Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.09.1999, Az.: 6 K 678/96

Angemessenheit eines Geschäftsführergehalts und diesbezüglicher Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
21.09.1999
Aktenzeichen
6 K 678/96
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 18010
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1999:0921.6K678.96.0A

Tenor:

Die Bescheide über Körperschaftsteuer 1993 und 1994 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 29. Oktober 1996 werden geändert und die Steuer unter Außerachtlassung einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 16.014,00 DM für 1993 und 33.424,00 DM für 1994 anderweitig niedriger festgesetzt. Die Berechnung der Steuer wird dem Finanzamt übertragen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 80 v.H. und der Beklagte zu 20 v.H.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in der Höhe der dem jeweiligen Vollstreckungsgläubiger zu erstattenden Kosten abwenden, wenn dieser nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in der selben Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Angemessenheit des Geschäftsführergehalts und daraus folgend um den Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA).

2

Gegenstand der 1984 gegründeten Klägerin ist der Betrieb eines Malerfachbetriebes sowie der Handel mit artverwandten Gegenständen. Das Stammkapital beträgt 50.000,00 DM; alleiniger Gesellschafter ist Herr ... K... . Seit Gründung der Klägerin ist dieser alleiniger, von den Beschränkungen nach § 181 BGB befreiter Geschäftsführer.

3

Die Umsätze der Klägerin betrugen nach den Steuerbilanzen in den Streitjahren 1993 ca. 1,7 Mio. DM und 1994 ca. 1,8 Mio. DM, die Gewinne 68.266,00 DM in 1993 und 71.896,00 DM in 1994.

4

Aufgrund des Anstellungsvertrages in der am 1. Januar 1993 geltenden Fassung erhielt der Geschäftsführer als Vergütung ein festes Monatsgehalt in Höhe von 12.683,00 DM sowie eine Weihnachtsgratifikation und ein Urlaubsgehalt jeweils in Höhe eines Monatsgehaltes. Außerdem erhielt er eine Tantieme in Höhe von"60 % des vorläufigen Jahresüberschusses nach Gewerbesteuer". Zusätzlich hatte der Geschäftsführer Anspruch auf eine Kfz-Nutzung, auf die Abgeltung von Urlaub sowie auf eine Überstundenvergütung. Ab 1. Juni 1993 wurde das Festgehalt auf 13.172,00 DM angehoben. Am 2. Juli 1993 erfuhr der Geschäftsführervertrag eine Neufassung dahingehend, dass mit dem festen Grundgehalt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 50 Stunden an Wochentagen abgegolten werde. Für tatsächlich geleistete Mehrarbeit werde eine Stundenvergütung einschließlich der üblichen Zuschläge für Überstunden, Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt. Der Stundenlohn berechne sich aus Grundgehalt und regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit. Der Geschäftsführer habe Aufzeichnungen zu führen. Zur Tantieme hieß es, dass eine solche nur gewährt werde, wenn vorab eine zwanzigprozentige Verzinsung des Stammkapitals möglich sei. Zum 1. Mai 1994 erhöhte sich das Grundgehalt auf 13.512,00 DM monatlich.

5

Der Geschäftsführer erhielt in den Streitjahren folgende Bezüge:

19931994
Grundgehalt156.107,30 DM160.784,00 DM
Kfz.-Nutzung6.667,50 DM9.204,00 DM
Weihnachtsgeld13.172,00 DM13.512,00 DM
Urlaubsgeld13.172,00 DM13.512,00 DM
Abgeltung Urlaub10.335,00 DM8.107,00 DM
Überstundenvergütung63.800,17 DM60.146,02 DM
Tantieme124.051,00 DM153.038,00 DM
Direktversicherung ./. 2.400,00 DM./. 2.400,00 DM
Gesamtvergütung384.904,97 DM415.903,02 DM.
6

Die Überstundenvergütung für die Monate Januar bis Juni 1993 wurden im März 1994 ausgezahlt. Ab Juli 1993 erfolgte eine zeitnahme Auszahlung. Für die Beträge im einzelnen wird auf die Schreiben vom 22. Januar 1996 und 4. Juni 1996 (KSt-Akte Bl. 64, 138) verwiesen.

7

Das Finanzamt sah die Gesamtvergütung des Geschäftsführers als unangemessen hoch an. Für die Höhe der Tantieme orientierte sie sich an den Werten für 1992 und ermittelte einen Tantiemesatz von 12,194 % vom zu versteuernden Einkommen zuzüglich Geschäftsführergehalt und Gewerbesteuer. Es sah folgende Positionen als angemessen an:

19931994
Grundgehalt156.108,00 DM160.784,00 DM
Kfz-Nutzung6.667,00 DM9.204,00 DM
Weihnachtsgeld13.172,00 DM13.512,00 DM
Urlaubsgeld13.172,00 DM13.512,00 DM
Abgeltung Urlaub10.335,00 DM8.107,00 DM
Tantieme
12,194 % von 497.049,00 DM60.610,00 DM
12,194 % von 550.737,00 DM67.160,00 DM
angemessenes Gehalt260.064,00 DM272.279,00 DM
gewährtes Gehalt384.904,00 DM415.903,00 DM
Differenz124.840,00 DM143.624,00 DM.
8

Die Differenz zu der gewährten Vergütung (Überstundenvergütung, Teil der Tantieme) sah das Finanzamt als vGA an, und zwar für 1.993.124.840,00 DM und für 1.994.143.624,00 DM.

9

Das Finanzamt erließ Körperschaftsteuerbescheide für 1993 und 1994 unter Ansatz der ermittelten vGA und stellte insoweit die Ausschüttungsbelastung für die jeweiligen Beträge in dem Jahr her, in dem sie dem Geschäftsführer zugeflossen waren.

10

Mit Einspruchsbescheid vom 29. Oktober 1996 wies das Finanzamt die Einsprüche gegen die Steuerbescheide zurück. Für die Angemessenheit von Geschäftsführerbezügen gebe es keine festen Regeln; die obere Grenze sei im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln. Unabhängig vom Gesichtspunkt der Angemessenheit einer Vergütung komme eine vGA auch unter dem Gesichtspunkt einer unüblichen Vereinbarung mit den Gesellschafter in Betracht, wenn eine solche Absprache mit einem fremden Dritten nicht getroffen worden wäre. Die Zusage einer Überstundenvergütung an den Geschäftsführer neben einer Tantieme von mehr als 50 % sei als völlig unüblich anzusehen, weil durch Gewinntantiemen überwiegend auch Mehrarbeit vergütet werden solle. Für die Annahme einer unüblichen Gehaltsvereinbarung spreche auch die Gesamtentwicklung der Bezüge in den vergangenen Jahren. Die Klägerin habe ihren Umsatz in den Jahren 1989 bis 1994 von ca. 1,2 Mio. DM auf ca. 1,8 Mio. DM gesteigert. Die dem Geschäftsführer gezahlten Gesamtvergütungen seien in diesem Zeitraum von ca. 219.000,00 DM auf mehr als 415.000,00 DM gestiegen, während das erklärte Einkommen der Gesellschaft mit Beträgen zwischen 100.000,00 DM und 120.000,00 DM nahezu konstant geblieben sei. Diese Zahlen machten deutlich, dass durch die fortlaufende Anpassung der Gehälter und der sonstigen Gehaltsbestandteile der Gewinn der Gesellschaft abgesaugt werden solle. Innerbetriebliche Gründe, die den Anstieg rechtfertigen könnten, seien weder vorgetragen noch aus den Akten erkennbar. Die als angemessen angesehenen Vergütungen berücksichtigten in ausreichender Weise die Arbeitsleitung des Geschäftsführers als Malermeister und Geschäftsführer und die sicherlich außergewöhnliche Gewinnsituation der Klägerin, bezögen aber auch ein, dass es sich bei der Klägerin um eine relativ kleine Handwerks-GmbH handele, bei der die Organfunktion des Geschäftsführers gegenüber der Tätigkeit des Malermeisters in den Hintergrund trete. Dies gelte umsomehr, wenn man, da ein echter interner innerer Betriebsvergleich nicht durchführbar sei, einen Fremdvergleich anhand der einschlägigen Veröffentlichungen anstelle. Nach den veröffentlichten Gehaltsreporten lägen durchschnittliche Jahreseinkommen der Geschäftsführer von Gesellschaften mit Umsätzen bis zu 5 Mio. DM und 20 Beschäftigten noch unter 200.000,00 DM. Art und Umfang der als angemessen berücksichtigten Tantieme entspreche der BFH-Rechtsprechung; sie mache etwa 25 % der Gesamtbezüge aus und werde gleichzeitig dem Erfordernis der Gewinnabhängigkeit gerecht.

11

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die steuerliche Anerkennung der Geschäftsführerbezüge in vollem Umfang als angemessen. Der Anstellungsvertrag mit dem Geschäftsführer sei seit der Gründung der Klägerin mit Ausnahme der tariflichen Erhöhungen des Grundgehalts und der eingeführten Überstundenvergütung unverändert geblieben. Für die Jahre 1988 bis 1991 habe eine Betriebsprüfung stattgefunden. Die Vergütungen des Geschäftsführers einschließlich der Tantiemeregelung seien unbeanstandet geblieben. Lediglich im Jahre 1991 seien Überstundenvergütungen nicht anerkannt worden. Die Gewährung von Überstundenvergütungen sei nicht unüblich. Soweit das Finanzamt die Veröffentlichungen über gezahlte Geschäftsführergehälter anführe, seien diese nicht zuverlässig zur Schätzung der Angemessenheit von Geschäftführerbezügen heranzuziehen. Die Tantieme sei in ihrer Höhe nicht zu beanstanden. Sie mache rechnerisch 48 % des Jahresüberschusses vor Steuern aus und führe nicht zu einer Gewinnabsaugung. Sie sei in ihrer Höhe wegen des sehr hohen Arbeitseinsatzes des Geschäftsführers gerechtfertigt.

12

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über Körperschaftsteuer 1993 und 1994 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 29. Oktober 1996 zu ändern und die Steuer unter Außerachtlassung von verdeckten Gewinnausschüttungen in Höhe von 124.840,00 DM für 1993 und 143.624,00 DM für 1994 anderweitig niedriger festzusetzen.

13

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

14

Es hält an seiner Auffassung fest.

Gründe

15

Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Das FA hat die angemessenen Geschäftsführerbezüge zu niedrig bemessen und hat damit vGA in unzutreffender Höhe in Ansatz gebracht.

16

Unter einer vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. Dezember 1994 I R 98/93, BStBl II 1995, 419 m.w.N.). Auch ein Geschäftsführergehalt kann ganz oder teilweise eine vGA darstellen, wenn es - dem Grunde und/oder der Höhe nach - nicht dem entspricht, was ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Kapitalgesellschaft deren Geschäftsführer als Tätigkeitsentgelt versprechen würde.

17

Im Streitfall kommt es nicht darauf an, dass der Geschäftsführer im Streitjahr beherrschender Gesellschafter war. Dieser Umstand ist nur von Bedeutung, wenn es für eine Leistung, die die Gesellschaft einem Gesellschafter erbringt, an einer klaren, von vornherein abgeschlossenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich auch durchgeführten Vereinbarung fehlt. Dafür liegen keine Anhaltspunkte vor und sind von dem FA auch nicht geltend gemacht worden. Deshalb ist die Veranlassung der Gehaltszahlungen an den Geschäftsführer durch das Gesellschaftsverhältnis nur nach dem Maßstab des Handels eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu beurteilen.

18

Nach der Rechtsprechung des BFH gibt es für die Beurteilung der Angemessenheit der Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers keine festen Regeln. Die obere Grenze ist im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln; inner- und außerbetriebliche Merkmale können ein Anhaltspunkt für die Schätzung bieten. Beurteilungskriterien sind Art und Umfang der Tätigkeit, die künftigen Ertragsaussichten des Unternehmens, das Verhältnis des Geschäftsführergehalts zum Gesamtgewinn und zur verbleibenden Kapitalverzinsung sowie Art und Höhe der Vergütungen, die gleichartige Betriebe ihren Geschäftsführern für entsprechende Leistungen gewähren. Die Schätzung obliegt - im gerichtlichen Verfahren - dem Finanzgericht. Dabei obliegt es auch dem Gericht festzustellen, welchen Kriterien der Vorrang zur Beurteilung der Angemessenheit der Vergütung im Einzelfall beizumessen ist. Der BFH sieht es als rechtlich unbedenklich an, wenn das Gericht die Angemessenheit des Geschäftsführergehalts vorrangig anhand der betriebsinternen Daten der Kapitalgesellschaft beurteilt. Anknüpfungspunkt für die Angemessenheitsprüfung sind die Jahresgesamtbezüge, die eine Kapitalgesellschaft bei normaler Geschäftslage ihrem Geschäftsführer zu zahlen in der Lage und bereit ist (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1994 I R 50/94, BStBl II 1995, 549). Allerdings ist es in der Regel nicht möglich, die Angemessenheit des Geschäftsführergehalts nach einem bestimmten Prozentsatz des Gewinns der Kapitalgesellschaft vor Abzug von Geschäftsführergehältern zu beurteilen (BFH-Urteil vom 11. Dezember 1991 I R 152/90, BStBl II 1992, 690).

19

Das Gericht folgt diesen Grundsätzen. Für die Schätzung der oberen Grenze der angemessen Bezüge zieht es außerbetriebliche Merkmale jedoch nicht heran. Für den hier zu entscheidenden Fall sind die dem Gericht bekannten statistischen Erhebungen über Geschäftsführervergütungen keine zuverlässige Grundlage. Zudem werden Bedenken gegen die Vergütungsstudien mit der Begründung der mangelnden Repräsentativität geltend gemacht (so Schneider, Angemessenheit der von ertragstarken Unternehmen an ihre Gesellschafter-Geschäftsführer vergüteten Gehälter, DB 1996, 1003). Schließlich spricht gegen die Heranziehung der statistischen Erhebungen der Umstand, dass die Angemessenheit einer Geschäftsführervergütung sich nicht immer nach Branche, Personaleinsatz, Umsatz und dergleichen Kriterien bemessen lässt, denn der Wert der Leistung des Geschäftsführers, nämlich zumeist komplexe unternehmerische Entscheidungen zu treffen, ist nicht generell abhängig von der Branche des Unternehmens und den anderen in den Vergütungsstudien herangezogenen Kriterien.

20

Art und Umfang der Tätigkeit des Geschäftsführers rechtfertigen nach innerbetrieblichen Merkmalen Geschäftsführergehälter, die über den vom FA als angemessen betrachteten Beträgen liegen. Das Gericht hält jedoch das Verhältnis der in den Streitjahren gezahlten Geschäftsführergehälter zu den der Klägerin verbliebenen Gewinn für nicht ausgewogen. Zwar verbleibt ihr in den Streitjahren eine ausreichende Verzinsung des Stammkapitals. Auch eine Gewinnabsaugung ist nicht zu verzeichnen. Gleichwohl hat die Klägerin einen vergleichsweise zu geringen Anteil am Geschäftserfolg.

21

Für die angemessene Aufteilung eines Geschäftserfolgs zwischen Kapitalgesellschaft und einem oder mehreren Geschäftsführern gibt es wie für die Angemessenheit der Geschäftsführergesamtbezüge keine festen Regeln; auch hier ist der Einzelfall zu betrachten. Die Verfügung der OFD Stuttgart vom Mai 1995 (BB 1997, 243 [BFH 14.06.1996 - III R 13/94]) bietet dem Gericht Anhaltspunkte bei der vorzunehmenden Schätzung. Danach gilt bei Gesamtvergütungen bis zu 300.000,00 DM jährlich eine Nichtaufgriffsgrenze, wenn der Kapitalgesellschaft über die Verzinsung des eingesetzten Kapitals noch ein angemessener Teil des Gesamtgewinns verbleibt; erfordert die Kapitalgesellschaft nach ihrer Struktur mehrere Geschäftsführer, so gilt diese Nichtaufgriffsgrenze für jeden Geschäftsführer. Wenn die Jahresgesamtbezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers 300.000,00 DM übersteigen, ist nach der Verfügung der OFD Stuttgart im Einzelfall die Angemessenheit zu überprüfen. Bei Vergütungen zwischen 300.000,00 DM und 800.000,00 DM - so die OFD weiter - kann die vereinbarte Vergütung vorbehaltlich externer Vergleiche als betrieblich veranlasst angesehen werden, wenn der Gesellschaft nach Abzug der Geschäftsführervergütung zumindest ein Jahresüberschuss (vor Körperschaftsteuer) in der Größenordnung der Gesamtvergütung des Geschäftsführers verbleibt. Eine großzügigere Regelung mit bedeutend höheren Angemessenheitsgrenzen gilt für Freiberufler und solche Kapitalgesellschaften, die eine personenbezogene Tätigkeit etwa als Handelsvertreter ausüben. Der angemessene Gewinn der Kapitalgesellschaft (vor Ertragsteuern) soll 15 v.H. des gezeichneten Kapitals als Verzinsung sowie darüber hinaus 5 v.H. der Summe der an den Geschäftsführer gewährten Tantiemen betragen. Es kann hier offen bleiben, ob die Klägerin eine solche personenbezogene Tätigkeit ausübt, denn zum einen ist die Verfügung für das Gericht nicht bindend und wird hier nur als grobe Richtlinie herangezogen, zum anderen würde die Berechnung angesichts der vergleichsweise geringen Höhe des Stammkapitals zu einem sehr niedrigen Mindestgewinn führen. Die für die Regel-Fallgruppe dargestellte Angemessenheit (hälftige Verteilung des Jahresüberschusses auf Kapitalgesellschafter-Geschäftsführer) erscheint für den vorliegenden Fall ebenfalls nicht uneingeschränkt sachgerecht, weil der Geschäftsführer in Anbetracht seines persönlichen Arbeitseinsatzes ein überdurchschnittliches Gehalt erwarten darf. Das Gericht ist deshalb bei seiner Schätzung der Obergrenze der angemessenen Geschäftsführervergütung der Auffassung, dass der Geschäftsführer höchstens 3/4 des Geschäftserfolgs als angemessene Geschäftsführer-Gesamtvergütung für sich in Anspruch nehmen kann. 1/4 des Geschäftserfolgs muss der Kapitalgesellschaft verbleiben.

22

Bei der Aufteilung des Geschäftserfolgs geht das Gericht von der Überlegung aus, dass der Kapitalgesellschaft eine angemessene Verzinsung ihres Eigenkapitals verbleiben muss, und zwar nicht nur des Stammkapitals, sondern des im Betrieb eingesetzten Eigenkapitals. Als Wert des Eigenkapitals sind nicht die in der Bilanz ausgewiesenen Buchwerte heranzuziehen. Die Kapitalgesellschaft kann vielmehr auch eine angemessene Verzinsung der in den Wirtschaftsgütern enthaltenden stillen Reserven erwarten. Diese sind allerdings nicht zuverlässig zu ermitteln, so dass die Angemessenheit einer Verzinsung des Eigenkapitals kaum zu ermitteln ist. Die Annahme, dass 25 v.H. des Geschäftserfolgs eine angemessene Verzinsung des Eigenkapitals darstellt, beruht auf einer pauschalierenden und typisierenden Betrachtung. Sie berücksichtigt zugleich, dass die eigentliche Leistung des Geschäftsführers nicht mit einem exakten Betrag zu beziffern sein dürfte. Die Annahme, dass ihm höchstens 75 v.H. des Geschäftserfolgs als angemessen zukommen darf, beruht ebenfalls zum Zwecke der Beweiserleichterung auf einer typisierenden Betrachtung. Die so vorgenommene pauschalierte Aufteilung des Geschäftserfolges der Kapitalgesellschaft und insbesondere die Bemessung einer angemessenen Verzinsung des Eigenkapitals der Kapitalgesellschaft erscheint dem Gericht zum Zwecke der Schätzung der Angemessenheit des Geschäftsführergehaltes als sachgerecht. Diese Aufteilung mag allerdings nicht in den Fällen geltend, in denen Besonderheiten des Einzelfalles eine andere Aufteilung rechtfertigen mögen. Im Falle der Klägerin liegen solche Besonderheiten nicht vor.

23

Eine vGA kann nicht nur in der Unangemessenheit der Gesamtvergütung liegen. Der BFH hat entschieden, dass die Vereinbarung einer Überstundenvergütung mit dem Aufgabenbild eines GmbH-Geschäftsführers nicht vereinbar ist und im Regelfall zur Annahme einer vGA führt, zumal wenn zugleich noch eine gewinnabhängige Tantieme gewährt wird (BFH-Urteil vom 8. April 1987 I R 66/96, BFH/NV 1997, 804 [BFH 08.04.1997 - I R 66/96]). So liegt es auch hier. Die Gewährung einer Überstundenvergütung neben einer Tantieme, die u.a. einen besonders hohen Arbeitseinsatz des Geschäftsführers abgelten soll, stellt eine vGA dar. Unabhängig von der Angemessenheit der Gesamtbezüge sind die Überstundenvergütungen als vGA zu berücksichtigen.

24

Bei der Ermittlung der angemessenen Geschäftsführergehälter legt das Gericht die in den Steuerbilanzen zum Ausdruck kommenden Werte zugrunde. Da es sich hier ohnehin um eine Schätzung handelt, werden der Einfachheit halber vom FA vorgenommenen Gewinnkorrekturen, insbesondere für Steuerrückstellungen, nicht berücksichtigt. Danach ergeben sich folgende Werte:

19931994
1. Gewinn der Klägerin68.266,00 DM71.896,00 DM
2. Jahresgesamtbezüge des Geschäftsführers384.904,00 DM415.903,00 DM
3 Summe453.170,00 DM487.799,00 DM
4. davon Anteil der Klägerin von mindestens 1/4 113.292,00 DM121.950,00 DM
5. davon Anteil Geschäftsführer von höchstens 3/4 339.878,00 DM365.849,00 DM
6. tatsächlich gezahlt384.904,00 DM415.903,00 DM
7. vGA vorläufig45.026,00 DM50.054,00 DM
8. Überstundenvergütung63.800,00 DM60.146,00 DM
9. vGA insgesamt108.826,00 DM110.200,00 DM
10. vGA lt. FA124.840,00 DM143.624,00 DM
11. Klägerin obsiegt16.014,00 DM33.424,00 DM.
25

Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es auf die Angemessenheit der Gesamtbezüge an sowie auf die steuerliche Anerkennung einzelner Bezügebestandteile als solche. Deshalb braucht das Gericht nicht darüber zu befinden, in welchem Verhältnis die einzelnen Gehaltsbestandteile zueinander stehen. Nicht entscheidungserheblich ist daher, ob die Tantieme im Verhältnis zum Festgehalt möglicherweise zu hoch bemessen ist. Für die Herstellung der Ausschüttungsbelastung wird davon ausgegangen, dass bezüglich der unangemessenen Vergütung in Höhe von 45.026,00 DM in 1993 und 50.054,00 DM in 1994 die Tantieme zu hoch bemessen war. Für diese Vergütungsbestandteile sowie für die Überstundenvergütungen ist die Ausschüttungsbelastung im Jahr der Zahlung herzustellen.

26

Die Berechnung der Steuer sowie der Besteuerungsgrundlagen wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) dem FA übertragen.

27

Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Für das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Klägerin orientiert sich das Gericht an den Beträgen der vGA. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.