilgrei-Übungen durchgeführt. Jedoch handelte es sich im Gegensatz zu den für die Krankenkassen durchgeführten Kurse nach den Erläuterungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung um Kurse, bei denen keine konkreten Beschwerden behandelt wurden, sondern die der allgemeinen sportlichen Betätigung dienten.
Daneben erzielte die Klägerin in geringfügigem Umfang weitere Einnahmen insbesondere aus Buchverkäufen und einem Vortrag bei der Volkshochschule. Wegen der Einzelheiten wird auf die Übersicht der Klägerin vom 05.04.2000 Bezug genommen.
Im ersten Jahr ihrer unternehmerischen Tätigkeit, 1993, erzielte die Klägerin vergleichbare Einnahmen. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Übersicht der Klägerin vom 10.10.2002 Bezug genommen.
Für das Streitjahr 1994 gab die Klägerin am 08.05.1996 eine Umsatzsteuererklärung ab, in der sie die steuerpflichtigen Umsätze und Vorsteuern jeweils mit 0 DM bezifferte und erklärte, der für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG maßgebliche Umsatz habe 4.477 DM im Kalenderjahr 1993 und 3.159 DM im Kalenderjahr 1994 betragen. Dabei erklärte sie für das Streitjahr steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug nach § 4 Nr. 22 a UStG in Höhe von 49.876 DM.
Vor dieser Umsatzsteuererklärung hatte die Steuerberaterin der Klägerin mit Schreiben vom 30.04.1996 den Beklagten um Stellungnahme zur Frage der Umsatzsteuerpflicht der von der Klägerin erbrachten Leistungen gebeten. Daraufhin antwortete der Beklagte mit Schreiben vom 12.07.1996, es lägen weder die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG noch diejenigen einer Befreiung nach § 4 Nr. 22 a UStG vor. Für den Veranlagungszeitraum 1993 seien allerdings noch die Voraussetzungen einer Besteuerung als Kleinunternehmer gegeben. Anschließend bat der Beklagte mit Schreiben vom 23.07.1996 um Abgabe einer berichtigten Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1994. Daraufhin wiederholte die Klägerin mit Schreiben vom 17.09.1996 ihre Auffassung, ihre Tätigkeit sei von der Umsatzsteuer befreit. Mit Schreiben vom 31.10.1996 lehnte der Beklagte die von der Klägerin begehrte verbindliche Auskunft ab. Er wiederholte nochmals seine Auffassung, die Tätigkeit der Klägerin sei nicht von der Umsatzsteuer befreit.
Mit einem auf § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) gestützten Änderungsbescheid vom 04.12.1996 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer 1994 auf 5.617 DM fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Zur Erläuterung verwies er auf sein Schreiben vom 31.10.1996.
Im Laufe des hiergegen eingelegten Einspruchs legte die Klägerin eine Bestätigung der Bezirksregierung Lüneburg vom 7. Mai 1997 vor, die folgenden Wortlaut hat:
"Es wird bestätigt, daß die von Frau X...in Zusammenarbeit mit der Deutschen ZILGREI-Gesellschaft e.V. Frankfurt/Main durchgeführten Kurse zur Ausbildung und Fortbildung von ZILGREI-Lehrer/innen dem Erfordernis des § 4 Nr. 21 b UStG entsprechen.
Diese Bestätigung gilt befristet bis zum 30.06.1999 und darf nicht für Werbezwecke verwendet werden."
Ferner legte die Klägerin eine Bestätigung der Deutschen Zilgrei-Gesellschaft vor, wonach ein Umsatz in Höhe von 22.221,60 DM im Streitjahr 1994 auf die Aus- und Fortbildung von Zilgrei-Lehrern/-innen entfalle. Daraufhin verminderte der Beklagte die steuerpflichtigen Umsätze um 22.221 DM und setzte die Umsatzsteuer mit Teilabhilfebescheid vom 16.07.1997 auf 3.219 DM herab.
Da die Klägerin geltend machte, in den verbleibenden als steuerpflichtig behandelten Umsätzen seien auch Umsätze aus Bücherverkäufen in Höhe von 2.953 DM enthalten, die bei einem Versagen der Steuerbefreiung mit 7 v.H. zu besteuern wären, setzte der Beklagte die Umsatzsteuer durch Einspruchsbescheid vom 17.12.1997 nochmals auf 2.983 DM herab. Im Übrigen wies er den Einspruch als unbegründet ab. Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, die übrigen Umsätze der Klägerin seien nicht von der Umsatzsteuer befreit. Eine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 UStG komme nicht in Betracht, weil das Betätigungsfeld der Klägerin nicht berufsrechtlich geregelt sei. Auch § 4 Nr. 22 a UStG sei nicht anwendbar. Nach dieser Vorschrift seien nur die Umsätze der dort genannten Einrichtungen steuerbefreit, nicht jedoch die Leistungen der an einer solchen Einrichtung arbeitenden selbständigen Dozenten.
Mit der hiergegen eingelegten Klage machte die Klägerin zunächst geltend, die von ihr als Dozentin für gemeinnützige Einrichtungen, Volkshochschulen und gesetzliche Krankenkassen erbrachten Vortragsleistungen seien nach § 4 Nr. 22 a UStG oder nach § 4 Nr. 21 b UStG von der Umsatzsteuer befreit. Nach den Entscheidungen des BFH in den Revisionsverfahren XI R 68/97 und V R 6/98 vom 17.06.1998 und 24.06.1999 (BFH/NV 1999, 81 und 2000, 238 [BFH 24.06.1999 - V R 6/98]) zu den Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 22 a UStG macht die Klägerin nunmehr geltend, die mit den gesetzlichen Krankenkassen getätigten Umsätze seien nach § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Insoweit habe sich der Beklagte auf eine Rechtsprechung gestützt, die das Bundesverfassungsgericht durch Beschluss vom 29. Oktober 1999 (2 BvR 1264/90, BStBl II 2000, 155) als verfassungswidrig qualifiziert habe.
Die Klägerin legte Bescheinigungen des Landesverbands der Y-Krankenkassen vor, in denen diese gesetzlichen Krankenkassen bestätigen, dass die Klägerin im Jahr 1994 Zilgrei-Selbsthilfe-Kurse zur Linderung und Beseitigung von Beschwerden des Bewegungsapparates durchgeführt hat. Die Kurse dauerten in der Regel 8 Wochen. Teilnehmer der Kurse wurden durch die gesetzlichen Krankenkassen vermittelt, die das entsprechende Programm an die Versicherten und an Ärzte weitergeleitet hatten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die entsprechenden Bescheinigungen der Krankenkassen Bezug genommen. Ferner legte die Klägerin einen Auszug aus dem Kursprogramm der Y-Krankenkassen mit dem Titel "Fit mit der Y Gesundheit"über Zilgrei-Kurse, Berichte über Zilgrei-Kurse im Jahr 1991 sowie Berichte von Kursteilnehmern über ihre Erfahrungen mit Zilgrei-Kursen vor.
In der mündlichen Verhandlung legte die Klägerin dar, dass die von den gesetzlichen Krankenkassen finanzierten Zilgrei-Selbsthilfe-Kurse in den Räumlichkeiten der Krankenkassen stattfanden. Die Klägerin rechnete die Kurse jeweils mit den Krankenkassen ab. Diese organisierten die Kurse und gewannen unter ihren Mitgliedern die Kursteilnehmer. Die Zahl der Teilnehmer war auf maximal 10 - 12 Personen begrenzt, um noch auf die Beschwerden der einzelnen Teilnehmer eingehen zu können. Zu Beginn der Kurse legten die Patienten dar, an welchen Beschwerden sie litten. Die Kurse beruhten auf einem "Zilgrei-Standardprogramm", das sich auf die Wirbelsäule bezieht und bei dem in den einzelnen Kursstunden jeweils einzelne Teile des Bewegungsapparates im Mittelpunkt stehen. Dieses "Standard-Programm", das jeweils an die Beschwerden der einzelnen Patienten angepasst werden kann, hilft nach Angaben der Klägerin bei ca. 80 % der Patienten. Bei den anderen Patienten erfolgte im Rahmen der Selbsthilfekurse eine Einzelbehandlung.
Ergänzend trug die Klägerin vor, sie sei nicht von den Krankenkassen als Leistungserbringerin nach § 124 Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs V. Buch (SGB V) zugelassen. Die Klägerin legte Schreiben der Y-Krankenkassen vor, in denen diese Kassen bestätigen, dass die Kurse im Jahr 1994 auf der Grundlage des damaligen § 20 SGB V von der jeweiligen Krankenkasse finanziert wurden. Ergänzend legten diese Kassen dar, Leistungen zur Gesundheitsförderung seien im Jahr 1989 erstmals in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen worden und bis Ende 1996 auf der Grundlage des damaligen § 20 SGB V (alte Fassung) finanziert worden. Seit dem 01.01.2000 könnten die gesetzlichen Krankenkassen auf der Basis des neuen § 20 SGB V erneut Leistungen zur Gesundheitsförderung anbieten und finanzieren.
Die Klägerin ist - nach einem entsprechenden Hinweis des Berichterstatters - der Ansicht, sie sei im Streitjahr 1994 Kleinunternehmerin gewesen. Da die im Jahr 1993 durchgeführten Kurse der gesetzlichen Krankenkassen nach § 4 Nr. 14 UStG und die Kurse der DZG nach § 4 Nr. 21 b UStG 1993 steuerfrei seien, gehörten sie gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG nicht zu dem für die Anwendung des § 19 UStG maßgebenden Umsatz. Da die übrigen Umsätze des Jahres 1993 die für das Streitjahr 1994 maßgebliche Umsatzgrenze von 25.000,00 DM unterschritten, sei unerheblich, ob es sich insoweit isoliert betrachtet ebenfalls um steuerfreie Umsätze handle.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 1994 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, die von den Krankenkassen finanzierten Zilgrei-Kurse führten nicht zur Anwendung des § 4 Nr. 14 UStG. Die Teilnahme an den Kursen sei nicht durch einen Arzt verordnet worden, sondern auf Eigeninitiative der Teilnehmer zurückzuführen, auch wenn diese gegebenenfalls auf einer "Empfehlung" der Ärzte beruhe. Da die Klägerin bzw. deren Berufsgruppe nicht nach § 124 Abs. 2 SGB V durch die gesetzlichen Krankenkassen als Leistungserbringer zugelassen sei, sei deren Tätigkeit nicht als ähnliche heilberufliche Tätigkeit im Sinne des § 4 Nr. 14 UStG anzusehen (Hinweis auf BMF-Schreiben vom 28.02.2000, BStBl I 2000, 433). Aus der bloßen Finanzierung der Zilgrei-Kurse, die die Kassen für ihre Mitglieder anbieten, sei nicht zu schließen, dass derartige Leistungen in der Regel von den Sozialversicherungsträgern finanziert würden. Die Krankenkassen übernähmen nicht die Kosten, wenn ihre Mitglieder außerhalb der krankenkasseneigenen Angebote Zilgrei als Heilmittel nutzen wollten. Patienten, denen Zilgrei vom Arzt verschrieben werde, erhielten in der Regel keine Kostenerstattung.
Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Finanzgerichtsakten und die Steuerakten des Beklagten zu Steuernummer...verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Soweit die Klägerin Zilgrei-Kurse gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen anbot, erbrachte sie eine ähnliche heilberufliche Leistung im Sinne des § 4 Nr. 14 UStG. Die Kurse der Klägerin zur Ausbildung von Zilgrei-Lehrern waren nach § 4 Nr. 21 b UStG1993 ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit. Da diese Kurse, die auch im Jahr 1993 angeboten wurden, nach § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 UStG bei der Ermittlung des Gesamtumsatzes, der für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung maßgeblich ist, nicht zu berücksichtigen sind, war von der Klägerin nach § 19 Abs. 1 UStG im Streitjahr 1994 keine Umsatzsteuer zu erheben.
1.
Die Zilgrei-Selbsthilfekurse, die die Klägerin in den Jahren 1993 und 1994 für gesetzliche Krankenkassen durchführte, waren nach § 4 Nr. 14 UStG umsatzsteuerfrei.
a)
Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG 1993 sind "die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Krankengymnast, Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes" steuerfrei.
Die Vorschrift bezweckt die Entlastung der Sozialversicherungsträger von der Umsatzsteuer. Ihre Anwendung auf die Umsätze von Unternehmern, die Heil- oder Heilhilfsberufe ausüben, hängt nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29.10.1999 (2 BvR 1264/90, BStBl II 2000, 155) nicht von einer berufsrechtlichen Regelung und deren Erfüllung ab. Maßgebend ist, dass es sich um Leistungen durch "heilberufliche Tätigkeit" handelt. Leistungen eines Unternehmers durch heilberufliche Tätigkeit, die in der Regel von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden, liegen vor, wenn Leistungen ihrer Art nach von den Sozialversicherungsträgern für den Patienten bezahlt werden (BFH-Urteil vom 13. April 2000 V R 78/99, BFHE 191, 441). Andere Umsätze schließt die Steuerbefreiung auch dann nicht ein, wenn diese durch die Sozialversicherungsträger finanziert werden (vgl. BFH-Urteile vom 28.06.2000 V R 72/99, BStBl II 2000, 554 und vom 24.08.2000 V R 7/99, BFH/NV 2001, 651).
b)
Die Beschränkung der Steuerbefreiung in § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG auf Leistungen, die die menschliche Gesundheit betreffen, entspricht Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/ EWG). Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften unter den Bedingungen, die sie zur Gewährung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer (nach Buchst. c) "die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen oder arztähnlichen Berufe erbracht" werden. Dazu hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) entschieden, dass Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG Leistungen umfasse, die außerhalb eines Krankenhauses im Rahmen einer auf Vertrauen gegründeten Beziehung zwischen Patient und Behandelnden erbracht werden, wobei diese Beziehung normalerweise in dessen Praxisräumen zum Tragen kommt (EuGH-Urteil vom 23. Februar 1988 Rs. 353/85 - Kommission/Vereinigtes Königreich, UR 1989, 313). In ständiger Rechtsprechung weist der EuGH darauf hin (z.B. EuGH-Urteile vom 11.08.1995 Rs. C-453/93 - Bulthuis Griffioen, UR 1995, 477 und vom 14.09.2000 Rs. C-384/98, UR 2000, 432), dass die in Art. 13 der Richtlinie 77/388/EWG enthaltenen Begriffe, mit denen die Steuerbefreiungen umschrieben werden, eng auszulegen sind. Dies rechtfertigt es, nicht sämtliche, sondern nur die Leistungen durch heilberufliche Tätigkeit zu befreien, die (ihrer Art nach) von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden. Andere Leistungen sind nicht nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei, selbst wenn für sie eine bestimmte heil- oder heilhilfsberufliche Ausbildung vorausgesetzt wird, sofern sie sich nicht als heilberufliche Tätigkeiten beurteilen lassen (BFH-Urteile vom 13.04.2000 V R 78/99, BFHE 191, 441 und vom 24.08.2000 V R 7/99, BFH/NV 2001, 651).
Dabei setzt eine heilberufliche Tätigkeit eine Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder sonstigen Körperschäden beim Menschen voraus (vgl. BFH-Urteil vom 24.08.2000 V R 7/99, BFH/NV 2001, 651 m.w.N. und EuGH-Urteil vom 14.09.2000 Rs. C-384/98, UR 2000, 432).
c)
Nach diesen Kriterien übte die Klägerin bei der Durchführung der Zilgrei-Selbsthilfe-Kurse für gesetzliche Krankenversicherungen eine "ähnliche heilberufliche Tätigkeit" i.S.d. § 4 Nr. 14 UStG aus.
aa)
Die Klägerin erbrachte insoweit Leistungen, die in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert wurden.
(1)
Nach Auffassung des erkennenden Senates ist für die Frage, ob bestimmte Leistungen "in der Regel von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden", bei einem Leistungsanbieter, der auch Kassenpatienten behandelt, auf das tatsächliche Zahlungsverhalten der gesetzlichen Krankenkassen gegenüber dem konkreten Unternehmer abzustellen, der die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG in Anspruch nimmt. Dabei ist maßgeblich, ob die Leistungen, die der Unternehmer gegenüber gesetzlich Krankenversicherten erbringt, tatsächlich in der Regel von den Krankenkassen finanziert werden.
Ob die Krankenkassen zur Übernahme dieser Kosten berechtigt oder verpflichtet waren und auf welcher Rechtsgrundlage diese Kostenübernahme ggf. erfolgte, ist nach Auffassung des Senats für die Anwendung des § 4 Nr. 14 UStG unerheblich. Der Senat folgt nicht der Auffassung des Beklagten, eine Anwendung des § 4 Nr. 14 UStG setze die Aufnahme in den Katalog der nach § 124 SGB V zugelassenen Leistungserbringer voraus. Vielmehr ist nach Auffassung des Senates für die Anwendung des § 4 Nr. 14 UStG seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 29.10.1999 (a.a.O.) maßgeblich darauf abzustellen, ob Heilbehandlungen in der Regel tatsächlich von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden. Nach welchen Kriterien diese Finanzierung erfolgt, ist nach Auffassung des Senates weder einer Überprüfung durch die Finanzämter noch durch die Finanzgerichte zugänglich. Weil der für die Auslegung des § 4 Nr. 14 UStG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entscheidungserhebliche Zweck dieser Norm darin besteht, die Sozialversicherungsträger von der Umsatzsteuer zu entlasten, hat die Entscheidung der Sozialversicherungsträger, welche Behandlungskosten sie finanzieren, Bindungswirkung für die Anwendung des § 4 Nr. 14 UStG.
Entgegen der Auffassung des Beklagten bedarf es auch keiner Erklärung der Sozialversicherungsträger, in der diese sich verpflichten, regelmäßig Kosten für Behandlungen der Art zu übernehmen, die der konkrete Unternehmer erbringt. Vielmehr ist nach Auffassung des erkennenden Senats allein darauf abzustellen, ob die Krankenkassen tatsächlich die Kosten für die von dem jeweiligen Unternehmer erbrachten Leistungen übernommen haben. Ob andere Unternehmer in der Bundesrepublik vergleichbare Leistungen erbringen und ob diese Leistungen ebenfalls von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden, ist dagegen grundsätzlich nicht zu prüfen. Anderenfalls würde die Frage der Steuerpflicht der Umsätze von Umständen abhängen, die dem Unternehmer nicht bekannt sind und die er vielfach nicht ermitteln kann. Dies wäre mit dem Erfordernis einer Bestimmbarkeit der Besteuerungstatbestände nicht vereinbar.
Dabei kann offen bleiben, inwieweit etwas anderes gilt, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Finanzierung gegenüber dem konkret betroffenen Unternehmer nur aufgrund besonderer Umstände erfolgt, die gerade in der Person dieses Unternehmers liegen (z.B. wenn dieser an einem Versuch zur Erprobung einer neuen Behandlungsmethode beteiligt ist), da im Streitfall keine derartigen Besonderheiten vorlagen.
Diese Auslegung führt nicht zu einem uferlosen Anwendungsbereich des § 4 Nr. 14 UStG, da der Anwendungsbereich dieser Norm bei einer Finanzierung durch die Krankenkassen durch das zweite Abgrenzungskriterium begrenzt wird. Wie oben zu a) und b) dargelegt, ist § 4 Nr. 14 UStG nur dann anwendbar, wenn die Ausübung einer heilberuflichen Tätigkeit durch gesetzliche Krankenkassen finanziert wird. Dieses zweite Abgrenzungskriterium, ob die von den Krankenkassen finanzierte Tätigkeit der Ausübung eines Heilberufes dient, ist - entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile V R 72/99 und 7/99, a.a.O.) - als Frage der Anwendung des Steuerrechts von der Finanzverwaltung und der Finanzgerichtsbarkeit in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Insoweit kann es keinerlei Bindung an eine Entscheidung der Sozialversicherungsträger geben, da die Krankenkassen keine Entscheidung über diese Frage treffen, sondern nur festlegen, welche Leistungen sie finanzieren.
Demnach ist auch unerheblich, ob die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten als Kosten einer Heilbehandlung übernehmen oder ob sie sich für die Kostenübernahme auf eine andere Rechtsgrundlage (z.B. Leistungen zur Förderung der Gesundheit nach § 20 SGB V) berufen. Entscheidend ist allein, dass tatsächlich Heilbehandlungen erfolgen, die in der Regel von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden, unabhängig davon, auf welche Rechtsgrundlage die Krankenkassen diese Finanzierung stützen.
(2)
Nach diesen Kriterien wurden die von der Klägerin durchgeführten Heilbehandlungen in der Regel von den Sozialversicherungsträgern bezahlt, da die gesetzlichen Krankenkassen die Leistungen der Klägerin bei den für die Krankenkassen in den Jahren 1993 und 1994 durchgeführten Zilgrei-Selbsthilfekursen in vollem Umfang finanzierten.
bb)
Die Leistungen der Klägerin bei den für die Krankenkassen durchgeführten Zilgrei-Selbsthilfekursen dienten auch der Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder sonstigen Körperschäden beim Menschen.
Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Bescheinigungen der die Kurse veranstaltenden Krankenkassen und der Erläuterungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung dienten die Zilgrei-Selbsthilfekurse "zur Linderung und Beseitigung von Beschwerden des Bewegungsapparates". Zielgruppe der Kurse waren bereits erkrankte Patienten mit Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden. Dadurch unterschieden sich diese Kurse von rein prophylaktischen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung und Pflege der Gesundheit (wie z.B. Gymnastikkursen o.ä.).
Die Tatsache, dass die heilberufliche Tätigkeit nicht in einer Einzelanwendung gegenüber nur einem einzelnen Patienten erfolgte und nicht auf einer ärztlichen Verordnung beruhte, schließt dabei nach Auffassung des Senates die Anwendung des § 4 Nr. 14 UStG nicht aus.
Zwar hat der EuGH mit Urteil vom 23. Februar 1988 (Rs. 353/85 - Kommission/Vereinigtes Königreich, UR 1989, 313) entschieden, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG umfasse Leistungen, "die außerhalb eines Krankenhauses im Rahmen einer auf Vertrauen gegründeten Beziehung zwischen Patient und Behandelnden erbracht werden, wobei diese Beziehung normalerweise in dessen Praxisräumen zum Tragen kommt". Die Leistungen der Klägerin dagegen wurden jeweils gegenüber einer Gruppe von bis zu 12 Patienten erbracht. Gleichwohl handelte es sich nach Auffassung des Senates bei der Tätigkeit der Klägerin im Rahmen der Zilgrei-Selbsthilfekurse für Krankenkassen um eine heilberufliche Tätigkeit. Entscheidend ist hierfür, dass die Zilgrei-Selbsthilfekurse zur Linderung und Beseitigung von Beschwerden des Bewegungsapparates dienten. Typischerweise erfolgen Heilbehandlungen zwar gegenüber einem einzelnen Patienten in Praxisräumen eines Arztes, Zahnarztes, Heilpraktikers oder Physiotherapeuten. Jedoch ist dies nach Auffassung des Senates keine zwingende Voraussetzung für das Vorliegen einer Heilbehandlung. So ist es etwa bei Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation nicht ungewöhnlich, dass diese gegenüber einer Gruppe von Patienten erbracht werden. Auch kann Krankengymnastik nicht nur in Einzelbehandlung erfolgen, sondern durch Behandlung einer Patientengruppe. Entscheidend für die Anwendung des § 4 Nr. 14 UStG ist - neben der Finanzierung durch die Sozialversicherungsträger - jeweils, ob eine Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder sonstigen Körperschäden beim Menschen erbracht wird, nicht dagegen in welchem äußeren Rahmen diese Tätigkeit erfolgt.
2.
Die von der Klägerin durchgeführten Kurse zur Ausbildung von Zilgrei-Lehrern waren nach § 4 Nr. 21 b UStG ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit.
Nach § 4 Nr. 21 b UStG in der 1993 und 1994 geltenden Fassung (§ 4 Nr. 21 b UStG 1993) waren steuerfrei "die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten".
a)
Die Tatsache, dass die Klägerin als externe Dozentin Leistungen gegenüber der Deutschen Zilgrei-Gesellschaft e.V. (DZG) erbrachte, die Trägerin der Ausbildungsveranstaltungen zum Erwerb der Qualifikation als Zilgrei-Lehrer war, steht der Anwendung des § 4 Nr. 21 b UStG nicht entgegen.
Zwar hat der BFH mit Urteil vom 27. August 1998 (V R 73/97, BStBl II 1999, 376) entschieden, § 4 Nr. 21 b UStG 1993 begünstige nur die Träger privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, nicht aber freie Mitarbeiter, die an diesen Schulen oder ähnlichen Bildungseinrichtungen Unterricht erteilen. Dabei stützte sich der BFH jedoch maßgeblich auf das Urteil des EuGH vom 11. August 1995 (Rs. C-453/93 Bulthuis-Griffioen, UR 1995, 476), mit dem der EuGH entschieden hatte, der in Art. 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG verwendete Begriff der "Einrichtung", der den Umfang der Steuerbefreiung beschreibt, sei auf juristische Personen beschränkt und umfasse nicht natürliche Personen wie die Klägerin.
Diese Rechtsprechung hat der EuGH zwischenzeitlich durch Urteil vom 7. September 1999 (Rs. C-216/97 Gregg, UR 1999, 419) aufgegeben. Nunmehr legt der EuGH aus Gründen der Wettbewerbsneutralität Art. 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG dahingehend aus, dass nicht nur juristische, sondern auch natürliche Personen oder deren Zusammenschlüsse Träger einer "Einrichtung" sein können, die in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung fallen. Dieser Rechtsprechung hat sich der BFH im Hinblick auf andere Befreiungstatbestände des § 4 UStG angeschlossen (vgl. etwa BFH-Urteil vom 24.02.2000 V R 23/99, BStBl II 2000, 302). Der BFH sieht es nunmehr als geklärt an, dass durch Art. 13 Teil A Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG auch "Einrichtungen" begünstigt sind, die von natürlichen Personen betrieben werden (Beschluss vom 28. Februar 2002 V B 31/01, BFH/NV 2002, 957 [BFH 19.02.2002 - V B 52/01]).
Aufgrund der geänderten EuGH-Rechtsprechung ist § 4 Nr. 21 b UStG 1993 richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass auch natürliche Personen, die als freie Mitarbeiter an Schulen oder berufsbildenden Einrichtungen Unterricht erteilen, in den Anwendungsbereich dieser Steuerbefreiung fallen können. Diese Auslegung entspricht im Übrigen der für die streitbefangenen Jahre 1993 und 1994 in den Umsatzsteuer-Richtlinien wiedergegebenen Auffassung der Finanzverwaltung (Abschn. 112 a Abs. 1 Satz 1 UStR 1992). Mit Wirkung ab 1999 wurde dieser Umfang der Steuerbefreiung auch durch Änderung des § 4 Nr. 21 UStG ausdrücklich in den Gesetzestext aufgenommen.
b)
Die Klägerin erbrachte in den Jahren 1993 und 1994 bei ihren Unterrichtsleistungen im Rahmen der Ausbildung von Zilgrei-Lehrern unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienende Leistungen an einer berufsbildenden Einrichtung. Die zuständige Landesbehörde hat bestätigt, dass die von der Klägerin durchgeführten Lehrgänge i.S.d. § 4 Nr. 21 b UStG 1993 ordnungsgemäß auf einen Beruf vorbereiten.
Dabei hatte die von der Klägerin vorgelegte Bescheinigung der Bezirksregierung Lüneburg vom 07.05.1997 auch Bindungswirkung für die Jahre 1993 und 1994. Diese Bescheinigung bringt zwar nicht ausdrücklich zum Ausdruck, für welchen Zeitraum sie gelten soll. Lediglich für die Zukunft erfolgte ausdrücklich eine Befristung der Wirkung bis zum 30.06.1999. Der Anfangszeitpunkt, ab dem diese Bescheinigung Bindungswirkung entfaltete, wird dagegen nicht ausdrücklich genannt. Im Wege der Auslegung ist jedoch zu ermitteln, dass die Bescheinigung ab dem Zeitpunkt (1993) gelten sollte, in dem die Klägerin mit der Ausbildung von Zilgrei-Lehrern begann. Aus dem Wortlaut der Bescheinigung ("durchgeführten Kurse") ist zu entnehmen, dass sie sich auf Kurse bezieht, die die Klägerin bereits vor Ausstellung der Bescheinigung durchgeführt hatte. Da die Klägerin nach ihren glaubhaften Bekundungen in der mündlichen Verhandlung zum Erhalt dieser Bescheinigung umfangreiche Unterlagen über ihre bis zum Zeitpunkt der Erteilung der Bescheinigung durchgeführten Kurse vorlegen musste und die Bezirksregierung die Bescheinigung erteilte, weil sie zu dem Ergebnis kam, diese Kurse entsprächen den Anforderungen des damaligen § 4 Nr. 21 b UStG, bezieht sich diese Bescheinigung auf alle Kurse, die die Klägerin von 1993 bis zum 30.06.1999 durchgeführt hat. Sie entfaltet damit Bindungswirkung für die im Streitfall relevanten Jahre 1993 und 1994 (vgl. BFH-Entscheidungen vom 06.12.1994 V B 52/94 BStBl II 1995, 913 und vom 24.09.1998 V R 3/98, BStBl II 1999, 147). In diesem Sinne wurde die Bescheinigung auch übereinstimmend von den Parteien aufgefasst, da der Beklagte auf der Grundlage dieser Bescheinigung die entsprechenden Kurse der Klägerin in den Jahren 1993 und 1994 als umsatzsteuerfrei behandelte.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
4.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO, da die Frage, welche Heilbehandlungen nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei sind, grundsätzliche Bedeutung hat und der Senat von dem BFH-Urteil V R 73/97 zur Auslegung des § 4 Nr. 21 b UStG 1993 abweicht.