Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 09.07.2009, Az.: 8 U 40/09

Grob fahrlässige Herbeiführung eines Hausbrandes durch Einbau eines Holzofens im Dachgeschoss ohne genügenden Sicherheitsabstand zu einer mit einer Holzverlattung befestigten Rigipswand und ohne Abnahme durch den Schornsteinfegermeister; Leistungsfreiheit des Versicherers wegen Gefahrerhöhung im Falle des nicht ordnungsgemäßen Einbaus eines Ofens durch den Versicherungsnehmer erst nach Antragstellung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
09.07.2009
Aktenzeichen
8 U 40/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2009, 38052
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2009:0709.8U40.09.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 16.01.2009 - AZ: 5 O 292/07

Fundstellen

  • BauR 2010, 262
  • MDR 2009, 1390-1391
  • OLGR Celle 2009, 762-765
  • VersR 2010, 67-69
  • zfs 2010, 98-100

Amtlicher Leitsatz

§§ 23, 25 VVG a.F.

  1. 1.

    Ein Versicherungsnehmer führt den Versicherungsfall des Brandeseines Hauses objektiv und subjektiv grob fahrlässig herbei, wenn er selbst einen Holzofen im Dachgeschoss eines Hauses einbaut, dieser keinen genügenden Sicherheitsabstand zu einer mit einer Holzverlattung befestigten Rigipswand hat (10 und 12 cm Abstand des Rohres zur nächsten Latte), eine Abnahme durch den Schornsteinfegermeister nicht erfolgt ist, der Ofen mit Koks befeuert wird und der Versicherungsnehmer das Haus während des Betriebs des Ofens verlässt, so dass es dann infolge des ungenügenden Sicherheitsabstandes zu einem Brand kommt.

  2. 2.

    Ist ein derartiger Ofen durch den Versicherungsnehmer erst nachAntragstellung eingebaut worden, kommt auch eine Leistungsfreiheit des Versicherers wegen Gefahrerhöhung nach §§ 23, 25 VVG a.F. inBetracht.

In dem Rechtsstreit
...
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juli 2009
durch
den Richter am Oberlandesgericht Dr. K. als Einzelrichter
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 16. Januar 2009 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche wegen eines Brandes aus einer Wohngebäudeversicherung geltend.

2

Zwischen den Parteien besteht ausweislich des Versicherungsscheins vom 4. September 2003 ein Versicherungsvertrag für das Grundstück des Klägers in der B.-Straße ... in W. (Bl. 1 f. d.A.). Dem Vertrag liegen u.a. die VGB 2000 für die Wohngebäudeversicherung zugrunde (Bl. 22 - 28 d.A.).

3

Am 15. Januar 2006 kam es zu einem Brand in dem ersten Geschoss des Anbaus des Gebäudes, in dem der Kläger und seine Ehefrau zum damaligen Zeitpunkt lebten. Sie hatten das Gebäude nebst Anbau aufgrund des Zuschlagsbeschlusses des Amtsgerichts Uelzen vom 20. August 2003 im Wege der Zwangsversteigerung erworben (Bl. 160 d.A.). Ursache für den Brand war ein Holzofen im Dachgeschoss des Anbaus (Bl. 148 d.A.; Berichte der Polizei L. vom 16. Januar 2006, Bl. 161 - 171 d.A., und vom 24. Januar 2006, Bl. 172 - 177 d.A.). Der Ofen befand sich in der Küche ca. 50 cm unter einer Dachschräge. Der Ofen ist durch ein Eisenrohr mit dem Schornstein, der sich hinter einer Rigipswand befindet, verbunden. Die Rigipswand war ihrerseits mit einer Holzverlattung befestigt, wobei der Abstand des Ofenrohrs zur seitlichen Verlattung 12 cm und zur oberen Verlattung 20 cm beträgt. Der Ofen wurde vom Kläger mit Koks beheizt. Das Feuer ist durch den ungenügenden Sicherheitsabstand zwischen Ofenrohr und Holz entstanden. Im Zeitpunkt des Feuers waren der Kläger und seine Familie nicht zuhause. Der Kläger zeigte der Beklagten den Schadenfall am 21. Januar 2006 an. Aus einem Gutachten des von der Beklagten eingeschalteten Sachverständigen Dipl.-Ing. T. vom 15. Mai 2006 ergibt sich ein Schaden zum Neuwert von 96.825 EUR und zum Zeitwert von 72.538 EUR (Bl. 43 - 75 d.A.). Der Bauwert wurde mit einem Neuwert von 35.449 EUR errechnet. Die Beklagte berief sich mit Schreiben vom 26. Mai 2006 zunächst auf Unterversicherung (Bl. 76 f. d.A.). Am 29. März 2007 lehnte sie eine Leistung insgesamt ab (Bl. 115 d.A.).

4

Der Kläger hat behauptet,

5

er sei für den durch den Ofen hervorgerufenen Schaden nicht verantwortlich, da der Ofen schon bei seinem Erwerb vorhanden gewesen sei und er ihn habe problemlos nutzen können (Bl. 4, 6, 192 - 195, 273 d.A.). Er habe die Absicht gehabt, nach dem Erwerb des Objektes das Hauptgebäude zu sanieren. Deshalb sei er zunächst in das Dachgeschoss des Nebengebäudes gezogen. Dieses habe er nur gestrichen und Teppichboden verlegt. Der Ofen sei demgegenüber schon vorhanden gewesen, und er habe auf dessen ordnungsgemäße Verbauung und Anmeldung vertrauen dürfen. Die Beklagte könne sich auch nicht auf Unterversicherung berufen (Bl. 5 - 9, 195 f. d.A.). Dem Agenten der Beklagten sei ein Verkehrswertgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. B. vom 28. November 2002 über 77.000 EUR (Bl. 78 - 114 d.A.) übergeben worden. Der Kläger habe bestmöglichen Versicherungsschutz gewünscht. Der Agent habe das Grundstück dagegen trotz entsprechenden Angebots nicht besichtigt, sodass die Beklagte sich eine Aufklärungspflichtverletzung zurechnen lassen müsse. Eine Gefahrerhöhung liege mangels durch vom Kläger erfolgten Einbaus des Ofens ebenfalls nicht vor (Bl. 195 d.A.). Der Kläger sei auch aktivlegitimiert (Bl. 193 f. d.A.). Der Höhe nach bestehe ein Anspruch auf Ersatz des Zeitwertschadens von 72.538 EUR und der Mietkosten von 3.520 EUR (Bl. 9 d.A.).

6

Der Kläger hat beantragt (Bl. 2 d.A.),

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 76.058 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.05.2006 auf 72.538 EUR sowie Zinsen in gleicher Höhe auf 220 EUR seit dem 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6, 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11., 01.12.2006 und 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5. und 01.06.2007 zu zahlen,

  2. 2.

    festzustellen dass die Beklagte darüber hinaus bei der Fertigstellung des Gebäudes zur Zahlung des durch den Sachverständigen festgestellten Neuwertschadens in Höhe von weiteren 24.287 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.05.2006 verpflichtet ist,

  3. 3.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 2.041,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

7

Die Beklagte hat beantragt (Bl. 121 d.A.),

die Klage abzuweisen.

8

Sie hat sich auf Leistungsfreiheit gemäß § 9 Nr. 1 a) VGB 2000 berufen, da der Kläger den Brand durch den von ihm selbst eingebauten Ofen mit dem ungenügenden Sicherheitsabstand grob fahrlässig herbeigeführt habe (Bl. 148 - 153, 178 f., 209 f. d.A.). Der Holzofen in dem Nebengebäude sei insbesondere nicht durch den Voreigentümer, sondern durch den Kläger selber eingebaut worden. Auch eine Abnahme dieses Ofens durch den Schornsteinfeger sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Es seien früher bereits Flammen aus dem Schornstein zu sehen gewesen. Gerade infolge der Verwendung des Kokses sei es zu einer starken Wärmeentwicklung gekommen. Dem Kläger seien die Gefahren des ungenügenden Sicherheitsabstandes und der Verwendung von Koks auch bekannt gewesen. Wegen des Einbaus des Ofens liege auch Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung vor (Bl. 153 f. d.A.). Wegen einer zugunsten der Sparkasse U. eingetragenen Hypothek in Abt. III des Grundbuchs sei der Kläger auch nicht vollständig aktivlegitimiert (Bl. 150, 180 d.A.). Schließlich hat die Beklagte sich auf Unterversicherung berufen, da im Versicherungsvertrag der Neuwert 1914 nur mit 22.000 Mark angegeben worden sei, der tatsächliche Wert dagegen 35.449 Mark betragen habe (Bl. 154 f., 157 f., 210 f. d.A.). Es sei der Wunsch des Klägers gewesen, das Objekt möglichst günstig zu versichern. Ein Fall der Falschberatung habe nicht vorgelegen.

9

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K., H. W., K.-D. W. und H. G. (vgl. Sitzungsprotokoll vom 18. April 2008 (Bl. 215 - 217 d.A.). Mit Urteil vom 16. Januar 2009 hat das Landgericht die Klage abgewiesen (Bl. 283 f. d.A.). Die Beklagte sei nach § 9 Nr. 1 a) VGB 88 leistungsfrei, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehe, dass der Kläger den Ofen selbst unter Verletzung der einschlägigen Vorschriften über Sicherheitsabstände eingebaut habe. Insoweit hätten die Voreigentümer W. glaubhaft bekundet, dass zur Zeit ihrer Nutzung kein Ofen in der Küche eingebaut gewesen sei. Auch habe bis zur Zwangsversteigerung der Räumlichkeiten noch eine regelmäßige Kontrolle stattgefunden. Der Zeuge G. habe ebenfalls bekundet, der Kläger habe ihm berichtet, dass er selbst den Ofen eingebaut habe. Dieser Einbau des Ofens ohne Information über die zulässigen Sicherheitsabstände stelle ein grob fahrlässiges Verhalten dar.

10

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers.

11

Er macht geltend, das Landgericht habe sich nicht hinreichend mit der Frage der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen befasst (Bl. 329 - 331 d.A.) So habe die Zeugin W. überhaupt nicht angeben können, wann sie zuletzt in der Wohnung gewesen sei. Auch der Zeuge G. habe nicht bekunden können, seit wann der Ofen in der Wohnung gewesen sei. Beim Zeugen G. müsse ferner berücksichtigt werden, dass es einen Arbeitsgerichtsrechtsstreit mit dem Kläger gegeben habe. Außerdem habe das Landgericht ohne weiteres grobe Fahrlässigkeit bejaht, ohne hinreichend zwischen der objektiven und subjektiven Seite der groben Fahrlässigkeit zu trennen und diese zu prüfen (Bl. 331 - 333 d.A.). Insbesondere subjektiv sei ein erhöhter Grad grober Fahrlässigkeit nicht festzustellen.

12

Der Kläger beantragt (Bl. 327 f., 355 d.A.),

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Lüneburg die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 76.058 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.05.2006 auf 72.538 EUR sowie Zinsen in gleicher Höhe auf 220 EUR seit dem 1.2., 1.3., 1.4., 1.5., 1.6, 1.7., 1.8., 1.9., 1.10., 1.11., 01.12.2006 und 1.1., 1.2., 1.3., 1.4., 1.5. und 01.06.2007 zu zahlen,

13

hilfsweise,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

14

Die Beklagte beantragt (Bl. 346, 355 d.A.),

die Berufung zurückzuweisen.

15

Sie macht geltend, die Würdigung der Aussagen der Zeugen durch das Landgericht sei nicht zu beanstanden (Bl. 347 - 349 d.A.). Die Zeugen W. hätten eindeutig ausgesagt, dass während ihrer Nutzungszeit in dem Gebäude kein Ofen vorhanden gewesen sei. Auch der Zeuge G. habe berichtet, der Kläger habe ihm selbst geschildert, den Ofen eingebaut zu haben. Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen bestünden nicht. Schließlich habe der Kläger bei dem Einbau des Ofens sowohl objektiv als auch subjektiv grob fahrlässig gehandelt (Bl. 349 f. d.A.). Er habe den Ofen trotz der großen Hitzeeinwirkung mit Koks befeuert. Der Ofen habe seinen Standort unmittelbar in der Nähe von leicht brennbaren Baustoffen gehabt, zumal hier noch ein Rohr durch die Wand geführt habe. Außerdem habe der Kläger den Ofen unbeaufsichtigt gelassen.

16

II.

Die Berufung ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO), noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO). Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung von 76.058,- EUR aus der mit der Beklagten geschlossenen Wohngebäudeversicherung gem. § 1 Abs. 1 S. 1, § 49 VVG a.F. i.V.m. §§ 1, 2, 4 Nr. 1 a), 5 Nr. 1 VGB 2003 wegen des Brandes in dem Haus B.-Straße ... in W. am 15. Januar 2006 zu.

17

1.

Die Beklagte ist leistungsfrei, weil der Kläger den Versicherungsfall nach § 9 Nr. 1 a) VGB 2002,§ 61 VVG grob fahrlässig herbeigeführt hat.

18

a)

Grob fahrlässig handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (BGH VersR 2003, 364[BGH 29.01.2003 - IV ZR 173/01]; 1997, 351; Urteil des Senats vom 14. Juli 2005 - 8 U 31/05 -, NJW-RR 2005, 1345 [OLG Celle 14.07.2005 - 8 U 31/05]). Die Anwendung des § 61 VVG setzt hierbei voraus, dass der Versicherungsnehmer durch sein Verhalten - Tun oder Unterlassen - den vertragsgemäß vorausgesetzten Sicherheitsstandard deutlich unterschritten hat (BGH VersR 1984, 29; Urteil des Senats vom 23. September 2004 - 8 U 128/03 -, in: ZfS 2004, 564, 565). In objektiver Hinsicht muss der Versicherungsnehmer die drohende Verwirklichung der versicherten Gefahr in gravierendem Ausmaß zulassen, obwohl er die geeigneten Mittel zum Schutz der versicherten Interessen in der Hand hat und er bei zumutbarer Wahrnehmung seiner Belange auch davon Gebrauch machen könnte. Ferner muss er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt durch ein subjektiv unentschuldbares Fehlverhalten in hohem Maß außer Acht gelassen und das Nächstliegende, was jedem in der gegebenen Situation einleuchtet, nicht beachtet haben (BGH VersR 2003, 364[BGH 29.01.2003 - IV ZR 173/01]; 1989, 141).

19

Soweit es um Arbeiten des Versicherungsnehmers an oder mit Gegenständen geht, die einen Brand verursachen können, ist grobe Fahrlässigkeit dann anzunehmen, wenn in gravierender Weise gegen anerkannte Regeln der Technik oder gegen jedermann ohne weiteres einleuchtende Vorsichtsmaßnahme verstoßen wurde. Das kommt etwa in Betracht beim Betrieb eines holzbefeuerten Heizungsofens, in dessen unmittelbarer Nähe große Mengen Sägemehl und Holzreste gelagert sind (OLG Hamm VersR 1986, 561[OLG Hamm 27.03.1985 - 20 U 298/84]), wenn ein unter einer Überdachung stehender offener Kamin, in dem über mehrere Stunden Papier und Pappe verbrannt wurden, für eine Stunde trotz noch nicht vollständig erloschener Glut, leichtem Wind und Lagerung trockenen Holzes in der Nähe unbeaufsichtigt gelassen wird (OLG Koblenz RuS 2003, 112) oder ein Versicherungsnehmer das Ofenrohr eines Zimmerölofens kurz hinter diesem ohne irgendeinen Hitzeschutz durch ein von ihm gefertigtes Rohr in einer Holzvertäfelung führt, das im Durchmesser nur 0,4 cm größer als das Ofenrohr selbst ist (OLG Hamm VersR 1977, 901).

20

b)

Auf dieser Grundlage hat der Kläger hier sowohl objektiv als auch subjektiv grob fahrlässig den Versicherungsfall herbeigeführt.

21

aa)

Der Kläger hat durch den Einbau des Ofens zunächst objektiv grob fahrlässig gehandelt.

22

(1)

Zunächst ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger selbst den Ofen ohne Beachtung der erforderlichen Sicherheitsvorschriften eingebaut hat. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durfte das Landgericht in durch das Berufungsgericht nicht zu rügender Art und Weise den der Beklagten obliegenden Beweis für dieses Verhalten des Klägers als geführt ansehen. So hat die Zeugin W. angegeben, nach dem Erwerb des Objekts in W. seien die Wohnungen zunächst vermietet gewesen, und anschließend habe in der oberen Wohnung ihr Sohn mit einem Kumpel gewohnt. Anschließend habe die Wohnung dann leergestanden. Diese sei mit einer Ölzentralheizung beheizt gewesen. Ein Ofen habe sich demgegenüber nicht in der Küche befunden. Auch bis zur Zwangsversteigerung seien sie noch öfter in dem Objekt gewesen und hätten Sachen herausgeholt. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sich dort kein Ofen befunden. Sie seien wohl zuletzt im Versteigerungsmonat, einem April, an das Jahr könne sie sich nicht erinnern, auf dem Gelände gewesen. Da sei sie aber nicht im Anbau gewesen. Ihr Mann sei dort öfter gewesen. Sie selbst sei noch öfter in der Wohnung gewesen, nachdem es nach dem Auszug ihres Sohnes einen Wasserschaden gegeben habe. Dann habe es bis zur Zwangsversteigerung noch eine Weile gedauert. Sie selber könne nicht angeben, wann sie zuletzt in den Räumlichkeiten gewesen sei. Die Zeugin hat damit bekundet, dass sie und ihr Ehemann in die Wohnung im Anbau keinen Ofen eingebaut haben. Die Aussage der Zeugin war klar, eindeutig und in sich widerspruchsfrei. Der Umstand, dass die Zeugin sich an das exakte Datum ihres letzten Aufenthaltes in der Wohnung nicht zu erinnern vermochte, spricht nicht gegen ihre Glaubhaftigkeit, sondern gerade dafür, dass sie nur Angaben zu solchen Punkten machte, an die sie sich auch erinnern konnte. Ferner gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass nach dem Auszug der letzten Mieter und dem Wasserschaden irgendwelche unbekannte Dritte hier einen Ofen hätten einbauen sollen.

23

Bestätigt werden diese Angaben durch den Zeugen K.-D. W. Er hat angegeben, nach dem Auszug der letzten Mieter in der oberen Wohnung, des Sohnes seiner Frau und eines Freundes, habe er angefangen, dort zu renovieren, und habe die vorher dort befindliche Ölzentralheizung stillgelegt. Einen Ofen habe es da nie gegeben. Außerdem habe es dann noch einen Wasserschaden gegeben, der sich hingezogen habe. Bis zur Zwangsversteigerung sei er dann immer noch in dem Objekt gewesen. Die Wohnungen seien alle abgeschlossen gewesen, was er auch kontrolliert habe. Er sei jedes Mal, wenn er da gewesen sei, durch das ganze Gebäude gegangen, zuletzt noch am Tag vor der Zwangsversteigerung. Da habe es keinen Ofen gegeben. Er habe dann zwar noch einmal einen Aufbruch festgestellt. Das sei aber schon nach der Zwangsversteigerung durch den Kläger selbst geschehen. Auch die Aussage dieses Zeugen, an deren Glaubhaftigkeit zu zweifeln es ebenso wenig Anhaltspunkte gibt wie Umstände vorliegen, die gegen seine Glaubwürdigkeit anzuführen wären, spricht mithin dafür, dass der Kläger erst nach dem Erwerb des Objekts selbst den Ofen einbaute. Hierfür bestand zwecks Heizens auch umso mehr Veranlassung, als der Zeuge W. die Ölheizung zuvor stillgelegt hatte.

24

Schließlich wird der Einbau des Ofens durch den Kläger auch durch die Aussage des Zeugen G. bestätigt. Er hat ausgesagt, dass er den Kläger schon seit der Schule kenne und sie zeitweise in derselben Firma gearbeitet hätten, deren Geschäftsführer er gewesen sei. Er habe von dem Kläger bereits vor dem Brand erfahren, dass dieser den Ofen eingebaut habe, weil es dort ziemlich kalt gewesen sei. Dies habe der Kläger ihm mitgeteilt, als er dort einmal zu Besuch gewesen sei. Die Frau des Klägers habe etwas gekocht und sie hätten sich in geringer Entfernung vom Ofen, nämlich in dem Wohntraum rechts neben der Küche aufgehalten. Es sei sehr warm gewesen. Anlässlich dieses Besuchs habe der Kläger dann vom Einbau des Ofens berichtet. An diesem Abend sei ihm der Ofen zum ersten Mal aufgefallen, wobei er nicht wisse, ob er sich schon vorher dort befunden habe. Jedenfalls habe der Kläger an diesem Abend definitiv erzählt, dass er den Ofen - wann auch immer - dort selbst eingebaut habe. Auch nach dem Brand habe er noch mit dem Kläger gesprochen. Dieser habe ihm gesagt, er habe den Ofen wohl mit Koks geheizt und sie seien an dem Abend dann alle weggefahren. Der Zeuge hat dann ausgesagt, er habe den Kläger noch nach der Brandursache gefragt. Dieser habe erwidert, da sei wohl eine Holzplatte, wo das Ofenrohr durchgeführt war, in Flammen aufgegangen. Darauf habe er dem Kläger noch Vorhaltungen gemacht, dass er das Rohr durch eine Holzplatte geführt habe und er froh sein könne, dass sie und die Kinder noch lebten. Der Kläger habe dann nur erwidert: "Ja, wir waren Gott sei dank nicht da."

25

Auch aus dieser Aussage ergibt sich somit eindeutig, dass der Kläger selbst den Einbau des Ofens vorgenommen hat. Das hat er gegenüber dem Zeugen G. zum einen ausdrücklich bei dem früheren Besuch bestätigt und zum anderen auch nicht in Abrede gestellt, als der Zeuge G. ihm nach dem Brand Vorhaltungen wegen der ungenügenden Sicherheit gemacht hat. Hätte der Kläger den Ofen nicht selbst eingebaut, hätte nichts näher gelegen als hierauf zu erwidern, dass er für den Einbau nicht verantwortlich sei und dieser durch Dritte früher vorgenommen worden sei. Der Umstand, dass der Zeuge G. sich nicht daran erinnern konnte, ob der Ofen schon bei einem früheren Besuch von ihm vorhanden war, spricht nicht gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben, sondern nur dafür, dass er dort keine Angaben gemacht hat, wo er dazu mangels Erinnerung nicht in der Lage war. Entscheidend ist aber, dass der Zeuge sich jedenfalls definitiv an eine Erklärung des Klägers erinnern konnte, er habe den Ofen selbst eingebaut. Auch durchgreifende Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen bestehen nicht. Er hat zwar bestätigt, dass es einen Arbeitsgerichtsprozess mit dem Kläger gegeben habe. Hierbei habe es einen Prozess gegeben, bei dem sich verpflichtet hätten, dem Kläger ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen. Es sei wegen der Zeugniserteilung auch ein Zwangsgeld festgesetzt worden, wobei er nicht wisse, ob das Zeugnis letztlich erteilt worden sei. Auch wenn es mithin Auseinandersetzungen zwischen dem Unternehmen des Zeugen G. und dem Kläger gab, folgt hieraus keine Belastungstendenz des Zeugen, die seine Glaubwürdigkeit in Frage stellen könnte. Irgendwelche weiteren Anhaltspunkte in dieser Richtung gibt es nicht. Vielmehr hat der Zeuge selbst bekundet, seine ursprünglich gegenüber der Beklagten abgegebene Erklärung habe nichts mit dem Arbeitsgerichtsprozess zu tun, sondern resultiere daraus, dass er früher in seiner Tätigkeit als Versicherungsmakler selbst schlechte Erfahrungen gemacht habe. Er habe daher ein Interesse an ordnungsgemäßer Aufklärung. Schließlich kommt hinzu, dass die Aussage des Zeugen im Kern auch durch die Angaben der Zeugen W. bestätigt wird, die ebenfalls bekundet haben, während ihrer Besitzzeit keinen Ofen eingebaut zu haben, so dass nach seinem Erwerb nur der Kläger hierfür in Frage kommt.

26

(2)

Die Art und Weise, in der der Kläger den Ofen dann eingebaut und betrieben hat, stellt sich als objektiv grob fahrlässig dar. Der Kläger hat einen Heizofen in der Küche aufgestellt, den er durch ein Eisenrohr mit dem Schornstein verband, der sich wiederum hinter einer Rigipswand befindet. Die Rigipswand selbst ist mit einer Holzverlattung befestigt. Der seitliche Abstand rechts vom Rohr zur Verlattung beträgt nur 12 cm, der Abstand zur nächsten oberen Latte nur 10 cm. Insoweit hat bereits die Polizei anlässlich ihrer Ermittlungen festgestellt, dass Brandursache ein ungenügender Sicherheitsabstand zwischen Ofenrohr und Lattung gewesen sein dürfte (vgl. Bericht vom 24. Januar 2009, Bl. 172 f. d.A.). Das entspricht auch dem Vortrag der Beklagten (Bl. 148 f. d.A.) und ist vom Kläger nicht bestritten worden. Aus den Lichtbildern ist ferner zu entnehmen, dass der Ofen unterhalb einer Dachschräge eingebaut wurde. Wird ein derartiger Ofen eingebaut, müssen grundsätzlich bestimmte Sicherheitsabstände eingehalten werden, um eine Entzündung der den Ofen umgebenden Baustoffe durch eine zu hohe Hitzeentwicklung im Bereich des Ofens und des Ofenrohres zu verhindern. Das gilt in besonderem Maß, wenn der Ofen unter einer Schräge steht und diese Rigipswand aus einer Holzverlattung besteht. Hier kann es leicht durch Funkenflug oder Hitzeentwicklung vom Ofen auf die sich in der Nähe befindlichen und durch den wiederholten Betrieb des Ofens ohnehin ausgetrockneten Holzelemente zu einer Brandentwicklung kommen. Das gilt besonders dann, wenn Brennstoffe verwendet werden, die mit einer sehr hohen Hitzeentwicklung verbunden sind. Das ist bei dem hier vom Kläger verwendeten Koks im Gegensatz zur Verfeuerung von Holz der Fall.

27

Hinzu kommt, dass der Kläger den Ofen auch nicht durch den Bezirksschornsteinfegermeister abnehmen ließ. So ergibt sich aus einem Schreiben des Bezirkschornsteinfegermeisters A. vom 25. Juli 2006, dass sich in dem Haus eine Ölheizung befand und er diese letztmalig im Jahre 2000 kontrollierte (Bl. 178 d.A.). Danach gab es keine Überprüfungen mehr. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich auch noch keine angeschlossenen Öfen im Haus. Mangels Abnahme des Ofens durch den Schornsteinfegermeister konnte der Kläger mithin auch nicht davon ausgehen, dass die von ihm gewählte Konstruktion gefahrlos funktionieren konnte. Schließlich hat der Kläger den Ofen auch noch mit dem besondere Hitze entwickelnden Koks in Betrieb genommen und unbeaufsichtigt gelassen, indem er das Haus verließ. Unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Umstände (Selbsteinbau des Ofens ohne hinreichende technische Vorkenntnisse, ungenügende Sicherheitsabstände zu der mit einer Holzverlattung versehenen Rigipswand, Befeuerung mit Koks, fehlende Abnahme durch Schornsteinfegermeister, Verlassen des Hauses während des Betriebs des Ofens) kann das Verhalten des Klägers nur als objektiv grob fahrlässig angesehen werden.

28

bb)

Der Kläger hat ferner auch subjektiv grob fahrlässig gehandelt. Hierbei muss es sich um ein unentschuldbares Fehlverhalten handeln, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt. Nach der Rechtsprechung des BGH kann vom äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des objektiven Pflichtverstoßes auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit geschlossen werden (BGH VersR 2003, 364[BGH 29.01.2003 - IV ZR 173/01]). Zwar bleibt auch in diesen Fällen der Versicherer darlegungs- und beweispflichtig für die subjektive Seite der groben Fahrlässigkeit.

29

Allerdings ist es im Rahmen der sekundären Darlegungslast Sache des Versicherungsnehmers, ihn entlastende Tatsachen vorzutragen, zumal diese sich häufig allein in seiner Sphäre abspielen und vom Versicherer nicht erkannt werden (BGH, a.a.O.). An einem derartigen Vortrag des Klägers fehlt es vollständig, der sich alleine darauf beschränkt, die fehlende Differenzierung zwischen objektiver und subjektiver grober Fahrlässigkeit seitens des Landgerichts zu rügen. Der Kläger hat keinerlei Umstände vorgetragen, die sein Verhalten in einem milderen Licht erscheinen lassen könnten. Wer wie der Kläger selbst einen Ofen in unmittelbarer Nähe einer aus Rigips und Holz bestehenden Wand, die überdies noch als Dachschräge verläuft, aufbaut, das Ofenrohr durch die mit Holz verbaute Wand zum Schornstein führt, für keinerlei Hitzeabschirmung des Ofens und des Rohres zu den unmittelbar angrenzenden Bauteilen sorgt, sich nicht um die einschlägigen Sicherheitsvorschriften mit den vorgeschriebenen Sicherheitsabständen kümmert und schon gar nicht eine Überprüfung und Abnahme durch einen Schornsteinfegermeister vornehmen lässt, stattdessen den Ofen mit dem besondere Hitze entwickelnden Koks befeuert und die Wohnung dann unbeaufsichtigt verlässt, handelt auch subjektiv unverantwortlich und schlechthin unentschuldbar.

30

Dass dem Kläger die Problematik seines Verhaltens auch durchaus bewusst war, ergibt sich ferner aus der Aussage des Zeugen G. Dieser hat bekundet, dem Kläger Vorhaltungen gemacht zu haben, dass er das Ofenrohr durch eine Holzplatte geführt habe und er froh sein könne, dass ihnen nichts passiert sei. Hierauf habe der Kläger nur erwidert: "Ja, wir waren Gott sei dank nicht da." Hätte der Kläger seine Handlungsweise mit dem Einbau und Betrieb des Ofens dagegen für unproblematisch gehalten, hätte er hier sicher anders reagiert und zumindest noch hinzugefügt, er sei von einem sicheren Betrieb ausgegangen. Tatsächlich dürfte es auch schon in der Vergangenheit Probleme beim Betrieb des Ofens gegeben haben. So hat etwa ein Zeuge F. gegenüber der Polizei erklärt, er habe, als er seine auf dem Nachbargrundstück wohnende Mutter besucht habe, schon häufiger Flammen aus dem Schornstein des Objekts schlagen gesehen (Bl. 163 d.A.). Dies zeigt, dass der Ofen keineswegs problemlos funktioniert haben kann, was auch dem Kläger nicht verborgen geblieben sein kann. Schließlich hat der Kläger, insbesondere soweit es um die Verwendung von Koks geht, auch nicht dargelegt, dass er dieses statt Holz in der Vergangenheit schon wiederholt benutzt hätte, ohne dass es hier Probleme gab.

31

2.

Ist die Beklagte mithin schon nach § 61 VVG a.F. leistungsfrei, so folgt ihre Leistungsfreiheit ferner auch aus einer vom Kläger vorgenommenen Gefahrerhöhung nach § 23 Abs. 1 VVG a.F., indem er nach Vertragsschluss den Holzofen selbst eingebaut hat, die einschlägigen Sicherheitsvorschriften zu den Mindestabständen nicht beachtete, der Einbau des Ofens und des Ofenrohres in unmittelbarer Nähe von Holzlatten erfolgte und keine Abnahme durch den Bezirksschornsteinfeger erfolgte. Hierdurch ist es zu einer nachhaltigen Möglichkeit der Risikoverwirklichung gekommen, die durch die Verwendung von Koks als Feuerungsmittel und das Verlassen der Wohnung noch gesteigert wurde. Der Kläger hat hierbei auch schuldhaft gehandelt und eine erforderliche Anzeige gegenüber der Beklagten unterlassen (§ 25 Abs. 2 VVG a.F.). Hierbei genügt für § 25 Abs. 1 VVG a.F. bereits leichte Fahrlässigkeit, die hier in jedem Fall vorliegt. Der Kläger hat schließlich auch nicht den ihm nach § 25 Abs. 3, 2. Alt. VVG a.F. obliegenden Kausalitätsgegenbeweis geführt, dass die im Betrieb des Ofens liegende Gefahrerhöhung keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalles hatte.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

33

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.