Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 20.03.2002, Az.: 1 A 80/00
Beförderung; Beurteilung; Beurteilungssplitting; Beurteilungszeitraum; Gesamtnote; Gesamturteil; Leistungsgrundsatz; pauschale Notenabsenkung; Plausibilisierungslast
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 20.03.2002
- Aktenzeichen
- 1 A 80/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43702
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 68 VwGO
- § 40 BLV
- Art 33 Abs 2 GG
- Art 33 Abs 3 GG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Die als zwingend zu verstehende Vorgabe, nach einer Beförderung sei das Gesamturteil einer Beurteilung stets um 3 Pkt. abzusenken, verstößt gegen den Leistungsgrundsatz.
2. Es stellt einen Plausibilisierungsmangel dar, wenn positive Leistungen des Beamten, die über 1/3 des gesamten Beurteilungszeitraums gezeigt worden sind, bei der Bildung der Gesamtnote unberücksichtigt bleiben.
Tatbestand:
Der Kläger ist Polizeihauptmeister im BGS und als Fahrlehrer in der Bundesgrenzschutzabteilung (BGSA) A. tätig.
Er erhielt zum 1. Mai 1998 - noch im Statusamt eines Polizeiobermeisters an seinem damaligen Dienstort A.. - eine Regelbeurteilung, in der ihm die zu jener Zeit bestmögliche Note (Wertungsstufe „9“ - „übertrifft die Anforderungen in besonderem Maße“) erteilt wurde. Am 1. September 1998 wurde er wegen Auflösung der GSA Nord 3 in A.. nach B. versetzt. Hier wurde er am 24. September 1998 vom Polizeiobermeister zum Polizeihauptmeister befördert. Zum 1. Mai 1999 erhielt er sodann einen Aktuellen Leistungsnachweis, der jedoch insgesamt mit der Gesamtnote „6“ - „entspricht den Anforderungen“ - endete. Unter Allg. Bemerkungen des Nachweises heißt es:
„Der Beamte wurde am 24.09.1998 zum PHM ernannt. Eine Absenkung der Gesamtnote ist angesichts der Einreihung in die neue Vergleichsgruppe angezeigt.“
Der Kläger beantragte hierauf die Abänderung dieses Leistungsnachweises, was mit Bescheid der BGSA A. vom 15. Oktober 1999 zurückgewiesen wurde. Zur Begründung wurde u.a. darauf verwiesen, dass die Beurteilung ein „Akt wertender Erkenntnis“ sei, der von Außenstehenden im einzelnen nicht nachvollzogen werden könne. Der Überprüfung zugängliche Mängel - Verkennung der Begriffe oder des gesetzlichen Rahmens, Ausgehen von einem unrichtigen Sachverhalt, Mißachtung allgemeingültiger Wertmaßstäbe, Anstellen sachfremder Erwägungen oder Verstoß gegen Verfahrensvorschriften - lägen nicht vor.
Der dagegen gerichtete Widerspruch, in dem der Kläger auf den positiven, die vorangehende Regelbeurteilung noch bestätigenden Beurteilungsbeitrag für die Zeit vom 2.5.1998 bis 31.8.1998 hinwies, die Absenkung um mehrere volle Noten nach einer Beförderung rügte und die bessere Gewichtung verschiedener Einzelnoten betonte, war erfolglos, wobei hinsichtlich der Begründung auf den Widerspruchsbescheid des GSP Nord v. 3. Februar 2000 Bezug genommen wird.
Mit seiner am 10. März 2000 erhobenen Klage trägt der Kläger vor, es sei rechtswidrig, ihn nur wegen seiner Beförderung vom 24. September 1998 um 3 Notenpunkte und damit um zwei Vollnoten schlechter zu beurteilen als im vorangegangenen Beurteilungszeitraum, was offensichtlich nur auf eine Vereinbarung in der Dienstbesprechung v. 25.3. 1999 zurückgehe, die entgegen der Auffassung der Beklagten nach ihrem Wortlaut zwingenden Charakter habe. Solche pauschale Absenkung lasse seine individuellen Leistungen außer Betracht. Er werde durch die Absenkung deshalb besonders getroffen, weil er um 2 Vollnoten abgesenkt werde, während andere (mit Vornoten von 7 oder 8 Pkt.) nur um eine Vollnote abgesenkt würden. Im Übrigen werde diese Absenkung nur beim GSP Nord praktiziert, nicht aber auch bei anderen Grenzschutzpräsidien. So werde er in der Konkurrenz zu Bewerbern anderer Präsidien weit zurückgeworfen. Die Beurteilung bedeute für ihn das Ende aller Beförderungsmöglichkeiten. Im Rahmen der BGS-Reform sei es bisher auch so gehandhabt worden, dass ein POM mit 9 Pkt bei gleichen Leistungen einem PHM mit 8 Pkt gleichgestellt worden sei. Wäre er nicht befördert worden, so hätte er daher als POM mit 9 Pkt. ohne Probleme höherwertige Dienstposten erhalten können, was ihm jetzt jedoch mit nur 6 Pkt. verschlossen werde. Der Nachweis sei zudem nicht in sich schlüssig: Bei einem Schnitt von 6,5 Pkt. tendiere er zu 7 Pkt., weil die gewichteten Merkmale überwiegend mit 7 oder 8 Pkt. benotet worden seien. Gemessen am Beurteilungsschnitt sei ihm eine unterdurchschnittliche Leistung bescheinigt worden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides der BGSA A. vom 15.10.1999 sowie des Widerspruchsbescheides des GSP Nord vom 3.2.2000 zu verurteilen, den Kläger zum Stichtag 1. Mai 1999 für den Zeitraum vom 1.5.1998 bis 30.4.1999 nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu beurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide und meint, gerichtlich nachprüfbare Mängel der richtliniengetreu erstellten Beurteilung lägen nicht vor. Zudem sei es nach einer Beförderung - gemäß einer „Übereinkunft“ zwischen Amtsleiter und Abteilungsführer für den Geschäftsbereich des GSP Nord, die nur empfehlendem Charakter habe - eben so, dass im Regelfall eine Absenkung um 3 Pkt. vorzunehmen sei, u.zw. zwecks Wahrung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs. Die entsprechend dieser Empfehlung auch beim Kläger vorgenommene Absenkung belege einen nur gleichbleibenden Leistungsstand des Klägers ohne Leistungssteigerungen. Nach dem Willen des Dienstherrn könne in einem solchen Fall eine Note nach einer Beförderung nicht besser ausfallen, u.zw. auch nicht angesichts des vom Kläger erreichten Durchschnitts von 6,5 Pkt.. Wenn in anderen GSP keine Absenkung um 3 Pkt. vorgenommen werde, so sei das für den Geschäftsbereich des GSP Nord als eigenständiger Mittelbehörde nicht bindend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide, die eine Abänderung des Aktuellen Leistungsnachweises ablehnen, in seinen Rechten verletzt, § 113 VwGO. Er hat Anspruch auf die beantragte Neubescheidung.
1. Die Rechtsqualität des Aktuellen Leistungsnachweises - ob Beurteilung oder nur formlose Zwischenfeststellung - ist so zu bewerten, dass es sich um eine Art Bedarfsbeurteilung und damit vollgültige Beurteilung zu einem Stichtag (hier 1.5.1999) handelt, die aus Anlass von und für Rangfolgelisten erstellt wird. Insoweit sei hier auf das Urteil der Kammer vom 18.1.2001 - 1 A 13/00 - verwiesen. An den dortigen Ausführungen hält die Kammer fest.
2. Die Kontrolldichte der Verwaltungsgerichte ist mit Blick auf die dem Dienstherrn zustehende Beurteilungsermächtigung (Kellner, DÖV 1969, 309) eingeschränkt, wie das in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt ist (vgl. u.a. BVerwG, ZBR 1981, 197 u. 315 [BVerwG 02.04.1981 - BVerwG 2 C 13.80]). Allerdings können die Verwaltungsgerichte neben Verfahrensverstößen das Einhalten gesetzlicher Vorgaben, die Vollständigkeit der Beurteilungsgrundlagen, das Beachten allgemeingültiger Wertmaßstäbe und den Einfluss sachfremder Erwägungen kontrollieren (Schnellenbach, NJW-Schriften 40, 4. Aufl. 1998, Rdn. 480 ff. m.w.N.). Hier ist die Beurteilung in verwaltungsgerichtlich zugänglichen Kontrollbereichen aus mehreren Gründen zu beanstanden.
3. Zunächst einmal stellt sich der hier angegriffene Bescheid der Beklagten in der Fassung, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, schon deshalb als rechtswidrig dar, weil zu Unrecht - analog dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren (s.o. 2) - nur eine bloße Rechtmäßigkeitskontrolle durchgeführt worden ist. So heißt es auf S. 3 des Widerspruchsbescheides, u.zw. ebenso wie schon im Ausgangsbescheid, der Beurteilungsvorgang sei ein „Vorgang wertender Erkenntnis“, der durch Dritte „nur insoweit überprüfbar“ sei, als bestimmte Mängel feststellbar seien, wobei die gerichtlich ohne weiteres zugänglichen Prüfbereiche skizziert worden sind. Damit hat die Beklagte nicht mehr in Wahrnehmung der auch ihr - nicht nur den Beurteilern - jedenfalls in einem Widerspruchs-verfahren gem. §§ 68 f. VwGO zustehenden Nachprüfungsbefugnis die Beurteilung noch einmal eigenständig geprüft und wertend vollzogen, so wie das an sich ihre Aufgabe gewesen wäre. Im Widerspruchsverfahren ist die Beklagte nämlich nicht - wie die Gerichte - auf eine bloße Rechtskontrolle beschränkt (BVerwG, NVwZ 2000, 329 / 330; BverwGE 57, 130 f / 145; BVerwG Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 14; BVerwG, Buchholz 310 § 79 VwGO Nr. 22).
4. Im Übrigen hat hier verfahrensmäßig keine ordnungsgemäße Bekanntgabe und Besprechung der Beurteilung - eine Erörterung - stattgefunden (§ 40 Abs. 1 BLV): Die Beurteilung ist dem Kläger lediglich am 30. August 1999 ausgehändigt worden (Bl. 3 Verwaltungsvorgänge). Eine Beurteilungsbesprechung und Erörterung, die voraussetzt, dass die „fertige Beurteilung dem Beamten zuvor bekannt gegeben worden ist“ (Schnellenbach, aaO, Rdn. 443) und dass zwischen Bekanntgabe und Besprechung eine Frist von mindestens zwei Tagen liegt (Schnellenbach, aaO, Rdn. 442; Schaefer, ZBR 1983, 173 / 177), hat hier nicht stattgefunden.
5. In der Sache hat die Klage vor allem jedoch deshalb Erfolg, weil die pauschale Absenkung einer Beurteilung um „drei Noten“ nach einer Beförderung, so wie das von der Beklagten aufgrund einer Dienstbesprechung vom 25. März 1999 in Bad Bramstedt (nur) für den Bereich des GSP Nord bindend vereinbart worden und seitdem ganz offensichtlich auch Praxis ist, unverhältnismäßig und damit rechtswidrig ist.
An der Bindungswirkung dieser Vereinbarung, die schon durch den Teilnehmerkreis (Präsident GSP Nord, AL 1, AL 2, StBL 4 sowie alle Amtsleiter, Abteilungsführer, Leiter AFZ und Staffelführer BGS Fliegerstaffel) indiziert wird, hat die Kammer keinerlei Zweifel, zumal der Wortlaut, dass nämlich „ein Beamter nach Beförderung um drei Noten abgesenkt werden muß“, zusammen mit den hier bedeutsamen Klammerbeispielen - „letzte Note 9 / neue Note 6“ - völlig eindeutig ist. Auch der Zusatz, dass „Ausnahmen in Einzelfällen“ möglich seien, unterstreicht nur die generell gewollte Bindung der Absenkungsregel.
Diese jeden Beurteiler im Bereich des GSP Nord bindende Absenkungsregel für Beurteilungen nach Beförderungen ist zunächst einmal schon wegen ihrer Pauschalität und ihrer generellen Verbindlichkeit rechtswidrig, weil sie gegen das Gebot individueller Leistungsbeurteilungen iSd Leistungsgrundsatzes verstößt (Art. 33 Abs. 2 GG). Darüber hinaus beschneidet sie den Wertungs- und Beurteilungsspielraum des einzelnen Beurteilers generalisierend, so dass dieser nicht mehr in der Lage ist, in einem nur ihm zugewiesenen „Akt wertender Erkenntnis“ eine aus seiner Sicht und Wertung für den zu beurteilenden Beamten tatsächlich sachgerechte Beurteilung anzufertigen. Dabei fällt auch ins Gewicht, dass die Absenkung nach den Klammerbeispielen regelmäßig um 3 Notenpunkte, nicht aber um z.B. zwei oder nur einen Punkt, zu erfolgen hat, was sachlich nicht mehr zu rechtfertigen ist und auch nicht einleuchtet.
Abgesehen davon, dass die Absenkungsregel nur im Bereich des GSP Nord aufgestellt worden ist, was bei Bewerbungskonkurrenzen mit Beamten aus anderen Grenzschutzpräsidien zu verzerrenden Nachteilen (Verstoß gegen Art. 3 und 33 Abs. 2 GG) führen kann, ist diese Regel vor allem deshalb unverhältnismäßig, weil die Absenkung der Note von 9 auf 6 Punkte derart gravierende Auswirkungen in der beim Beklagten geführten Rangliste hat, dass dem davon betroffenen Kläger für die Zukunft realistischerweise offenbar jede weitere Beförderungschance genommen wird. Das geht darauf zurück, dass ein großer Teil - ja die „Masse“ der beurteilten Beamten - mit der Note 6 beurteilt wird. In der Sache hat das zur Folge, dass im Rahmen der nächsten Beförderungsrunde zunächst einmal andere Beamte „anstehen“ und nicht mehr der gerade Beförderte, dieser also aus dem Kreis förderungswürdiger Beamter ausscheidet - obwohl er möglicherweise ein überaus leistungsstarker Beamter ist, der nun nicht wegen Leistungsmängeln, sondern ausschließlich wegen des bloßen Faktums der gerade erfolgten Beförderung aus dem gen. Kreis ausscheidet. Das steht mit dem verfassungsrechtlich verankerten Leistungsprinzip aus Art. 33 Abs. 3 GG nicht im Einklang und ist daher rechtswidrig.
6. Daneben beruht der Erfolg der Klage darauf, dass der Kläger während des Beurteilungszeitraums - am 24. Sept. 1998 - befördert worden ist, dieser Tatsache jedoch bei Abfassung der Beurteilung zum 1. Mai 1999 nicht differenzierend Rechnung getragen worden ist. Das Nds. Oberverwaltungsgericht (Urt. v. 31.8.2000 - 5 L 4396/99 - , NdsRpfl. 2001, 423) hat zu einer derartigen Fallkonstellation ausgeführt:
„Da - auch nach Auffassung des BverwG - die Leistung stets am Maßstab des innegehabten Statusamtes zu messen ist, ergeben sich bei einer in den Beurteilungszeitraum fallenden Beförderung zwei unterschiedliche Maßstäbe, was logischerweise zu einer Unterteilung des Beurteilungszeitraumes in die Zeit vor und diejenige nach der Beförderung führt (sog. Beurteilungssplitting). Die Beurteilung der in der Zeit vor der Beförderung erbrachten Leistung am Maßstab des am Beurteilungsstichtag vorhandenen höheren Statusamtes widerspricht dem oben wiedergegebenen Grundsatz der Beurteilung am Maßstab des zur Zeit der Erbringung der Leistung bekleideten Statusamtes.“
Der hier streitigen Beurteilung ist nicht zu entnehmen, dass ein sog. Beurteilungssplitting vorgenommen worden ist. Vielmehr heißt es im Bescheid vom 15. Oktober 1999 ausdrücklich, der Kläger habe in seiner Wertung „völlig außer Acht gelassen“, dass er am 24.09.1998 zum Polizeihauptmeister im BGS ernannt worden sei: „Ihre Leistungen sind aufgrund Ihrer Beförderung nun mit denen der anderen Amtsinhaber in der neuen Vergleichsgruppe der Polizeihauptmeister im BGS zu bewerten“. Außerdem heißt es in diesem Bescheid: „Ein Beamter muß sich nach Beförderung erst wieder bewähren“. Hieraus wird deutlich, dass für den Aktuellen Leistungsnachweis vom 1. Mai 1999 ausschließlich der Maßstab für Polizeihauptmeister im BGS, damit also jener des höheren Statusamtes angelegt worden ist. Das ist aber fehlerhaft.
Der Beklagte hätte zwischen dem Zeitraum noch vor der Beförderung und jenem nach der Beförderung unterscheiden und differenzierend verschiedene Maßstäbe - gesplittet - anlegen müssen, nicht jedoch einheitlich nach dem Maßstab des höheren Amtes (nach der Beförderung) beurteilen dürfen (ebenso Urt. d. Kammer v. 20.3.2002 - 1 A 164/00 -).
7. Im Übrigen ist angesichts der Einlassungen der Beklagten (Schr. v. 5.4.2000, S. 5 / Bl. 20 GA), nach der Versetzung des Klägers nach A. hätten sich die maßgeblichen Leistungsmerkmale geändert (vgl. auch den Vermerk dazu Bl 12 VerwV) und ein Leistungsvergleich des Klägers mit den anderen Beamten unter diesem Blickwinkel habe zu der Note 6 geführt, nicht klar, ob die beiden zuständigen Beurteiler, die am 30.8.1999 diesen „Leistungsvergleich“ retrospektiv für den 1.5.1999 vorgenommen haben, dabei auch noch den Zeitraum vom Mai 1998 bis September 1998, als der Kläger noch in A. war, überhaupt einbezogen, mitberücksichtigt und gewürdigt haben. Eigene Kenntnisse konnten sie hinsichtlich der Tätigkeit des Klägers in B.. nicht haben. Aus den Vorgängen ist nicht erkennbar, dass insoweit Hilfspersonen aus B.. herangezogen worden wären. Der insoweit einschlägige Beurteilungsbeitrag für die Zeit 2.5.-31.8.1998, der an die vorangehende Regelbeurteilung von 9 Pkt. anknüpft, hat jedoch ganz offensichtlich keinen Niederschlag gefunden.
Die Nichtverwertung eines mit ca. 1/3 zu Buche schlagenden Zeitraums von 4 ½ Monaten indes stellt einen erheblichen Mangel der Beurteilung dar, weil zwingend eine Gesamtwürdigung aller Leistungen des betroffenen Beamten zu erfolgen hat (BVerwG, NVwZ-RR 1999, 455), vor allem hinsichtlich solcher Zeiträume, in denen der Beamte noch einer anderen Verwaltungseinheit mit anderen Beurteilern - hier der GSA Nord 3 in A. - unterstellt war. Deren Einschätzung kann in einer Beurteilung, die sich ausdrücklich über 12 Monate erstreckt, nicht übergangen werden. Insoweit hätte differenziert werden und dieser Zeitraum einbezogen werden müssen (s.o. 6).
8. Erfolg hat die Klage angesichts solcher Umstände auch deshalb, weil das Gesamturteil von lediglich 6 Pkt. weder für den Gesamtzeitraum 1.5.98 bis 30.4.1999 noch für den Teilzeitraum ab der Beförderung des Klägers (24.9.1998 bis 1.5.1999) angesichts der vorliegenden Besonderheiten in irgend einer Weise plausibel ist.
Die Beklagte ist damit im vorliegenden Fall nicht ihrer dienstherrlichen Plausibilisierungslast gerecht geworden ist (OVG Saarlouis, DÖD 2000, 65 mwN.). Das hier zur Rede stehende Gesamt-(Wert-)-Urteil mit der Notenstufe 6 ist von der Beklagten für den gesamten Beurteilungszeitraum 1.5.98 bis 30.4.99 nicht in der rechtlich gebotenen Weise verifiziert und nachvollziehbar gemacht worden (vgl. BVerwGE 60, 245 / 249 f.; OVG NW, ZBR 1975, 90/91; Bieler, Die dienstliche Beurteilung, 3. Aufl. 2000, Rdn. 91). Denn aus einer Summe von Einzel- bzw. Teilbewertungen und -beobachtungen ist grundsätzlich ein adäquates, rational nachvollziehbares Gesamturteil zu bilden, das mit der Darstellung der Gesamtpersönlichkeit harmonisch in Einklang zu bringen ist. Es darf auf keinen Fall eine nur „formelhafte Behauptung“ bleiben (BVerwG, aaO, S. 251), die mit „allgemeinen Ausführungen“ (BVerwG, aaO., S. 253) belegt wird. Für die Vergabe der Wertungsstufe 6 - entspricht den Anforderungen - hätten sich also die Leistungen des Klägers während des gesamten, von der Beklagten hier beurteilten Zeitraums Mai 1998 bis April 1999 insgesamt nachvollziehbar und in sich widerspruchsfrei als solche darstellen müssen, die nur noch dem Durchschnitt zuzuordnen sind. Das ist jedoch nicht der Fall. Auch für den Teilzeitraum vom 24.9.1998 bis zum 1.5.1999 ist eine Note 6 unter den hier gegebenen Umständen nicht nachvollziehbar und plausibel.
Soweit in diesem Zusammenhang auf die dafür gegebene Begründung abzustellen ist, nach einer Beförderung sei gemäß der genannten „Übereinkunft“ (s.o.) eine pauschale Absenkung um 3 Pkt. gerechtfertigt, liegt es auf der Hand, dass sich eine solche generelle Absenkung dann nicht mehr ohne nähere Begründung halten lässt, wenn (1.) ein erheblicher Teil des Beurteilungszeitraums (4 Monate) noch vor der Beförderung liegt und hierfür die Notenstufe 9 Pkt. vergeben worden war, (2.) die tätig gewordenen Beurteiler diesen Zeitraum von 4 Monaten nicht aus eigener Kenntnis einschätzen und beurteilen können und (3.) sich im Quervergleich „mit anderen Amtsinhabern in der neuen Vergleichsgruppe der Polizeihauptmeister im BGS“ - trotz offenkundiger Ausblendung dieser 4 Monate - immer noch ein Notendurchschnitt von 6,5 Pkt. und ein solcher von 7,0 bei den gewichteten Leistungsmerkmalen, ja sogar von 9 Pkt. bei den gewichteten „Fachkenntnissen“ ergibt. Dabei mag noch außer Betracht bleiben, dass die „Organisatorischen Fähigkeiten“ in der Befähigungsbeurteilung mit „A“ - besonders stark ausgeprägt - beschrieben, in der Leistungsbewertung jedoch unter 4.1 nur mit 7 Pkt. benotet worden sind.
Bei über dem Durchschnitt liegenden Einzelbewertungen der Stufe 7 und 8 (bei „Fachkenntnissen“ sogar 9 Pkt.), wie sie im Nachweis vom 30.8.99 aktenkundig (7-fach) enthalten sind, kann ein vergleichendes Gesamturteil der (Durchschnitts-) Stufe 6 im Anschluss daran nicht nur pauschal mit dem Hinweis gebildet werden, es sei mit Blick auf die Vergleichsgruppe der PHM im BGS eine „Absenkung“ angezeigt gewesen und vorgenommen worden (vgl. Allg. Bemerkung des Akt. Leistungsnachweises v. 1.5.1999). Das widerspricht anerkannten Bewertungsmaßstäben, die Widerspruchsfreiheit und Nachvollziehbarkeit einer jeden individuellen Bewertung fordern. Auch der erst im Klageverfahren gegebene Begründungshinweis, ein Gesamturteil sei nicht etwa mathematisierend aus Einzelnoten zu bilden, trägt diese Gesamtnote von 6 Punkten bei einem gewichteten Leistungsschnitt von 7,0 Punkten und besonders herausragenden Fachkenntnissen (9 Pkt) nicht - wobei unterstrichen sei, dass diese nachgeschobene, den tatsächlichen Hergang nicht korrekt erfassende Begründung die im vorliegenden Fall offenkundig ursächlich gewesene Absenkungsregel (vgl. die Allg. Bemerkung v. 1.5.99) nicht mehr auszutauschen und zu ersetzen vermag.
Es ist auch nicht so, dass es den beiden in A. zuständig gewordenen Beurteilern freigestellt war, ob und ggf. in welcher Weise sie Beurteilungszeiträume, die auf andere Verwaltungseinheiten entfallen, noch einbeziehen. Hier ist dem Kläger in einem Beurteilungsbeitrag für den Zeitraum 2.5.1998 bis 31.8.1998 aus Anlass des Beurteilerwechsels (Versetzung nach A.) für das Statusamt des Polizeiobermeisters im BGS immerhin nochmals attestiert worden, dass die Einstufungen der vorangehenden Regelbeurteilung nach wie vor zutreffen, d.h. die Leistungen insgesamt mit 9 Pkt. zu bewerten sind. Wenn der Vortrag des Klägers zutrifft, dass bei Stellenbesetzungen im Rahmen der BGS-Re-form Leistungsvergleiche zwischen Polizeiobermeistern und Polizeihauptmeistern stets in der Weise stattgefunden haben, dass Polizeiobermeister mit der Note 9 den Polizeihaupt-meistern mit der Note 8 gleichgestellt wurden und sie auf dieser Stufe als „leistungsgleich“ angesehen worden sind, so ist die hier vergebene Gesamtnote 6 - bei Zugrundelegen einer Note 8 für den Zeitraum 1.5.1998 bis 24.9.1998 - in keiner Weise mehr plausibel.
9. Dahinstehen mag unter diesen Umständen, ob und in welchem Maße der Dienstherr bei getrennten Leistungs- und Befähigungsbewertungen, so wie sie hier vorliegen, ein Konzept dafür entwickeln muss, in welcher Weise die Leistungs- und Befähigungsmerkmale gewichtet und zueinander überhaupt ins Verhältnis gesetzt werden sollen (OVG Rheinland-Pfalz, DVBl. 1998, 649). Erst ein solches Konzept ermöglichte eine Gesamtbeurteilung, wie sie vom BVerwG (NVwZ-RR 1999, 455 [BVerwG 05.11.1998 - BVerwG 2 A 8/97]) gefordert wird.
Eine Zulassung der Berufung kam unter diesen Umständen nicht in Betracht, da keine Divergenz vorliegt und auch keine grundsätzliche Bedeutung der Sache, § 124 a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 VwGO.