Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.12.2011, Az.: 3 K 457/10
Umsatzsteuererstattung infolge des EuGH-Urteils "Linneweber/Akritidis" als außerordentliche Einkünfte i.S.d. § 34 EStG
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 14.12.2011
- Aktenzeichen
- 3 K 457/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 33710
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2011:1214.3K457.10.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 25.09.2014 - AZ: III R 5/12
Rechtsgrundlagen
- § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG
- § 34 Abs. 3 EStG a.F.
Fundstellen
- DStR 2012, 6
- DStRE 2012, 1179-1181
- KÖSDI 2012, 17807
- KÖSDI 2012, 17971
- StBW 2012, 154
Amtlicher Leitsatz
Umsatzsteuererstattung infolge eines EuGH-Urteils ("Linneweber/Akritidis") als außerordentliche Einkünfte i.S.d.§ 34 EStG (Abweichung von FG Düsseldorf v. 16.04.2009 - 11 K 1764/08 F, EFG 2009, 1568 [FG Düsseldorf 16.04.2009 - 11 K 1764/08 F] und FG Sachsen-Anhalt v. 17.03.2011 - 5 K 518/09, nv).
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Wesentlichen streitig, ob Umsatzsteuererstattungen für die Jahre 1996 bis 2003 und Erstattungszinsen zur Umsatzsteuer 1996 bis 2003 nach § 34 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (im Folgenden: EStG) mit einem ermäßigten Steuersatz zu besteuern sind.
Der Kläger betrieb im Streitjahr eine Spielhalle und erzielte aus dieser Tätigkeit gewerbliche Einkünfte. Den Gewinn ermittelte der Kläger durch Betriebsvermögensvergleich.
Mit Urteil vom 17. Februar 2005 (C-453/02 und C-462/02 "Linneweber/Akritidis", EuGHE 2005, I-1131) stellte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (im Folgenden: EuGH) klar, dass die 6. EG-Richtlinie zur Harmonisierung des Mehrwertsteuersystems einer Umsatzbesteuerung des Betriebs von Glücksspielen außerhalb öffentlicher Spielbanken entgegensteht, wenn gleichzeitig der Betrieb solcher Glücksspiele durch öffentliche Spielbanken steuerfrei ist. In Folge dieser Entscheidung erstattete der Beklagte dem Kläger Umsatzsteuer für die Jahre 1996 bis 2003 in Höhe von 139.567,89 EUR sowie Zinsen in Höhe von 37.522 EUR. Der Beklagte zahlte an den Kläger am 28. November 2005 von diesem Gesamtbetrag von 177.089,89 EUR einen Teilbetrag von 106.109,80 EUR aus. Der Unterschiedsbetrag in Höhe von 70.980,09 EUR wurde mit Steuerrückständen des Klägers und der Einkommensteuer-Vorauszahlung für das Jahr 2005 verrechnet.
Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr gab der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 130.786,00 EUR an. Des Weiteren machte er auf der Anlage GSE geltend, dass in diesem Betrag begünstigte sonstige Gewinne i. S. des§ 34 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 EStG in Höhe von 177.089,00 EUR enthalten seien.
Mit Bescheid für 2005 vom 31. August 2006 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf 41.445,00 EUR fest. Dabei wurde der Betrag von 177.089,00 EUR als laufender Gewinn behandelt, ohne den ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG anzuwenden. Zur Begründung führte der Beklagte an, die Erstattung der Umsatzsteuer gehöre nicht zu den außerordentlichen Einkünften, weil es sich weder um eine Entschädigung noch um eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten handele. Es sei lediglich die auf steuerfreie Umsätze entfallende Umsatzsteuer erstattet worden.
Nach erfolglosem Vorverfahren hat der Kläger am 13. November 2007 Klage erhoben.
Er ist der Auffassung, bei dem in Rede stehenden Betrag handele es sich um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit i. S. des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG. Im Streitfall habe er die Spielhalle mehrere Jahre lang betrieben und hierfür eine Nachzahlung von Einnahmen erhalten. Nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (im Folgenden: BMF) vom 5. Juli 2006 (IV B 2 - S 2141 7/06, BStBl I 2006, 418) habe er die Forderung auf Erstattung von Umsatzsteuer in der Schlussbilanz des ersten auf das Datum der Gerichtsentscheidung (17. Februar 2005) endenden Wirtschaftsjahres ausweisen müssen. Für davor liegende Wirtschaftsjahre habe sie als bestrittene Forderung indessen nicht aktiviert werden dürfen. Dadurch sei im Streitjahr ein besonders hoher Gewinn aufgetreten. In der Vergangenheit habe er aus dem Betrieb der Spielhalle einen Gewinn von rd. 15.000,00 EUR pro Jahr erzielt. Die Vorschrift des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG sei ihrem Sinn und Zweck nach im Streitfall anwendbar. Durch sie solle bewirkt werden, dass die steuerliche Belastung von Einkünften, die dem Steuerpflichtigen für eine mehrjährige Tätigkeit zufließen, möglichst nicht höher sei, als wenn ihm in jedem der mehreren Jahre ein Anteil zugeflossen wäre. Der Beklagte habe die Geldspielumsätze zunächst zu Unrecht als umsatzsteuerpflichtig angesehen und dem Kläger die von ihm eigentlich erzielten Einnahmen erst Jahre später erstattet.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
abweichend vom Bescheid vom 31. August 2006 in Gestalt des Teil-Einspruchsbescheides vom 5. November 2007 bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2005 die erstatteten Umsatzsteuerbeträge und Zinsen in Höhe von insgesamt 177.089,00 EUR als außerordentliche Einkünfte i. S. des § 34 EStG zu berücksichtigen und die Einkommensteuer dementsprechend herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt an, dass eine Zusammenballung von Einkünften nach Abschn. 34.4 Abs. 3 der Einkommensteuer-Richtlinien (im Folgenden: EStR) in der für das Streitjahr geltenden Fassung nur bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG eintreten könne. Die Tarifermäßigung sei auf Gewinneinkünfte grundsätzlich dann anzuwenden, wenn (1) diese die Vergütung für eine sich über mehr als zwölf Monate erstreckende Sondertätigkeit seien, die von der übrigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen abgrenzbar sei und nicht zum regelmäßigen Geschäftsbetrieb gehöre, oder (2) der Steuerpflichtige sich über mehr als zwölf Monate ausschließlich der einen Sache gewidmet und die Vergütung dafür in einem Kalenderjahr erhalten habe. Diese Voraussetzungen seien im Streitfall jedoch nicht gegeben. Die Umsatzsteuererstattungen hätten sich aus dem normalen Geschäftsbetrieb ergeben.
(...)
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Bei den Beträgen, die durch den Beklagten an den Kläger im Streitjahr als Umsatzsteuererstattung gezahlt wurden, handelt es sich um eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten nach§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, die der sog. Fünftelungsregelung unterfällt. Die auf den Erstattungsbetrag entfallenden Zinsen sind dagegen nicht begünstigt zu besteuern.
Nach § 34 Abs. 1 EStG sind außerordentliche Einkünfte ermäßigt zu besteuern. Als außerordentliche Einkünfte kommen nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG u.a. Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht.
1.
Der Betrieb der Spielhalle ist eine Tätigkeit im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG.
Ob eine Tätigkeit nur dann durch § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG erfasst ist, wenn sie zu Überschusseinkünften und Gewinneinkünften führt, die durch Überschussrechnung nach§ 4 Abs. 3 EStG ermittelt werden, ist in der Literatur und in der Rechtsprechung umstritten.
Insbesondere das FG Düsseldorf (Urteil vom 16. April 2009 - 11 K 1764/08 F, EFG 2009, 1568 [FG Düsseldorf 16.04.2009 - 11 K 1764/08 F]) und das FG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 17. März 2011 - 5 K 518/09, [...]) haben diese Auffassung in zwei Verfahren vertreten, denen ein dem Streitfall gleichgelagerter Sachverhalt zugrunde lag, und sich dabei auf die Rechtsprechung des BFH zu § 34 Abs. 3 EStG a.F. berufen (z.B. BFH-Urteil vom 17. Februar 1993 - I R 119/91, BFH/NV 1993, 593). Die Vorschrift beziehe sich nur auf "außerordentliche Einkünfte". So sei es z.B. für einen Freiberufler nicht ungewöhnlich, dass er in einer Summe für eine mehrjährige Tätigkeit entlohnt werde. Wenn er ein berufsübliches Honorar für eine mehrjährige Tätigkeit erhalte, sei dieses nicht den außerordentlichen, sondern den übrigen Einkünften zuzuordnen, weil der Freiberufler typischerweise der Höhe nach schwankende Einnahmen und damit auch Einkünfte erziele. Die im Einzelfall dennoch eintretende Progressionswirkung erlaube noch keine Zuordnung der Einkünfte zu den außerordentlichen. Diese Auffassung wird teilweise auch in der Literatur vertreten (vgl. z.B. Mellinghoff in Kirchhof, EStG Kompaktkommentar, 10. Auflage 2011, § 34 EStG Rn. 26; wohl auchDrenseck in Schmidt, § 34 EStG Rz. 38)
Teilweise wird im Schrifttum dagegen die Anwendbarkeit des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG unabhängig von der Einkunftsart und der Art der Gewinnermittlung bejaht (vgl. z.B.Sieker in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 34 EStG Rdnr. B 125; Horn in Herrmann/Heuer/Raupach, § 34 EStG Anm. 60;Lindberg in Blümich, § 34 EStG Rz. 49). Die alte Rechtsprechung des BFH könne nicht ohne Weiteres auf die Neuregelung des § 34 EStG übertragen werden, zumal § 34 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht mehr den Begriff "Entlohnung" verwende, auf den sich die einschränkende Auslegung stützen könne, sondern den allgemeineren Ausdruck "Vergütung", der sich auf alle Einkunftsarten beziehe. Auch sei es der Zweck der Regelung Progressionsnachteile auszugleichen, die durch die Zusammenballung von Einkünften einträten. Ein solcher Progressionsnachteil beruhe zwar in erster Linie auf der Zuflussbesteuerung, die nach § 11 Abs. 1 EStG nur für die Einkünfteermittlung durch Überschussrechnung nach § 2 Abs. 2 EStG oder § 4 Abs. 3 EStG gelte; aber auch bei einer Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich sei es nicht ausgeschlossen, dass Erträge, die auf einer mehrjährigen Tätigkeit beruhen, nicht periodengerecht ausgewiesen werden könnten, weil ein zeitanteiliger Gewinnausweis gegen das Realisationsprinzip verstieße.
Der BFH hat bereits mit Urteil vom 14. Dezember 2006 (IV R 57/05, BFHE 216, 247, [BFH 14.12.2006 - IV R 57/05] BStBl. II 2007, 180) ausgeführt, dass die Annahme außerordentlicher Einkünfte i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG setze voraus, dass die Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten eine Progressionswirkung typischerweise erwarten lässt. Dies könne auch bei Gewinneinkünften der Fall sein und zwar, wenn (1) der Steuerpflichtige sich während mehrerer Jahre ausschließlich einer bestimmten Sache gewidmet und die Vergütung dafür in einem einzigen Veranlagungszeitraum erhalten habe, (2) eine sich über mehrere Jahre erstreckende Sondertätigkeit, die von der übrigen Tätigkeit des Steuerpflichtigen ausreichend abgrenzbar sei und nicht zum regelmäßigen Gewinnbetrieb gehöre, in einem einzigen Veranlagungszeitraum entlohnt werde oder (3) der Steuerpflichtige für eine mehrjährige Tätigkeit eine Nachzahlung in einem Betrag aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung erhalten habe. Die Finanzverwaltung hat sich zwischenzeitlich dieser Auffassung in H 34.4. EStH "Gewinneinkünfte" angeschlossen.
Danach ist § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG - abweichend von der Auffassung des FG Düsseldorf und des FG Sachsen-Anhalt - in bestimmten Konstellationen auch auf bilanzierende Steuerpflichtige anwendbar. Nach Auffassung des Senats liegt im Streitfall ein Fall der dritten vom BFH genannten Fallgruppe vor, da der Kläger aufgrund einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung - über den Umweg des Beklagten - eine Nachzahlung in einem Betrag für eine mehrjährige Tätigkeit erhalten hat.
2.
Der Kläger hat mit dem Betrieb der Spielhalle eine mehrjährige Tätigkeit ausgeübt.
Mehrjährig ist eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 2 Nr. 4, 2. Halbsatz EStG, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst. Die Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt, weil der Kläger die Spielhalle im gesamten Zeitraum vom 1996 bis 2003 betrieben hat.
3.
Die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Umsatzsteuer stellt - anders als die darauf entfallenden Zinsen nach § 233a der Abgabenordnung (im Folgenden: AO) - eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit dar.
Hierfür spricht zunächst, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (im Folgenden: UStG) Entgelt alles ist, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung des Unternehmers zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Im Streitfall haben die Kunden des Klägers für dessen Leistungen einen Bruttobetrag erbracht, von dem ein Teil - zu Unrecht - als vermeintliche Umsatzsteuerschuld an den Beklagten abgeführt wurde. Da die Umsätze aus dem Betrieb der Spielhalle aber - nach der Entscheidung des EuGH - umsatzsteuerfrei waren, stellte auch dieser einen Teil des Entgelts bzw. - synonym - der Vergütung des Klägers dar.
Nach Auffassung des FG Düsseldorf (Urteil vom 16. April 2009 - 11 K 1764/08 F, EFG 2009, 1568 [FG Düsseldorf 16.04.2009 - 11 K 1764/08 F]) handelt es sich bei der Umsatzsteuererstattung dagegen nicht um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit. Die Erstattung habe ihren Grund in der zuviel an den Beklagten abgeführten Umsatzsteuer. Sie stelle kein Entgelt für eine Tätigkeit des Klägers dar. Auch wenn die Umsatzsteuer rechnerisch dem entspreche, was der Kläger ursprünglich - bei von Anfang an zutreffender Besteuerung - als zusätzliches Entgelt von seinen Kunden erhalten habe, ändere dies nichts an dem rechtlichen Charakter als Steuerzahlung des Klägers an den Beklagten, die aufgrund anderer Rechtsauffassung im Streitjahr wieder zurückgezahlt worden sei. Solche Steuererstattungen als außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG zu behandeln, entspräche nicht dem Zweck dieser Vorschrift. Hinzu komme, dass bei Gewerbetreibenden Steuererstattungen und Steuernachzahlungen für mehrere Veranlagungszeiträume nicht außergewöhnlich seien, sondern, etwa nach einer Betriebsprüfung, häufig vorkämen und den schwankenden Einkünften immanent seien.
Für diese Auffassung spricht die offensichtlich vom FG Düsseldorf in seine Überlegungen einbezogene Rechtsprechung zur Abtretung und Aufrechnung mit Steuererstattungen, die während eines Insolvenzverfahrens erworben wurden. Danach erlangt der an den Steuerpflichtigen zu erstattende Betrag, auch wenn er wirtschaftlich betrachtet das auf den Veranlagungszeitraum entfallende Einkommen erhöht, nicht wieder den Charakter eines Einkommens, das dem Berechtigten aufgrund einer Arbeits- oder Dienstleistung zusteht; vielmehr werde aus dem Steueranspruch des Staates der Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen, ohne seinen öffentlich-rechtlichen Charakter zu verlieren (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14. September 1993 - VII R 3/93, BFH/NV 1994, 441, zu einem Anspruch auf Lohnsteuererstattung).
Allerdings kann es vor dem Hintergrund des Regelungszwecks des § 34 EStG nicht auf den (gewandelten) Charakter der zusammengeballt zufließenden Leistung ankommen. Dieser ist es, aus Billigkeitsgründen bei zusammengeballten Vergütungen die Tarifprogression zu mildern und zu erreichen, dass die steuerliche Belastung für Einkünfte, die dem Steuerpflichtigen in einem Veranlagungszeitraum für die Tätigkeit mehrerer Jahre zufließen, möglichst nicht höher wird, als wenn ihm in jedem Jahr ein Anteil hiervon zugeflossen wäre. Diese - veranlagungszeitraumbezogen betrachtet - begünstigende Behandlung von zusammengeballt zugeflossenen Einnahmen, deren Zufluss sich beim jeweiligen Steuerpflichtigen nach dessen regelmäßiger Einkünftesituation normalerweise auf mehrere Jahre verteilt hätte, verwirklicht - veranlagungszeitraumübergreifend betrachtet - eine gleichmäßige progressive Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 26. Januar 2011 IX R 20/10, BFHE 232, 471, BFH/NV 2011, 1056).
Im Streitfall wirkten sich die fälschlich als Umsatzsteuer behandelten Teilbeträge in den jeweiligen Jahren der Vereinbarung bzw. Vereinnahmung nicht auf die Höhe des Gewinns - und damit auf die Progression - aus, weil sie sogleich als Umsatzsteuerverbindlichkeit zu verbuchen waren. Erst die Erstattung durch den Beklagten infolge der Entscheidung des EuGH führte zu einem zusammengeballten Zufluss dieser Teile des Entgelts, der zu einer Erhöhung des Gewinns und der Steuerprogression führte. Unabhängig von der Qualifikation des Charakters der Erstattungsbeträge liegt damit genau die Wirkung der Steuerprogression vor, die durch § 34 EStG bereinigt werden soll.
4.
Diese Überlegungen gelten jedoch nicht für die Zinsen nach § 233a AO. Sie stellen keine Vergütung für die vom Kläger erbrachten Leistungen dar, sondern einen Ausgleich für den Nutzungsentzug im Hinblick auf den zu Unrecht erhobenen Steuerbetrag.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Die Klage ist erfolgreich, soweit sie den Umsatzsteuererstattungsbetrag in Höhe von 137.528,89 EUR betraf, nicht jedoch hinsichtlich der Zinsen in Höhe von 37.522 EUR. (...)
III.
Die Berechnung der festzusetzenden Steuer wird nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO auf den Beklagten übertragen.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
V.
Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechsprechung eingeholt, weil die Entscheidung von denen des FG Düsseldorf (Urteil vom 16. April 2009 11 K 1764/09, EFG 2009, 1568 [FG Düsseldorf 16.04.2009 - 11 K 1764/08 F]) und FG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 17. März 2011 5 K 518/09, nv) abweicht. Auch hat die Sache im Hinblick auf die Anwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG und die Auslegung des Begriffs "Vergütung" über den Einzelfall hinaus nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO grundsätzliche Bedeutung.