Landgericht Hildesheim
Urt. v. 09.03.2007, Az.: 5 O 213/05

25 Euro; Angemessenheit; Auslagenpauschale; Höhe; Kfz-Unfall; Kostenpauschale; Schadenersatzanspruch; Schadenregulierung; Verkehrsunfall

Bibliographie

Gericht
LG Hildesheim
Datum
09.03.2007
Aktenzeichen
5 O 213/05
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2007, 71792
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 547,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2005 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 40,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 90 % und die Beklagten 10 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung unter Hinterlegung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

1

Der Kläger verlangt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 03.07.2005, der sich gegen 19:35 Uhr auf der ... in ... zwischen dem Pkw VW Käfer des Klägers, gefahren von seinem Sohn ..., und dem Pkw BMW Z3 des Beklagten zu 1) ereignet hat. Der Pkw VW des Klägers kam aus dem ... und hatte die Vorfahrt des die ... befahrenen Verkehrs zu beachten. Der Beklagte zu 2) befuhr mit seinem Pkw die ... in Richtung der Kreuzung .... Er fuhr an einem an einer Bushaltestelle haltenden Bus vorbei. Beide Fahrzeuge kollidierten in der Kreuzung.

2

Die Beklagte zu 2) regulierte den Schaden des Klägers gem. ihrem Abrechnungsschreiben vom 24.08.2005 zu einer Quote von 1/3 der von ihr für begründet erachteten Schäden, insgesamt im Betrag von 2.132,41 €.

3

Der Kläger verlangt mit der Klage Ersatz von 100 % der ihm nach seiner Behauptung entstandenen Schäden, und zwar Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert in Höhe von 6.220,00 €, die Sachverständigenkosten in Höhe von 475,94 €, Nutzungsausfall für 18 Tage je 38,00 € täglich in Höhe von insgesamt 684,00 € sowie Reparaturkosten für den durch sein Fahrzeug nach dem Unfall beschädigten Zaun auf der Grundlage des Angebotes der Firma ..., ... vom 11.07.2005 in Höhe von 127,60 € und Ersatz der Kostenpauschale in Höhe von 25,00 € sowie die anteilige Geschäftsgebühr gem. Nr. 2400 VV RVG nach einem Gegenstandswert von 7.404,94 €.

4

Der Kläger hat das beschädigte Fahrzeug für 700,00 € veräußert.

5

Der Kläger vertritt die Auffassung, die Beklagten seien ihm zum Ersatz von 100 % des geltend gemachten Schadens deshalb verpflichtet, weil der Beklagte den Unfall allein dadurch verschuldet habe, dass er den im Bereich der Verkehrsinsel haltenden Bus überholt und dabei die Sperrflächen links in der Gegenfahrbahn befahren habe. Sein Sohn ... habe sich aus dem ... langsam in die ... hinein getastet, um evtl. vorfahrtsberechtigten Fahrzeugen die Vorfahrt zu gewähren. Zur Kollision sei es gekommen, als sich ... bereits in der Kreuzung befunden habe.

6

Der Kläger beantragt,

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1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 5.400,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 01.10.2005 zu zahlen.

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2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 407,74 € als Schadensersatz nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

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Die Beklagten beantragen,

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die Klage abzuweisen.

11

Sie vertreten die Auffassung, dass dem Kläger über den von der Beklagten zu 2) gezahlten Schadensersatz in einer Quote von 1/3 weitere Schadensersatzansprüche aus dem Unfallereignis nicht zustehen. Zutreffend sei, dass sich der Beklagte zu 1) entschlossen habe, unter Ausnutzung der linken Fahrbahnhälfte sowohl an der Mittelinsel als auch an dem an der Bushaltestelle stehenden Bus vorbeizufahren, weil kein Gegenverkehr geherrscht habe. Er sei mit einer Geschwindigkeit von etwa 30 – 40 km/h gefahren, als das Fahrzeug des Klägers mit hoher Geschwindigkeit in die ... ohne Halten eingefahren sei. Der Pkw VW des Klägers habe sich noch nicht in der Kreuzung befunden, als es mit dem in den Kreuzungsbereich einfahrenden Fahrzeug des Beklagten zu 1) zum Zusammenstoß gekommen sei. Der Zeuge ... habe den streitgegenständlichen Unfall unter Verletzung des Vorfahrtsrechts des Beklagten zu 1) verschuldet. Die Beklagten wenden sich weiter gegen die Schadenshöhe. Sie vertreten die Auffassung, der Kläger habe sich einen Restwert von 1.000,00 € anrechnen zu lassen, da ihm das Restwertangebot der Firma ... über 1.000,00 € bei Veräußerung des Pkw vorgelegen habe. Ein Nutzungsausfall steht dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil er einen Nutzungswillen nicht dargelegt habe. Die Unkostenpauschale sei lediglich mit 20,00 € in Ansatz zu bringen. Schadensersatz könne der Kläger nicht in Höhe der Reparaturkosten für den Zaun verlangen, weil der Kläger nicht dargetan habe, dem Eigentümer ... insoweit Schadensersatz geleistet zu haben.

12

Die Kammer hat Beweis erhoben gem. den Beschlüssen vom 03.03. und 21.06.2006 durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen ... sowie eines Ergänzungsgutachtens und durch Vernehmung der Zeugen ..., ..., ..., ... und ... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen ... vom 15.05.2006 und die Anhörung des Sachverständigen ... vom 08.09.2006 sowie auf die Vernehmungsniederschrift vom 03.03.2006 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist teilweise begründet.

14

Die Beklagten sind dem Kläger gesamtschuldnerisch zur Zahlung eines weiteren Schadensersatzes in Höhe von 547,97 € gem. §§ 7, 17 StVG, § 823 BGB, § 3 PflVersG verpflichtet. Im Übrigen war die Klage als unbegründet abzuweisen.

15

1. Der Beklagte zu 1) hat den Unfall vom 03.07.2005 unter Verstoß gegen §§ 1 Abs. 2, 3, 20 Abs. 1 und 4 StVO verschuldet. Der Beklagte zu 1) war gem. § 20 Abs. 4 StVO an dem an der Haltestelle haltenden Linienbus der ... mit Schrittgeschwindigkeit vorbeizufahren. Wenngleich § 20 StVO nicht den Schutz anderer Verkehrsteilnehmer, sondern den Schutz der Fahrgäste eines öffentlichen Verkehrsmittels bezweckt, ist jedoch in der von dem Beklagten zu 1) gefahrenen Geschwindigkeit, die nach der Einschätzung des Sachverständigen ... 45 – 50 km/h im Zeitpunkt der Kollision betragen hat, ein Verstoß gegen § 3 StVO zu sehen. Nach dieser Vorschrift darf ein Verkehrsteilnehmer nur mit einer der Verkehrssituation angepassten Geschwindigkeit fahren. Dass die Geschwindigkeit des Beklagten zu 1) für die konkrete Verkehrssituation überhöht war, ergibt sich daraus, dass dem Beklagten zu 1) infolge des haltenden Busses die Sicht auf die Kreuzung versperrt war. Ein Verstoß des Beklagten zu 1) gegen § 6 StVO ist nicht festzustellen, da beim Vorbeifahren an dem Bus kein Überholen im Sinne dieser Vorschrift vorgelegen hat. Auch das Vorbeifahren unter Benutzung der schraffierten Einzeichnung auf der Fahrbahn begründet keinen Verschuldensvorwurf, da auch dieser den Schutz anderer Verkehrsteilnehmer, jedenfalls nicht des vorfahrtsverpflichteten Verkehrs im Kreuzungsbereich bezweckt.

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2. Der Sohn des Klägers, der Zeuge ..., hat den Unfall unter Verstoß gegen § 8 StVO verschuldet. Der Zeuge ... war an der Kreuzung ... wartepflichtig und hatte folglich die Vorfahrt des bevorrechtigten Verkehrs auf der ..., die sich auf die gesamte Fahrbahn bezieht, zu beachten. Zwar hat der Zeuge ... den vom Kläger behaupteten Unfallhergang bestätigt und begründet, er habe vor der Kreuzung angehalten und nach rechts und links geschaut. Er habe den Bus bemerkt, jedoch keinen Querverkehr, so dass er sich langsam in die Kreuzung hinein getastet habe. Er habe sich etwa mittig auf der Kreuzung befunden, als es zum Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) gekommen sei. Er sei mit Schrittgeschwindigkeit in die Kreuzung gefahren. Diese Unfallversion steht im Gegensatz zu der Aussage der Zeugin ..., der Beifahrerin im Fahrzeug des Beklagten zu 1), die bekundet hat, der VW des Klägers sei von rechts auf die Kreuzung gefahren. Der Zeuge ..., der Busfahrer, der den Unfall beobachtet hat, konnte nicht sagen, ob der Fahrer des Fahrzeugs des Klägers im Kreuzungsbereich gehalten hat, da er ihn nur fahrend kurz vor dem Zusammenstoß bemerkt hat. Die Zeugin ... hat bekundet, das Fahrzeug des Klägers habe kurz vor der Kreuzung gehalten, sei aber dann wieder losgefahren. Daraus folgt, dass der Zeuge ... den Unfall durch eine Vorfahrtsverletzung verschuldet hat.

17

3. Die Abwägung der Verschuldensanteile gem. § 17 StVG führt zu einer Quotelung des Schadens von 60 % zu Lasten des Klägers und 40 % zu Lasten der Beklagten. Die Vorfahrtsverletzung des Sohnes des Klägers ist bezüglich des Verschuldensanteils stärker zu gewichten, als das dargestellte Verschulden des Beklagten zu 1). Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Darstellung des Zeugen ..., er sei mit Schrittgeschwindigkeit in die Kreuzung gefahren, deshalb nicht zutreffen kann, weil der Sachverständige ... die Kollisionsgeschwindigkeit des Fahrzeugs des Klägers mit 16 km/h ermittelt hat. Gerade im Hinblick auf den die Sicht für den Fahrer des klägerischen Fahrzeugs behindernden Bus, war von dem vorfahrtsverpflichteten Fahrer ... zu fordern, sich mit äußerster Sorgfalt in den Kreuzungsbereich hinein zu tasten. Wäre er lediglich bis zur Sichtlinie, bezogen auf den haltenden Bus, vorgefahren und hätte von dort aus beobachtet, ob sich von links vorfahrtsberechtigter Verkehr nähern würde, hätte er das Fahrzeug des Beklagten zu 1) sehen und entsprechend seiner Wartepflicht nachkommen können.

18

4. Der begründete Schaden des Klägers beträgt insgesamt 6.700,94 €.

19

a) der Wiederbeschaffungswert ist entsprechend dem ...-Gutachten mit 6.900,00 € in Ansatz zu bringen. Von diesem ist ein Restwert von 700,00 €, nämlich der Kaufpreis, den der Kläger für das Fahrzeug erzielt hat, in Abzug zu bringen, so dass der Wiederbeschaffungswert 6.200,00 € beträgt.

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Ein Restwert von 1.000,00 € entsprechend dem Restwertangebot der Firma ... vom 09.08.2005 kann nicht berücksichtigt werden, weil es am Beweisantritt der Beklagten dafür, dass dieses dem Kläger vor Veräußerung des Fahrzeugs zugegangen ist, fehlt.

21

b) Ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung steht dem Kläger deshalb nicht zu, weil er trotz des ausdrücklichen Bestreitens der Beklagten – letztmalig nach dem Hinweisbeschluss der Kammer vom 13.10.2006 – keinen Vortrag zum Nutzungswillen gehalten hat.

22

c) Des Weiteren sind unstreitig die Sachverständigenkosten im Betrag von 475,94 € in Ansatz zu bringen.

23

d) Die Reparaturkosten stehen dem Kläger als Schadensersatzanspruch deshalb nicht zu, weil er trotz des wiederholten ausdrücklichen Bestreitens der Beklagten nicht vorgetragen hat, dass er den geltend gemachten Schadensersatz an den Eigentümer gezahlt hat.

24

e) Des Weiteren ist die beim Landgericht Hildesheim übliche Unkostenpauschale von 25,00 € als Schadensposition einzusetzen.

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Von dem Gesamtschaden von 6.700,94 € schulden die Beklagten 40 %, das sind 2.680,38 €. Hiervon sind die gezahlten 2.132,41 € in Abzug zu bringen, so dass ein restlicher Schadensersatzanspruch des Klägers in Höhe von 547,97 € verbleibt.

26

5. Des Weiteren schulden die Beklagten die anteiligen außergerichtlichen Anwaltskosten, bezogen auf den begründeten Teil der Forderung in Höhe von gem. § 287 ZPO geschätzter 40,00 € gem. §§ 280, 286 BGB.

27

Der Zinsanspruch ist aus Verzug begründet gem. §§ 286, 288 BGB.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

29

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.