Amtsgericht Hannover
Urt. v. 12.12.2001, Az.: 520 C 11608/01
Änderung eines Firmennamens ; Auswechslung des Geschäftsführers; Nochmalige Anerkennung einer bereits von der Schuldnerin überzahlten Forderung
Bibliographie
- Gericht
- AG Hannover
- Datum
- 12.12.2001
- Aktenzeichen
- 520 C 11608/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 29275
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:AGHANNO:2001:1212.520C11608.01.0A
Rechtsgrundlagen
- § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO
- § 142 InsO
- § 133 Abs. 1 InsO
- § 143 InsO
- § 166 BGB
Fundstellen
- NZI 2002, 31
- ZInsO 2002, 89-90 (Volltext mit red. LS)
Das Amtsgericht Hannover - Abteilung - 520 hat
auf die mündliche Verhandlung vom 28.11.2001
durch
die Richterin am Amtsgericht Hackmann
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1)
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die durch die Firma F. T. GmbH als Schuldnerin an diese geleistete Zahlung von 4.686,40 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 29.06.2001 an den Kläger zurückzuzahlen.
- 2)
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
- 3.)
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,- DM vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Sicherheit durch selbstschuldnerische, unbedingte, unbefristete und unwiderrufliche Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse leisten.
Tatbestand
Der Kläger ist durch Beschluss des Amtsgerichts Hannover- Insolvenzgericht - vom 02.05.2001 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma ... GmbH bestellt und macht in dieser Eigenschaft einen Rückforderungsanspruch in Höhe von 4.686,40 DM gegen die Beklagten als Gesamtschuldner nach Insolvenzanfechtung geltend.
Die am 05.04.2000 gegründete Schuldnerin betrieb zunächst unter der Firma H-A. T. GmbH ein Einzelhandelsgeschäft im Rahmen der EXPO 2000 In Hannover Der Firmenname wurde mehrfach geändert und der Geschäftsführer ausgewechselt. Der Firmenname lautete zuletzt F. T. GmbH. Alleiniger Geschäftsführer war der Verwaltungsangestellte W. W..
Die Beklagten waren von der Schuldnerin mit der Rechtsberatung beauftragt. Diese umfasste u.a. die Beratung der Schuldnerin hinsichtlich ihrer finanziellen Probleme und Prüfung des Erfordernisses zur Stellung eines Insolvenzantrages, die Prüfung des mit der EXPO 2000 GmbH geschlossenen Konzessionsvertrages auf seinen rechtlicher Bestand, die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, die Aufnahme von Verhandlungen mit der EXPO-Gesellschaft über einen eventuellen Objektwechsel sowie die Führung von Verhandlungen hierüber, die Führung von Gesprächen mit Kreditinstituten, um weitere finanzielle Mittel für die Firma ... GmbH zu erreichen, sowie die Erstellung von Geschäftsführerverträgen,
Die Beklagten erstellten die Vorschussrechnung vom 19.06.2000 über 4,686,40 DM (Bl. 16 d.A.) und nahmen unter dem 05,09.2000 (Bl. 36 d.A.) die Endabrechnung ihrer Tätigkeit in Höhe weiterer 575,82 DM vor.
Die Vorschussleistung überwies die Schuldnerin am 31.07J2000 (Bl. 19 d.A.) an die Beklagten, welche am 01.08.2000 (BL 14 f. d.A.) für die Schuldnerinnen Insolvenzantrag bei dem Amtsgericht Hannover stellten. Die Abbuchung vom Konto der Schuldnerin erfolgte am 02,08.2000
(Bl. 19d.A.).
Die weitere Kostenrechnung der Beklagten vom 19.06.2000 über 4.022,42 DM (Bl. 17 d.A.) wurde zur Tabelle angemeldet und von dem Kläger anerkannt.
Der Beklagte zu 2) war zum damaligen Zeitpunkt neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt Geschäftsführer der Firma ... & ... Steuerberatungsgesellschaft mbH, welche die Schuldnerin in steuerlichen Angelegenheiten beriet.
Der Kläger hat die Insolvenzanfechtung erklärt. Er ist der Auffassung, die Beklagten hätten den Vorschussbetrag zurückzuzahlen, da ein Bargeschäft nicht vorliege. Zumindest sei eine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung gegeben. Im Übrigen hätte die Beklagten die Beratungsleistung bereits mit dem Betrag von 4,022,- DM aus der Endabrechnung vom 19.06.2000 zur Tabelle angemeldet.
Der Kläger beantragt, wie erkannt.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, die Rechnung vom 19,06.2001 über 4.022,42 DM betreffe eine andere, zurückliegende Beratungstätigkeit der Schuldnerin.
Bei Mandatserteilung bezüglich der hier streitigen Beratung habe der Geschäftsführer der Schuldnerin versichert, dass die Beklagte die Gebühren in jedem Fall sofort zur Auszahlung erhalten solle. Es liege ein Bargeschäft vor. Die Verhandlungen mit der EXPO GmbH und den Kreditinstituten seien bis vor Anmeldung der Insolvenz und auch noch darüber hinaus geführt worden. Grund der Einschaltung der Beklagten sei gerade die beabsichtigte Abwendung der wirtschaftlichen Krise gewesen. Die Vorschussrechnung sei kurz nach Erteilung des Auftrages gestellt worden. Die Beratungsleistung sei über den Zeitpunkt der Zahlung hinaus erbracht worden. Noch am 31.07.2000 sei die Schuldnerin von der Abwendung der drohenden Zahlungsunfähigkeit ausgegangen. Immerhin habe das Konto der Schuldnerin an diesem Tag ein Guthaben von über 10.000,- DM ausgewiesen. Der Insolvenzantrag |sei lediglich vorsorglich gestellt worden.
Es liege auch keine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung vor. Der Beklagte zu 2) als Geschäftsführer der Steuerberatungs GmbH unterliege der Schweigepflicht. Seine Kenntnisse aus der steuerberatenden Tätigkeit und auch nicht dem Beklagten zu 1) zugerechnet werden.
Wegen der weiter gehenden Einzelheiten wird Bezug genommen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und auf das Protokoll 28.11.2001 (Bl. 51 d.A.).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Kläger kann von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Rückgewähr der von dem Geschäftsführer der Firma ... GmbH am 31.07.2000 auf die Vorschussrechnung der Beklagten vom 19.06.2000 angewiesenen 4.686,40 DM gem. § 143 Abs, 1 Satz 1 Insolvenzordnung verlangen.
Der Kläger kann sich nicht bereits darauf berufen, es bestehe eine Identität der Beratungstätigkeit mit der der Abrechnung der Beklagten ebenfalls vom 19.06.2000 über 4.022,42 DM zu Grunde liegenden Tätigkeit. Der Kläger hat eine Identität der Beratungstätigkeiten nicht ausreichend substantiiert dargelegt, zumal die Beklagten die unterschiedlichen Beratungsgegenstände dargelegt haben. Der Kläger hat auch nicht nachvollziehbar begründet, weshalb er in dem Insolvenzverfahren eine bereits von der Schuldnerin überzahlte Forderung nochmals anerkannt hat.
Die Überweisung durch den Geschäftsführer der Schuldnerin vom 31.07.2000 ist jedoch gemäß §§ 130 Abs. 1 Nr. 2,142,133 Abs. 1 Insolvenzordnung anfechtbar.
Der Streit der Parteien, ob ein Bargeschäft im Sinne des §142 Insolvenzordnung gegeben ist, kann dahingestellt bleiben. Wenn ein Bargeschäft nicht vorliegt, ergibt sich die Anfechtbarkeit der Rechtshandlung aus § 130 Abs. 1 Nr. 2 Insolvenzordnung Danach ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, anfechtbar, wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zurzeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Durch die Überweisung des Geschäftsführers der Schuldnerin vom 31.07.2000 ist dem Beklagten Befriedigung in Höhe der Vorschussrechnung vom 19.06.2000 in Höhe des vorgenannten Betrages gewährt worden. Die Handlung ist nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden. Zwar datiert der Überweisungsauftrag vom 31.07.2000. DM Abbuchung von dem Konto der Schuldnerin erfolgte jedoch erst am 02.08.2000. Gemäß § MO Abs, 1 Insolvenzordnung ist dieser Zeitpunkt maßgeblich. Eine Rechtshandlung gilt danach a& in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Rechtswirkung eines Überweisungsauftrages treten erst zum Zeitpunkt der Abbuchung ein.
Am 02.08.2000 war für die Klägerin durch den Beklagten ... 2) der Insolvenzantrag bereits gestellt. Dieser datiert vom 01.08.2000. Unerheblich in diesem Zusammenhang ist, ob der Insolvenzantrag
nur vorsorglich gestellt wurde. Dem Beklagten zu 2) war ... 02.08.2000 der Insolvenzantrag vom Vortag jedenfalls bekannt. Dieses Wissen muss sich auch der Beklagte zu 1) gem. § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen.
Sofern ein Bargeschäft im Sinne von § 142 Insolvenzordnurig angenommen wird, weil die Beratungstätigkeit der Beklagten zumindest auch der Abwendung der Krise, in welche die Schuldnerin geraten war, diente, die Kostenrechnung vom 19.06.2000 eine anwaltliche Vorschussforderung betraf und die Beratungstätigkeit zur Abwendung der Krise auch im August 2000 noch erfolgt ist, wäre das Bargeschäft wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 133 Abs. Insolvenzordnung anfechtbar.
Für den Geschäftsführer der Firma Fair Trade GmbH als ... außen verantwortlich handelnder Person war bei Vornahme der Überweisung am 31.07.2000 als notwendige Folge seines Handelns vorauszusehen, dass die Gläubiger der Schuldnerin in Höhe; des an die Beklagten überwiesenen Betrages benachteiligt werden. Er hat diese Folge auch billigend in Kauf genommen. Dem Vorbringen der Beklagten, die Schuldnerin habe an diesem Tag noch von einer Abwendung der wirtschaftlichen Krise ausgehen können, kann nicht gefolgt werden. Die Lage der Schuldnerin kann sich nicht innerhalb eines Tages so dramatisch zum Schlechteren wenden, dass am 01.08.2000 Insolvenzantrag gestellt wird. Die Beklagten haben zumindest nichts vorgetragen, was eine solche Sachlage plausibel erscheinen lässt. Es reicht insoweit nicht aus, dass auch nach Stellung des Insolvenzantrages noch Gespräche mit der ... GmbH stattgefunden haben. Der Benachteiligungsvorsatz kann nicht generell dadurch ausgeschlossen werden, dass die fragliche Rechtshandlung im Rahmen von Sanierungsbemühungen vorgenommen wird. In dem Eröffnungsantrag vom 01.08.2000 heißt es denn auch unter Bezugnahme auf eine beigefügte Erfolgsrechnung per Juli 2000, dass Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin vorliegt. Einem Gesamtumsatz im Geschäftsjahr 2000 per J31.07.2000 von knapp 21.000,-- DM stehen laufende Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 75.000,U DM gegenüber. Nennenswerte Bankguthaben liegen nicht vor. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass sich die wirtschaftliche Lage der Schuldnerin am Tag vor Stellung des Eröffnungsantrages wesentlich günstiger dargestellt hat. Wenn der Geschäftsführer der Schuldnerin in dieser Situation eine bereits 6 Wochen vorher in Rechnung gestellte Vorschussforderung der Beklagten ausgleicht, liegt darin eine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung.
Die Beklagten kannten auch zurzeit der Handlung den Vorsatz der Schuldnerin. Maßgeblicher Zeitpunkt gem. § 140 Abs. 1 ZPO ist auch insoweit wieder die Kenntnis der Beklagten zum Zeitpunkt der Abbuchung von dem Konto der Schuldnerin am 02.08.2000. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte zu 1) den Eröffnungsantrag vom 01.08.2000 bereits gestellt Er selbst hatte die Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit der Firma ... GmbH dargelegt. Der Beklagte zu 2) wusste auch, dass der Ausgleich der Vorschussrechnung vom 19.06,2000 die Gläubiger benachteiligt. Die Kenntnis in dem vorgenannten Sinne kann zumindest gem. § 133 Abs. 1 Satz 2 Insolvenzordnung vermutet werden.
Das Wissen des Beklagten zu 2) muss sich der Beklagte zu 1) gem. § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen.
Auf Grund der Verweigerungshaltung mit Schreiben vom 27.06.2001 befinden sich die Beklagten spätestens seit dem 29.06.2001 gem. §§ 284, 286 BGB im Zahlungsverzug. Die Höhe der Zinsforderung ist gem. § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB gerechtfertigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 709,108 ZPO.