Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 17.10.2022, Az.: 14 U 114/22

Berücksichtigung der Tiergefahr bei der Entstehung eines Schadens am Tier; Typische Tiergefahr des Tieres; Ein der tierischen Natur entsprechendes unberechenbares und selbständiges Verhalten; Abwägung von Verursachungsbeiträgen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
17.10.2022
Aktenzeichen
14 U 114/22
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2022, 40752
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2022:1017.14U114.22.00

Verfahrensgang

vorgehend
LG Verden - 15.07.2022 - AZ: 1a O 170/21

Fundstellen

  • MDR 2023, 103-104
  • NJW-RR 2023, 237-239
  • VersR 2023, 735
  • r+s 2023, 45-47

Amtlicher Leitsatz

Ist für die Entstehung eines Schadens auch die Tiergefahr des eigenen Tieres des Geschädigten mitursächlich, so muss sich der Geschädigte dies entsprechend § 254 Abs. 1, § 833 Satz 1 BGB mindernd auf seinen Anspruch aus § 833 Satz 1 BGB anrechnen lassen.

Voraussetzung ist, dass die typische Tiergefahr des Tieres des Geschädigten bei der Schadensentstehung adäquat mitursächlich geworden ist.

Eine typische Tiergefahr äußert sich in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten.

Durch das infolge eines überfliegenden Kampfflugzeugs (Tornado) verursachte Erschrecken, das unvermittelt zu einer Eigenverletzung eines Pferdes führte, hat sich dessen typische Tiergefahr realisiert.

Für die entsprechend § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmende Abwägung der Verursachungsbeiträge des Tierhalters (aus § 833 Satz 1 BGB) und des Flugzeughalters (gem. § 33 Abs. 1 LuftVG) kommt es darauf an, mit welchem Gewicht konkret sich das jeweils verkörperte Gefahrenpotential in der Schädigung manifestiert hat.

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Juli 2022 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Verden - 1a O 170/21 - wird zurückgewiesen.

Hinsichtlich des ursprünglichen Antrags zu 1 der Berufungsbegründung hat die Klägerin ihr Rechtsmittel verloren.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das genannte Urteil sowie dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 11.679,48 € bis zum 14. September 2022, danach 4.978,23 € (wobei der Wert des Feststellungsantrags jeweils mit 1.000 € angesetzt worden ist).

Gründe

Die zulässige Berufung war offensichtlich erfolglos.

I. Zur Begründung nimmt der Senat auf die Darstellung des Sach- und Streitstandes einschließlich der Feststellungen (§ 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO) im angefochtenen Urteil (Bl. 214 ff. d.A.), in der Berufungsbegründung (Bl. 256 ff. d.A.) samt den dort angekündigten Anträgen sowie den Hinweisbeschluss des Senats vom 19. September 2022 Bezug. Der Senat hat in diesem Beschluss u.a. ausgeführt:

Der Senat ist nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Diese Bindung entfällt, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit entscheidungserheblicher Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 ZPO). Konkrete Anhaltspunkte in diesem Sinn sind alle objektivierbaren rechtlichen oder tatsächlichen Einwände gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Derartige konkrete Anhaltspunkte können sich unter anderem aus dem Vortrag der Parteien, vorbehaltlich der Anwendung von Präklusionsvorschriften auch aus dem Vortrag der Parteien in der Berufungsinstanz ergeben. Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegen schon dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt. Bei der Berufungsinstanz handelt es sich um eine zweite - wenn auch im Rahmen des prozessualen Berufungsrechts eingeschränkte - Tatsacheninstanz, deren Aufgabe in der Gewinnung einer fehlerfreien und überzeugenden und damit richtigen Entscheidung des Einzelfalls besteht. Daher hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Überzeugungsbildung nicht nur auf Rechtsfehler zu überprüfen (zum Vorstehenden s. BGH, Beschluss vom 4. September 2019 - VII ZR 69/17, Rn. 11 mwN).

2. Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab liegen konkrete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Feststellungen und Bewertungen des Landgerichts nicht vor.

a) Die von der Klägerin im Einzelnen wiederholten Ansichten und Behauptungen können zur Überzeugung des Senats dahinstehen, weil die vom Landgericht angesetzte Haftungsquote, wonach sich die Klägerin die Tiergefahr des verletzten Pferdes gem. §§ 833, 254 BGB mit 20% anrechnen lassen muss (LGU 4 f.), in jedem Fall zutreffend ist.

aa) Der Bundesgerichtshof hat dazu richtungsweisend ausgeführt (BGH, Urteil vom 31. Mai 2016 - VI ZR 465/15, Rn. 9):

Ist für die Entstehung eines Schadens auch die Tiergefahr des eigenen Tieres des Geschädigten mitursächlich, so muss sich der Geschädigte dies entsprechend § 254 Abs. 1, § 833 Satz 1 BGB mindernd auf seinen Anspruch aus § 833 Satz 1 BGB anrechnen lassen (vgl. BGH, Urteile vom 5. März 1985 - VI ZR 1/84, VersR 1985, 665, 666 mwN; vom 27. Oktober 2015 - VI ZR 23/15, VersR 2016, 60 Rn. 26). Voraussetzung ist, dass die typische Tiergefahr des Tieres des Geschädigten bei der Schadensentstehung adäquat mitursächlich geworden ist (vgl. BGH, Urteile vom 6. Juli 1976 - VI ZR 177/75, VersR 1976, 1090, 1091, insoweit in BGHZ 67, 129 nicht abgedruckt; vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04, VersR 2006, 416 Rn. 7; vom 27. Januar 2015 - VI ZR 467/13, VersR 2015, 592 Rn. 12). Eine typische Tiergefahr äußert sich nach ständiger Rechtsprechung des BGH in einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbständigen Verhalten (vgl. grundlegend BGH, Urteil vom 6. Juli 1976 - VI ZR 177/75, aaO sowie Urteile vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04, aaO; vom 25. März 2014 - VI ZR 372/13, VersR 2014, 640 Rn. 5; vom 27. Januar 2015 - VI ZR 467/13, aaO, jeweils mwN). An der Verwirklichung der Tiergefahr fehlt es insbesondere dann, wenn keinerlei eigene Energie des Tieres an dem Geschehen beteiligt ist (BGH, Urteil vom 25. März 2014 - VI ZR 372/13, aaO) oder wenn das Tier lediglich der Leitung und dem Willen eines Menschen folgt (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2005 - VI ZR 225/04, aaO mwN).

Nach diesen Grundsätzen hat sich im hier streitigen Fall die typische Tiergefahr des Pferdes verwirklicht, die sich die Klägerin mit (mindestens) 20% anrechnen lassen muss. Die Klägerin unterfällt vorliegend einer Gefährdungshaftung, d.i. die von ihrem Pferd ausgehende Tiergefahr gemäß § 833 S. 1 BGB. Durch das infolge des überfliegenden Tornados der Beklagten verursachte Erschrecken, das unvermittelt zu einer Eigenverletzung des Pferdes führte, hat sich dessen typische Tiergefahr realisiert (vgl. dazu näher auch Senat, Urteil vom 20. Januar 2016 - 14 U 128/13, Rn. 59 ff., juris). Die Selbstverletzung des Pferdes beruhte gerade nach dem durchgehenden Vortrag der Klägerin auf einer schreckhaften, unkontrollierten Bewegung, die zu einem Sturz führte, bei dem sich das Pferd ein Beckentrauma zuzog, wodurch wiederum die Wertminderung zum Nachteil des Vermögens der Klägerin eintrat. Damit hat sich mangels Hinzutretens weiterer Personen und Ereignisse allein schon nach dem Klägervortrag auch die Tiergefahr im Unfallgeschehen realisiert, weil das Tier seinen Sturz nicht willentlich vermeiden oder kontrollieren oder den durch das Flugzeug verursachten Lärm "einordnen" konnte, obwohl in dem betroffenen Gebiet laut Klägervortrag "regelmäßig Tiefflüge mit Kampfflugzeugen durchgeführt" werden (Bl. 5 d.A.). Das Eigengewicht des Pferdes hat sich dabei im Sturz ohne weitere Fremdeinwirkung über das Flugzeug hinaus mitursächlich ausgewirkt.

bb) Für die entsprechend § 254 Abs. 1 BGB vorzunehmende Abwägung der Verursachungsbeiträge des Tierhalters (aus § 833 S. 1 BGB) - der Klägerin - einerseits und des Flugzeughalters (gem. § 33 Abs. 1 LuftVG) - der Beklagten - andererseits kommt es sodann darauf an, mit welchem Gewicht konkret sich das jeweils verkörperte Gefahrenpotential in der Schädigung manifestiert hat (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2016 - VI ZR 465/15, Rn. 10 mwN; Senat, Urteil vom 20. Januar 2016 - 14 U 128/13, Rn. 72 ff., juris zur Abwägung zwischen einem vorbeifahrenden Pkw und einem scheuenden Pferd; Senat, Urteil vom 10. April 2018 - 14 U 147/17 zur Abwägung zwischen einem vorbeifahrenden Sattelzug mit Auflieger und einem scheuenden Pferd). Dabei hat das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise die Tiergefahr mit 20% berücksichtigt.

Ob und ggf. inwieweit hier eine höhere Mithaftung des Pferdes in Betracht gekommen wäre (in den erwähnten Urteilen 14 U 128/13 und 14 U 147/17 hat der Senat eine Schadensteilung auf der Basis einer Haftungsquote von 50:50 vorgenommen), bedarf aufgrund des vorprozessual seitens der Beklagten erklärten Anerkenntnisses einer Haftungsübernahme in Höhe von 80% (u.a. Schreiben der Beklagten vom 10. August, 3. und 18. Dezember 2020, Bl. 22, 49, 51 d.A.) keiner Entscheidung. Jedenfalls ist mit dieser Haftungsquote die Kausalität des Tiefflugs für die Lärmentwicklung in jeder Hinsicht angemessen berücksichtigt, weshalb es insoweit auch - entgegen der Ansicht der Klägerin - keiner weiteren Beweisaufnahme hierzu bedarf. Denn die Tiergefahr hätte sich in jedem Fall mitursächlich auf den Schadenseintritt ausgewirkt. Eine Mithaftung unter 20% würde den Unfallbeitrag des Pferdes (das Eigengewicht hat sich beim Sturz in der Box ausgewirkt, niemand sonst war dort beteiligt) nicht mehr angemessen berücksichtigen.

b) Entgegen der Ansicht der Klägerin ist ein Mitverschulden der Beklagten im Rahmen dieser Abwägung nicht zu berücksichtigen, weil es nicht bewiesen ist. Damit ist auch kein Entfall der Haftung aus der Tiergefahr über § 840 Abs. 3 BGB zu begründen. Die Klägerin verkennt, dass hierbei Vermutungen oder vermutete Tatbeiträge ohne Belang sind. In der Tat mag - mit der Berufungsbegründung - der (ggf. auch zu) niedrige Überflug der maßgebende Faktor für die Geräuschentwicklung gewesen sein. Das begründet aber lediglich den Anspruch aus der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung der Beklagten gem. § 33 Abs. 1 LuftVG, nicht aber einen weitergehenden verschuldensabhängigen Anspruch. Dafür fehlt es schon an belastbarem Vortrag der Klägerin. Die Berufungsbegründung verhält sich im Wesentlichen zur Kausalität des Tiefflugs für den beim Überflug verursachten Lärm. Allein der Umstand, dass das Flugzeug laut den von der Beklagten in Bezug genommenen und von der Klägerin nicht bestrittenen Radardaten statt der angemeldeten 500 Fuß Flughöhe (= 152,4 Meter) mit 432 Fuß (= 131,67 Meter) über Grund, also etwa 20 Meter tiefer flog und damit möglicherweise auch noch innerhalb eines bei derartigen Manövern unvermeidlichen Messtoleranzrahmens, genügt nicht, um eine Fahrlässigkeit zu begründen. Die Berufungsbegründung enthält keinen Vortrag dazu, woraus sich über den Flug, dessen Höhe und Geschwindigkeit als solche hinaus ein Verschulden ergeben sollte.

Auch wenn der Fluglärm an diesem Tag "deutlich lauter war als die sonstigen in dem Gebiet häufiger stattfindenden Überflüge" (Bl. 261 d.A.), ändert das nichts an der mitwirkenden Tiergefahr, wie ausgeführt.

c) Für den Zeitraum nach dem 7. Dezember 2020 bis zur Einschläferung des Pferdes kann die Klägerin keinen weiteren Schadensersatz verlangen. Der Anspruch scheitert bereits daran, dass die Klägerin unrichtig behauptet, dass ihr Pferd im Anschluss an den Unfall "nach einigen Monaten" und "trotz aller Behandlungsversuche" eingeschläfert werden musste. Das war nicht der Fall. Tatsächlich hat das Pferd nach dem Unfall noch ca. 1 ½ Jahre gelebt (vom Unfalltag am 16. Januar 2020 bis zum 23. Juli 2021) und ist nicht wegen des Sturzes, sondern "aufgrund einer Kolikerkrankung mit infauster Prognose" eingeschläfert worden (laut tierärztlicher Bescheinigung vom 17. August 2021, Bl. 18 d.A.). Damit kann die Klägerin nicht belegen, dass die Behandlungskosten "bis zum Tod des Pferdes" und die Einschläferung unfallbedingt waren. Im November 2020 ist das Pferd noch sachverständig begutachtet worden aufgrund einer Untersuchung des Pferdes am 25. August 2020 (Bl. 25 ff. d.A.). Demnach lag ein (zu 80%, s.o., entschädigungspflichtiger) Minderwert des Pferdes von 30.000 € vor. Diesen Minderwert hat die Beklagte nach der zutreffenden Mithaftungsquote in Höhe von 24.000 € vollständig ausgeglichen. Die Entscheidung, das Pferd weiter zu halten, obwohl es nach dem Gutachten Dr. K. bereits im August 2020 "dauerhaft sport- aber auch reituntauglich (das Pferd lahmt fortgesetzt)" war (Bl. 27 d.A.) und keinen "Restwert" mehr aufwies (Gutachten K., Bl. 33 d.A.), oblag allein der Klägerin und kann nicht schadensersatzverpflichtend der Beklagten angelastet werden.

d) Für die Feststellung einer vorsätzlich unerlaubten Handlung mangelt es an Feststellungen und zugehörigem Tatsachenvortrag, insbesondere in der Berufungsbegründung. Die Klägerin behauptet zwar wiederholt, die Flughöhe sei "vorsätzlich" unterschritten worden, vermag dazu aber keinen Tatsachenvortrag oder Beweisantritt zu halten, umso mehr, als nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich allein um eine Messtoleranz gehandelt hat (s.o.).

II. Der Schriftsatz der Klägerin vom 7. Oktober 2022 gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.

1. Infolge der mit diesem Schriftsatz erklärten teilweisen Rücknahme der Berufung zum Antrag zu Ziffer 1 der Berufungsbegründung (Zahlung von 6.701,26 €) bedarf es insoweit keiner weiteren Ausführungen. Es war lediglich die Wirkung dieser Teilrücknahme in Bezug auf das Rechtsmittel gem. § 516 Abs. 3 Satz 2 ZPO im Beschluss auszusprechen.

2. An den Anträgen zu Ziffer 2 bis 4 der Berufungsbegründung hält die Klägerin fest. Die Berufung bleibt indes auch insoweit unbegründet.

a) Das betrifft zunächst die Behandlungskosten i.H.v.3.978,23 € (Bl. 9/10, 257 d.A.). Hier wären ohnehin nach den Darlegungen im Hinweisbeschluss nicht sämtliche Behandlungskosten erstattungsfähig, sondern in jedem Fall nach Maßgabe der (Mit-)Haftungsquote nur 80%, d.h. maximal 3.182,58 €. Die Klägerin erklärt sich weiterhin nicht dazu, dass ihr Pferd ausweislich der tierärztlichen Bescheinigung vom 17. August 2021 (Bl. 18 d.A.) etwa 1 ½ Jahre nach dem Überflug "aufgrund einer Kolikerkrankung mit infauster Prognose" eingeschläfert worden ist. Daher bleibt nicht nachvollziehbar, inwieweit sich der Zustand des Pferdes nach dem Unfall noch maßgeblich geändert haben könnte. Wie erwähnt, stand bereits im August 2020 sicher fest, dass das Pferd dauerhaft sport- und reituntauglich war, fortgesetzt lahmte und vermögensrechtlich betrachtet keinen Wert mehr hatte (Gutachten Dr. K., Bl. 25 ff. d.A.). Die Klägerin entschied sich trotz dieses eindeutigen Zustands, das Pferd weiter zu halten und zu pflegen. Wenn man die Darstellung der Klägerin zugrunde legt, das Pferd hätte allein unfallbedingt eingeschläfert werden müssen, bleibt nicht erklärlich, welche Umstände in der betroffenen Behandlungszeit dafür maßgeblich waren, zunächst in die aufwendige und teure Behandlungs- und Pflegephase einzutreten, um sie dann doch abzubrechen. Dass sich am Zustand des Pferdes in dieser Zeit etwas geändert hätte, behauptet die Klägerin nicht. Damit kann ihre Entscheidung, das (schadens- und vermögensrechtlich insbesondere nach der Bewertung der Klägerin wertlose) Pferd unter Aufwendung hoher Kosten noch zu halten, nicht schadensersatzbegründend der Beklagten zugerechnet werden. Die Entscheidung, das Pferd zu behalten, lag demnach allein bei der Klägerin. Die von ihr demgegenüber ins Feld geführten tierschutzrechtlichen Bestimmungen besagen nichts über die Verpflichtung, ein Tier zu halten, sondern nur darüber, wie es ggf. zu halten ist. Ob sich die Klägerin entscheidet, ein schwerkrankes Pferd weiter zu halten und ggf. für wie lange, wird durch das Tierschutzgesetz jedenfalls nicht im Sinn der Klägerin geregelt. Sie mag zwar im (Früh-)Jahr 2020 von Rechts wegen nicht verpflichtet gewesen sein, ihr Pferd unverzüglich einschläfern zu lassen. Sie kann aber der Beklagten nicht anlasten, dass sie sich - möglicherweise aus emotionaler Verbundenheit zu dem Tier - entschlossen hat, das Pferd weiter zu halten und zu pflegen, obwohl sachverständig festgestellt keine Heilungschancen bestanden und der Leidenszustand des Tieres damit nur verlängert wurde. In der Bescheinigung des Tierarztes Dr. M. vom 14. August 2020 ist schließlich festgehalten worden, das Pferd leide unter "hochgradigen Muskelverspannungen", einem instabilen Becken mit Beckenschiefstand und schleifendem, nach innen gedrehten Gang sowie Blöcken im Bereich der Lendenwirbelsäule, wobei sich die Lahmheit nach den Beugeproben des Arztes noch verstärkt habe (Bl. 23 f. d.A.). Das korrespondiert mit der vorangehenden tierärztlichen Feststellung vom 21. Juli 2020, das Pferd zeige eine "deutliche Lahmheit" (Bl. 19 d.A.). Der Klägerin war also über ein Jahr vor dem Einschläfern positiv bekannt, dass ihr Pferd andauernd leidet und eine Heilung außer Frage stand. Ob es bei den klaren Befunden tierschutzrechtlich noch vertretbar war, das leidensgeprägte Leben des Pferdes künstlich unter Dauergabe von Schmerzmitteln zu verlängern, obliegt nicht der Beurteilung des Senats. Jedenfalls kann daraus kein Anspruch gegenüber der Beklagten hergeleitet werden.

b) Hinsichtlich des Feststellungsantrags zu Ziffer 4, wonach die Ansprüche der Klägerin aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung resultieren sollen, nimmt der Senat auf den Hinweisbeschluss Bezug. Der Schriftsatz vom 7. Oktober 2022 enthält demgegenüber keine Ausführungen.

c) Infolgedessen besteht auch kein Anspruch auf Freistellung von Rechtsanwaltskosten.

III. Da die Sache im Übrigen keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Senats erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, war die Berufung wie angekündigt gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 713, 522 Abs. 3, 544 Abs. 2 ZPO.