Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.08.2003, Az.: 11 K 90/00
Abführen von einen Beitragsnachlaß; Steuerfreie Beihilfen; Gewährung des Krankenversicherungsschutzes zu ermäßigten Beiträgen
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 21.08.2003
- Aktenzeichen
- 11 K 90/00
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 19299
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:2003:0821.11K90.00.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - 28.10.2004 - AZ: VI B 176/03
Rechtsgrundlagen
- § 14 SGB V
- § 3 Nr. 11 EStG
- § 3 Nr. 62 EStG
Fundstelle
- EFG 2004, 114-116
Redaktioneller Leitsatz
Durch die Gewährung des Krankenversicherungsschutzes zu ermäßigten Beiträgen wendet eine gesetzliche Krankenkasse ihren beihilfeberechtigten Dienstordnungsangestellten steuerpflichtigen Lohn zu. Dass die Beitragsermäßigung im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Krankenkasse gewährt wird, ändert daran nichts.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Beitragsnachlass, den die Klägerin ihren so genannten Dienstordnungsangestellten gewährt, der Lohnsteuer zu unterwerfen ist.
Die Klägerin beschäftigt Dienstordnungsangestellte (§ 351 Reichsversicherungsordnung - RVO), die beamtenähnlichen Status haben. Sie sind in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht versicherungspflichtig, sondern haben einen Anspruch auf Beihilfe gegen die Klägerin. Nachdem der Gesetzgeber zum 01.01.1989 in § 14 Sozialgesetzbuch (SGB) V den gesetzlichen Krankenkassen die Möglichkeit eingeräumt hatte, in ihren Satzungen für die Dienstordnungsangestellten auf die Höhe des Beihilfeanspruchs abgestimmte Ansprüche auf Teilkostenerstattungen vorzusehen, nahm die Klägerin eine solche Regelung in § 14 ihrer Satzung auf. Die Vorschrift sieht allerdings keine Teilkostenerstattung der Klägerin auf ihr von Dienstordnungsangestellten eingereichte Rechnungen der Leistungserbringer vor. Vielmehr treten an die Stelle des Anspruchs auf Teilkostenerstattung und auf Beihilfe die nach dem SGB V und der RVO vorgesehenen Kassenleistungen (§ 14 Abs. 4 der Satzung). Der Beitrag, den die Dienstordnungsangestellten hierfür zu entrichten haben, beträgt 50 v. H. des Beitragssatzes für freiwillige Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld (§ 16 Abs. 7 der Satzung). Die Satzung wurde vom Niedersächsischen Sozialministerium genehmigt. Dieüberwiegende Zahl der Dienstordnungsangestellten der Klägerin, aber nicht alle, haben mit der Klägerin eine den §§ 14 Abs. 4 und 16 Abs. 7 der Satzung entsprechende Vereinbarung getroffen. Die Klägerin schrieb den Beiträgen der Dienstordnungsangestellten entsprechende "pauschale Beihilfebeträge" einem Verrechnungskonto gut, dessen Bestand am Jahresende ausgabemindernd in die Leistungskonten eingebucht wurde.
Der Beklagte (das Finanzamt) sah im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01.01.1994 bis 30.11.1997 in dem hälftigen Beitragsnachlass, der den Dienstordnungsangestellten im Vergleich zu den übrigen freiwillig Versicherten gewährt wurde, einen lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmerrabatt, bewertete ihn nach § 8 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) und nahm die Klägerin - mit ihrer Zustimmung anstelle der Arbeitnehmer - für die insoweit nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer mit Bescheid vom 28.04.1998 gemäß § 42 d EStG in Haftung. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren (Einspruchsbescheid vom 21.01.2000) die Klage.
Die Klägerin meint, der Beitragsnachlass sei kein Arbeitslohn. Es bestehe ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse der Klägerin daran, durch den Nachlass zu verhindern, dass sich die Dienstordnungsangestellten bei einer mit der Klägerin im Wettbewerb stehenden privaten Krankenversicherung versicherten. Mit der Einführung des § 14 SGB V habe der Gesetzgeber dieses Interesse der Klägerin anerkannt. Die Leistungserbringer könnten für die Versorgung der freiwillig in der GKV versicherten Dienstordnungsangestellten nur nach den niedrigeren Kassensätzen abrechnen, wodurch die Klägerin Geld spare. Das störende Nebeneinander zweier unterschiedlicher Abrechnungsverfahren entfalle. Die Teilkostenerstattung des § 14 SGB V sei nicht praktikabel. Eine Erstattung der Privatliquidationen von Ärzten durchbräche das in der GKV grundsätzlich anzuwendende Solidarprinzip und wäre sozialpolitisch unhaltbar. Müsste die Klägerin den Dienstordnungsangestellten Beihilfe im Wege der Einzelfallabrechnung leisten, würde dies auch deshalb erheblich teurer, weil dann ca. 10 weitere Bearbeiter eingestellt werden müssten. Sollte die Klägerin Teilkostentarife, wie in§ 14 SGB V vorgesehen, anbieten, würden die Dienstordnungsangestellten weiterhin zu privaten Krankenversicherern abwandern, weil die Klägerin auf dem Gebiet der privaten Krankenversicherung nicht konkurrenzfähig sei.
Es fehle auch an einer Vermögensmehrung bei den Dienstordnungsangestellten. Ihr Beitrag entspreche dem, was sie im Fall der Inanspruchnahme von Beihilfe für die ergänzende private Krankenversicherung aufzuwenden hätten.
Zumindest sei der Nachlass nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Es sei nicht einzusehen, warum die Beihilfeleistungen an Beamte nach dieser Vorschrift steuerfrei blieben und das zu einem wirtschaftlich vergleichbaren Ergebnis führende von der Klägerin praktizierte Verfahren steuerpflichtig sein solle. Die Unterscheidung zwischen im Einzelfall gewährten Beihilfen, die steuerfrei gezahlt werden könnten, und laufend gezahlten Beihilfen, die als steuerpflichtig behandelt würden, finde im Gesetz keine Stütze.
Steuerfreiheit bestehe zudem nach § 3 Nr. 62 EStG. Die durch § 14 SGB V zugelassenen, vom Niedersächsischen Sozialministerium genehmigten§§ 14 Abs. 4 und 16 Abs. 7 der Satzung begründeten eine auf gesetzlicher Ermächtigung beruhende Verpflichtung, die streitigen Ausgaben für die Zukunftssicherung der Dienstordnungsangestellten zu leisten. Dies betreffe auch die Zahlungen der Klägerin als Arbeitgeberin an ihre Leistungsabteilung.
Zumindest sei die Inanspruchnahme der Klägerin ermessensfehlerhaft. Sie habe auf die Genehmigung der Satzung durch das Niedersächsische Sozialministerium vertrauen dürfen. Dass das Finanzamt bei der Steuerberechnung nicht einen Freibetrag in Höhe des Vierfachen des Regelsatzes der Sozialhilfe aus dem Gebot der Gleichbehandlung steuerfrei belassen habe, mache den Haftungsbescheid rechtswidrig bzw. ermessensfehlerhaft.
Das vom Finanzamt herangezogene BFH-Urteil vom 01.12.1995 (VI R 76/91, BStBl II 1996, 239) und die in dem Urteil in Bezug genommenen weiteren BFH-Urteile seien überholt, da sie Sachverhalte beträfen, die in den Jahren vor dem Inkrafttreten des§ 14 SGB V verwirklicht worden seien.
Die Klägerin beantragt,
den Haftungsbescheid für 1994 bis 1997 vom 28.04.1998 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 21.01.2000 aufzuheben,
hilfsweise,
den Beklagten zu verurteilen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts die Klägerin neu zu bescheiden.
Der Beklagte hält an seiner Rechtsauffassung fest und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Haftungsbescheid ist rechtmäßig. Die Klägerin haftet als Arbeitgeberin gemäß § 42 d Abs. 1 Nr. 1 EStG für die auf die gewährten Beitragsnachlässe entfallende Lohnsteuer, die sie einzubehalten (§ 38 Abs. 3 EStG) und abzuführen (§ 41 a Abs. 1 EStG) hatte. Die Beitragsnachlässe stellen Vorteile dar, die den Dienstordnungsangestellten für die Beschäftigung bei der Klägerin gewährt werden. Die Klägerin hat den Dienstordnungsangestellten durch die Gewährung des Krankenversicherungsschutzes zu ermäßigten Beiträgen steuerpflichtigen Lohn zugewendet (vgl. BFH-Urteil vom 01.12.1995 VI R 76/91, BFHE 179, 312, BStBl II 1996, 239).
1.
Die Annahme einer Lohnzuwendung in Form der teilweisen Beitragsfreiheit des Krankenversicherungsschutzes scheitert nicht daran, dass die Beitragsermäßigung - wie die Klägerin meint - in ihrem überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt worden ist. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen. Vorliegend war die Klägerin aber verpflichtet, bei Krankheit ihrer Dienstordnungsangestellten Beihilfe zu leisten und damit eine bestimmte Lohnzuwendung zu erbringen. Wenn sie im Einverständnis mit ihren Dienstordnungsangestellten ihrer Verpflichtung aus dem Dienstverhältnis nunmehr dadurch nachkommt, dass statt der Beihilfeleistung verbilligt Versicherungsschutz gewährt wird, so ändert dies am Entlohnungscharakter nicht deshalb etwas, weil die Gewährung von Versicherungsschutz für die Klägerin einfacher und kostengünstiger ist als das Beihilfesystem. Für die Beantwortung der Frage, ob der Arbeitnehmer eine Einnahme erlangt hat, kommt es nicht darauf an, ob und in welcher Höhe der Arbeitgeber selbst Aufwendungen hatte; entscheidend ist allein, ob die Leistung des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer einen Wert hat (siehe § 8 EStG; vgl. zum Ganzen BFH in BFHE 179, 312, BStBl II 1996, 239 [BFH 01.12.1995 - VI R 76/91] m.w.N.).
An dieser Bewertung hat sich durch die Einführung des§ 14 SGB V nichts geändert. Der Senat sieht zwar durchaus das eigenbetriebliche Interesse der Klägerin, zu verhindern, dass sich ihre Dienstordnungsangestellten bei privaten Wettbewerbern versichern, weil dadurch der Eindruck entstehen kann, den eigenen Beschäftigten sei der Krankenversicherungsschutz bei der Klägerin zu teuer oder nicht gut genug. Eine Versicherung bei der Klägerin erhält zudem die Betriebsverbundenheit und vermeidet Loyalitätskonflikte (Höfler in Kasseler Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 14, 2 m.w.N.). Es mag auch sein, dass der Gesetzgeber dieses Interesse der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung durch die Neuregelung des§ 14 SGB V anerkannt hat.
Der streitige Beitragsnachlass ist aber keine notwendige Begleiterscheinung der Zielsetzung, die Dienstordnungsangestellten dazu zu bringen, sich bei ihren Arbeitgebern zu versichern. Notwendig wäre er nur dann, wenn es keine andere Möglichkeit gäbe, das gesteckte Ziel zu erreichen. Die Klägerin hätte ihr Ziel aber auch dadurch erreichen können, dass sie den Dienstordnungsangestellten auf die Beihilfeansprüche abgestimmte Teilkostenerstattungstarife angeboten hätte. Wäre sie so verfahren, wie es§ 14 SGB V vorsieht, wäre keine Lohnsteuer angefallen. Die Beihilfeleistungen wären steuerfrei gemäß § 3 Nr. 11 EStG, die Versicherungsleistungen erfüllten bereits nicht den Tatbestand einer Einkunftsart oder wären nach § 3 Nr. 1 a EStG steuerfrei. Dass das von der Klägerin gewählte Verfahren einfacher und kostengünstiger ist, macht es noch nicht notwendig. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die organisatorischen oder wirtschaftlichen Zwänge so groß sind, dass die Klägerin das übliche Beihilfesystem nicht anbieten kann. Andere Arbeitgeber mit beihilfeberechtigten Beschäftigten schaffen das, und zwar selbst dann, wenn sie sonst keine Berührung mit dem Gesundheitswesen haben.
Weshalb die Klägerin bei der Einführung von Teilkostentarifen nicht mit privaten Krankenversicherern erfolgreich konkurrieren können soll, ist auch nicht nachzuvollziehen. Da die Leistungserbringer die Behandlung von Dienstordnungsangestellten, die einen Teilkostenerstattungstarif haben, nur nach den niedrigeren Kassensätzen abrechnen können, weil § 14 SGB V Bestandteil der gesetzlichen Krankenversicherung ist (Höfler in Kasseler Kommentar zum Sozialrecht, SGB V, § 14, 11), müsste die Klägerin - unter sonst gleichen Bedingungen - in der Lage sein, den Versicherungsschutz zu niedrigeren Beiträgen als private Krankenversicherer anzubieten.
Der Beitragsnachlass führt auch zu einer Vermögensmehrung bei den Dienstordnungsangestellten. Abzustellen ist allein auf den verbilligten Versicherungsschutz, der einen geldwerten Vorteil darstellt. Eine saldierende Betrachtungsweise auf der Ebene der Dienstordnungsangestellten, die - nach der vom Senat nicht überprüften Behauptung der Klägerin - bei ihrem Verfahren für die kostenfreie Inanspruchnahme des Gesundheitswesens nicht weniger zahlten als bei der normalen Beihilfegewährung für die private Krankenversicherung, ist nicht möglich. Entscheidend ist, welchen Lohn die Klägerin zahlt. Hier wendet sie ihren Dienstordnungsangestellten neben dem Barlohn in Form des Beitragsnachlasses bei der freiwilligen Krankenversicherung, den andere freiwillig Versicherte nicht erhalten, weiteren Lohn zu. Die Dienstordnungsangestellten sind dadurch bereichert. Ihr Lohn wird nicht durch die hypothetische Einkommensverwendung für eine private Krankenversicherung gemindert.
2.
Der Beitragsnachlass ist steuerpflichtig, da keine Befreiungsvorschrift eingreift.
a)
Die Steuerfreiheit ergibt sich nicht aus § 3 Nr. 11 EStG. Gemäß § 3 Nr. 11 EStG gehören u.a. Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die wegen Hilfsbedürftigkeit bewilligt werden, nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Hilfsbedürftigkeit im Sinne dieser Vorschriften ist bei laufenden Bezügen an natürliche Personen in der Regel nur gegeben, wenn entsprechend § 53 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) die Einkünfte der die Zuwendungen empfangenden Personen insgesamt das Vierfache des Regelsatzes der Sozialhilfe nicht übersteigen (Schmidt/Heinicke, EStG, § 3 "Hilfsbedürftigkeit"). Die betroffenen Dienstordnungsangestellten sind nicht in diesem Sinne hilfsbedürftig.
Darüber hinaus bleiben bei Personen mit höherem Einkommen Bezüge aus öffentlichen Mitteln steuerfrei, wenn sie in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen im Einzelfall gewährt werden. Aus diesem Grund sind die Beihilfen und Unterstützungen, die anöffentlich Bedienstete gewährt werden, nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Im Streitfall erbringt die Klägerin die verbilligten Versicherungsleistungen nicht im Einzelfall, sondern regelmäßig und unabhängig von besonderen Krankheits- oder Unglücksfällen. Es handelt sich demnach nicht um steuerfreie Beihilfen im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG. Allein der Zweck des Versicherungsschutzes, die Klägerin von der Verpflichtung zur Leistung von Beihilfen freizustellen, macht den Beitragsnachlass nicht zur steuerfreien Beihilfe im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG, wenn die übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt sind (BFH-Urteil vom 27.04.1973 VI R 154/69, BFHE 109, 242, BStBl II 1973, 588).
Die gegen diese Rechtsprechung vorgebrachten Einwände können das Klagebegehren nicht stützen. Wenn es um die Steuerfreiheit laufender Zuwendungen wegen Hilfsbedürftigkeit der Empfänger aus wirtschaftlichen Gründen geht, kann die Hilfsbedürftigkeit nur nach den übrigen Bezügen der Empfänger und ihrer Vermögenslage bestimmt werden. Damit ist nicht zu vereinbaren, das Vierfache des Regelsatzes, wie von der Klägerin begehrt, als Freibetrag für die Beitragsnachlässe anzusehen. Hierfür fehlt die Rechtsgrundlage. Wer nicht hilfsbedürftig ist, kann keine nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfreien Zuwendungen erhalten.
Dass Beihilfen im Einzelfall in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen ohne weitere Prüfung der Hilfsbedürftigkeit der Empfänger nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei belassen werden, ist für den Streitfall ohne Bedeutung. Sollte die Behandlung der Beihilfen im Einzelfall falsch sein, was hier nicht zu entscheiden ist, wären Beihilfen im Einzelfall steuerpflichtig auszuzahlen. Für die Steuerfreiheit laufender Bezüge ergäben sich daraus keine Folgerungen.
Sollte die steuerliche Behandlung der Beihilfen im Einzelfall richtig sein, wäre der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG -) nicht dadurch verletzt, dass der Beitragsnachlass nicht steuerfrei bleibt. Die Annahme der Klägerin,über das Erfordernis der Hilfsbedürftigkeit werde bei der steuerlichen Beurteilung von Beihilfen im Einzelfall "hinweggesehen", trifft nicht zu. Vielmehr geht die Rechtsprechung davon aus, Beihilfen im Einzelfall dienten der Behebung einer akuten Notlage (BFH-Urteil vom 13.08.1971 VI R 171/68, BFHE 103, 350, BStBl II 1972, 57) bzw. in allen Krankheits-, Geburts- und Todesfällen sei eine Hilfsbedürftigkeit anzunehmen (BFH in BFHE 109, 242, BStBl II 1973, 588 [BFH 27.04.1973 - VI R 154/69]). Die hier streitigen Beitragsnachlässe werden hingegen laufend und damit unabhängig von einer akuten Notlage oder von Krankheits-, Geburts- und Todesfällen gewährt.
Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird nicht dadurch verletzt, dass nach dem vom Senat nicht geprüften Vortrag der Klägerin den Beamten und beamtenähnlichen Mitarbeitern der Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG und Telekom AG Beihilfeleistungen in Form von Zuschüssen zu Krankenversicherungseinrichtungen steuerfrei erbracht werden sollen. Sollte es sich tatsächlich um ein mit den hier zu beurteilenden Beitragsnachlässen vergleichbares Verfahren handeln, in dem nicht im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG hilfsbedürftigen Steuerpflichtigen laufende Bezüge zufließen, wären die Bezüge nicht steuerfrei. Durch die Verweisung in § 3 Nr. 35 EStG auf § 3 Nr. 11 bis 13 EStG ist die Rechtslage für die angeführten Beschäftigten mit der der Dienstordnungsangestellten identisch. Die steuerfreie Gewährung geldwerter Vorteile wäre daher rechtswidrig. Selbst wenn der Vortrag der Klägerin zuträfe, könnte die Klägerin daraus aber nichts herleiten, weil ein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht nicht anzuerkennen ist.
An der Steuerpflicht ändert auch nichts, dass die Beitragsnachlässe ersatzweise statt steuerfreier Beihilfeleistungen gewährt werden. Die Klägerin und ihre Dienstordnungsangestellten sind in ihrer Vertragsgestaltung frei. Sie haben die Möglichkeit, im Rahmen des vorgegebenen Beihilfesystems steuerbefreite Leistungen zu gewähren bzw. zu empfangen; wenn sie - wie im Streitfall - hiervon keinen Gebrauch machen und stattdessen verbilligten Krankenversicherungsschutz vereinbaren, so müssen sie die steuerrechtlichen Folgen in Kauf nehmen (vgl. BFH in BFHE 179, 312, BStBl II 1996, 239 [BFH 01.12.1995 - VI R 76/91]).
b)
Die Steuerfreiheit der Beitragsnachlässe ergibt sich auch nicht aus § 3 Nr. 62 EStG. Nach dieser Vorschrift sind Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitnehmers steuerfrei, soweit der Arbeitgeber dazu nach sozialversicherungsrechtlichen oder anderen gesetzlichen Vorschriften oder nach einer auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung verpflichtet ist.
Selbst wenn der Beitragsnachlass als Ausgabe im Sinne des § 3 Nr. 62 EStG zu werten wäre, ist die Vorschrift im Streitfall nicht anwendbar. Sie setzt eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers voraus, Ausgaben für die Zukunftssicherung seiner Arbeitnehmer zu leisten. Inhalt der gesetzlichen Verpflichtung muss demnach die Zukunftssicherung der Arbeitnehmer sein. Eine Pflicht dieses Inhalts enthält § 14 SGB V jedoch nicht. Diese Vorschrift bestimmt lediglich, dass die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung befugt sind, in Abkehr vom grundsätzlich gegebenen Sachleistungsprinzip ihren Dienstordnungsangestellten eine für die gesetzliche Krankenversicherung untypische besondere Versicherungsform mit teilweiser Kostenerstattung anzubieten. § 14 SGB V enthält eine Kann-Regelung und begründet damit keine gesetzliche Pflicht. Daranändern auch die Regelung in § 14 Abs. 4 der Satzung und die Genehmigung der Satzung durch das Niedersächsische Sozialministerium nichts.
§ 14 der Satzung ist auch keine auf gesetzlicher Ermächtigung (§ 14 SGB V) beruhende Bestimmung, die die Klägerin verpflichten würde, gegenüber den Dienstordnungsangestellten Zukunftssicherungsleistungen zu erbringen. Die Verpflichtung, Versicherungsschutz zu gewähren, wird erst durch den freiwilligen Beitritt der Dienstordnungsangestellten zu der Versicherung begründet.
Da der Lohnzufluss bereits in der Gewährung verbilligten Versicherungsschutzes zu erblicken ist, kommt es auf die Frage, ob die Umbuchung der Bestände der Verrechnungskonten auf die Leistungskonten am Jahresende einen Lohnzufluss bewirkt und dieser nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei ist, nicht an.
3.
Ermessensfehler des Finanzamts bei Erlass des Haftungsbescheids sind nicht ersichtlich.
Der Inanspruchnahme - anstelle der Arbeitnehmer - hat die Klägerin ausdrücklich zugestimmt.
Es ist auch nicht ermessensfehlerhaft, dass der Beklagte trotz § 14 SGB V, § 14 der Satzung und der Genehmigung der Satzung durch das Niedersächsische Sozialministerium den Haftungsbescheid erlassen hat. Diese Umstände sind steuerlich ohne Bedeutung. Eine ausdrückliche oder konkludente Zusage einer bestimmten steuerlichen Behandlung der Beitragsnachlässe durch das Ministerium hat es nicht gegeben, sodass sich die Frage, welche Bedeutung ihr beizulegen wäre, nicht stellt.
Ebenfalls nicht zu beanstanden ist es, dass der Beklagte nicht im Wege der Ermessensausübung einen Freibetrag in Höhe des vierfachen Regelsatzes der Sozialhilfe bei der Berechnung des geldwerten Vorteils der einzelnen Dienstordnungsangestellten abgezogen hat. Der vierfache Regelsatz der Sozialhilfe bestimmt die Grenze der Hilfsbedürftigkeit in § 3 Nr. 11 EStG. Hieraus einen im Gesetz nicht vorgesehenen und deshalb im Ermessenswege anzusetzenden Freibetrag für Nicht-Hilfsbedürftige ableiten zu wollen, ist nicht möglich.
4.
Fehler bei der Berechnung der Lohnsteuer, für die Klägerin haften soll, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
5.
Der Senat sieht keinen Grund, die Revision zuzulassen. Die Rechtslage ist durch die Rechtsprechung des BFH geklärt.§ 14 SGB V hat für die steuerliche Behandlung der Beitragsnachlässe keine Bedeutung.
6.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.