Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 05.07.2007, Az.: 13 Verg 8/07
Ausschluss nicht unterschriebener Angebote bei fehlender Unterzeichnung einer geforderten Subunternehmererklärung; Auslegung des Begriffs Subunternehmer aus der Sicht eines fachkundigen Bieters; Nichtigkeit eines Bundesvertrages
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 05.07.2007
- Aktenzeichen
- 13 Verg 8/07
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2007, 36787
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2007:0705.13VERG8.07.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 107 Abs. 3 S. 2 GWB
- § 133 BGB
- § 157 BGB
- § 25 VOL/A
Fundstellen
- BauR 2007, 1619 (amtl. Leitsatz)
- BauR 2008, 147 (amtl. Leitsatz)
- OLGReport Gerichtsort 2007, 780-783
- VS 2007, 68-69
- VergabeR 2007, 794-797 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- ZfBR 2008, 19-20
- ZfBR 2008, 23
- ZfBR 2007, 706-709 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
Zur Frage der Kenntnis des Bieters im Sinn des § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB.
Zur Auslegung des Begriffs "Subunternehmen" in Vergabeunterlagen.
In der Vergabesache
...
hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Celle
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ... sowie
der Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 5. Juli 2007
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Regierungsvertretung Lüneburg - vom 8. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Das Land Niedersachsen (Auftraggeber) schrieb Anfang 2007 die Erfassung und Pflege von Rechts und Verwaltungsvorschriften sowie die Bereitstellung dieser Inhalte mittels eines internetbasierten Informationssystems (VORIS) europaweit im offenen Verfahren aus. Der Vertrag soll eine Laufzeit vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2010 haben. In den Verdingungsunterlagen heißt es, im Fall der Einschaltung von Subunternehmen sei der entsprechende Vordruck aus Anlage D auszufüllen und von jedem Subunternehmen zu unterzeichnen; die Voraussetzungen bzgl. Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde für die Subunternehmen seien nachzuweisen. Das wirtschaftlichste Angebot soll im Wesentlichen so ermittelt werden, dass aufgrund einer Bewertungsmatrix Leistungspunkte vergeben und anschließend ein Leistungs-Preis-Verhältnis gebildet wird. Die Einzelheiten hierzu sind in den Verdingungsunterlagen beschrieben.
Die Antragstellerin und die Beigeladene nahmen an der Ausschreibung teil.
Nach einer vom Auftraggeber am 10. Mai 2007 vorgenommenen Leistungsbewertung erreichte die Antragstellerin eine höhere Gesamtsumme der Leistungspunkte als die Beigeladene. Bei dem Leistungs-Preis-Verhältnis lag sie jedoch hinter der Beigeladenen.
Mit Schreiben vom 14. Mai 2007 informierte der Auftraggeber die Antragstellerin gemäß § 13 VgV, dass sie nicht das wirtschaftlichste Angebot abgegeben habe und der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden solle. Das Schreiben wurde am 14. Mai 2007 fernschriftlich sowie durch e-mail und am 15. Mai 2007 mit der Post an die Antragstellerin gesandt.
Mit einem beim Auftraggeber am 23. Mai 2007 bei der Vergabestelle eingegangenen Anwaltsschreiben rügte die Antragstellerin: Die Beigeladene werbe mit der Aussage, dass das gesamte Bundesrecht von der Dokumentationsstelle des Bundesministeriums der Justiz aufgenommen, gepflegt, aktualisiert, konsolidiert und qualitätsgesichert werde. Diese Leistungen seien Bestandteil der ausgeschriebenen Leistung. Es liege insoweit offensichtlich ein Dienstleistungsverhältnis vor, welches die Beigeladene in ihrem Angebot hätte entsprechend den Vorgaben zu Subunternehmerverhältnissen behandeln müssen. Die Antragstellerin bestreite mit Nichtwissen, dass dies geschehen sei. Des Weiteren werde die nicht ordnungsgemäße Wertung der Einzelkriterien beim Angebot der Beigeladenen gerügt. Offensichtlich habe der Auftraggeber die vom Bundesministeriums der Justiz erstellen Dokumente zu Gunsten der Beigeladenen bewertet. Dies sei unzulässig, weil den Mitbewerbern der Zugriff auf die Leistungen der Dokumentationsstelle des Bundesministeriums der Justiz unzulässigerweise verweigert werde.
Am 25. Mai 2007 beantragte die Antragstellerin ein Nachprüfungsverfahren mit dem Ziel, den Auftraggeber zu verpflichten, die Beigeladene auszuschließen und die verbleibenden Angebote neu zu werten, hilfsweise den Auftraggeber zu verpflichten, die Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu zu werten. In dem Nachprüfungsverfahren hat die Antragstellerin ihre bisherigen Rügen wiederholt und außerdem geltend gemacht: Das Bundesministerium der Justiz sei aufgrund des mit der Beigeladenen abgeschlossenen Bundesvertrages verpflichtet, auf dem Gebiet des Bundesrechts Dokumente zu erstellen und diese der Beigeladenen zur Verfügung zu stellen. Der Bundesvertrag sei gemäß § 13 Satz 6 VgV unwirksam, weil er nicht anlässlich seiner grundliegenden Änderung im Dezember 2001 nach den Vorschriften des Vergaberechts ausgeschrieben worden sei. Zudem sei die zugunsten der Beigeladenen in den Bundesvertrag aufgenommene Ausschließlichkeitsvereinbarung über die Nutzung der Dokumente nach dem Informationsweiterverwendungsgesetz - IWG vom 13. Dezember 2006 - spätestens zum 31. Dezember 2008 zwingend zu beenden. Aus diesen Gründen treffe die der Wertung des Auftraggebers offensichtlich zugrunde liegende Annahme, dass die Leistungen des Bundesministeriums der Justiz bis zum 31. Dezember 2010 gesichert seien, nicht zu.
Der Auftraggeber ist dem Nachprüfungsantrag entgegengetreten.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, der Antrag sei unzulässig, weil die Antragstellerin die vermeintlichen Verstöße nicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB unverzüglich gerügt habe. Obwohl der Antragstellerin die Bieterinformation schon am 14. Mai 2007 zugegangen sei, sei die Rüge erst am 23. Mai 2007 erfolgt. Für die Antragstellerin, die anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen habe, habe eine Rügefrist von bis zu einer Woche bestanden. Diese sei überschritten. Die Antragstellerin sei am entsprechenden Markt tätig und mit den Gegebenheiten vertraut. Deshalb werde ihr bekannt gewesen sein, dass ihre Konkurrentin, die Beigeladene, mit dem Bundesministerium der Justiz in der Dokumentation von Gesetzen zusammenarbeite. Die Rechtslage sei keineswegs schwierig gewesen. Es gebe auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die auf Spekulationen beruhende Rüge der fehlerhaften Gewichtung von Einzelkriterien ausnahmsweise erst nach neun Tagen habe erhoben werden können.
II.
Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde ist unbegründet, weil das Rechtsmittel voraussichtlich keinen Erfolg haben wird (§ 118 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 GWB).
1.
Zwar lässt sich nach dem gegenwärtigen Sachstand nicht abschließend beurteilen, ob die Vergabekammer mit Recht angenommen hat, dass die Antragstellerin gegen die Rügeobliegenheit des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB verstoßen habe.
Die Rügeobliegenheit des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB setzt nach dem Wortlaut der Vorschrift voraus, dass der Antragsteller den Verstoß gegen Vergabevorschriften erkannt hat. Das ist erst dann der Fall, wenn er die Tatsachen kennt, die einen Verstoß begründen können, und wenn er wenigstens laienhaft und auf der Grundlage einer vernünftigen Beurteilung die Wertung vollzogen hat, dass das betreffende Handeln des Auftraggebers vergaberechtlich zu beanstanden sei (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 6. Februar 2007 - 17 Verg 7/06; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Juni 2006 - VII Verg 23/06). Die Rügeobliegenheit des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB soll den Auftraggeber in die Lage versetzen, im Vergabeverfahren erkannte Vergaberechtsverstöße im frühstmöglichen Stadium zu korrigieren. Sie bezweckt außerdem, unnötige Nachprüfungsverfahren zu vermeiden. Diese Ziele würden weitgehend verfehlt, wenn ein Erkennen im Sinn der Norm erst dann gegeben wäre, wenn der Antragsteller Kenntnis von einem völlig zweifelsfreien und in jeder Beziehung nachweisbaren Vergaberechtsfehler erlangt (OLG Schleswig, Beschluss vom 5. April 2005 - 6 Verg 1/05; OLG Naumburg, Beschluss vom 14. Dezember 2004 - 1 Verg 17/04; OLG Jena, Beschluss vom 16. Januar 2002 - 6 Verg 7/01). Solche für den Bieter eindeutige Vergaberechtsfehler liegen eher selten vor. Meist lässt sich aus Sicht des Bieters vor Einleitung des Nachprüfungsverfahrens nicht sicher beurteilen, ob ein Verstoß gegeben ist, weil der Bieter - abgesehen von Unwegbarkeiten der juristischen Bewertung - die näheren tatsächlichen Hintergründe für das Handeln des Auftraggebers nicht kennt (vgl. OLG München, Beschluss vom 26. Juni 2007 - Verg 6/07). Deshalb bedeutet Kenntnis im Sinn des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB, dass der Antragsteller die Tatsachen kennt, die einen Vergaberechtsverstoß begründen können, und dass er hieraus den Schluss gezogen hat, dass ein Vergaberechtsfehler gegeben sei. Bloße Vermutungen oder ein Verdacht lösen die Rügeobliegenheit demgegenüber nicht aus (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Juni 2006 - VII Verg 23/06).
Nach diesen Grundsätzen kann ein Verstoß der Antragstellerin gegen die Rügeobliegenheit auf der Grundlage des bisherigen Vorbringens nicht festgestellt werden. Zwar wusste die Antragstellerin aufgrund ihrer allgemeinen Marktkenntnis am 14. Mai 2007, als ihr die Information über die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Beigeladene zuging, dass die Beigeladene mit der Dokumentationsstelle bei dem Bundesministerium der Justiz (jetzt: bei dem Bundesamt für Justiz) kooperiert. Die erforderliche Rechtskenntnis, dass diese Kooperation möglicherweise als Subunternehmerverhältnis im Sinne der Ausschreibungsunterlagen angesehen werden kann, erlangte die Antragstellerin aber erst nach anwaltlicher Beratung. Der dahingehende Vortrag der Antragstellerin ist glaubhaft, weil die Vorstellung, die Beigeladene könne das Bundesministerium der Justiz bzw. das Bundesamt für Justiz als ihren Subunternehmer angeben und Eignungsunterlagen und Differenzen bezüglich des Ministeriums/des Amtes vorlegen müssen, aus Sicht eines Nicht-Juristen fernliegend erscheint. Jedenfalls kann derzeit nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin eine entsprechende Vorstellung bereits vor der anwaltlichen Beratung diese Vorstellung hatte. Ohne weitere Sachaufklärung darf nicht zum Nachteil der Antragstellerin angenommen werden, das Beratungsgespräch mit den Rechtsanwälten sei bereits am 14. Mai 2007 oder an einem der unmittelbar anschließenden Tage erfolgte.
2.
Die sofortige Beschwerde hat aber deshalb keine Aussicht auf Erfolg, weil der Nachprüfungsantrag in der Sache unbegründet ist.
a)
Die Antragstellerin rügt, die Beigeladene sei gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOL/A auszuschließen, weil die nach den Vergabeunterlagen erforderliche Unterschrift des Bundesministeriums der Justiz als Subunternehmer fehle. Darüber hinaus liege ein Ausschlussgrund gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A vor, weil im Hinblick auf das Bundesministerium der Justiz die geforderten Nachunternehmererklärungen fehlten.
Es kann offen bleiben, ob die von der Antragstellerin genannte Vorschrift des § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b VOL/A, die den Ausschluss nicht unterschriebener Angebote betrifft, bei fehlender Unterzeichnung einer geforderten Subunternehmererklärung überhaupt einschlägig sein kann. Die Rügen haben jedenfalls deshalb keinen Erfolg, weil die Beigeladene das Bundesamt der Justiz in ihrem Angebot nicht als Subunternehmen behandeln musste.
Die Auslegung des Begriffs "Subunternehmen" ist aus der Sicht eines fachkundigen Bieters vorzunehmen. Maßgeblich ist insoweit einerseits das in Fachkreisen übliche Verständnis des Begriffs "Subunternehmer" bzw. "Subunternehmen", andererseits der Zusammenhang, in dem der Begriff in den Verdingungsunterlagen verwendet wird.
Üblicherweise wird unter einem Subunternehmer (Nachunternehmer) ein Unternehmer verstanden, der sich an der Erbringung der vom Auftraggeber gewünschten Leistung beteiligt und dabei in einem Vertragsverhältnis zum Auftragnehmer (General oder Hauptunternehmer), nicht aber zum Auftraggeber steht (Greb in: MüllerWrede VOL/A, 2. Aufl., § 10 Rn. 7, 8; Heiermann/Riedl/Rusam, 10. Aufl., B § 4 Rn. 104; Einführung zu A § 8 Rn. 8; Nicklisch/Weick, VOB/B, 3. Aufl., Einl. Rn. 67). Der Auftragnehmer gibt einen Teil des Auftrags im eigenen Namen weiter mit der Folge, dass er im Innenverhältnis zum Subunternehmer selbst Auftraggeber ist (vgl. Palandt/Sprau, 66. Aufl, § 631 Rn. 9 a; OLG Naumburg, Beschluss vom 26. Januar 2005 - 1 Verg 21/04).
Bereits nach diesem allgemeinen Verständnis ist es fraglich, ob Subunternehmer auch eine staatliche Einrichtung sein kann, die aufgrund eines mehrere Jahre vor dem in Rede stehenden Beschaffungsvorhaben abgeschlossenen Kooperationsvertrags fortlaufend bestimmte Leistungen an den Bieter erbringt. Jedenfalls lässt sich der Begriff "Subunternehmen" unter Berücksichtigung der - weitgehend mit § 10 VOL/A übereinstimmenden - Verdingungsunterlagen nicht in dieser Weise verstehen. In Ziffer 2.7 der Verdingungsunterlagen heißt es, es sei zulässig, dass der Auftragnehmer Subunternehmen "einschalte". Das legt nahe, dass es sich bei dem Subunternehmen um ein Unternehmen handelt, das im Hinblick auf die ausgeschriebenen Leistung erst noch eingeschaltet, also beauftragt werden soll. Hierfür sprechen auch die weiteren Vorgaben in Ziffer 2.7 der Verdingungsunterlagen: Der Auftragnehmer hat bei der Einholung von Angeboten für Unteraufträge regelmäßig kleinere und mittlere Unternehmen angemessen zu beteiligen. Er hat sich bei der Erteilung von Unteraufträgen zu bemühen, diese an kleine und mittlere Unternehmen zu erteilen, wie er es mit der vertragsgemäßen Ausführung der Leistung vereinbaren kann. Dem Subunternehmen dürfen insgesamt keine ungünstigeren Bedingungen eingeräumt werden, als zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer vereinbart wurde. Schon aus diesen Gründen kann die zwischen der Beigeladenen und der Bundesrepublik Deutschland seit Jahren bestehende Kooperationsvereinbarung nicht im Hinblick auf die vorliegende Ausschreibung als Subunternehmervertrag angesehen werden. Aus der maßgeblichen Sicht eines Bieters kommt ein solches Verständnis auch deshalb nicht in Betracht, weil nach Ziffer 2.15.2 der Verdingungsunterlagen im Fall der Einschaltung eines Subunternehmens auch für dieses Unternehmen der Jahresumsatz der letzten drei Jahre und die Zahl der Mitarbeiter angegeben werden muss und Referenzen vorzulegen sind. Diese Vorgaben lassen sich hinsichtlich des Bundesamts für Justiz nicht sinnvoll erfüllen.
b)
Die Antragstellerin macht weiter geltend, der Auftraggeber sei bei der Angebotswertung unzutreffend davon ausgegangen, dass die Beigeladene die ausgeschriebene Leistung, was das Bundesrecht anbetrifft, bis zum 31. Dezember 2010 sicher erbringen könne. Dem kann nicht zugestimmt werden.
Die Antragstellerin begründet ihre Annahme, die Beigeladene könne die Leistung nicht sicher erbringen, in erster Linie damit, dass der von der Beigeladenen abgeschlossene Bundesvertrag nach § 13 Satz 6 VgV nichtig sei, weil die darin enthaltenen Leistungen anlässlich der Änderung des Vertrages im Jahr 2001 hätten ausgeschrieben werden müssen. Dem kann nicht beigetreten werden. Es kann offen bleiben, ob der Ausgangspunkt der Antragstellerin, dass bei der Änderung des Vertrages eine Ausschreibungspflicht bestand, zutreffend ist. Jedenfalls liegen, eine Ausschreibungspflicht unterstellt, die Voraussetzungen für eine Nichtigkeit des Vertrages nicht vor. § 13 Satz 6 VgV greift nicht ein, wenn der Auftragnehmer einen bestehenden Vertrag verlängert oder einen neuen Vertrag vergibt, ohne dass andere Interessenten in die Auftragsvergabe einbezogen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2005 - X ZB 27/04; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19. Juli 2006 - Verg 26/06). Um einen solchen Fall, bei dem andere Interessenten einbezogen wurden, handelt es sich bei der Verlängerung des Bundesvertrages im Jahr 2001 offenbar nicht. Soweit eine defacto-Vergabe im Einzelfall auch nach § 138 BGB unwirksam sein kann, wenn der Auftraggeber und der Auftragnehmer sich mutwillig der Kenntnis der Ausschreibungspflicht verschließen und kollusiv zusammenwirken, gibt der Vortrag der Parteien auch für einen derartigen Sachverhalt nichts her.
Die Antragstellerin begründet ihre Annahme, die Beigeladene könne die Leistung nicht sicher erbringen, ferner mit dem Informationsweiterverwendungsgesetz vom 13. Dezember 2006. Auch damit hat sie keinen Erfolg. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob die Weiterverwendung der der Beigeladenen von der Dokumentationsstelle des Bundesamts für Justiz zur Verfügung gestellten, das Bundesrecht betreffenden Daten in den Anwendungsbereich des Informationsweiterverwendungsgesetzes fällt. Dies hätte nicht unbedingt zur Folge, dass der Beigeladenen die entsprechenden Daten nicht mehr zur Verfügung stünden, sondern nur, dass ihre Wettbewerber einen Anspruch auf Gleichbehandlung hätten (§ 3 Informationsweiterverwendungsgesetz).
c)
Die von der Beigeladenen geäußerte Vermutung, der Auftraggeber habe die Zusammenarbeit der Beigeladenen mit der Dokumentationsstelle des Bundesamts für Justiz positiv berücksichtigt, trifft nicht zu. Der Auftraggeber hat bei der Wertung des Angebots der Beigeladenen, wie bei der Wertung der anderen Angebote auch, berücksichtigt, inwieweit der Bieter die Anforderungen an die Bereitstellung des Bundesrechts erfüllt. Dem Umstand, dass die von der Beigeladenen bereitgestellten Dokumente zum Bundesrecht durch das Bundesamt für Justiz aufbereitet wurden, kommt in der Wertung des Auftraggebers keine besondere Bedeutung zu.