Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 19.10.2022, Az.: 9 W 88/22
Streit um die Anmeldung der Umwandlung einer Partnerschaftsgesellschaft in eine Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung; Anforderungen des Verbots irreführender Firmenbezeichnungen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 19.10.2022
- Aktenzeichen
- 9 W 88/22
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2022, 68662
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover - 07.09.2022 - AZ: PR 201343
Rechtsgrundlagen
- § 8 Abs. 4 PartGG
- § 17 Abs. 3 NIngG
Fundstellen
- EWiR 2023, 491
- MDR 2023, 245-246
- NJW-Spezial 2023, 17
- NWB 2023, 18
- NZG 2023, 335
- Rpfleger 2023, 239
In der Partnerschaftsregister-Beschwerdesache betreffend die
D. PartG, ...,
Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
Beteiligte:
1. B. J., ...,
2. M. D., ...,
Anmeldende und Beschwerdeführer,
Verfahrensbevollmächtigte:
Anwaltsbüro ...,
weitere Beteiligte:
Ingenieurkammer Niedersachsen, Körperschaft des öffentlichen Rechts, ...,
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 19. Oktober 2022 beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde der betroffenen Gesellschaft und der Beteiligten zu 1 und 2 vom 21. September 2022 (Bl. 37 d. A.) wird der die Anmeldung vom 8./17. Juni 2022 (Bl. 9 ff. d. A.) zurückweisende Beschluss des Amtsgerichts Hannover - Registergericht - vom 7. September 2022 (Bl. 35 d. A.) aufgehoben.
Das Registergericht wird angewiesen, dem Eintragungsverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats Fortgang zu geben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gegenstandswert: 5.000 €.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind Beratende Ingenieure und in der betroffenen Partnerschaftsgesellschaft miteinander verbunden. Sie erstreben - unter Vorlage einer entsprechenden Bestätigung einer Haftpflichtversicherung - die Umwandlung der Gesellschaft in eine Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung.
Das Registergericht hat die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, die Firmenbezeichnung der Gesellschaft ("Ingenieurbüro für Bauwesen"), die keinen Hinweis auf die Qualifikation der Beteiligten als Beratende Ingenieure enthalte, sei geeignet, in irreführender Weise darauf hinzudeuten, an der Partnerschaft seien nicht beratende Ingenieure beteiligt. Nur für Beratende Ingenieure bestehe indes die in § 17 NIngG normierte Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung im Sinne des - die Eintragung der Haftungsbeschränkung ermöglichenden - § 8 Abs. 4 PartGG.
II.
Die hiergegen gerichtete, gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässig erhobene Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Der Senat vermag die Auffassung des Registergerichts, die Eintragung der (ansonsten unverändert bleibenden) Bezeichnung der Partnerschaftsgesellschaft - mit dem nunmehr angemeldeten haftungsbeschränkenden Zusatz "PartGmbB" - sei nach § 2 Abs. 2 PartGG, § 18 Abs. 2 HGB irreführend, weil er daraufhin hindeute, an der Partnerschaft seien nicht beratende Ingenieure beteiligt, nicht zu teilen.
Es trifft zwar zu, dass die Eintragung einer Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung nach § 8 Abs. 4 PartGG nur in Betracht kommt, wenn die Partnerschaft eine zu diesem Zweck durch Gesetz vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung unterhält, und dass in Niedersachsen eine derartige obligatorische Berufshaftpflichtversicherung nur für Beratende Ingenieure vorgesehen ist, § 17 Abs. 3 NIngG.
Die Firmenbezeichnung "Ingenieurbüro" trifft indes keine Aussage dahingehend, dass die an der Gesellschaft beteiligten Ingenieure nicht über die zusätzliche Qualifikation als Beratende Ingenieure verfügen, denn auch Beratende Ingenieure sind Ingenieure. Soweit ein Angehöriger des über § 18 HGB geschützten Verkehrskreises der betroffenen Partnerschaftsgesellschaft (mit dem angemeldeten haftungsbeschränkenden Zusatz) gegenübertritt, kann er aus der Bezeichnung "Ingenieurbüro" mithin nur die Erwartung herleiten, es mit Ingenieuren zu tun zu haben. Rückschlüsse darauf, ob diese auch über die zusätzliche Qualifikation als Beratende Ingenieure verfügen, könnten zwar (bei Kenntnis der Regelungen der § 8 Abs. 4 PartGG, § 17 Abs. 3 NIngG) durch eine rechtsanwendende Schlussfolgerung aus dem haftungsbeschränkenden Zusatz gezogen werden. Auch dann aber erweist sich die Firmenbezeichnung im Streitfall nicht als irreführend, weil die Beteiligten zu 1 und 2 sowohl über diese Qualifikation als auch über die vorgeschriebene gesetzliche Haftpflichtversicherung verfügen (vgl. Bestätigung der VGH Versicherungen vom 10. März 2022, Bl. 20 d. A.).
Das Verbot irreführender Firmenbezeichnungen erfordert es dagegen nicht, die tatbestandlichen Voraussetzungen der gewählten Haftungsbeschränkung sämtlich in der gewählten Bezeichnung aufzuführen. Ein solcher Firmierungszwang (dahingehend, den Zusatz "Beratend" zu führen) wäre dem Gesetzgeber vorbehalten, der ihn indes nicht angeordnet hat.
Sollten Angehörige der von § 18 Abs. 2 HGB angesprochenen Verkehrskreise angesichts der angemeldeten Firma der Partnerschaftsgesellschaft sich dahingehend "irreführen" lassen, dass ihnen die Qualifikation der Partner als Beratende Ingenieure und deren Schutz durch eine gesetzlich vorgeschriebene Haftpflichtversicherung nicht schon aus der Firmenbezeichnung bewusst würde, entstünde, soweit ersichtlich, im Übrigen niemandem Schaden. Vielmehr käme Geschäftspartnern der Gesellschaft dann eine über ihre Erwartung hinausgehende Absicherung zugute.
In dieser Hinsicht stellt sich die Sache grundlegend anders dar, als in der dem Senatsbeschluss vom 11. Januar 2021 (9 W 4/21, juris) zugrundeliegenden Konstellation. Dort war der haftungseinschränkende Zusatz angemeldet worden, obwohl gerade nicht sämtliche Mitglieder der Partnerschaft über die Qualifikation als Beratende Ingenieure verfügt haben.
Hinzu kommt, dass im Verfahren vor dem Registergericht eine Eignung zur Irreführung ohnehin nur zu berücksichtigen ist, wenn sie ersichtlich ist (§ 18 Abs. 2 Satz 2 HGB). Davon ist im Streitfall nach dem oben Gesagten nicht auszugehen.
Der angefochtene Beschluss, mit dem das Registergericht den Eintragungsantrag zurückgewiesen hat, ist mithin aufzuheben. Das Registergericht hat das Verfahren fortzusetzen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, vgl. § 57 GNotKG; Schindler in Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2018, Rn. 8 zu § 84. Die (vom Vertreter der Beschwerdeführer beantragte) Wertfestsetzung beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.