Finanzgericht Niedersachsen
Beschl. v. 06.01.1997, Az.: IX 1/96 S
Antrag auf Prozesskostenhilfe bei Verfristung der Klage ; Pflicht zur genauen Bezeichnung des Klagegegenstandes; Voraussetzungen für die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen; Nur unvollständige Erklärung von Besteuerungsgrundlagen und Verwechselung von Bilanzansätzen durch den Steuerpflichtigen
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 06.01.1997
- Aktenzeichen
- IX 1/96 S
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1997, 17780
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1997:0106.IX1.96S.0A
Rechtsgrundlagen
- § 142 Abs. 1 FGO
- § 114 ZPO
- § 162 Abs. 1 AO
Verfahrensgegenstand
Antrag auf Prozeßkostenhilfe
Redaktioneller Leitsatz
Prozesskostenhilfe ist nicht zu gewähren, wenn die Klage gegen die durch Einspruchsbescheid Steuerfestsetzung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sie verspätet erhoben wurde und keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.
In dem Rechtsstreit
hat der IX. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
durch
den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ... und
die Richter am Finanzgericht ... und ...
am 6. Januar 1997
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Prozeßkostenhilfe für das finanzgerichtliche Verfahren IX 411/95 wegen Umsatzsteuer 1992 und 1993 wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Antragsteller ist Kaufmann (so seine Einkommensteuer-Erklärung 1991). Er betrieb über mehrere Jahre in der ... in ... eine(n) Kantine/Imbiss (wohl seit 1988) und einen Auto-An- und -Verkauf mit Lackierarbeiten (wohl seit 1990). Als Einkünfte aus der Kantine erklärte der Antragsteller für das Jahr 1988 einen Verlust von 8.482,00 DM, für 1989 einen Verlust von 12.258,00 DM, für 1990 einen Gewinn von 7.403,00 DM und für 1991 wieder einen Verlust von 1.849,00 DM. Als Einkünfte aus der Lackiererei erklärte der Antragsteller für 1990 einen Verlust von 31.878,00 DM und für 1991 einen Verlust von 23.560,00 DM. Bei den dazu vom Antragsteller vorgelegten Jahresabschlüssen kam es mit der Hinzunahme der Lackierei im Jahre 1990 offenkundig zu Verwechslungen. So legte der Antragsteller für die Kantine zum 31. Dezember 1990 sowohl zur Steuernummer ... einen Jahresabschluß (siehe Deckblatt) vor (Verlust von 31.878,00 DM) und bezeichnete er auch den zum 31. Dezember 1990 erstellten Jahresabschluß zur Steuernummer ... (auf Bl. 2) als solchen für die Kantine (Gewinn von 7.403,00 DM). Nach den Bescheiden des Antragsgegners vom 22.01.1996 über die Einsprüche des Antragstellers gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 1991 kam es zudem in den Bilanzen beim Ansatz von Anfangs- und Endbeständen zu vom Antragsteller bis heute nicht aufgeklärten Umstimmigkeiten. In seinen Einkommensteuer-Erklärungen erklärte der Antragsteller für die Jahre ab 1988 lediglich negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 8.482,00 DM (1988), 12.258,00 DM (1989), (7.203,00 DM - 31.878,00 DM =) 24.475,00 DM (1990) und (Verluste von 1.850,00 DM + 23.561,00 DM =) 25.411,00 DM (1991). Danach wurden - soweit ersichtlich - vom Antragsteller keine Einkommensteuer-Erklärungen mehr abgegeben. Auch Gewerbesteuer-Erklärungen gab der Antragsteller - soweit ersichtlich - für die Jahre nach 1991 nicht mehr ab. Kantinen-Umsätze erklärte der Antragsteller in seinen Umsatzsteuer-Erklärungen für 1988 und 1989 keine. Für 1990 gab der Antragsteller die - zusammengefaßten - Umsätze der Kantine und der Lackiererei mit 76.968,00 DM zu 14 v.H. Umsatzsteuer und mit 9.153,00 DM zu 7 v.H. Umsatzsteuer nebst einem Eigenverbrauch von 888,00 DM zu 14 v.H. Umsatzsteuer und 6.672,00 DM zu 7 v.H. Umsatzsteuer an. Für 1991 erklärte er Umsätze zu 14 v.H. Umsatzsteuer von 110.393,00 DM und solche zu 7 v.H. Umsatzsteuer von 26.293,00 DM nebst einem Eigenverbrauch von 2.379,00 DM zu 14 v.H. Umsatzsteuer und einem solchen von 7.344,00 DM zu 7 v.H. Umsatzsteuer. Für die Jahre nach 1991 gab der Antragsteller im Verwaltungsverfahren keine Umsatzsteuer-Erklärungen mehr ab.
Gegenüber dem Antragsgegner teilte der Antragsteller unter dem 21.03.1994 mit, den "gepachteten Imbiss mit Verlust betrieben und zum 31.12.1993 aufgegeben, vom 31.12.1993 an keine Arbeitnehmer mehr beschäftigt zu haben und fortan wahrscheinlich in Hannover Aushilfsarbeiten ausführen" zu wollen. Das gleiche erklärte der Antragsteller hinsichtlich des bis dahin betriebenen Auto- An- und Verkaufs nebst Lackierarbeiten; nur bezüglich der bis dahin beschäftigten Arbeitnehmer führte der Antragsteller hier aus, solche "von 1991 an nicht mehr beschäftigt zu haben". Trotz seiner noch bis zum 31.12.1993 fortgeführten gewerblichen Tätigkeit legte der Antragsteller für die Jahre 1992 und 1993 keine Bilanzen und V+G-Rechnungen mehr vor.
Wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuer-Erklärungen schätzte der Antragsgegner durch Bescheid vom 24.05.1995 für 1992 die Umsätze zu 14 v.H. Umsatzsteuer auf 180.000,00 DM und die Vorsteuerbeträge auf 19.813,12 DM und durch Bescheid vom 24.05.1995 für 1993 die Umsätze zu 15 v.H. Umsatzsteuer auf 200.000,00 DM und die Vorsteuerbeträge auf 18.000,00 DM. Da der Antragsteller in den jeweiligen Einspruchsverfahren die Umsatzsteuer-Erklärungen 1992 und 1993 nicht abgab, wies der Antragsgegner durch Bescheide vom 24.10.1995 die jeweiligen Einsprüche als unbegründet zurück.
Am 23. November 1995 ging bei Gericht ein nicht adressiertes Schreiben des (Klägers und) Antragstellers vom selben Tage ein. Darin heißt es:
"Betrifft Einspruchsbescheid vom 24.10.1995
Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit lege ich fristgerecht gegen die Festsetzung des Finanzamts Burgdorf Einspruch ein. Begründung folgt später!"
Diesem Schreiben beigefügt war die Einspruchsentscheidung des Antragsgegners vom 24.10.1995 in der Umsatzsteuersache 1992. Dementsprechend wurde das Schreiben des Antragstellers zunächst als Klage (allein) gegen die Umsatzsteuer-Festsetzung 1992 aufgefaßt und unter dem Aktenzeichen IX 411/95 als Hauptsache geführt. Im weiteren Verfahren bestand der Antragsteller darauf, von Anfang an auch gegen die Umsatzsteuer-Festsetzung 1993 Klage erhoben zu haben und auch insoweit klagen zu wollen. Für dieses jetzt auch Umsatzsteuer 1993 beinhaltende Verfahren beantragt der Antragsteller mit Schriftsatz vom 11. Januar 1996, ihm Prozeßkostenhilfe zu bewilligen und den Rechtsanwalt Dr. Burger als Prozeßbevollmächtigten gemäß § 142 Abs. 2 FGO i.V. mit § 121 Abs. 1 ZPO beizuordnen (vgl. Beschluß des BFH vom 19. März 1996 VIII S 1/96, BFH/NV 1996, 781, 782). Seine Klage gegen die Umsatzsteuer-Festsetzung 1992 und auch gegen die des Jahres 1993 habe hinreichend Aussicht auf Erfolg, weil er bei vernünftiger Auslegung auch gegen die Umsatzsteuer-Festsetzung 1993 Klage erhoben habe und sich aufgrund der im Klageverfahren eingereichten Umsatzsteuer-Erklärungen für 1992 bei vorangemeldeten Umsätzen von 127.361,00 DM eine Umsatzsteuer-Erstattung von 1.946,50 DM ergebe und für 1993 bei vorangemeldeten Umsätzen von 160.352,00 DM sich die Umsatzsteuer auf 3.256,84 DM belaufe. Im übrigen ergebe sich aus den Bescheinigungen des Sozialamts Hannover vom 22.12.1995 und vom 17.01.1996 und seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 5. Februar 1996, daß er kein Einkommen habe, sondern von der Sozialhilfe lebe.
Aufgrund des nach seiner Auffassung unklaren Sachverhaltes lehnte es der (Beklagte und) Antragsgegner ab, die angefochtenen Umsatzsteuer-Festsetzungen 1992 und 1993 entsprechend den im Klageverfahren eingereichten Umsatzsteuer-Erklärungen zu ändern. Der Antragsgegner beharrt darauf, daß der Kläger zunächst noch die Gewinnermittlungen für die Streitjahre einreicht und die Angaben zum Eigenverbrauch nachholt. Hiergegen wendet der Antragsteller ein, daß er die Abschlüsse 1992 und 1993 schon längst erstellt und eingereicht hätte. Leider sei er als "einfacher Arbeiter" selber dazu nicht in der Lage. Da er in 1990 und 1991 erhebliche Verluste erlitten habe, habe er sich keinen Berater mehr leisten können. Im Jahre 1993 sei er zudem schwer erkrankt und habe er sich nicht mehr in der gebotenen Weise um seine geschäftlichen Angelegenheiten kümmern können. Die Sozialhilfe reiche nicht aus, einen Berater für die Erstellung der Jahresabschlüsse zu beauftragen. Das sei jedoch kein Grund, den Umsatz um mehr als 40 v.H. überhöht zu schätzen, zumal dem Finanzamt die jeweiligen Umsätze im Form von Voranmeldungen genau mitgeteilt worden seien. Sofern für 1993 nicht davon ausgegangen werden könne, daß er auch insoweit von Anfang an Klage erhoben habe, beantrage er hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Der Antrag auf Prozeßkostenhilfe ist unbegründet.
Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V. mit§ 114 ZPO wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten erbringen kann, auf Antrag Prozeßkostenhilfe gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund dessen Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält, in tatsächlicher Hinsichtlich von der Möglichkeit der Beweisführungüberzeugt ist und deshalb bei summarischer Prüfung für den Eintritt des angestrebten Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (vgl. Beschluß des BFH vom 18. Januar 1996 V S 11/95, V B 122/95, BFH/NV 1996, 633, 634). Diese Voraussetzungen sind bei der gebotenen summarischen Betrachtung vorliegend nicht gegeben. Da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, kann die beantragte Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt werden.
1.
Die Klage gegen die durch Einspruchsbescheid vom 24.10.1995 bestätigte Umsatzsteuer-Festsetzung 1993 hat schon deshalb keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sie verspätet erhoben wurde und keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Die Klage ist verfristet, weil der Einspruchsbescheid mit einfachem Brief am 24.10.1995 zur Post gegeben wurde, dagegen aber erst mit bei Gericht am 15. Januar 1996 eingegangenem Schriftsatz des Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers vom 11.01.1996 Klage erhoben worden ist. Die am 23. November 1995 vom Kläger persönlich bei Gericht eingereichte Klage kann nicht als eine (auch) gegen die Umsatzsteuer-Festsetzung 1993 gerichtete Klage beurteilt werden. Nach dem eindeutigen Wortlaut wendet sich der Antragsteller im Schriftsatz vom 23.11.1995 gegen einen Einspruchsbescheid und wurde dieser vom Antragsteller durch Beifügen des entsprechenden Exemplars als solcher die Umsatzsteuer-Festsetzung 1992 betreffend benannt. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, weil der Antragsteller nicht ohne Verschulden verhindert war, die Klagefrist und auch die Wiedereinsetzungsantragsfrist von 2 Wochen des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO einzuhalten. Selbst von einem juristischen Laien, insbesondere aber von einem gewerbetreibenden Kaufmann kann verlangt werden (vgl. Beschluß des BFH vom 4. April 1995 X S 2/95, BFH/NV 1995, 1009), daß er den mit der Klage anzugreifenden Bescheid zweifelsfrei bezeichnet. Auch ist zu fordern, daß der Antragsteller nach Erhalt der Klageeingangsbestätigung den dort bezeichneten Streitgegenstand prüft und bei Unrichtigkeit binnen 2 Wochen gegenüber dem Gericht korrigiert. Nach Aktenlage ist hier die Klageeingangsbestätigung am 05.12.1995 abgesandt worden und dürfte sie der Antragsteller innerhalb derüblichen Postlaufzeit (wie der Antragsgegner) bis zum 08.12.1995 erhalten haben. Der auch die Umsatzsteuer 1993 beinhaltende Klageantrag im bei Gericht am 15. Januar 1996 eingegangenen Schriftsatz des Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers war danach eindeutig verspätet.
Selbst wenn aber (auch) die Klage gegen die Umsatzsteuer-Festsetzung 1993 (im Hauptsacherverfahren) zulässig wäre, bestünde für sie auch aus den unter nachfolgend 2. genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
2.
Die Klage gegen die Umsatzsteuer-Festsetzungen 1992 und 1993 hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da sie bei der hier nur summarisch vorzunehmenden Prüfung unbegründet ist. Weil der Antragsteller seiner Pflicht zur Abgabe vollständiger und schlüssiger Umsatzsteuer-Erklärungen 1992 und 1993 nicht nachgekommen ist, ist schon deshalb die vom Antragsteller begehrte Prüfung der vom Antragsgegner geschätzten Besteuerungsgrundlagen nicht möglich (vgl. Beschluß des BFH vom 4. April 1995 X S 2/95, BFH/NV 1995, 1009, 1010) und führt hier nicht dazu, die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerbescheide 1992 und 1993 und der hierzu ergangenen Einspruchsbescheide fraglich erscheinen zu lassen. Auch wegen der schon in der Vergangenheit nur unvollständig wenn nicht sogar unschlüssig erklärten Besteuerungsgrundlagen und der für die Streitjahre nicht vorgelegten Bilanzen und V+G-Rechnungen reichen die im Klageverfahren ohne Angaben zum Eigenverbrauch vorgelegten Umsatzsteuer-Erklärungen 1992 und 1993 nicht aus, um die vom Antragsgegner festgesetzten Umsatzsteuern auf die vom Antragsteller gewünschten Beträge herabzusetzen.
a)
Gemäß der auch im finanzgerichtlichen Verfahren zu beachtenden Vorschriften des § 162 Abs. 1 der Abgabenordnung - vgl. § 96 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz FGO - sind Besteuerungsgrundlagen, die die Finanzbehörde oder das Finanzgericht nicht ermitteln kann, zu schätzen. Das gilt insbesondere dann, wenn der Erklärungspflichtige (hier: Steuerpflichtige) seine Mitwirkungspflichten dadurch verletzt, daß er die Besteuerungsgrundlagen (hier: Umsatzsteuer-Erklärungen 1992 und 1993) nicht vollständig erklärt (vgl. Beschluß des BFH vom 17. Juli 1989 X B 39/89, BFH/NV 1990, 551). Hier war der Antragsgegner zu den vorgenommenen Schätzungen befugt, weil ohne Vorlage der Bilanzen und V+G-Rechnungen für die Streitjahre und ohne Angaben zum Eigenverbrauch die (in den Voranmeldungen) behaupteten Umsätze nicht ausreichend überprüft werden können. Diese Überprüfung ist insbesondere hier deshalb notwendig, weil der Antragsteller auch in der Vergangenheit die Besteuerungsgrundlagen nur unvollständig erklärt hat und möglicherweise sogar Bilanzansätze verwechselt (vgl. Bilanzen und V+G-Rechnungen für 1990 und 1991) worden sind. Zweifel an der Höhe der im Klageverfahren erklärten Umsätze bestehen auch deshalb, weil der Antragsteller die dadurch erzielten Einkünfte aus der gewerblichen Tätigkeit der Jahre 1992 und 1993 gar nicht und für die Jahre davor nur Verluste erklärt hat. Da aber der Antragsteller seinen Lebensunterhalt in den Streitjahren und den Jahren davor (so seine Einkommensteuer-Erklärungen bis 1991) allein durch die jeweiligen gewerblichen Einkünfte bestritten haben will, müssen die dazu vom Antragsteller gemachten Angaben unzutreffend gewesen sein. Nur mit diesen gewerblichen Verlusten kann der Antragsteller seinen Lebensunterhalt nicht finanziert haben. Die dadurch begründeten Zweifel lassen auch die jeweils erklärten Umsätze unwahrscheinlich erscheinen. Nach Aktenlage spricht vielmehr eine Vermutung dafür, daß der Antragsteller weitere von ihm nicht erklärte Einkünfte und (diesen zugrundeliegende) Umsätze hatte. Deshalb greift auch nicht der Vorwurf der angebliche überhöhten Schätzung. Wenn wie hierüber Jahre hinweg bis heute steuerliche Mitwirkungspflichten gröblich verletzt werden und Angaben offenkundig unschlüssig sind, ist ein Unsicherheitszuschlag als wahrscheinlichkeitsgemäß gerechtfertigt (vgl. Tipke/Kruse, § 162 AO Tz. 6 m.w.N.). Ohne bessere Erkenntnismöglichkeit und unter Berücksichtigung der zuvor angeführten Umstände waren und sind danach die Ansätze des Antragsgegners angemessen und rechtmäßig. Das um so mehr, als die vom Antragsteller jetzt erklärten Umsätze offensichtlich keinen Eigenverbrauch enthalten und wohl auch nicht die bei der Betriebsauflösung erzielten Umsätze.
b)
Soweit der Antragsteller die notwendigen Bilanzen und V+G-Rechnungen nur deshalb nicht vorlegen kann, weil ihm die finanziellen Mittel fehlen, um einen Steuerberater mit der Durchführung der entsprechenden Arbeiten beauftragen zu können, rechtfertigt auch das die Gewährung von Prozeßkostenhilfe nicht. Die Prozeßkostenhilfe gewährleistet allein den gerichtlichen Rechtsschutz; Prozeßkostenhilfe kann danach nur für die Prozeßführung, also für die durch das eigentliche (Hauptsache-)Streitverfahren ausgelösten Kosten des Gerichts und Vergütungen des Rechtsanwalts oder des Steuerberaters bewilligt werden. Kosten, die einem Steuerpfichtigen allein durch die Erfüllung unabhängig vom Hauptsache-Klageverfahren gesetzlich angeordneter Verpflichtungen erwachsen, können - zumindest - nicht nach den Grundsätzen der Prozeßkostenhilfe vom Staat ersetzt verlangt werden (vgl. Tipke/Kruse, § 142 FGO Tzn. 1 und 13, und Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 142 FGO Rzn. 19 ff.). Die Steuerrechtsordnung geht davon aus, daß ein gewerblich tätiger Kaufmann wie der Antragsteller die aus seiner gewerblichen Tätigkeit resultierenden steuerlichen Verpflichtungen selbst trägt. Kann ein Steuerpflichtiger die notwendigen Mittel für die Erfüllung der mit dem gewerblichen Betrieb verbundenen steuerlichen Verpflichtungen nicht aufbringen, hat er den Betrieb einzustellen bzw. kann ihm die Gewerbeerlaubnis entzogen werden. Danach hätte der Antragsteller die jeweiligen Mittel vorhalten müssen, um seinen steuerlichen Verpflichten ordnungsgemäß nachkommen zu können. Diesen Verpflichtungen ist der Antragsteller offensichtlich in schuldhafter Weise nicht nachgekommen. Es ist dann nicht Aufgabe des Prozeßkostenhilferechts, säumige Steuerpflichtige auf Kosten der Allgemeinheit von ihren steuerlichen Pflichten zu entlasten. Der Hinweis des Antragstellers, nicht die notwendigen finanziellen Mittel für die Erstellung der bislang fehlenden Bilanzen und V+G-Rechnungen zu besitzen, kann somit die Rechtmäßigkeit der auf schätzweise ermittelten Besteuerungsgrundlagen beruhenden beiden Umsatzsteuerbescheide 1992 und 1993 nicht erschüttern (vgl. Beschluß des BFH vom 17. Juli 1989 X B 39/89, BFH/NV 1990, 551).
Danach kann die Frage unentschieden bleiben, ob der Prozeßkostenhilfeantrag auch deshalb abzulehnen ist (dafür: Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 142 FGO Rzn. 40 ff., unter Hinweis auf Entscheidungen verschiedener Finanzgerichte; vgl. Beschlüsse des Finanzgerichts des Saarlandes vom 28. Februar 1989 2 K 67/88, EFG 1989, 646, des Finanzgerichts Münster vom 20. Januar 1982 VII 4792/81 E, EFG 1982, 478, und des Niedersächsischen Finanzgerichts VIII 231/80 vom 16. Juli 1980 - n.v. -;ablehnend: Rechtsprechung des BFH; vgl. Beschlüsse des BFH vom 7. Oktober 1992 VII B 63/92, BFH/NV 1994, 336, vom 7. September 1989 X B 53/89, BFH/NV 1990, 260, und vom 17. Juli 1989 X B 39/89, BFH/NV 1990, 551), weil der Antragsteller seine steuerlichen Mitwirkungspflichten gegenüber dem Finanzamt nicht ausreichend erfüllt hat und ihm deshalb auch bei Klageerfolg die Kosten gemäß § 137 FGO aufzuerlegen wären.
Die Entscheidung über den Antrag auf Prozeßkostenhilfe ergeht gerichtsgebührenfrei.