Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 18.03.2002, Az.: 1 B 65/01

Aufenthaltsdauer; Aufenthaltserlaubnis; Ausweisung; Ausweisungsermessen; Ausweisungsgrund; Autonomiegebiet; Begründungsmangel; Ehe; Flüchtling; Grundverfügung; Heirat; Jordanien; jordanischer Reisepass; Palästinenser; Regelversagungsgrund; Registrierung; Staatbürgerschaft; Verwurzelung; Vollzugsanordnung; Westbank

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
18.03.2002
Aktenzeichen
1 B 65/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 43714
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

I.

1

Der 1970 geborene Antragsteller zunächst ungeklärter Staatsangehörigkeit und palästinensischer Volkszugehörigkeit - nach eigenen Angaben aus Israel / Westbank stammend - beantragte nach seiner Einreise (ohne Papiere) am 15. November 1991 beim Antragsgegner und danach nochmals am 6. Januar 1992 im Rahmen einer Anhörung bei der ZAB Oldenburg seine Anerkennung als Asylbewerber. Der Antrag wurde nach der Anhörung vom 21. September 1994 durch Bescheid des Bundesamtes vom 24. November 1994 ab-gelehnt und seine Abschiebung nach Israel/Westbank angedroht. Die dagegen gerichtete Klage zog der Antragsteller durch seine Verzichtserklärung vom 9. April 1998 zurück, so dass das Klageverfahren mit unanfechtbarem Beschluss vom 10. Juni 1998 (1 A 614/95) eingestellt wurde.

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Am 23. Dezember 1999 erhielt der Antragsteller antragsgemäß eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.

3

Da er seine langjährige Lebensgefährtin, mit der er einen am 28.2.1999 geborenen Sohn A hat, gemäß Antrag beim Standesamt Neu-Wulmstorf heiraten wollte, beantragte er als Palästinenser der Westbank im Jahre 2000 die Ausstellung eines jordanischen Reisepasses, zumal seitens der Palästinensischen Generaldelegation in Bonn am 1. März 2000 klar gestellt worden war, dass nur Palästinenser der Autonomiegebiete palästinensische Reisedokumente erhalten könnten, zu denen der Antragsteller, da er aus der Westbank stamme, jedoch nicht zähle. Im Februar 2000 erklärte der Antragsteller, über Verwandte im Nahen Osten die Ausstellung eines jordanischen Reisepasses beantragt und auch erhalten zu haben. Mit Schreiben der deutschen Botschaft Amman vom 20. Dezember 2000 wurde gemäß einer Note des jordanischen Außenministeriums v. 14.12. 2000 auf § 9 des Jordan. Staatsangehörigkeitsgesetzes Nr. 6 v. 1954 hingewiesen, der laute „Kinder eines Jordaniers sind Jordanier, ohne Rücksicht auf ihren Geburtsort“. Die Generaldelegation Palästinas in Bonn stellte demgegenüber mit ihrem Schreiben vom 21. März 2001 fest, der Antragsteller sei durch seine Abstammung auch ohne Berücksichtigung seines Geburtsortes „Palästinenser“ , was zuvor schon mit einem Schreiben v. 1.3.2001 dahin erläutert worden war, dass der Antragsteller zugleich „mit großer Sicherheit nicht die jordanische Staatsbürgerschaft“ besitze (Bl 312 der VerwV.). Die UNRWA hatte im Februar 2000 mitgeteilt, der Antragsteller sei bei ihr als palästinensischer Flüchtling registriert (Nr. 12012131/161041). Mit Schreiben vom 26. März 2001 ergänzte die Generaldelegation Palästinas in Bonn nach Kenntnisnahme der jordanischen Dokumente ihre vorangehenden Feststellungen dahingehend, dass der Antragsteller palästinensischer Volksangehörigkeit sei, wegen des Besitzes eines jordanischen Reisepasses aber auch jordanischer „Staatsbürger“.

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Hierauf wurde der Antragsteller durch die Verfügung vom 16. Mai 2001 sofort vollziehbar aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen und ihm für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise die Abschiebung nach Jordanien angedroht. Zur Begründung wurde angeführt, der Antragsteller habe bis zur Vorlage des jordanischen Passes „falsche Angaben bezüglich seiner Person gemacht“, so zahllose mittelbare Falschbeurkundungen begangen und sich sämtliche Aufenthaltsrechte erschlichen. Auf diese Weise habe er derart gegen deutsches Recht verstoßen, dass seine Ausweisung gem. § 45 Abs. 1 AuslG gerechtfertigt sei. Zugleich wurde insoweit die sofortige Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet. Außerdem wurde gem. § 50 Abs. 1 AuslG eine Abschiebungsandrohung erlassen. Über den Widerspruch des Antragstellers gegen diese Verfügung ist - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden.

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Der am 31. Mai 2001 bei der Kammer beantragte vorläufige Rechtsschutz wurde dem Antragsteller gewährt (Beschl. v. 27. Juni 2001 - 1 B 29/01 -). Auf den Antrag des Antragsgegners wurde die Beschwerde dagegen mit Beschluss des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 21. August 2001 (11 MA 2459/01) zugelassen und sodann der gen. Beschluss der Kammer mit Beschluss des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 10. September 2001 aufgehoben, so dass die Vollzugsanordnung des Antragsgegners gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO unanfechtbar bestätigt ist. Über die insoweit vom Antragsteller beim Bundesverfassungsgericht eingereichte Verfassungsbeschwerde vom 10. Oktober 2001 (Bl. 50 ff. der GA) ist noch nicht entschieden

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Am 4. September 2001 stellte der Antragsteller beim Antragsgegner einen Antrag auf „sofortige Befristung der Ausweisungsverfügung“ vom 16. Mai 2001 und einen solchen auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Beide Anträge wurden durch den Bescheid des Antragsgegners vom 24. September 2001 abgelehnt. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass bis zum 19. Oktober 2001 nicht mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu rechnen sei, aber für den Fall, dass der Antragsteller sich danach noch im Bundesgebiet aufhalte, „ohne weitere Ankündigung aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen ihn eingeleitet“ würden.

7

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

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Der auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gerichtete Antrag hat Erfolg.

9

Seinem Rechtsschutzziel nach ist der nunmehr gestellte Antrag dahin auszulegen, dass einerseits im Hinblick auf den gen. Hinweis, nach dem 19. Oktober 2001 würden aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet, und zugleich auch hinsichtlich der Vollziehbarkeit der Ausweisungsverfügung vom 16. Mai 2001 Rechtsschutz begehrt wird, andererseits aber auch gegenüber der Versagung einer Aufenthaltserlaubnis sowie der einer Befristung (Bescheid v. 24.9.01). Der Sache nach handelt es sich damit um zwei Rechtsschutzanträge.

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1. Gemäß § 80 Abs. 7 VwGO werden die bisherigen Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO von Amts wegen geändert: Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Ausweisungsverfügung vom 16. Mai 2001 wird wiederhergestellt.

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Wenngleich für diese Abänderung keine besonderen formellen oder materiellen Voraussetzungen vorliegen müssen (Kopp/Schenke, VwGO-Kommentar, 12. Auflage 2000, § 80 Rdn. 217 m.w.N.), so bedarf es doch einer rechtfertigenden Veränderung der Sach- oder Rechtslage bzw. einer Korrekturbedürftigkeit der maßgeblichen Interessenabwägung (VGH Kassel, DVBl. 1996, 1320 m.w.N.). Derartige Veränderungen liegen hier vor.

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1.1. Nach seinem Vortrag hat der Antragsteller am 19. Juni 2001 eine deutsche Staatsangehörige geheiratet , was durch die Heiratsurkunde Nr. 11519/301 v. 20.6.01 glaubhaft gemacht ist (Bl. 31 d. GA). Dieser Umstand konnte im vorangehenden Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO bislang keine Berücksichtigung finden und ist vom Antragsgegner in seinem Bescheid vom 24.9.2001 nicht gewürdigt worden. Er dürfte auf dem Hintergrund des Art. 6 GG sowie des Art. 8 EMRK ein sehr bedeutsamer Anlass für eine erneute Prüfung der Sach- und Rechtslage unter dem Gesichtspunkt der Vollziehbarkeit des Bescheides vom 16. Mai 2001 sein. Denn der Schutz von Ehe und Familie ist im Rahmen der Ermessenserwägungen stets sorgfältig zu prüfen, zumal der Gesetzgeber mit den Familiennachzugsregelungen (§ 17 AuslG) auch einfachrechtlich zu erkennen gegeben hat, dass Art. 6 GG einen hohen Stellenwert genießt. „Besonderen Schutz genießen Ausländer, die mit Deutschen verheiratet sind oder denen die Sorge über ein Kind mit deutschen Staatsangehörigen zusteht“ (so ausdrücklich Renner, Ausländerrecht, 7. Auflage 2000, § 45 Rdn. 18; vgl. dazu auch BVerwGE 81, 155). Nach der Aufenthaltsbescheinigung der Samtgemeinde S v. 8.10.2001 (Bl. 38 d. GA) besitzt die Ehefrau des Antragstellers die deutsche Staatsangehörigkeit, so dass der Antragsteller - auch und gerade aus generalpräventiven Gründen - nur noch aus ganz besonders schwer wiegenden Gründen ausgewiesen werden dürfte (BVerfGE 51, 386 [BVerfG 18.07.1979 - 1 BvR 650/77]). Dieser Ausweisungsschutz zugunsten des Antragstellers wird noch verstärkt, wenn aus der Ehe - so wie hier - ein Kind hervorgegangen ist (Renner, aaO., Rdn. 19).

13

Die auf § 45 AuslG gestützte (Ermessens-) Ausweisung des Antragstellers dürfte sich unter diesen neuen Umständen bei summarischer Prüfung als nicht haltbar darstellen.

14

Da in § 46 AuslG bereits Beispiele für eine (konkrete) Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aufgezählt sind, kann dann, wenn diese Beispielsfälle nicht erfüllt sind, keineswegs mehr so ohne weiteres auf den Grundtatbestand des § 45 Abs. 1 AuslG zurückgegriffen werden. Zwar mag eine geringfügige und dem Antragsteller vorwerfbare Straftat als Verletzung der öffentlichen Sicherheit gewertet werden, aber eine solche Tat kann nicht - abweichend von § 46 Nr. 2 AuslG und damit abweichend von den dort verfolgten Gesetzeszielen - noch als Ausweisungstatbestand iSv § 45 Abs. 1 AuslG herangezogen werden. Das würde die in § 46 AuslG selbst zum Ausdruck gelangten gesetzgeberischen Wertungen (mit Festlegung einer „Erheblichkeitsschwelle“) unterlaufen, denen zufolge im Hinblick auf den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geringfügige Verstöße eben gerade nicht für eine Ausweisung ausreichen sollen und diesbezüglich eine teleologische Reduktion geboten sein soll (Kanein/Renner, aaO., Rdn. 11 u. 12 zu § 46). Ein Straftäter z.B. darf nur und erst dann ausgewiesen werden, wenn eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, NJW 1978, 479; BVerwGE, 57, 61). Beim Fehlen eines Verschuldens kann selbst ein gravierender Verstoß im Rahmen des § 46 Nr. 2 AuslG insgesamt als geringfügig bewertet und als Ausweisungsgrund ausgeschieden werden (Kanein/ Renner, aaO. Rdn. 11). Hier ist dem Antragsteller von den zuständigen Strafverfolgungsbehörden bisher keine Straftat vorgeworfen oder ein entsprechender Anfangsverdacht geäußert worden, so dass ihm - abgesehen von der „Erheblichkeitsschwelle“ (s.o.) - im Rahmen des § 45 AuslG auch noch nicht einmal eine „Tat“ vorgehalten werden kann.

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Die somit gebotene Reduzierung des Ausweisungsermessens in § 45 AuslG durch die gesetzgeberischen Wertungen (vgl. dazu schon Beschl. der Kammer v. 27.6.2001, S. 6) wird nun durch die neu eingetretenen Umstände - die Heirat des Antragstellers - und die hieraus folgende Neubewertung des Ausweisungsermessens noch nachhaltig unterstrichen: Schließlich sind gemäß § 45 Abs. 2 AuslG die Aufenthaltsdauer und schutzwürdige Bindungen des Ausländers im Bundesgebiet zu berücksichtigen sowie neben Duldungsgründen die Ausweisungsfolgen in eine Ermessensbetätigung einzubinden und sachgerecht abzuwägen. Bei der Ermessensbetätigung sind nunmehr also nicht mehr nur die persönlichen Beziehungen des Antragstellers zu seinem im Bundesgebiet lebenden (leiblichen) Sohn A angemessen einzubeziehen (vgl. OVG-Beschl. v. 21.8.01, S. 3 d.Abdr.), sondern auch die unter dem Schutz des Staates stehende Ehe des Antragstellers mit einer deutschen Staatsangehörigen (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK). Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die Ehe vor dem Sharia-Gericht zu Al Rweished in Jordanien nach islamischem Ritus geschlossen worden ist (so ausdrücklich auch Nds.OVG, Beschl. v. 17.5.2001 - 4 MA 911/01 - ). Zudem ist die sonstige Verwurzelung des Antragstellers in die hiesigen Lebensverhältnisse zu würdigen. Eine von der Gewichtung und Wertung her alle einschlägigen Gesichtspunkte abwägende Gesamtwürdigung dürfte hier zu Gunsten des Antragstellers ausgehen. Denn ein Ausländer, der mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet ist und im Bundesgebiet die Ehe führt, darf und kann nur bei sehr schwerwiegenden Ausweisungsgründen noch ausgewiesen werden, wobei generalpräventive Gründe - auch bei Vorliegen bestimmter Fallgruppen (Beschl. der Kammer v. 27.6.01, S. 8 m.w.N.) - nur noch in ganz besonderen Ausnahmefällen einbezogen werden können (BVerfGE 51, 386 [BVerfG 18.07.1979 - 1 BvR 650/77]; Renner, Ausländerrecht, 7. Aufl., § 45 Rdn. 19 m.w.N.).

16

1.2. Im Übrigen ist hier nach wie vor zweifelhaft, ob eine Vollzugsanordnung gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO mit generalpräventiven Erwägungen der Grundverfügung iSv § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO begründet werden kann, so wie das ja auch vom Nds. Oberverwaltungsgericht zu Recht in Zweifel gezogen worden ist (S. 2 Abs. 3 d. Beschl. v. 21.8.01). Da ein nur „schriftsätzliches Nachholen der Begründung im Aussetzungsverfahren“ zur Heilung eines Begründungsmangels im allgemeinen gerade nicht ausreicht (Finkelnburg/Jank, NJW-Schr. Bd. 12, 4. Aufl. 1998, Rdn. 760 und 761; Kopp/Schenke, VwGO, 12. Auflage, § 80 Rdn. 87 Fußn. 153), lässt sich nicht ohne weiteres nachvollziehen, weshalb dagegen „mit Blick auf § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nichts zu erinnern“ sein soll (so aber Nds.OVG, Beschl. v. 21.8. 2001, S. 2 Abs. 3 a.E.). Schließlich stellt das eine Vollzugsanordnung tragende Interesse iSv. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ein „aliud“ gegenüber dem der Grundverfügung dar und ist deshalb stets gem. § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO besonders zu begründen (Finkelnburg/Jank, NJW-Schriften 12, 4. Auflage 1998, Rdn. 755 m.w.N.). Der Verweis auf die tragenden Gründe der Grundverfügung oder deren bloße Wiederholung reicht regelmäßig gerade nicht als Begründung iSv § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO aus (OVGE 17, 45; VGH Kassel, DÖV 1974, 606 [VGH Hessen 25.10.1973 - VII TH 72/73]; VG Arnsberg, GewArch 1979, 260). Diese ist vielmehr gesondert zu geben und hat über jene der Grundverfügung tragend hinauszureichen. Auch der damit nach wie vor zu konstatierende Begründungsmangel lässt es iSv § 80 Abs. 7 VwGO nötig erscheinen, die aufschiebende Wirkung gegen die Ausweisungsverfügung wiederherzustellen und aufenthaltsbeendende Maßnahmen zunächst einmal zu unterbinden.

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2. Bei dieser Lage der Dinge ist der Antragsgegner gem. § 123 VwGO zu verpflichten, den Antragsteller vorläufig nicht abzuschieben. Denn zur Regelung des vorläufigen Zustandes bezüglich des gesamten streitigen Rechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten ist es iSv § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO „nötig“, die vom Antragsgegner angekündigten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zunächst einmal zu unterbinden und diesen zugleich auch zu verpflichten, den Antragsteller vorläufig zu dulden.

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Das ist schon mit Blick auf den dargestellten Schutz von Ehe und Familie geboten (s.o.). Der vom Antragsgegner angeführte § 8 Abs. 2 AuslG kommt hier solange nicht in Betracht, wie es an der Vollziehbarkeit der Ausweisungsverfügung fehlt (OVG Schleswig-Holstein, InfAuslR 1993, 128 [OVG Schleswig-Holstein 09.02.1993 - 4 M 146/92]; GK-AuslR, § 8 AuslG Rn. 9 ff), die zudem bislang nicht umgesetzt worden ist: Der Antragsteller ist bisher noch nicht ausgewiesen „worden“ (§ 8 Abs. 2 S. 1 Hs 1 AuslG). Falls insoweit jedoch schon die bloße Existenz der Ausweisungsverfügung mit ihrer sog. inneren Wirksamkeit ausreichen sollte (vgl. Hailbronner, § 8 AuslG Rn 35 f.), so wäre angesichts des Gebotes eines effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG und bei Würdigung des obigen Sachverhalts (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK) nicht auszuschließen, dass eine Aufenthaltsgenehmigung mit Rücksicht auf die Heirat des Antragstellers zu erteilen wäre (weil die Ausweisung gerade aus diesem Grunde voraussichtlich keinen Bestand haben wird). Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist diese Gesamtsituation mit einerseits der Ausweisungsverfügung vom 16. Mai 2001 und andererseits der Versagung einer Aufenthaltsgenehmigung (Bescheid vom 24. September 2001) zu berücksichtigen (GK-AuslR, § 72 AuslG Rn 14; VGH BW, EZAR 622 Nr. 13).

19

Der Regelversagungsgrund des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG aber ist hier derzeit nicht mehr gegeben, da es an einem Ausweisungsgrund fehlt, solange durch teleologische Reduktion die Ermessensausweisung des § 45 AuslG nicht einmal als Tatbestand erfüllt ist (s.o.). Aufgrund des Schutzes von Ehe und Familie (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK) und des väterlichen Sorgerechts (Nds.OVG, Beschl. v. 21.8.01, S. 3) liegt ein Sachverhalt vor, der es geboten erscheinen läßt, den Antragsteller vorläufig zu dulden.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.