Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 07.10.2004, Az.: 2 A 116/04

Aufhebung; Auflassung; Ausnahmetatbestand; Bruchteilsgemeinschaft; Darlehen; dingliche Sicherung; eheliche Lebensgemeinschaft; Eigentumsanteil; Eigentumswirkung; Eigentümergemeinschaft; Einkommen; Einsatz; Eintragung; Ermessen; Gemeinschaft; Grundbuch; Grundschuld; Hausgrundstück; Hilfe zum Lebensunterhalt; Härte; Lebensgemeinschaft; maßgeblicher Zeitraum; Miteigentum; Miteigentumsanteil; Miteigentümer; Nachrang; pflichtgemäßes Ermessen; Rückzahlungsanspruch; Scheidung; Schonvermögen; Sicherung; Sozialhilfe; Sozialhilfeträger; Vermögen; Verwertung; wirtschaftliche Bewegungsfreiheit; Wohnungseigentum

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
07.10.2004
Aktenzeichen
2 A 116/04
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 51002
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Darlehensvorbehaltes bei der Gewährung von Sozialhilfe.

2

Der Kläger beantragte am 21. Mai 2003 bei dem namens und im Auftrag des Beklagten handelnden Sozialamtes der Stadt D. die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt. Zu diesem Zeitpunkt hatte er sich von seiner Ehefrau E. B. getrennt und die Ehewohnung „F.“ in D. verlassen. Bei dieser Wohnung waren er und seine Ehefrau zu je ½ als Eigentümer im Wohnungsgrundbuch von G. Blatt 810 eingetragen. Das Wohnungseigentum ist in Abteilung III des Grundbuches mit einer Grundschuld i.H. von 120.000 DM zu Gunsten der Städtischen Sparkasse zu D. belastet. Der Kläger und seine Ehefrau hatten die Eigentumswohnung nach §§ 1, 6 des notariell beurkundeten Wohnungseigentumskaufvertrages mit Auflassung vom 1. April 1996 für insgesamt 180.000 DM erworben.

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Am 20. Juni 2003 legte der Kläger der Stadt D. eine auf Mai 1999 datierte und von ihm und seiner Ehefrau unterzeichnete Erklärung vor, aus der sich ergibt, dass beide Eheleute sich darüber einig waren, dass die Ehefrau im Falle einer Scheidung den Miteigentumsanteil des Klägers an der Wohnung vom ihm zurückerhalten sollte. Weiter heißt es in der Erklärung, dass die Eigentumswohnung aus der Erbschaft der Eltern der Ehefrau des Klägers stamme. Insoweit war ihr von ihrem Vater mit Erb- und Übergabevertrag vom 18. Dezember 1986 ein Hausgrundstück in H. zugewandt worden, was sie vor dem Erwerb der Eigentumswohnung im Jahr 1996 verkauft hatte.

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In der Zeit vom 20. Juni 2003 bis zum 29. August 2003 erhielt der Kläger von der Stadt D. zunächst Notzahlungen i.H. von insgesamt 330,00 €. Mit Bescheid vom 2. September 2003 und zwei Änderungsbescheiden vom 5. September 2003 wurde ihm dann für die Monate Mai bis Oktober 2003 Hilfe zum Lebensunterhalt bewilligt. Die Hilfe wurde dabei bis zur endgültigen Klärung einer möglichen Verwertung des hälftigen ideellen Anteils an der Eigentumswohnung „F.“ darlehensweise gewährt.

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Mit weiterem Bescheid vom 23. September 2003 wurde dem Kläger - wiederum darlehensweise - Hilfe zum Lebensunterhalt ab dem 21. Mai 2003 bis längstens 31. Mai 2004 bewilligt. Das Darlehen wurde auf einen Höchstbetrag von 25.000,00 € begrenzt. Zudem wurde die Leistungsgewährung unter die aufschiebende Bedingung gestellt, dass der Kläger der Stadt D. zur Sicherung des Darlehensbetrages eine Grundschuld i.H. von 25.000,00 € an seinem hälftigen ideellen Anteil an der Eigentumswohnung bestelle. Zur Begründung führte die Stadt D. aus, dass es sich bei dem hälftigen Anteil am Wohnungseigentum nicht um schutzwürdiges, daher verwertbares Vermögen des Klägers handele. Eine Härte i.S. des § 88 Abs. 3 BSHG, aufgrund derer vom Einsatz des vorhandenen Vermögens abzusehen sei, liege nicht vor. Insoweit sei auch unerheblich, ob das für den Kauf der Eigentumswohnung verwendete Geld aus dem Verkauf des Hauses der Ehefrau in H. stamme. Da jedoch eine sofortige Veräußerung des Anteils nicht möglich sei, werde die Sozialhilfe als Darlehen bewilligt. Mit Blick auf die Höhe der zu gewährenden Leistungen und in Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei der Hilfe zum Lebensunterhalt um öffentliche Mittel handele, erscheine es überdies angemessen, eine ausreichende Sicherung in Form der Bestellung einer Grundschuld zu verlangen.

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Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 17. Oktober 2003 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, er sei als Miteigentümer der Wohnung nicht befugt, gegen den Willen seiner Ehefrau eine Grundschuld eintragen zu lassen. Zudem bilde die Eigentumswohnung das Erbe seiner getrennt lebenden Ehefrau und sei daher im Rahmen des laufenden Scheidungsverfahrens auf diese zu übertragen. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Eigentumswohnung ohnehin als Schonvermögen freizulassen wäre.

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Nachdem der Kläger auch weiterhin die Bestellung einer Grundschuld ablehnte, stellte die Stadt D. die laufende Zahlung der darlehensweise gewährten Hilfe zum 30. November 2003 ein.

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Am 5. Dezember 2003 unterzeichnete die Ehefrau des Klägers eine „Eidesstattliche Erklärung“, in der sie ausführte, dass zwischen ihr und ihrem Mann, der nichts zum Erwerb der Eigentumswohnung beigetragen habe, bereits im Mai 1999 schriftlich vereinbart worden sei, dass sie im Falle der Scheidung alleinige Eigentümerin der gesamten Wohnung werden sollte.

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Mit Bescheid vom 1. März 2004 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Dabei wiederholte und vertiefte er im Wesentlichen das im Ausgangsbescheid vom 23. September 2003 erfolgte Vorbringen der Stadt D.. Ergänzend wies er darauf hin, dass die Erklärungen von Mai 1999 und vom 5. Dezember 2003 keine Änderung in den Eigentumsverhältnissen bewirkten. Die beabsichtigte Übertragung des Miteigentumsanteils auf die Ehefrau würde im übrigen dazu führen, Vermögensverhältnisse zu Lasten der Sozialhilfe und damit auf Kosten der Allgemeinheit zu regeln. Ein derartiges Rechtsgeschäft verstoße aber nach § 138 BGB gegen die guten Sitten und sei demzufolge nichtig. Dies gelte sowohl für den Übertragungsvertrag als Verpflichtungsgeschäft als auch für die Auflassung als Erfüllungsgeschäft. Die darlehensweise Gewährung der Hilfe zum Lebensunterhalt sei vor allem deshalb erfolgt, weil die Verwertung des im Miteigentum der Ehefrau stehenden Grundvermögens einige Zeit in Anspruch nehmen werde.

10

Mit Änderungsbescheid der Stadt D. vom 2. Juli 2004 wurde die maximale Höhe des Darlehens von 25.000,00 € auf 4.000,00 € gesenkt und die Sicherung des Darlehens in Form der Bestellung einer Grundschuld in dieser Höhe vom Kläger gefordert.

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Mit notariellem Vertrag vom 5. Juli 2004 übergab der Kläger seinen Anteil an der Eigentumswohnung an seine Ehefrau (§ 2). In § 3 erklärten die Vertragsschließenden überdies die Auflassung und bewilligten und beantragten die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch. In § 6 vereinbarten der Kläger und seine Ehefrau zudem, dass mit dem Vollzug des Vertrages sämtliche wechselseitigen Ansprüche auf den Ausgleich des Zugewinns aus der geschiedenen Ehe erledigt seien.

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Der Kläger hat am 31. März 2004 Klage erhoben. Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, schon beim Kauf der Eigentumswohnung am 1. April 1996 mit seiner Ehefrau mündlich vereinbart zu haben, dass sein Miteigentumsanteil im Falle der Scheidung auf seine Ehefrau übertragen werden sollte. Diese Vereinbarung, von der auch Verwandte der Ehefrau gewusst hätten, sei getroffen worden, weil die Wohnung allein aus Mitteln der Ehefrau finanziert worden sei. Diese habe das ihr von ihrem Vater im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugewandte Hausgrundstück in H. veräußert und die Eigentumswohnung mit dem hierbei erzielten Erlös gekauft. Er selbst sei nur pro forma als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen worden, um seine Ehefrau, die manisch-depressiv sei und sich seit vielen Jahren in psychiatrischer Behandlung befinde, vor Vermögensverfügungen zu schützen. Überdies stelle sich die Übertragung der Grundstückshälfte schon deshalb nicht als sittenwidrig dar, weil über sie schon beim Erwerb der Eigentumswohnung im Jahr 1996 für den Fall einer späteren Scheidung Einigkeit bestanden habe. Zu diesem Zeitpunkt sei an die spätere Notwendigkeit der Gewährung von Sozialhilfe auch überhaupt noch nicht zu denken gewesen. Zudem entspreche die Übertragung einer sittlichen Pflicht, weil die Mittel zum Erwerb allein aus dem Vermögen seiner Ehefrau stammten. Die formlose Vereinbarung von Mai 1999 werde daher wirksam, sobald die Eintragung seiner Ehefrau als Alleineigentümerin im Grundbuch erfolge. Die Heilung des Formmangels trete zwar nur ex nunc ein, gleichwohl komme es für die subjektive Frage des Beweggrundes doch auf den damaligen Zeitpunkt an. Selbst wenn der Eigentumsanteil aber zum einzusetzenden Vermögen nach § 88 BSHG gehören würde, so sei er jedenfalls praktisch nicht verwertbar. Es erscheine nämlich nicht realistisch, dass die von dem Beklagten befürwortete Belastung der Hälfte einer Eigentumswohnung „in Geld umgewandelt“ werden könne.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Stadt D. vom 23. September 2003 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 1. März 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger für den Zeitraum von Mai 2003 bis März 2004 Hilfe zum Lebensunterhalt in gesetzlicher Höhe und ohne Beschränkung auf die darlehensweise Gewährung zu bewilligen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen, hilfsweise für den Fall des Unterliegens Zulassung der Berufung.

17

Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend vor, es sei nicht maßgeblich, wie die Eintragung des Klägers als Miteigentümer im Grundbuch zustande gekommen sei. Entscheidend sei vielmehr, dass der Kläger mit Wissen und Wollen beider Eheleute im Grundbuch eingetragen worden sei. Für die vom Kläger behauptete Abrede für den Fall der Scheidung gebe es keinerlei stichhaltige Nachweise. Die „Erklärung“ von „im Mai 1999“ stelle lediglich eine familieninterne Abrede dar. Sie berücksichtigte weder Formvorschriften, welche an Eheverträge zu stellen wären, noch halte sie die Formvorschrift des § 311b BGB ein. Zudem hätte es nahegelegen, den Kläger gar nicht erst ins Grundbuch einzutragen, wenn er im Falle einer Scheidung seinen Miteigentumsanteil tatsächlich an seine Ehefrau hätte herausgeben sollen bzw. einen entsprechenden Vorbehalt gleich in die notarielle Urkunde aus dem Jahr 1996 aufnehmen zu lassen. Die mit notariellem Vertrag vom 5. Juli 2004 erfolgte Übertragung des hälftigen ideellen Anteils an der Eigentumswohnung auf die Ehefrau des Klägers sei wegen Sittenwidrigkeit nichtig, da der Vertrag zu Lasten des Sozialhilfeträgers abgeschlossen worden sei. Aus den §§ 2 und 6 der Urkunde gehe hervor, dass sich der Kläger im wahrsten Sinne des Wortes „arm geschenkt“ habe. Rechtsfolge des Verstoßes gegen § 138 BGB sei, dass der übertragene ideelle Anteil an der gemeinsamen Wohnung weiterhin als verwertbares Vermögen des Klägers anzusehen sei. Schließlich komme es derzeit auch nicht darauf an, ob das Grundvermögen des Klägers verwertbar sei. Es solle zunächst lediglich eine dingliche Sicherheit für die Hingabe des Darlehens darstellen, solange eine sofortige Verwertung ausscheide.

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Mit Beschluss der Kammer vom 20. September 2004 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

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Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 7. Oktober 2004 beantragt, durch Vernehmung seiner Ehefrau sowie deren Schwester Beweis zu erheben über die Frage, ob zum Zeitpunkt des Erwerbs der Eigentumswohnung „F.“ zwischen ihm und seiner Ehefrau Einigkeit darüber bestand, dass die Wohnung im Fall der Scheidung an die Ehefrau zurückübertragen werden sollte. Der Beweisantrag wurde abgelehnt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anhängen und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

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Der Kläger hat für den streitgegenständlichen Zeitraum von Mai 2003 bis März 2004 keinen Anspruch aus § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG auf Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt ohne die Beschränkung auf eine darlehensweise Bewilligung nach § 89 Satz 1 BSHG. Deshalb sind der Bescheid der Stadt D. vom 23. September 2003 und der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 1. März 2003 rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

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Sozialhilfe erhält nach § 2 Abs. 1 BSHG nicht, wer sich selbst helfen kann oder wer die erforderliche Hilfe von anderen erhält. Dieser sog. „Nachrang“ der Sozialhilfe wird in § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG konkretisiert. Anspruch auf Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt besteht danach grundsätzlich nur dann, wenn zur Bedarfsdeckung ausreichendes Einkommen (vgl. §§ 76 bis 78 BSHG) oder Vermögen (vgl. §§ 88 f. BSHG) nicht zur Verfügung steht oder dessen Einsatz nicht verlangt werden kann (Schoch, in: LPK-BSHG, 6. Aufl. 2003, § 11 Rn. 5).

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Der Kläger verfügte indessen im streitgegenständlichen Zeitraum über Vermögen in Form eines hälftigen ideellen Miteigentumanteils an einer Eigentumswohnung im Haus „F.“ in D.. Dass er sein Eigentum hieran möglicherweise durch die am 5. Juli 2004 erfolgte Auflassung und die spätere Eintragung im Grundbuch an seine frühere Ehefrau verloren haben könnte, ist demgegenüber rechtlich unerheblich.

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Sein Anteil an der Eigentumswohnung zählte nicht zum Schonvermögen nach § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG. Hiernach darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks (wozu auch Eigentumswohnungen zählen), das vom Hilfe Suchenden oder einer anderen in den §§ 11, 28 BSHG genannten Person allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird und nach seinem Tode bewohnt werden soll. Der Kläger selbst war bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung, am 21. Mai 2003, aus der ehelichen Wohnung ausgezogen, bewohnte diese also nicht mehr selbst. Da zudem die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau aufgehoben war, beide also getrennt lebten (vgl. Schoch, in: LPK-BSHG, 6. Aufl. 2003, § 11 Rn. 12), der getrennt lebende Ehegatte jedoch nicht zu dem in den §§ 11, 28 BSHG genannten Personenkreis zählt, scheidet eine Berufung auf § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG aus.

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Weiterhin liegt keine Härte i.S. des § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG vor. Hiernach darf die Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde.

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Der Begriff der Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und unterliegt im vollen Umfang der gerichtlichen Nachprüfung. Bei der Entscheidung, ob eine Härte vorliegt, ist auf die individuellen Gesichtspunkte des Einzelfalles abzustellen. Eine Härte liegt nicht schon dann vor, wenn der Hilfe Suchende das Verlangen des Sozialhilfeträgers nach Einsatz seines Vermögens als hart empfindet. Auf die subjektive Auffassung des Hilfe Suchenden kommt es insoweit nicht an. Vielmehr muss objektiv eine Härte vorliegen (Mergler/ Zink, BSHG, Stand: April 1999, § 88 Rn. 69; Oestreicher/ Schelter/ Kunz/ Decker, BSHG, Stand: Juni 2003, § 88 Rn. 23). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der die Kammer beitritt, kann der Begriff der Härte im Sinne des § 88 Abs. 3 BSHG zudem nur im Zusammenhang mit den vorangehenden Vorschriften zum Schonvermögen ausgelegt werden (BVerwGE 23, S. 149, 158 f. [BVerwG 26.01.1966 - BVerwG V C 88.64]; zustimmend: Brühl, in: LPK-BSHG, 6. Aufl. 2003, § 88 Rn. 72; Mergler/ Zink, BSHG, Stand: April 1999, § 88 Rn. 64 ff.; Oestreicher/ Schelter/ Kunz/ Decker, BSHG-Kommentar, Stand: Juni 2003, § 88 Rn. 23; Schellhorn, BSHG, 16. Aufl. 2002, § 88 Rn. 68). Die Vorschriften über das Schonvermögen sollen gewährleisten, dass die Sozialhilfe nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der vorhandenen Lebensgrundlagen führt. Dem Hilfe Suchenden (und seinen Angehörigen) soll ein gewisser Spielraum in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit erhalten bleiben. Hierdurch soll er u.a. in seinem Bestreben gefördert werden, sich von der Sozialhilfe unabhängig zu machen. Weitergehend soll verhindert werden, dass die Sozialhilfe, die im Idealfall lediglich eine vorübergehende Hilfe ist, zu einem wirtschaftlichen Ausverkauf führt, damit den Willen zur Selbsthilfe lähmt und zu einer nachhaltigen sozialen Herabsetzung führt.

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Das Ziel der Härtevorschrift des § 88 Abs. 3 BSHG kann kein anderes sein. Wenn der Gesetzgeber eine Härtevorschrift einführt, so geschieht dies nämlich regelmäßig deshalb, weil er mit den Regelvorschriften (§ 88 Abs. 2 BSHG) zwar dem dem Gesetz zugrunde liegenden Lebenssachverhalt gerecht werden kann, nicht aber einer atypischen Sachverhaltsgestaltung. Da die atypischen Fälle begriffsnotwendig nicht mit den abstrakten Merkmalen der Gesetzessprache erfasst werden können, muss der Gesetzgeber neben dem Regeltatbestand einen Ausnahmetatbestand setzen, der zwar in den einzelnen Merkmalen unbestimmt ist, bei sinngerechten Anwendung jedoch zu einem Ergebnis führt, welches dem Regelergebnis in seiner grundsätzlichen Zielsetzung entspricht. Damit wird aber auch bei der Härtevorschrift des § 88 Abs. 3 BSHG nicht von den Grundvorstellungen über den Zweck des Schonvermögens abgegangen. Vielmehr wird die abstrakte Umschreibung dessen, was Schonvermögen ist und was demnach dem einzelnen zu belassen ist, um das Ziel der Sozialhilfe zu erreichen, durch die Härtevorschrift aufgelockert (BVerwGE 23, S. 149, 158 f. [BVerwG 26.01.1966 - BVerwG V C 88.64]).

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Auf der Grundlage dieser Kriterien kann vorliegend nicht von einer, durch die Verwertung des hälftigen ideellen Anteils an der Eigentumswohnung verursachten Härte i.S. des § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG für den Kläger ausgegangen werden. Denn dem Kläger kam es, wie sein Vorbringen im gerichtlichen Verfahren und der Inhalt des am 5. Juli 2004 abgeschlossenen notariellen Übergabevertrages zeigen, während des gesamten Zeitraums allein darauf an, seiner Ehefrau das alleinige Eigentum an der Wohnung „F.“ zu verschaffen. Die Nichtberücksichtigung des seines Miteigentumanteils bei der Sozialhilfegewährung hätte also gerade nicht dem Zweck gedient, dem Kläger einen gewissen Spielraum in seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit zu erhalten. Dieser wollte sich durch die Anteilsübertragung auf seine Ehefrau vielmehr selbst seiner noch bestehenden Bewegungsfreiheit begeben.

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Für die Anwendung des § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG reicht es auch nicht aus, dass mit der Anteilsübertragung die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit der Ehefrau des Klägers gesichert werden sollte. Denn die Anwendung des § 88 Abs. 3 BSHG setzt nach dem Wortlaut der Bestimmung zwingend voraus, dass in der Person desjenigen, der das Vermögen einzusetzen hat (also der Hilfesuchende), ein Härtefall vorliegt.

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Auf die Frage der Sittenwidrigkeit der Übertragung des Anteils des Klägers an der Eigentumswohnung auf seine Ehefrau kommt es nicht an, weil der Eigentumsübergang jedenfalls erst nach Ablauf des hier allein zur Beurteilung anstehenden Zeitraums von Mai 2003 bis März 2004 erfolgte.

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Gleiches würde im Übrigen auch dann gelten, wenn man vorliegend für den gerichtlich geltend zu machenden Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe über den regelmäßig maßgeblichen Zeitraum vom Bekanntwerdens des Bedarfs (hier: 21. Mai 2003) bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids (hier: 1. März 2004) hinaus, den im Ausgangsbescheid der Stadt D. vom 23. September 2003 potentiell miterfassten Zeitraum bis zum 31. Mai 2004 einbeziehen würde. Denn auch zu diesem Datum hatte der Kläger seinen Anteil noch nicht auf seine Ehefrau übertragen. Aus diesem Grund bedurfte es nicht der Vernehmung der Ehefrau des Klägers sowie deren Schwester und der dahingehende Beweisantrag des Klägers war abzulehnen. Auf die Frage, ob zum Zeitpunkt des Erwerbs der Eigentumswohnung Einigkeit zwischen den Eheleuten darüber bestand, dass die Wohnung im Falle der Scheidung an die Ehefrau zurückübertragen werden sollte, kam es also aus Rechtsgründen nicht an.

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Nach alledem unterliegt die darlehensweise Gewährung der Sozialhilfe an den Kläger keinen rechtlichen Bedenken. Nach § 89 Satz 1 BSHG soll die Sozialhilfe als Darlehen gewährt werden, soweit nach § 88 BSHG für den Bedarf des Hilfesuchenden Vermögen einzusetzen ist, die sofortige Verwertung des Vermögens jedoch ausscheidet. Genau ein solcher Fall liegt hier vor. Denn die darlehensweise Gewährung der Hilfe zum Lebensunterhalt erfolgte in erster Linie deshalb, weil die Verwertung des im Miteigentum der Ehefrau stehenden Grundvermögens eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen würde.

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Die mit der aufschiebenden Bedingung der Bestellung einer Grundschuld zugunsten des Beklagten bezweckte dingliche Sicherung des Anspruchs auf Rückzahlung findet schließlich ihre Grundlage in § 89 Satz 2 BSHG. Danach kann die Gewährung des Darlehens davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird. Die dingliche Sicherung erfolgt bei Grundstücken regelmäßig durch Bestellung einer Hypothek oder einer Grundschuld (vgl. §§ 1113 ff., 873, 1191 ff. BGB). Lehnt der Hilfe Suchende das rechtsfehlerfreie Angebot ab, die Hilfe zum Lebensunterhalt nur als dinglich gesichertes Darlehen i.S. des § 89 BSHG zu gewähren, so ist die Verweigerung der Hilfegewährung durch den Sozialhilfeträger rechtmäßig (OVG Lüneburg, FEVS 48, S. 102; Brühl, in: LPK-BSHG, 6. Aufl. 2003, § 89 Rn. 5).

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Es liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Trägers der Sozialhilfe, ob er die Sicherung des Rückzahlungsanspruchs verlangt. Vorliegend sind insoweit keine Ermessensfehler ersichtlich. Insbesondere trägt der vom Kläger erhobene Einwand, er sei als Miteigentümer der Wohnung nicht befugt, gegen den Willen seiner Ehefrau als Miteigentümerin eine Grundschuld eintragen zu lassen, nicht. Wird das Wohnungseigentum wie hier auf Ehegatten als Mitberechtigte je zur Hälfte übertragen, so entsteht eine besondere Gemeinschaft in Ansehung des durch den Miteigentumsanteil und das damit verbundene Sondereigentum gebildeten Wohnungseigentums. Diese Gemeinschaft ist dann nicht eine solche im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes, sondern eine gewöhnliche Bruchteilsgemeinschaft im Sinne der §§ 741 ff. BGB (Pick, in: Bärmann/ Pick/ Merle, Wohnungseigentumsgesetz, 9. Aufl. 2003, § 1 Rn. 18; Weitnauer, in: ders., Wohnungseigentumsgesetz, 8. Aufl. 1995, § 3 Rn. 121). Hinsichtlich der Belastungsmöglichkeit mit einer Grundschuld stellen die §§ 1192 Abs. 1, 1114 BGB den Bruchteil eines Grundstücks mit einem Grundstück (§ 1113 BGB) gleich. Wohnungseigentum wird wie ein ganzes Grundstück behandelt, so dass § 1114 BGB ungeschmälert zur Anwendung gelangt, wenn der Bruchteil eines Wohnungseigentums belastet wird (Bassenge, in: Palandt, BGB, 63. Aufl. 2004, § 6 WEG Rn. 9; Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, 2002, § 1114 Rn. 1 f.). Zur Bestellung einer Grundschuld lediglich an einem Anteil ist der betreffende Miteigentümer daher – entgegen der Auffassung des Klägers – auch allein berechtigt (vgl. Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, 2002, § 1114 Rn. 2).

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Soweit der Kläger weitergehend geltend macht, dass der Eigentumsanteil jedenfalls praktisch nicht verwertbar sei, vermag auch dieser Einwand das Gericht nicht zu überzeugen. Insoweit ist wiederum auf den Ausgangspunkt zu verweisen, wonach Wohnungseigentum hinsichtlich des Belastung mit einer Grundschuld wie ein ganzes Grundstück behandelt wird (Wolfsteiner, in: Staudinger, BGB, 2002, Einl. zu §§ 1113 ff., Rn. 49). Bestellt aber der Miteigentümer eines Grundstücks gem. §§ 1192 Abs. 1, 1114 BGB eine Grundschuld an seinem Anteil, so erwirbt der Grundschuldgläubiger das Recht, den Anteil zu verwerten. Die Verwertung erfolgt durch Zwangsvollstreckung in den Anteil, d.h. durch Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung (§§ 864 Abs. 2, 866 Abs. 1 ZPO). Selbstverständlich müssen sich diese Maßnahmen zunächst auf den belasteten Anteil beschränken. Der Grundschuldgläubiger kann also nur den Miteigentumsanteil, nicht aber das Grundstück als solches zur Versteigerung bringen. Der Grundschuldgläubiger hat daneben aber jedenfalls auch die Möglichkeit, den Anteil selbst zu ersteigern und sodann, als Miteigentümer, die Teilungsversteigerung des Grundstücks zu betreiben (§§ 749 Abs. 1, 753 BGB, § 181 II Satz 1 ZVG; vgl. insoweit auch Langhein, in: Staudinger, BGB-Kommentar, 2002, § 747 Rn. 43 ff.; Hoffmann, JuS 1971, S. 20, 23; weitergehend sogar BGH, DB 1984, S. 2690). Vorliegend stünde einer Teilungsversteigerung des Wohnungseigentums auch die Regelung des § 11 Satz 1 WEG, wonach kein Wohnungseigentümer die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen kann, nicht entgegen. Denn bei der Übertragung des Wohnungseigentums auf mehrere zu Bruchteilen entsteht – wie bereits ausgeführt wurde - eine gewöhnliche Gemeinschaft im Sinne der §§ 741 ff. BGB. Dies hat zur Folge, dass § 11 WEG insoweit keine Anwendung findet (Weitnauer, in: ders., Wohnungseigentumsgesetz, 8. Aufl. 1995, § 3 Rn. 121).

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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 188 Satz 2 VwGO. Ihre vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.