Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen
Urt. v. 13.04.2016, Az.: L 3 KA 107/13

Honorarkürzungen wegen einer Verletzung der Pflicht zum Nachweis der fachlichen Fortbildung; Angestellter Arzt eines Medizinischen Versorgungszentrums; Pflichtverletzung eines MVZ; Kein Honorarkürzung eines Medizinischen Versorgungszentrums in der vertragsärztlichen Versorgung nach der Verletzung der Pflicht zum Nachweis der fachlichen Fortbildung durch einen Vertragsarzt mit eigener Zulassung

Bibliographie

Gericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Datum
13.04.2016
Aktenzeichen
L 3 KA 107/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 18461
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LSGNIHB:2016:0413.L3KA107.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
SG Hannover - 01.07.2013 - AZ: S 61 KA 4/11

Redaktioneller Leitsatz

1. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 95d Abs. 3 S. 1, 3 und 4 SGB V führt allein der nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig geführte Fortbildungsnachweis zur Honorarkürzung.

2. Die Vorschriften über die Honorarkürzung bei Verletzung der Verpflichtung zum Nachweis der fachlichen Fortbildung haben Sanktionscharakter; sanktioniert wird die Verletzung der Nachweispflicht.

3. Dabei kann der Umstand, dass eine Pflichtverletzung im Einzelfall ohne Sanktion bleibt, nicht dazu führen, dass die Vorschrift abweichend von ihrem Wortlaut - etwa im Wege einer ausweitenden Analogie - auszulegen wäre.

4. Schon vom Wortlaut des Gesetzes ist aber die Kürzung des Honorars eines Medizinischen Versorgungszentrums nicht gedeckt, wenn eine Pflichtverletzung des MVZ nicht vorliegt.

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 3. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 66.721 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Streitig sind Honorarkürzungen in den Quartalen III/2009 bis II/2010 wegen einer Verletzung der Pflicht zum Nachweis der fachlichen Fortbildung.

Die Klägerin nimmt als Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit mehreren Praxisstandorten an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Seit dem 1. Juli 2009 ist Dr. F. bei ihr als angestellter Arzt tätig. Zuvor war er vom 1. Januar 1995 bis zum 30. Juni 2009 als Facharzt für Radiologie zur vertragsärztlichen Versorgung in G. zugelassen.

Im Februar 2009 wies die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) Dr. F. darauf hin, dass alle Vertragsärzte in einem Fünfjahreszeitraum Fortbildungen im Umfang von mindestens 250 Fortbildungspunkten absolvieren und nachweisen müssten. Vertragsärzte, die bereits am 30. Juni 2004 zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen, ermächtigt oder angestellt waren, hätten den Fortbildungsnachweis erstmalig bis spätestens 30. Juni 2009 zu führen. Bei fehlendem Fortbildungsnachweis - der grundsätzlich durch Vorlage eines Fortbildungszertifikats der Ärztekammer zu führen sei - müsse die Vergütung aus vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums um 10 vH sowie ab dem fünften Quartal um 25 vH gekürzt werden (Schreiben vom 5. Februar 2009).

Nachdem Dr. F. bis zum 30. Juni 2009 gegenüber der Beklagten keinen Nachweis über die fachliche Fortbildung nach § 95d Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erbracht und zum 1. Juli 2009 seine Tätigkeit bei der Klägerin aufgenommen hatte, nahm die Beklagte in den Honorarbescheiden der Klägerin für die Quartale III/2009 bis II/2010 Honorarkürzungen um jeweils 10 vH des auf Dr. F. entfallenden Leistungsanteils vor. Dabei ergaben sich Kürzungsbeträge iHv 20.958,68 Euro (Quartal III/2009), 19.447,81 Euro (Quartal IV/2009), 13.294,29 Euro (Quartal I/2010) und 13.020,36 Euro (Quartal II/2010).

Im November 2010 legte die Klägerin der Beklagten einen "Fortbildungspunkte-Kontoauszug" nebst Begleitschreiben der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) vor, wonach Dr. F. im Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis zum 30. Juni 2009 279 Fortbildungspunkte erreicht hatte. Mit einem von der ÄKN und der Beklagten ausgestellten Fortbildungszertifikat vom 11. November 2010 ist ferner bestätigt worden, dass Dr. F. sich regelmäßig fortgebildet habe; berücksichtigt wurden hierbei anerkannte Fortbildungen im Zeitraum vom 11. November 2005 bis 10. November 2010. Dazu erklärte die Klägerin, Dr. F. habe es leider versäumt, sein Fortbildungspunktekonto rechtzeitig abzurufen und der Beklagten zu übermitteln. Den Abrechnungsunterlagen sei aber auch nicht zu entnehmen gewesen, dass die Honorarkürzungen wegen des fehlenden Fortbildungsnachweises von Dr. F. vorgenommen worden seien. Die Klägerin habe deshalb zunächst angenommen, dass die Kürzungen dem Kollegen H. zuzuordnen seien. Da Dr. F. seine Fortbildungspflichten zum 30. Juni 2009 erfüllt habe, werde um Gutschrift der Kürzungsbeträge gebeten.

Die Beklagte legte dieses Vorbringen als Widerspruch gegen die in den Honorarbescheiden für die Quartale III/2009 bis II/2010 erfolgten Honorarkürzungen aus und wies diesen Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2010, zur Post aufgegeben am 8. Dezember 2010). Der Nachweis von mindestens 250 Fortbildungspunkten im Fünfjahreszeitraum sei für Dr. F. nicht bis zum 30. Juni 2009 erbracht worden. Auf die Nachweispflicht sei mehrfach im Niedersächsischen Ärzteblatt (NÄBl) hingewiesen worden. Darüber hinaus sei Dr. F. schriftlich an seine Nachweispflicht erinnert und auf die Folgen eines fehlenden Nachweises hingewiesen worden. Demzufolge sei die Beklagte verpflichtet gewesen, das Honorar des MVZ - bezogen auf die abgerechneten Leistungen des Arztes - in den ersten vier Quartalen nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums um 10 vH zu kürzen.

Am 3. Januar 2011 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht (SG) Hannover Klage erhoben und dort geltend gemacht, sie selbst sei zu keinem Zeitpunkt über die Erforderlichkeit des Fortbildungsnachweises für Dr. F. und den Fristablauf zum 30. Juni 2009 in Kenntnis gesetzt worden. Ihr gegenüber sei auch keine Honorarkürzung angedroht worden. Im Übrigen sei Dr. F. seiner Fortbildungspflicht in ausreichendem Umfang nachgekommen, sodass die gekürzten Beträge nach Vorlage des Fortbildungsnachweises auszuzahlen seien.

Mit Urteil vom 3. Juli 2013 hat das SG Hannover die Beklagte verurteilt, der Klägerin unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale III/2009 bis II/2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2010 das infolge der Honorarkürzungen einbehaltene Honorar iHv 66.721,14 Euro auszuzahlen. Maßgebend sei insoweit, dass Dr. F. seiner Fortbildungsverpflichtung aus § 95d SGB V vollständig nachgekommen sei. Das bloße Fehlen eines Fortbildungsnachweises bzw dessen verspätete Vorlage reiche für eine Honorarkürzung nach § 95d Abs 3 S 4 SGB V nicht aus; erforderlich sei darüber hinaus eine Verletzung der Fortbildungsverpflichtung als solche.

Gegen das ihr am 5. Dezember 2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17. Dezember 2013 Berufung eingelegt. Sie bekräftigt ihre Auffassung, dass allein die verspätete Erbringung des Nachweises über die Erfüllung der Fortbildungspflicht eine Honorarkürzung im gesetzlich vorgesehenen Umfang zur Folge habe; auf die tatsächliche Erfüllung der Fortbildungspflicht komme es in diesem Zusammenhang nicht an.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 3. Juli 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht verurteilt, der Klägerin unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale III/2009 bis II/2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2010 das infolge der Honorarkürzungen einbehaltene Honorar iHv insgesamt 66.721,14 Euro auszuzahlen. Die Honorarkürzungen sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.

1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem § 54 Abs 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

2. Gem § 95d Abs 1 S 1 SGB V ist der Vertragsarzt verpflichtet, sich in dem Umfang fachlich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Fortentwicklung der zu seiner Berufsausübung in der vertragsärztlichen Versorgung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist. Dazu ist in § 95d Abs 3 S 1 SGB V vorgesehen, dass ein Vertragsarzt alle fünf Jahre gegenüber der KÄV den Nachweis zu erbringen hat, dass er in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum seiner Fortbildungspflicht nach Abs 1 nachgekommen ist; für die Zeit des Ruhens der Zulassung ist die Frist unterbrochen. Vertragsärzte, die am 30. Juni 2004 bereits zugelassen waren, hatten den Nachweis nach S 1 erstmals bis zum 30. Juni 2009 zu erbringen, § 95d Abs 3 S 3 SGB V (in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz - GMG) vom 14. November 2003, BGBl I 2190, im Folgenden: aF). Die genannten Bestimmungen gelten nach § 95d Abs 5 S 1 und 4 SGB V aF ua für angestellte Ärzte eines MVZ entsprechend; dabei führt das MVZ den Fortbildungsnachweis nach Abs 3 für die von ihm angestellten Ärzte (§ 95d Abs 5 S 2 SGB V aF).

Den angemessenen Umfang der im Fünfjahreszeitraum notwendigen Fortbildung regeln die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen (KBVen) im Einvernehmen mit den zuständigen Arbeitsgemeinschaften der Kammern auf Bundesebene (§ 95d Abs 6 S 1 SGB V). Auf dieser Grundlage hat die KBV im Einvernehmen mit der Bundesärztekammer und der Bundespsychotherapeutenkammer in § 1 Abs 3 S 1 der Regelung zur Fortbildungsverpflichtung der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten nach § 95d SGB V (DÄ 2005, Heft 5, A 306; im Folgenden: Regelung der KBV) festgelegt, dass Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten innerhalb des Fünfjahreszeitraums 250 Fortbildungspunkte nachzuweisen haben.

Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, ist die KÄV nach § 95d Abs 3 S 4 SGB V aF verpflichtet, das an ihn auszuzahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 vH und ab dem darauf folgenden Quartal um 25 vH zu kürzen. Die Honorarkürzung endet nach Ablauf des Quartals, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht wird (§ 95d Abs 3 S 6 SGB V aF). Auch diese Regelungen gelten nach § 95d Abs 5 S 4 SGB V aF im Fall eines angestellten Arztes eines MVZ entsprechend mit der Maßgabe, dass das Honorar des MVZ gekürzt wird.

3. Nach diesen gesetzlichen Vorgaben war die Beklagte nicht zur Kürzung des Honorars der Klägerin in den Quartalen III/2009 bis II/2010 berechtigt.

a) Für Dr. F., der bereits am 30. Juni 2004 und danach durchgehend bis zum 30. Juni 2009 als Vertragsarzt tätig und demzufolge zur fachlichen Fortbildung nach § 95d Abs 1 SGB V verpflichtet war, endete die Frist zum erstmaligen Nachweis der Erfüllung seiner Fortbildungspflicht am 30. Juni 2009, also noch vor Aufnahme der Tätigkeit als angestellter Arzt bei der Klägerin. Aus diesem Grund bestand für den hier maßgebenden Fünfjahreszeitraum keine Verpflichtung der Klägerin aus § 95d Abs 5 S 2 SGB V, für den erst ab 1. Juli 2009 angestellten Arzt einen Fortbildungsnachweis zu führen. Diese Verpflichtung traf nach § 95d Abs 3 S 1 SGB V allein Dr. F ...

Das Fortbildungszertifikat ist erst im November 2010 bei der Beklagten eingegangen; damit hat Dr. F. die Frist zum Nachweis der Erfüllung der Fortbildungspflicht versäumt.

b) Entgegen der Auffassung des SG stünde einer Honorarkürzung nach § 95d Abs 3 S 4, Abs 5 S 4 SGB V aF nicht entgegen, dass Dr. F. innerhalb der für ihn geltenden Fünfjahresfrist tatsächlich in angemessenem Umfang Fortbildungen absolviert und lediglich den Nachweis verspätet vorgelegt hat. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 95d Abs 3 S 1, 3 und 4 SGB V führt allein der nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig geführte Fortbildungsnachweis zur Honorarkürzung (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 11. Februar 2015 - B 6 KA 19/14 R, juris Rn 21 - SozR 4-2500 § 95d Nr 1). Das wird zusätzlich an der Regelung in § 95d Abs 3 S 6 SGB V aF deutlich, wonach die Honorarkürzung nach Ablauf des Quartals endet, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht wird. Der Inhalt dieser Vorschrift schließt zugleich aus, dass im Fall einer nachträglichen Erfüllung der Nachweispflicht die einmal eingetretene Honorarkürzung - wie von der Klägerin begehrt - rückwirkend aufgehoben und das infolge der Kürzung einbehaltene Honorar nachträglich ausgezahlt wird.

c) Die Pflichtverletzung des Dr. F. berechtigt die Beklagte aber nicht zur Kürzung des Honorars der Klägerin.

Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder - wie hier - nicht rechtzeitig, hat die KÄV nach § 95d Abs 3 S 4 SGB V aF das an ihn - also den Vertragsarzt - zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um 10 vH zu kürzen. Vorliegend besteht allerdings die Besonderheit, dass Dr. F. ab Beginn des ersten dieser vier Quartale nicht mehr als Vertragsarzt, sondern als angestellter Arzt im MVZ tätig war. Demzufolge war an ihn selbst kein vertragsärztliches Honorar mehr zu zahlen, sodass eine Honorarkürzung nach der genannten Regelung nicht mehr in Betracht kam.

Bei dieser Sachlage scheidet aber auch eine Kürzung des Honorars der Klägerin gem § 95d Abs 5 S 4 SGB V aF aus. Nach dieser Vorschrift gelten Abs 3 S 2 bis 6 und 8 entsprechend mit der Maßgabe, dass das Honorar des MVZ, des Vertragsarztes oder der Einrichtung nach § 119b gekürzt wird. Voraussetzung dafür ist aber eine eigene Pflichtverletzung des MVZ, die hier nicht vorgelegen hat.

Nach § 95d Abs 5 S 1 SGB V aF gelten die Fortbildungspflicht und die Regelungen zum Nachweis der Fortbildung nach den Abs 1 und 2 auch für angestellte Ärzte eines MVZ (bzw eines Vertragsarztes oder einer Einrichtung nach § 119b SGB V). Nach S 2 führt dabei das MVZ (bzw der Vertragsarzt oder die Einrichtung nach § 119b SGBV) den Fortbildungsnachweis nach Abs 3 für die von ihm angestellten Ärzte. Die Verpflichtung von Dr. F., sich auch als angestellter Arzt eines MVZ ab dem 1. Juli 2009 fortzubilden, ist aber nicht Grundlage der hier streitigen Honorarkürzungen. Nur für den ab diesem Zeitpunkt beginnenden neuen Fünfjahreszeitraum bestand eine eigene Verpflichtung der Klägerin zur Nachweisführung nach § 95d Abs 5 S 2 SGB V aF. Eine Verletzung dieser Pflicht führt gem § 95d Abs 5 S 4 SGB V aF zur Kürzung des gesamten Honoraranspruchs des MVZ, und nicht - wie die Beklagte es angenommen hat - lediglich zur Kürzung des durch eine Quotierung ermittelten Anteils des betroffenen angestellten Arztes (vgl Pawlita in: jurisPK-SGB V, 3. Aufl 2016, § 95d Rn 45 mwN). Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll diese Rechtsfolge den Anreiz zur Überprüfung der Einhaltung der Fortbildungsverpflichtung der angestellten Ärzte erhöhen. Dabei wird in der Gesetzesbegründung zutreffend darauf hingewiesen, dass das MVZ als Arbeitgeber aufgrund seiner Weisungsbefugnis oder durch organisatorische Maßnahmen - wie zB das Aufstellen eines Fortbildungsplans - frühzeitig dafür Sorge tragen kann, dass alle bei ihm angestellten Ärzte die Fortbildungspflicht erfüllen; im Falle hartnäckiger Weigerung kann das MVZ das Beschäftigungsverhältnis sogar kündigen und damit Honorarkürzungen vermeiden oder deren Laufzeit reduzieren (vgl BT-Drs 15/1525, S 111). Eine derartige Überprüfung und Einflussnahme auf die Erfüllung der Dr. F. obliegenden Fortbildungspflicht war der Klägerin im hier maßgebenden, vollständig vor dem Beginn der Anstellung liegenden Fünfjahreszeitraum aber noch gar nicht möglich. Ihr oblag insoweit - wie oben ausgeführt - auch keine Nachweispflicht nach § 95d Abs 5 S 3 SGB V. Die Vorschriften über die Honorarkürzung bei Verletzung der Verpflichtung zum Nachweis der fachlichen Fortbildung haben Sanktionscharakter; sanktioniert wird die Verletzung der Nachweispflicht. Dabei kann der Umstand, dass eine Pflichtverletzung im Einzelfall ohne Sanktion bleibt, nicht dazu führen, dass die Vorschrift abweichend von ihrem Wortlaut - etwa im Wege einer ausweitenden Analogie - auszulegen wäre (BSG aaO., Rn 19 und 23 ff). Schon vom Wortlaut des Gesetzes ist aber die Kürzung des Honorars eines MVZ nicht gedeckt, wenn eine Pflichtverletzung des MVZ nicht vorliegt. Aus diesen Gründen erweisen sich die Honorarkürzungen als rechtswidrig.

d) Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass die Beklagte der Klägerin keinen Hinweis auf die Folgen einer Verletzung der Nachweispflicht erteilt hatte. Soll das Honorar eines MVZ gekürzt werden, ist das MVZ nach §§ 4 Abs 1, 6 Abs 2 S 2 der Regelung der KBV mindestens drei Monate vor Ablauf der für den angestellten Arzt geltenden Frist zum Nachweis der Fortbildung darauf hinzuweisen, dass eine Versäumnis dieser Frist mit einer Kürzung des Honorars des MVZ gem § 95d Abs 5 S 4 SGB V aF verbunden ist. Abgesehen davon, dass diese Hinweispflicht gegenüber der Klägerin schon deshalb nicht greifen konnte, weil Dr. F. in dem hierfür maßgebenden Zeitraum überhaupt noch nicht bei ihr beschäftigt war, ergaben sich ausreichende Hinweise - so es auf diese ankäme - jedenfalls nicht aus den im Widerspruchsbescheid zitierten, im NÄBl veröffentlichten Hinweisen. Dort ist jeweils nur auf mögliche Kürzungen des Honorars von Vertragsärzten, nicht aber auf Honorarkürzungen bei einem MVZ hingewiesen worden. Im Übrigen bedarf es jeweils eines auf den einzelnen Arzt bezogenen individuellen Hinweises (vgl dazu BSG aaO., Rn 27 ff). Nach alledem war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Halbs 3 SGG iVm § 154 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 47 Abs 1 S 1, 52 Abs 1 und 3 S 1 Gerichtskostengesetz (GKG).