Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 13.12.2011, Az.: 14 K 82/11
Entsprechen des Begriffs der Einkünfte i.S.d. § 32 Abs. 4 S. 2 EStG a.F. der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG; Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Kindergeld
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 13.12.2011
- Aktenzeichen
- 14 K 82/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2011, 38200
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2011:1213.14K82.11.0A
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 2 EStG
- § 4 Abs. 1 EStG
- § 4 Abs. 3 EStG
- § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, 2, S. 2 EStG a.F.
- § 62 Abs. 1 EStG
- § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG
Amtlicher Leitsatz
Der Begriff der Einkünfte i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG (a.F.) entspricht der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG. Deshalb ist es ausgeschlossen, für die Einkünfteermittlung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG (a.F.) von der aufgrund der Wahlrechtsausübung zugunsten des § 4 Abs. 1 EStG steuerrechtlich allein zulässigen Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich abzuweichen und den Gewinn für Zwecke des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG (a.F.) nach abweichenden Grundsätzen zu ermitteln.
Tatbestand
Die Klägerin bezog für ihren am 24. November 1984 geborenen Sohn M Kindergeld. Im Streitzeitraum (2006) absolvierte M zunächst eine Berufsausbildung bei einem Steuerberater. Das Ausbildungsverhältnis endete am 21. Juli 2006. M wurde bei seinem Ausbildungsbetrieb nicht als Arbeitnehmer übernommen. Seit dem 31. August 2006 besuchte M für den Rest des Streitzeitraums und darüber hinaus bis zum 1. Juli 2007 die einjährige Fachschule Agrarwirtschaft, Schwerpunkt Landwirtschaft der berufsbildenden Schulen das Landkreises Osnabrück.
M erzielte im Streitzeitraum Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb mit einem landwirtschaftlichen Lohnunternehmen und aus nichtselbständiger Arbeit. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ermittelte M mit einem unter dem 10. April 2008 erstellten Jahresabschluss gemäß § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb beliefen sich hiernach auf - 8.964,15 EUR. Bei diesem Verlust waren Sonder-/Ansparabschreibungen nach § 7g EStG gewinnmindernd berücksichtigt.
In der im April 2008 bei der Beklagten (Familienkasse) eingereichten Erklärung zu den Einkünften und Bezügen eines über 18 Jahre alten Kindes gab die Klägerin demgegenüber an, M habe negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb (landwirtschaftliches Lohnunternehmen) in Höhe von 12.437 EUR erzielt. Dem lag eine Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG vom 11. April 2008 zugrunde. Unter Berücksichtigung dieses Verlusts ergaben sich nach der Berechnung der Klägerin insgesamt Einkünfte und Bezüge von M gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 5.158,79 EUR.
Die Familienkasse vertrat demgegenüber die Auffassung, dass die gewerblichen Einkünfte von M mit lediglich - 8.964,15 EUR anzusetzen seien. Hierdurch ergaben sich im Streitzeitraum Einkünfte und Bezüge von M in Höhe von insgesamt 8.861,36 EUR, die den Grenzbetrag von 7.680 EUR überschritten.
Mit Bescheid vom 30. September 2008 hob die Familienkasse daraufhin die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum von Januar 2006 bis Dezember 2006 gemäß § 70 Abs. 4 EStG auf und forderte von der Klägerin gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) die Erstattung des für den vorgenannten Zeitraum gezahlten Kindergeldes in Höhe von1.848 EUR.
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein. Zur Begründung trug sie insbesondere vor, angesichts des von M erzielten Verlusts bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 12.437,16 EUR sei der Grenzbetrag nicht überschritten. M habe berechtigterweise bei seinen gewerblichen Einkünften einer Ansparungsrücklage nach§ 7g EStG gebildet, um seinen Gewinn zu mindern.
Die Familienkasse wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 2011 als unbegründet zurück. Die Gewinnermittlung bei den Einkünften von M aus Gewerbebetrieb sei nach § 4 Abs. 1 EStG vorzunehmen. Die in dem Jahresabschluss für 2006 ermittelten Werte seien auch für das Kindergeld maßgeblich mit der Folge, dass der Jahresfehlbetrag von - 8.964,15 EUR in die Berechnung der Einkünfte und Bezüge einzubeziehen sei. Mit der Übernahme dieses Ergebnisses seien die Aufwendungen für die Ansparrücklage bereits berücksichtigt. Ausgehend hiervon sei der Grenzbetrag von 7.680 EUR für 2006 überschritten.
Die Klägerin hat am 11. März 2011 Klage erhoben.
Sie trägt vor, die Gewinnermittlung von M bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb könne nach § 4 Abs. 3 EStG vorgenommen werden. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erhöhe sich der Verlust aus Gewerbebetrieb von 8.964,15 EUR um 3.473,01 EUR auf 12.437,16 EUR. Die Einkünfte und Bezüge würden den Grenzbetrag bei dieser Berechnung nicht mehr überschreiten. M habe im Veranlagungszeitraum 2006 ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen angemeldet. Als Gewinnermittlungsart habe er die Einnahmen-Überschussrechnung angegeben. Die Wahl dieser Gewinnermittlungsart sei zulässig. Der Umstand, dass M freiwillig für Zwecke der Besteuerung Bücher und Aufzeichnungen geführt und eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG beim Finanzamt eingereicht habe, hindere die Klägerin nicht daran, die Einkünfte und Bezüge von M gegenüber der Familienkasse nach § 4 Abs. 3 EStG zu berechnen. Denn die Familienkasse habe die Einkünfte aus Gewerbebetrieb selbstständig und ohne Bindung an den Inhalt der Einkommensteuerfestsetzung 2006 zu ermitteln. Dem Einkommensteuerbescheid komme für die Festsetzung des Kindergelds keine Bindungswirkung zu.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom .... in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom .... aufzuheben.
Die Familienkasse beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, M habe sein Wahlrecht hinsichtlich der Gewinnermittlungsart spätestens mit der Abgabe der Steuererklärung gegenüber dem Finanzamt ausgeübt. Daran seien M und die Klägerin gebunden. Zwar entfalte der Einkommensteuerbescheid für die Familienkasse keine Bindungswirkung. Das bedeute allerdings nicht, dass das Wahlrecht hinsichtlich der Gewinnermittlungsart gegenüber Finanzamt und Familienkasse unterschiedlich ausgeübt werden könne.
Das Gericht hat die für M beim Finanzamt Osnabrück-Land geführten Steuerakten beigezogen.
Die Beteiligten haben ihr ein Verständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 30. September 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
1. Die Familienkasse hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin für das Streitjahr kein Kindergeld für M zustand. Denn die Einkünfte und Bezüge von M, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt und geeignet waren, überstiegen den für das Streitjahr geltenden Grenzbetrag von 7.680 EUR.
a) Nach § 62 Abs. 1 EStG besteht unter weiteren hier nicht streitigen Voraussetzungen für Kinder im Sinne des § 63 EStG Anspruch auf Kindergeld. Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG werden Kinder im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG berücksichtigt.
M ist hiernach als Sohn der Klägerin grundsätzlich als Kind zu berücksichtigen (§ 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Ein Kind, das wie M im Streitzeitraum das 18. Lebensjahr bereits vollendet hat, wird nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG jedoch nur unter weiteren Voraussetzungen berücksichtigt. Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG lagen während des gesamten Streitzeitraums, in dem M sein 22. Lebensjahr vollendete, vor. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.
Soll ein Kind nach § 32 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG berücksichtigt werden, ist hierfür gemäߧ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG allerdings weiterhin erforderlich, dass das Kind Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7.680 EUR im Kalenderjahr hat. Hieran fehlt es im Streitfall. Die für § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG maßgeblichen Einkünfte und Bezüge von M überstiegen den Grenzbetrag.
b) Der Begriff der Einkünfte i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entspricht nach gefestigter Rechtsprechung der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG (Urteile des Bundesfinanzhofs-BFH- vom 21. Juli 2000 VI R 153/99, BFHE 192, 316, BStBl II 2000, 566 [BFH 21.07.2000 - VI R 153/99], [BFH 21.07.2000 - VI R 153/99] unter II.1. der Gründe; vom 16. April 2002 VIII R 76/01, BFHE 199, 116, BStBl II 2002, 525 [BFH 16.04.2002 - VIII R 76/01], [BFH 16.04.2002 - VIII R 76/01] unter II.2.b bb der Gründe, und VIII R 96/01, BFH/NV 2002, 1027 [BFH 16.04.2002 - VIII R 96/01], unter II.2.b der Gründe; vom 23. Juli 2002 VIII R 63/00, BFH/NV 2003, 24, unter II.1.a der Gründe, und vom 4. November 2003 VIII R 59/03, BFHE 204, 126, BStBl II 2004, 584, unter II.2.a der Gründe).
Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind danach der Gewinn, also gemäß § 4 Abs. 1 EStG der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen, bzw. bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (BFH-Urteil vom 27. Oktober 2004 VIII R 35/04, BFHE 207, 318, [BFH 27.10.2004 - VIII R 35/04] BStBl II 2008, 373).
c) M ermittelte seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr nach § 4 Abs. 1 EStG. Das Wahlrecht, den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln, hat M nicht wirksam ausgeübt.
aa) Gewinn ist der um Entnahmen und Einlagen korrigierte Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Ein gewisser Personenkreis kann unter den in § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG genannten Voraussetzungen anstelle des durch Bestandsvergleich ermittelten Gewinns allerdings auch den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen (Einnahme-Überschussrechnung). Hiernach sind zur Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung Steuerpflichtige berechtigt, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen.
Aus Wortlaut und Systematik dieser gesetzlichen Regelung folgt nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 2. März 1978 IV R 45/73, BFHE 125, 45, [BFH 02.03.1978 - IV R 45/73] BStBl II 1978, 431 [BFH 02.03.1978 - IV R 45/73]; vom 30. September 1980 VIII R 201/78, BFHE 132, 228, BStBl II 1981, 301; vom 8. März 1989 X R 9/86, BFHE 156, 443, BStBl II 1989, 714; vom 13. Oktober 1989 III R 31/85, BFHE 159, 123, BStBl II 1990, 287, und vom 9. Februar 1999 VIII R 49/97, BFH/NV 1999, 1195 [BFH 09.02.1999 - VIII R 49/97]) und der im Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung (Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Rz 550; Weber-Grellet, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rz D 32; Steinhauff in Bordewin/Brandt, § 4 EStG Rz 1224; Frotscher in Frotscher, EStG, 6. Aufl., Freiburg 1998 ff., § 4 Rz 15; Korn in Korn,§ 4 EStG Rz 493; Mathiak, Deutsches Steuerrecht -DStR- 1990, 255), dass die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG die Regel ist. Daran ist trotz der im Schrifttum teilweise erhobenen Einwände (z.B. HHR/Kanzler, Vor §§ 4 bis 7 EStG Rz 13; ders., Finanz-Rundschau -FR- 1998, 233, 245; Drüen, DStR 1999, 1589, 1594) festzuhalten. Denn gemäß § 4 Abs. 1 EStG "ist" Gewinn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Demgegenüber "können" nach § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG Steuerpflichtige als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen. Es kommt hinzu, dass Steuerpflichtige die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht frei wählen können. Vielmehr ist die Einnahme-Überschussrechnung nur unter den im Gesetz im Einzelnen bestimmten Voraussetzungen zulässig. Dies spricht auch in systematischer Hinsicht für den Betriebsvermögensvergleich als Grundform der Gewinnermittlung (BFH-Urteil vom 19. März 2009 IV R 57/07, BFHE 224, 513, [BFH 19.03.2009 - IV R 57/07] BStBl II 2009, 659).
Nach dieser Rechtslage haben nicht buchführungspflichtige Steuerpflichtige die auch freiwillig keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, das Recht, zwischen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und nach § 4 Abs. 3 EStG zu wählen.
Ein nicht buchführungspflichtiger Steuerpflichtiger hat sein Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich -wie in § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG ausdrücklich angesprochen- erst dann wirksam ausgeübt, wenn er eine Eröffnungsbilanz aufstellt, eine kaufmännische Buchführung einrichtet und aufgrund von Bestandsaufnahmen einen Abschluss macht (BFH-Urteile vom 19. Oktober 2005 XI R 4/04, BFHE 211, 262, BStBl II 2006, 509; vom 9. November 2000 IV R 18/00, BFHE 193, 436, BStBl II 2001, 102 [BFH 09.11.2000 - IV R 18/00]; in BFHE 125, 45 [BFH 02.03.1978 - IV R 45/73], [BFH 02.03.1978 - IV R 45/73] BStBl II 1978, 431 [BFH 02.03.1978 - IV R 45/73], [BFH 02.03.1978 - IV R 45/73] und vom 2. März 2006 IV R 32/04, BFH/NV 2006, 1457; BFH-Beschlüsse vom 9. Dezember 2003 IV B 68/02, BFH/NV 2004, 633, und vom 8. September 2005 IV B 107/04, BFH/NV 2006, 276 [BFH 08.09.2005 - IV B 107/04]). Maßgeblich ist die tatsächliche Handhabung der Gewinnermittlung (BFH-Urteile in BFHE 193, 436 [BFH 09.11.2000 - IV R 18/00], [BFH 09.11.2000 - IV R 18/00] BStBl II 2001, 102 [BFH 09.11.2000 - IV R 18/00], [BFH 09.11.2000 - IV R 18/00] unter 2.a der Gründe, und in BFHE 224, 513 [BFH 19.03.2009 - IV R 57/07], [BFH 19.03.2009 - IV R 57/07] BStBl II 2009, 659 [BFH 19.03.2009 - IV R 57/07]). Hat der Steuerpflichtige demgegenüber nur die Betriebseinnahmen und die Betriebsausgaben aufgezeichnet, so hat er aufgrund dieser tatsächlichen Handhabung sein Wahlrecht im Sinne einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ausgeübt (BFH-Urteil in BFHE 224, 513 [BFH 19.03.2009 - IV R 57/07], [BFH 19.03.2009 - IV R 57/07] BStBl II 2009, 659, m.w.N.).
Für nicht buchführungspflichtige Steuerpflichtige entfällt das Wahlrecht zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG folglich erst mit der Erstellung des Abschlusses, nicht hingegen bereits mit der Einrichtung der Buchführung. Den Abschluss erstellt der Steuerpflichtige jedoch erst nach Ablauf des Gewinnermittlungszeitraums. Daraus folgt, dass die Wahl zwischen den Gewinnermittlungsarten auch erst durch den Abschluss und folglich nicht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres ausgeübt wird (BFH-Urteil in BFHE 224, 513, BStBl II 2009, 659 [BFH 19.03.2009 - IV R 57/07], [BFH 19.03.2009 - IV R 57/07] m.w.N.).
bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Gewinnermittlung für die gewerblichen Einkünfte von M nach § 4 Abs. 1 EStG vorzunehmen. Von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG können weder M noch die Klägerin für Zwecke der Kindergeldfestsetzung abrücken und den Gewinn abweichend nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln.
Im Streitfall war M nicht gesetzlich verpflichtet (§§ 140, 141 AO), Bücher zu führen. M hat jedoch freiwillig Bücher geführt und für 2006 einen Abschluss durch Betriebsvermögensvergleich gemacht. Hierdurch hat er sein Wahlrecht zugunsten der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG wirksam ausgeübt. Der Umstand, dass M in dem Fragebogen zur steuerlichen Erfassung der Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit die Einnahme-Überschussrechnung als Gewinnermittlungsart angegeben hatte, ist insoweit rechtlich ohne Bedeutung. Denn das Gesetz stellt darauf -wie oben dargelegt wurde- nicht ab. Da der Begriff der Einkünfte i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 EStG entspricht, ist es auch ausgeschlossen, für die Einkünfteermittlung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG von der aufgrund der Wahlrechtsausübung zugunsten des § 4 Abs. 1 EStG steuerrechtlich allein zulässigen Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich abzuweichen und den Gewinn für Zwecke des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nach abweichenden Grundsätzen -hier nach § 4 Abs. 3 EStG- zu ermitteln. Denn dafür gibt es keine Rechtsgrundlage.
cc) Im Streitfall geht es auch nicht darum, dass der Einkommensteuerbescheid für die Festsetzung des Kindergelds kein Grundlagenbescheid ist. Die Familienkasse hat die Höhe der Einkünfte und Bezüge eines Kindes vielmehr selbständig und ohne Bindung an den Inhalt eines für das Kind ergangenen Einkommensteuerbescheids zu ermitteln. Dem für das Kind ergangenen Einkommensteuerbescheid kommt für die Festsetzung des Kindergelds keine Bindungswirkung zu (BFH-Urteil vom 23. November 2001 VI R 125/00, BFHE 197, 387 [BFH 23.11.2001 - VI R 125/00], BStBl II 2002, 296). Eine solche selbständige Einkünfteermittlung hat die Familienkasse im Streitfall auch vorgenommen. Die Familienkasse musste bei ihrer Einkünfteermittlung aber -wie oben dargelegt wurde- in materiell-rechtlicher Hinsicht die gewerblichen Einkünfte von M unter Berücksichtigung der zutreffenden Gewinnermittlungsart berechnen. Dies ist im Streitfall der Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG.
d) Die Gewinnermittlung der gewerblichen Einkünfte von M aus dem landwirtschaftlichen Lohnunternehmen nach § 4 Abs. 1 EStG führt im Streitfall zu einem Verlust in Höhe von 8.964,15 EUR für 2006. Dabei sind die Sonder-/Ansparabschreibungen nach § 7g EStG bereits gewinnmindernd angesetzt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 207, 318 [BFH 27.10.2004 - VIII R 35/04], [BFH 27.10.2004 - VIII R 35/04] BStBl II 2008, 373). Unter Berücksichtigung des vorgenannten Verlusts überschreiten die Einkünfte und Bezüge von M im Streitjahr den Grenzbetrag von 7.680 EUR. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.
2. Verfahrensrechtlich war die Familienkasse nach § 70 Abs. 4 EStG zur Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für das Streitjahr befugt.
3. Der Erstattungsanspruch der Familienkasse auf Rückzahlung des aufgrund der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ohne Rechtsgrund gezahlten Kindergelds folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 und Satz 1 AO.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) liegen nicht vor.