Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 14.01.1997, Az.: VI 527/95
Ausschlussfrist zur Klägerbezeichnung bei juristischen Personen; Erfüllung der dem Kläger vom Gesetz aufgebürdeten Anforderungen durch das Gericht aufgrund der Offizialmaxime
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 14.01.1997
- Aktenzeichen
- VI 527/95
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1997, 17862
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1997:0114.VI527.95.0A
Rechtsgrundlagen
- § 65 Abs. 1 FGO
- § 58 Abs. 2 FGO
Verfahrensgegenstand
Umsatzsteuer 1992
In dem Rechtsstreit
hat der VI. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts
nach mündlicher Verhandlung
in der Sitzung vom 14. Januar 1997,
an der mitgewirkt haben:
Präsident des Finanzgerichts ... als Vorsitzender
Richterin am Finanzgericht ...
Richter am Finanzgericht ...
ehrenamtlicher Richter ... Malermeister
ehrenamtliche Richterin ... Redakteurin
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Klägerin erhob mit Schriftsatz vom 30. August 1995 Klage gegen den Schätzungsbescheid zur Umsatzsteuer 1992 vom 8. Februar 1992 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 1995, ohne die Klage zu begründen. Mit Verfügung vom 22. September 1995 setzte der Berichterstatter gemäß §§ 65 Abs. 2 Satz 2, 62 Abs. 3 Satz 3, 79 b Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist mit ausschließender Wirkung zur Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters der Klägerin, des Gegenstandes des Klagebegehrens, der Vorlage der Vollmacht im Original und der Angabe der zu berücksichtigenden Tatsachen bis zum 10. November 1995. Innerhalb der Frist reichte die Klägerin eine Prozeßvollmacht und die Umsatzsteuererklärung 1992 ein. Den eingereichten Unterlagen, insbesondere der Prozeßvollmacht, ließ sich der gesetzliche Vertreter der Klägerin nicht entnehmen. Weiter Unterlagen (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) waren dem Anschreiben nicht beigefügt.
Die Klägerin beantragt,
den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung zu ändern und die Umsatzsteuer 1992 erklärungsgemäß festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Eine Änderung der Schätzungsbescheide komme nicht in Betracht. Die Klägerin habe keine Unterlagen eingereicht, die eine Prüfung der Angaben in der Umsatzsteuererklärung zuließen. Die Klage sei deshalb unbegründet.
In der mündlichen Verhandlung überreichte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin die Kopie eines Handelsregisterauszuges. wonach der Kaufmann U. H., H., Geschäftsführer der Klägerin ist.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
Gemäß § 65 Abs. 1 FGO muß die Klage neben der Bezeichnung des Gegenstandes des Klagebegehrens und des Beklagten auch die Kläger bezeichnen. Zur Bezeichnung des Klägers gehört es bei juristischen Personen des Privatrechts, die zur gesetzlichen Vertretung der Körperschaft befugte natürliche Person unverwechselbar zu benennen (vgl. Gräber/von Groll, FGO, 3. Aufl., § 65 Rdnr. 25). Denn ohne die Angaben des gesetzlichen Vertreters ist eine Prüfung der Sachentscheidungsvoraussetzung der Prozeßfähigkeit (§ 58 Abs. 2 FGO) und der ordnungsgemäßen Klageerhebung durch das Gericht nicht möglich. Erfolgt eine Bezeichnung nicht innerhalb der Frist mit ausschließender Wirkung, ist die Klage unzulässig. Die spätere Benennung des gesetzlichen Vertreters kann die eingetretene Wirkung der Ausschlußfrist nicht wieder beseitigen.
Die Klägerin hat keinerlei Angaben zu ihrem gesetzlichen Vertreter gemacht, so daß eine hinreichende Klägerbezeichnung nicht vorliegt. Die Bezeichnung des Geschäftsführers ließ sich auch nicht aus anderen, dem Gericht eingereichten Unterlagen entnehmen. Denn insbesondere die Unterschrift in der Prozeßvollmacht vom 3. November 1995 ist völlig unleserlich und läßt eine eindeutige Bestimmung der natürlichen Person, die als gesetzlicher Vertreter der Klägerin in Betracht kommt, nicht zu.
Entgegen der Ansicht der Klägerin war es nicht Aufgabe des Gerichts durch Anforderung eines Handelsregisterauszuges die Person des gesetzlichen Vertreters von sich aus zu ermitteln. Zwar gilt für die Ermittlung des Vorliegens der Sachentscheidungsvoraussetzungen die Offizialmaxime, d.h. das Gericht muß von Amts wegen die Grundlagen für eine Entscheidung über die Erfüllung der jeweiligen Prozeßvoraussetzungen ermitteln. Dies bedeutet jedoch nicht, daß das Gericht zugleich die dem Kläger vom Gesetz aufgebürdeten Anforderungen nunmehr an seiner Stelle zu erfüllen hätte. Zur Ordnungsmäßigkeit der Klageerhebung gehört gemäß § 65 Abs. 1 FGO - wie ausgeführt - die unverwechselbare Bezeichnung des Klägers, mithin auch die eindeutige Benennung des gesetzlichen Vertreters bei juristischen Personen. Damit beschränkt sich die Amtsermittlungspflicht des Gerichts darauf, ob der Kläger diesen Anforderungen des § 65 FGO genügt hat, ob also die Prozeßvoraussetzung der ordnungsgemäßen Klageerhebung vorliegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.