Verwaltungsgericht Göttingen
Urt. v. 07.10.2004, Az.: 2 A 104/03

Aufenthaltsräume; Brandschutz; Ermessen; Grenzabstand; Nachbarbelang; Nutzungsunterbrechung; Nutzungsänderung; Werkstatträume

Bibliographie

Gericht
VG Göttingen
Datum
07.10.2004
Aktenzeichen
2 A 104/03
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2004, 50770
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tatbestand:

1

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks J. Weg in E. /K.. Die Beigeladenen sind Eigentümer des benachbarten Grundstücks J. Weg in der Gemarkung K.. Auf dem Grundstück der Beigeladenen befand sich zunächst (1956) ein Wohngebäude sowie ein Stall. An diesen Stall wurde im Jahre 1969 unmittelbar auf die Grundstücksgrenze eine Garage angebaut. Mit Antrag vom 06.20.1975 beantragten die Beigeladenen für das Stall- und Garagengebäude die Genehmigung für einen Erweiterungsbau. Ausweislich der Planunterlagen sollte im Erdgeschoss im Winkel des alten Stallgebäudes und der Garage ein Fertigungsraum errichtet werden und der vormalige Stall als Laden umgenutzt werden. Auf das Erdgeschoss sollte ein Obergeschoss errichtet werden, das ausweislich der Bauantragsunterlagen im östlichen, dem Grundstück der Kläger zugewandten Teil, der sich unmittelbar an der Grundstücksgrenze befindet, als Werkstatt und im westlichen Teil als Lager genutzt werden sollte. Der Werkstattraum verfügte über ein Fenster. Mit zunächst formloser Erklärung vom 25.11.1974 erklärte sich die damalige Eigentümerin des klägerischen Grundstücks mit diesen Plänen einverstanden. Dieses Einverständnis wurde unter dem 25.09.1975 notariell beurkundet und am 24.11.1975 in das Baulastenverzeichnis eingetragen.

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Am 10.10.1975 genehmigte die Beklagte die Erweiterung des Wirtschaftsgebäudes der Beigeladenen. Fortan wurde dieses Gebäude für das Imkereigewerbe der Beigeladenen genutzt, das zunächst als „Imkereibedarf“ angemeldet und ab 1993 als „Erzeugnisse der Imkerei“ geführt wurde. Wegen der in dem Gebäude im Einzelnen ausgeführten Tätigkeiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Irgendwann zwischen 1986 und 1990 zog der Sohn der Beigeladenen in das Obergeschoss des Nebengebäudes ein. Der genaue Zeitpunkt ist zwischen den Beteiligten umstritten. Der Sohn der Beigeladenen nutzte die im westlichen Gebäudeteil gelegenen Räume zu Wohnzwecken. Der Werkstattraum wurde nach den unbestrittenen Angaben der Beigeladenen zunächst weiter als solcher genutzt und gleichzeitig als Raum, in dem die Beigeladene die Buchführung des Gewerbes erledigte.

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Am 30.08.1997 zog der Sohn der Beigeladenen aus der Wohnung aus. In der Folgezeit renovierten die Beigeladenen das Dachgeschoss des Anbaus und bauten dieses um. So wurde u.a. in einen Teil des Werkstattraumes ein Bad eingebaut. Seit dem 01.01.1999 ist das Dachgeschoss des Anbaus wie folgt vermietet worden:

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- Vom 01.01.1999 bis 30.10.1999 an die Mieter L. und M.,

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- vom 01.11.1999 bis 31.05.2000 an die Mieterin N.,

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- vom 01.09.2000 bis zum 30.03.2003 an die Mieterin O. und

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- ab dem 01.05.2003 an den Mieter P..

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Ab September 1997 wiesen die Kläger gegenüber der Beklagten mehrfach darauf hin, dass das Nebengebäude der Beigeladenen zu Wohnzwecken genutzt werde. Noch im Oktober 1999 unterrichtete die Beklagte die übrigen Beteiligten dahin, dass eine Genehmigung für die Wohnnutzung nicht in Aussicht gestellt werden könne.

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Unter dem 10.01.2000 beantragten die Beigeladenen bei der Beklagten eine Baugenehmigung für die Nutzungsänderung im Nebengebäude. Nach den ursprünglichen Antragsunterlagen sollte der ehemalige Werkstattraum zum Teil dem Schlafen zum Teil als Bad dienen. Im Ergänzungsantrag vom 10.09.2001 wurde demgegenüber als Nutzungszweck der östlich gelegenen Räume „Flur“ und „Abstellraum“ angegeben.

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Mit Bescheid vom 21.09.2001 genehmigte die Beklagte das Bauvorhaben. In den Nebenbestimmungen dieses Bescheides regelte die Beklagte u.a., dass die Bereiche des Gebäudes, die sich innerhalb des 3 m-Abstandsbereiches befinden, nicht zu Aufenthaltszwecken i.S.d. § 43 NBauO genutzt werden und im Spitzboden keine Aufenthaltsräume i.S.v. § 43 NBauO eingerichtet werden dürfen. Hiergegen legten die Kläger im Wesentlichen mit der Begründung Widerspruch ein, die Auflage, der Bereich, der innerhalb des 3 m-Abstandsbereiches liege, dürfe nicht zu Aufenthaltszwecken genutzt werden, sei nicht durchsetzbar und entspreche nicht dem geltenden Recht. Ihr Grundstück werde durch das in dem östlich gelegenen Bereich vorhandene Fenster beeinträchtigt.

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Daraufhin änderten die Beigeladenen unter dem 24.06.2002 ihren Bauantrag dahingehend, dass das auf der Grenze befindliche Fenster feuerbeständig verschlossen werden soll. Gleichzeitig gaben sie eine Nutzungsänderung für die im östlichen Gebäudeteil liegenden Räume dergestalt an, dass ein Teil als Abstellraum und ein anderer Teil als Bad genutzt werden solle. Am 03.09.2002 erteilte die Beklagte eine Änderungsbaugenehmigung entsprechend den geänderten Antragsunterlagen und hob die ursprüngliche Baugenehmigung vom 21.09.2001 im Umfang dieser Genehmigung auf. Auch hiergegen erhoben die Kläger rechtzeitig Widerspruch. Zu dessen Begründung führten sie an, die vorgelegten Zeichnungen entsprächen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten. Das Gebäude werde anders genutzt, als dort vorgegeben. Entgegen der Genehmigung befänden sich im Spitzboden Wohnräume. In das Dach sei offensichtlich ebenfalls ohne Genehmigung ein großes Fenster eingebaut worden.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2003 wies die Bezirksregierung Q. die Widersprüche vom 22.10.2001 und vom 24.09.2002 zurück. Die Interessen der Kläger hätten gegenüber dem Interesse der Beigeladenen, die vorhandene Bausubstanz weiter nutzen zu können, zurückzustehen. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 NBauO könnten geringere als die in den §§ 7 bis 12 a vorgeschriebenen Abstände ausnahmsweise zugelassen werden. Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt. Den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, auch auf den Nachbargrundstücken, sei mindestens gleichwertig entsprochen. Sei die Nutzung - wie hier - planungsrechtlich zulässig, werde sie für den Nachbarn hinsichtlich des Sozialabstandes nicht dadurch unzumutbar, dass sie in einem Gebäude stattfinde, das näher an der Grenze stehe als sonst üblich, zumal die Öffnung in der Grenzwand und damit die Einsichtsmöglichkeit und die Gefahr der Brandübertragung beseitigt werde. Soweit vorgebracht werde, der Spitzboden sei vermietet und werde als Wohnraum genutzt, sei dies für die Entscheidung unbeachtlich, da nach der Baugenehmigung eine derartige Nutzung untersagt sei. Es sei auch kein weiteres Dachflächenfenster eingebaut worden. Vielmehr seien alle Fenster seit mehr als 10 Jahren vorhanden. Sie hielten den erforderlichen Abstand nach § 11 Abs. 6 DVNBauO ein.

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Hiergegen haben die Kläger am 28.02.2003 Klage erhoben.

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Sie tragen vor, sich durch die Wohnnutzung der ursprünglichen Werkstatt in ihrer Intimsphäre verletzt zu fühlen. Vor Allem das zu ihrem Grundstück ausgerichtete große Fenster begründe diese Befürchtung. Sie räumen indes ein, dass das Fenster zwischenzeitlich zugemauert worden ist. Sie seien nicht bereit, die bisher entstandenen Kosten in Höhe von 187,15 Euro zu tragen, weil nur durch ihr Eingreifen der bisher rechtswidrige Zustand beendet worden sei.

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Die Kläger beantragen,

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den Bescheid der Beklagten vom 21.09.2001 und deren Bescheid vom 03.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Q. vom 24.01.2003 aufzuheben.

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Die Beklagte und die Beigeladenen beantragen,

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die Klage abzuweisen.

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Sie treten dem klägerischen Vorbringen unter Verweis auf die angefochtenen Bescheide entgegen und ergänzen, dass eine andere als eine Wohnnutzung in den fraglichen Räumen nicht möglich sei, da die Räume für den Imkereibetrieb der Beigeladenen nicht mehr benötigt würden. Von der Wohnnutzung gingen geringere Beeinträchtigungen des klägerischen Grundstücks aus, als von der vorherigen gewerblichen Nutzung. Die von den Klägern kritisierte Auflage sei durchsetzbar, da nach den Planunterlagen und der daraufhin ergangenen Baugenehmigung im fraglichen Gebäudebereich nur ein Abstellraum und ein Bad vorgesehen und dementsprechend genehmigt worden seien.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitsandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Bescheid der Beklagten vom 21.09.2001 in der Gestalt der Änderungsbaugenehmigung vom 03.09.2002 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Q. vom 24.01.2003 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

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Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 03.09.2002 ist gemäß § 75 Abs. 1 NBauO rechtmäßig, weil sie dem öffentlichen Baurecht entspricht und deshalb zu erteilen war.

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Die von den Beigeladenen vorgenommene Nutzungsänderung des Obergeschosses ihres Nebengebäudes ist als Baumaßnahme i.S.v. § 2 Abs. 5 NBauO genehmigungsbedürftig, weil sie nicht durch § 69 Abs. 4 Nr. 1 NBauO genehmigungsfrei gestellt ist. Danach bedarf die Änderung der Nutzung einer baulichen Anlage nur dann nicht der Genehmigung, wenn das öffentliche Baurecht an die bauliche Anlage in der neuen Nutzung keine anderen oder weitergehenden Anforderungen stellt. Dies ist nicht der Fall, weil die Wohnnutzung andere Anforderungen an das Gebäude stellt als die vormalige Nutzung als Werkstatt.

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Grenzabstandsvorschriften stehen der Baumaßnahme nicht entgegen. Zwar hält die unmittelbar auf der Grenze zum Grundstück der Kläger befindliche Bebauung den Mindestgrenzabstand von 3 m (§ 7 Abs. 3 und § 7 a Abs. 1 NBauO) nicht ein, und ist auch die Regelung über die Grenzbebauung in § 8 NBauO nicht einschlägig; erfüllt ist jedoch der Ausnahmetatbestand des § 13 Abs. 1 Nr. 4 NBauO, nach dem geringere als die in den §§ 7 bis 12 a vorgeschriebenen Abstände ausnahmsweise zugelassen werden können zur Durchführung von Nutzungsänderungen in Baudenkmalen sowie in sonstigen Gebäuden mit genehmigten Aufenthaltsräumen.

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Durch die den Beigeladenen unter dem 10.11.1975 erteilte Baugenehmigung wurde diesen für das Nebengebäude ein Aufenthaltsraum genehmigt. Gemäß § 43 Abs. 1 NBauO sind Aufenthaltsräume Räume, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind oder nach Lage, Größe und Beschaffenheit für diesen Zweck benutzt werden können. Zu diesen Räumen gehören auch Werkstatträume (Lindorf in: Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 7. Aufl., § 43 Rnr. 9; OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.1994 - 6 L 4748/92 -).

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Die Beklagte hat mit der angefochtenen Baugenehmigung vom 03.09.2002, die insoweit die ursprüngliche Baugenehmigung vom 21.09.2001 korrigiert, den Erfordernissen des Brandschutzes gemäß § 13 Abs. 2 S. 2 NBauO genügt. Denn sie verpflichtet die Beigeladenen dazu, das zum Grundstück der Kläger gelegene Fenster zuzumauern. Dies ist mittlerweile wie genehmigt geschehen.

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Zutreffend ist die Beklagte auch davon ausgegangen, dass eine Nutzungsänderung i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 4 NBauO stattgefunden hat. Die Nutzungsänderung ist von einer neuen Nutzung eines verlassenen Gebäudes, die baurechtlich einem grenzabstandspflichtigen Neubau gleich zu achten ist, abzugrenzen (OVG Lüneburg, Beschl. v. 25.04.1994

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- 6 M 1826/94 -, BRS 56, Nr. 112). Mit dem Gesetzesbegriff der Nutzungsänderung ist der Wechsel von einer bisher ausgeübten baulichen Nutzung zu einer neuen andersartigen Nutzung gemeint. Dabei muss die Beendigung der bisherigen und der Beginn der neuen Nutzung einen einheitlichen Lebensvorgang darstellen, die Altnutzung also bis zur Aufnahme der neuen andauern (OVG Lüneburg, a.a.O., m.w.N.).

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Es kann vorliegend offen bleiben, ob, wie in der zitierten Entscheidung ausgeführt, eine Nutzungsunterbrechung von mehr als 2 Jahren oder erst, wie in neueren Entscheidungen ausgeführt (vgl. Beschl. v. 07.03.2000 - 1 M 482/00 -; Beschl. v. 01.09.2004

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- 1 LA 213/04 -), von 3 Jahren, die Annahme einer Nutzungsänderung ausschließt. Denn eine etwa eingetretene Nutzungsunterbrechung hat nicht mehr als 2 Jahre gedauert.

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Nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben der Beigeladenen ist der streitbefangene Werkstattraum im östlichen Bereich des Dachgeschosses zu diesem Zweck auch noch während der Zeit genutzt worden, während der der Sohn der Beigeladenen die westlich gelegenen Räume zu Wohnzwecken nutzte. Der Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, welche Arbeiten er dort oben verrichtet hat. Auch die Beigeladene hat dort im Zusammenhang mit dem Imkereigewerbe gearbeitet und zwar die Buchführung gefertigt. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Die Kammer kann offen lassen, ob diese Buchführungsarbeiten tatsächlich bis ins Jahre 1998 fortgesetzt worden sind, wie dies die Beigeladene dargelegt hat. Dem steht möglicherweise entgegen, dass die Beigeladenen vorgetragen haben, nach dem Auszug des Sohnes sei das Dachgeschoss renoviert und umgebaut worden. Es fällt schwer anzunehmen, dass während dieser Umbau- und Renovierungsarbeiten gleichzeitig Buchführungsarbeiten dort erledigt worden sind. Die Kammer kann diese Frage deshalb offen lassen, weil die Dachgeschossräume jedenfalls bis zum unstreitig am 01.09.1997 erfolgten Auszug des Sohnes der Beigeladenen als Werkstatt genutzt wurden und danach nur bis zum 01.01.1999, dem Datum des Einzuges der Mieter L. und M., d.h. für insgesamt sechzehn Monate leer gestanden haben. Nach der für die Betrachtung maßgeblichen Verkehrsauffassung kann bei einer derart kurzen Nutzungsunterbrechung gerade auch in Ansehung der stattfindenden Renovierungs- und Umbauarbeiten, nicht davon ausgegangen werden, dass die Nutzung des Gebäudes aufgegeben worden ist. Bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Q. vom 24.01.2003, der für diese Anfechtungsklage den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage darstellt, sind die Räume durchgehend vermietet gewesen. Eine Nutzungsaufgabe kann infolge dessen auch für einen späteren Zeitpunkt nicht angenommen werden.

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Liegen somit die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Ausnahmegenehmigung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 NBauO vor, können sich die Kläger auch nicht auf einen von der Beklagten zu ihren Lasten begangenen Ermessensfehler berufen.

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Im Rahmen der bei Anwendung dieser Vorschrift vorzunehmenden Ermessensausübung hat die Baubehörde die nachbarlichen Belange gebührend zu berücksichtigen. Dies ist hier geschehen.

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Zum Einen hat die Beklagte Brandschutzbelange, wie dargelegt, und damit Belange der Kläger, dergestalt beachtet, dass sie die angefochtene Baugenehmigung mit der Auflage erteilt hat, das in dem ehemaligen Werkstattraum befindliche Fenster zuzumauern. Daneben hat die Beklagte zutreffend ausgeführt, dass mit der Änderung der Nutzung „Werkstatt“ in „Abstellraum“ und „Bad“ im Bauwichbereich im Vergleich zur vorherigen Situation keine Verschlechterung eintrete. Im Gegenteil rückten die lärmimitierenden Aufenthaltsräume um 3 m aus der Grundstücksgrenze heraus, weil in dem fraglichen Bereich lediglich ein Abstellraum beantragt und genehmigt sei. Diese Erwägung ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. hierzu OVG Lüneburg, Urt. v. 29.04.1994, a.a.O.). Die den Beigeladenen 1975 erteilte Baugenehmigung berechtigte diese zu einer Nutzung des fraglichen Raumes als Werkstatt. Die von einer Werkstatt ausgehenden Lärmimmissionen sind weitaus höher als die von einer Nutzung als Abstellraum bzw. Bad ausgehenden Immissionen. Zwar hat der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass die von ihm dort vorgenommenen Arbeiten nicht besonders lärmintensiv gewesen sind, weshalb die Kläger davon auch nicht viel gehört haben. Abstrakt gesehen wäre es baurechtlich und innerhalb der zulässigen Grenzwerte auch sonst rechtlich zulässig gewesen, deutlich lärmintensivere Werkstattätigkeiten in dem fraglichen Raum auszuführen. Nur auf die Frage der abstrakten baurechtlichen Zulässigkeit einer Nutzung kommt es bei dem hier anzustellenden Vergleich der Nutzungen und ihrer möglichen Immissionen an.

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Entgegen der Annahme der Kläger leidet die angefochtene Verfügung der Beklagten auch nicht deshalb an einem Rechtsmangel, weil sie nicht durchsetzbar wäre. Dieser Einwand mag gegenüber der ursprünglichen Baugenehmigung vom 21.09.2001 berechtigt gewesen sein, die eine Nutzung zu Aufenthaltszwecken innerhalb von 3 m zur Grenze verbot und das vorhandene Fenster unangetastet beließ (vgl. zu einem ähnlichen Fall VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -). Nach der Baugenehmigung in der Fassung vom 03.09.2002 sind jedoch sowohl das Fenster zuzumauern als auch der dahinter liegende Raum nur als Abstellraum zu nutzen. Mit dieser Maßgabe lässt sich die Baugenehmigung einerseits sowohl vollziehen wie sie sich andererseits mit den tatsächlichen Verhältnissen deckt, weil ein Raum, der über keine natürliche Beleuchtung verfügt, für eine Nutzung zu Wohnzwecken ungeeignet ist.

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Schließlich wenden die Kläger zu Unrecht ein, der Spitzboden des fraglichen Gebäudes werde zu Wohnzwecken genutzt. Abgesehen davon, dass diese Behauptung auf Vermutungen beruht, trägt sie für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Baugenehmigungen deshalb nichts aus, weil eine derartige Nutzung durch die angefochtenen Bescheide gerade untersagt wird.

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Ohne dass es für die Entscheidung darauf ankommt weist die Kammer darauf hin, dass die Kläger ihr Klageziel, von den Kosten des Widerspruchsverfahrens befreit zu werden, mit dieser Klage nicht, bzw. nur hätten erreichen können, wenn die Klage erfolgreich gewesen wäre. Es mag zutreffen, dass die ursprünglich baurechtswidrige Situation auf dem Grundstück der Beigeladenen nur durch Intervention der Kläger beseitigt worden ist. Es muss jedoch auch bedacht werden, dass der baurechtswidrige Zustand, wie dargelegt, mit der Nachtragsbaugenehmigung vom 3. September 2002 endete. Wenn die Kläger das Verfahren gleichwohl weiter betreiben, haben sie auch das Kostenrisiko zu tragen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen entspricht der Billigkeit, weil sie einen Antrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.