Amtsgericht Hannover
Urt. v. 24.10.2001, Az.: 512 C 14912/00
Zulässigkeit der Überwälzung laufender Schönheitsreparaturen mit einer Endrenovierungspflicht auf den Mieter
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 24.10.2001
- Aktenzeichen
- 512 C 14912/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 26251
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2001:1024.512C14912.00.0A
Rechtsgrundlagen
- § 781 BGB
- § 326 BGB
- § 536 BGB
- § 9 AGBG
- § 558 BGB
Verfahrensgegenstand
Forderung
In dem Rechtsstreit
hat das Amtsgericht Hannover - Abteilung 512 -
auf die mündliche Verhandlung vom 05.09.2001
durch
den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin und den Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) als Gesamtgläubiger 6.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 17.11.2000 zu zahlen.
- 2.
Die Widerklage und die Drittwiderklage werden abgewiesen.
- 3.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 4.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung von 8.200,00 DM. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Drittwiderbeklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung von 250,00 DM, die Vollstreckung der Drittwiderbeklagten zu 2) und zu 3) durch Sicherheitsleistung von 450,00 DM abwenden, wenn nicht die Drittwiderbeklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Die Klägerin und die Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) waren Mieter, die Beklagte Vermieterin eines in der ... Straße 4 in ... gelegenen Wohnhauses. In dem schriftlichen Mietvertrag vom 9. Februar 1996, wegen dessen weiteren Inhalts auf dessen Kopie Bl. 3-6 R. d. A. verwiesen wird, war vereinbart, dass die Mieter während der Mietzeit turnusmäßig Schönheitsreparaturen durchzuführen haben und die Mietsache bei Ende des Mietverhältnisses komplett renoviert zurückzugeben haben. Das Mietverhältnis begann am 15. März 1996 und war auf 10 Jahre befristet. Es war eine Staffelmiete vereinbart. Als Mietsicherheit wurden 6.000,00 DM in Form einer Bankbürgschaft geleistet. Die Mieter kündigten zum 14.03.2000. Sie verhandelten mit der Beklagten zudem über eine vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses. Es wurden schließlich die Eheleute ... als mögliche Nachmieter gefunden.
Am 01.09.1999 fand eine Begehung des Hauses statt, bei der festgestellt werden sollte, welche Arbeiten vor dem Abschluss eines Mietvertrages mit den Eheleuten ... durchzuführen waren. Seitens der Klägerin und der Drittwiderbeklagten nahmen an dieser Begehung die Drittwiderbeklagten zu 2) und zu 3) teil. Vor dieser Begehung war seitens der Beklagten ein schriftliches Angebot eines Malermeisters ... eingeholt worden. Dieses Angebot war Gegenstand von Erörterungen bei der Begehung. Die Beklagte ließ in der Folgezeit durch den Malermeister ... Malerarbeiten für 5.895,00 DM ausführen. Wegen der einzelnen Rechnungspositionen wird auf die Kopie dessen Rechnung vom 14.02.2000 (Bl. 15-18 d. A.) verwiesen. Durch den Fliesenlegermeister ... wurden zudem für 1.327,04 DM Arbeiten ausgeführt, wegen der einzelnen Positionen wird auf die Rechnungskopie vom 21.10.1999 (Bl. 19, 20 d. A.) verwiesen. Ein Herr ... berechnete für den Ersatz einer beschädigten Terrassentürdichtung sowie der Reparatur einer Rohrverkleidung in der Waschküche 743,50 DM, insoweit wird auf die Kopie der Rechnung vom 08.11.1999 (Bl. 21 d. A.) verwiesen. ... GmbH berechnete mit Rechnung Nr. 3802 vom 10.11.1999 (Bl. 22 d. A.) 94,89 DM für die Reparatur einer Duschtrennwand durch Ersatz einer defekten Laufrolle, mit Rechnung Nr. 3803 vom 10.11.1999 (Bl. 23 d. A.) 260,77 DM für die Reinigung, Wartung und Messung des Heizkessels sowie mit Rechnung Nr. 990293 vom 23.12.1999 (Bl. 24 d. A.) 532,56 DM für die Überprüfung und Instandsetzung der Elektroanlage, die Instandsetzung einer Beleuchtung in der Waschküche, einer Beleuchtung im Zimmer rechts des Erdgeschosses, für die Demontage bauseits verlegter Leitungen sowie die Überprüfung der Anlage. Die Beklagte nahm die Klägerin und die Drittwiderbeklagten vorprozessual auf Ausgleich dieser Rechnungen sowie auf Zahlung weiterer 180,00 DM Reinigungskosten in Anspruch, mithin insgesamt in Höhe von 9.033,76 DM. Sie befriedigte sich in Höhe von 6.000,00 DM aus der Mietbürgschaft, weitere 1.678,14 DM zahlten vorprozessual die Drittwiderbeklagten zu 2) und zu 3).
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin Rückzahlung der Mietkaution an sich und die Drittwiderbeklagten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin und die Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) als Gesamtgläubiger 6.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 17.11.2000 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, anlässlich der Begehung hätten sich die Parteien, seitens der Mieter die Drittwiderbeklagten zu 2) und zu 3), dahin geeinigt, dass seitens der Klägerin und der Drittwiderbeklagten die Kosten für die sich aus dem Angebot des Malermeisters ... ergebenden Arbeiten, die Kosten für die sich aus der Rechnung des Fliesenlegers ... ergebenden Arbeiten, die Kosten des sich aus der Rechnung des Tischlers ... ergebenden Arbeiten sowie Kosten für Endreinigung und Entsorgung noch vorhandenen Mülls von 180,00 DM übernommen würden.
Sie erhebt Widerklage gegen die Klägerin und Drittwiderklage gegen die Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) mit dem Antrag,
die Klägerin und die Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Beklagte 1.355,62 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seitens der Klägerin ab dem 01.06.2000 und seitens der Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) ab Zustellung der Drittwiderklage zu zahlen.
Die Klägerin und die Drittwiderbeklagten zu 1) bis 3) beantragen,
die Widerklage und Drittwiderklage abzuweisen.
Sie erheben hinsichtlich der Widerklage und Drittwiderklage die Einrede der Verjährung und behaupten, die Übernahme sämtlicher beanspruchter Kosten sei nicht zugesagt worden. Es sei vielmehr vereinbart worden, den Kostenvoranschlag des Malermeisters ... als Grundlage für eventuell noch durchzuführende Arbeiten zu nehmen. Es sei vereinbart worden, die Beklagte solle ein Protokoll der Besichtigung anfertigen, in dem sie die ihrer Ansicht nach noch zu behebenden Mängel festhalten solle. Die Malerarbeiten seien überflüssig gewesen, weil die Räume sich in einem frisch renovierten Zustand befunden hätten. Der Klägerin und den Drittwiderbeklagten hätte Gelegenheit gegeben werden müssen, eventuelle Mängel selbst zu beseitigen. Sie sind der Ansicht, die ihnen übertragende Renovierungspflicht sei unwirksam.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet, Widerklage und Drittwiderklage sind unbegründet.
Die Beklagte ist zur Rückzahlung des aus der Bürgschaft erlangten Kautionsguthabens verpflichtet, nachdem das Mietverhältnis beendet ist und der Beklagten gegen die Klägerin und die Widerbeklagten jedenfalls keine über die vorprozessual geleistete Zahlung von 1.678,14 DM hinausgehenden Ansprüche zustehen.
Die Beklagte hat gegen die, Klägerin und die Drittwiderbeklagten zunächst keinen Anspruch aus einem Schuldanerkenntnis im Sinne des § 781 BGB. Die für ein sogenanntes abstraktes Schuldanerkenntnis erforderliche Schriftform ist nicht eingehalten. Aber auch von einem sogenannten deklaratorischen Schuldanerkenntnis oder Schuldbestätigungsvertrag kann hier auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht ausgegangen werden. Es ist nicht ersichtlich, dass die behaupteten Erklärungen der Drittwiderbeklagten zu 3) anlässlich der Begehung des Hauses den Zweck hatten, die Klägerin und die Drittwiderbeklagten mit allen Einwendungen tatsächlicher und rechtlicher Natur für die Zukunft auszuschließen. Der Vortrag der Beklagten in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 04.12.2001, die - wohl auch im Angebot/Kostenvoranschlag ... - enthaltenen Außenarbeiten seien von der Klägerin und den Drittwiderbeklagten nicht zu tragen, legt vielmehr nahe, dass hier keine abschließende, derart weitreichende Vereinbarung gewollt war.
Die Rechnung des Malermeisters ... kann die Beklagte aber auch nicht aus dem Mietvertrag wegen unterlassener Schönheitsreparaturen nach § 326 BGB ersetzt verlangen. Grundsätzlich trifft den Vermieter die Erhaltungspflicht, § 536 BGB. Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag wurde die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen durch die Mieter nicht wirksam vereinbart. Die in §§ 14 Abs. 2, 29, 28 des Mietvertrages getroffenen Vereinbarungen sind nach § 9 AGB-Gesetz unwirksam. Nach ersichtlich allgemeiner Ansicht der Rechtsprechung ist die Kombination der Überwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen mit einer Endrenovierungspflicht unzulässig, da sie zu einer Doppelbelastung für den Mieter führt (vgl. NJW-RR 1998, Seite 1310, Landgericht Frankfurt, Urteil vom 30. Juni 2000, 2/17 S 340/99), so dass die Regel des § 536 BGB gilt.
Die Beklagte hat aber auch keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Beschädigung von Fliesen in Bad, WC und Küche. Zwar kommen hier grundsätzlich Ansprüche auf Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung des Mietvertrages nach § 276 BGB in Betracht. Das Vorbringen der Beklagten zur Höhe des behaupteten Schadens ist jedoch ohne hinreichende Substanz. Ausweislich der vorgelegten Rechnung wurden nicht nur die Fliesen und die Marmorplatte ausgewechselt, sondern auch das Silikon in Dusche und Badewanne ausgeschnitten und neu hergestellt. Mangels jeglicher Darlegung des auf die Fliesenarbeiten entfallenden Aufwandes kommt hier auch keine Schätzung nach § 287 ZPO in Betracht.
Es kann dahingestellt bleiben, ob hinsichtlich der Rechnung ... Ansprüche bestehen. Gleiches gilt hinsichtlich der Rechnung ... wegen der Reparatur der Duschtrennwand. Angesichts der vorprozessual geleisteten Zahlung von 1.678,14 DM wären diese Ansprüche (743,50 DM und 94,89 DM) durch Erfüllung erloschen, § 362 BGB.
Schließlich ist ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Heizkesselreinigung (260,77 DM) nicht ersichtlich. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass die Mieter mit einer entsprechenden Pflicht zur Wartung im Verzug waren.
Auch ein Anspruch auf Ersatz der Rechnung ... über 532,56 DM besteht nicht. Auch hier fehlt es an jeglicher Darlegung eine Ersatzpflicht von Klägerin und Drittwiderbeklagten begründender Umstände.
Schließlich ist auch ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für Endreinigung und Müllbeseitigung (180,00 DM) nicht dargetan
Der Zinsanspruch ist aus §§ 288, 284 BGB begründet.
Aus den dargelegten Gründen sind Widerklage und Drittwiderklage unbegründet. Diese könnten nur Erfolg haben, soweit die Beklagte 6.000,00 DM übersteigende Ansprüche hat. Dies ist, wie dargelegt, nicht der Fall. Die mit der Widerklage/Drittwiderklage geltend gemachten Ansprüche wären zudem gem. § 558 BGB verjährt. Das Mietverhältnis ist spätestens, seit dem 14.03.2000 beendet. Die Widerklage wurde mehr als 6 Monate später, nämlich am 8. Januar 2001 erhoben.
Ein Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung kam nicht in Betracht. Der neue Sachvortrag im - nicht nachgelassenen - Schriftsatz vom 04.10.2001 rechtfertigt keine abweichende Sachentscheidung. Soweit mit diesem Schriftsatz die Widerklage teils zurückgenommen wird, ist dies mangels Zustimmung der Widerbeklagten/Drittwiderbeklagtene unzulässig, § 269 Abs. 1 ZPO, so dass wegen Entscheidungsreife Endurteil zu erlassen war; § 300 Abs. 1 ZPO.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.