Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.09.1999, Az.: 6 K 166/97
Angemessenheit des Geschäftsführergehalts; Verzinsung eines Darlehens und daraus folgend um den Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA)
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 21.09.1999
- Aktenzeichen
- 6 K 166/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 18009
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:FGNI:1999:0921.6K166.97.0A
Fundstellen
- DStRE 2000, 862-865 (Volltext mit amtl. LS)
- GmbHR 2000, 779-782 (Volltext mit red. LS)
- KFR 2000, 449
- NWB DokSt 2000, 1051
- SteuerBriefe 2000, 1157-1158
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Angemessenheit des Geschäftsführergehalts sowie die Verzinsung eines Darlehens und daraus folgend um den Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA).
Gegenstand der 1989 gegründeten Klägerin ist die Forschung und Entwicklung im Karosseriebau, Motorenbereich sowie die Erbringung von Ingenieurleistungen aller Art. Das Stammkapital beträgt beträgt 50.000,00 DM; alleiniger Gesellschafter ist Herr ... O... . Seit Gründung der Klägerin ist Herr O... alleiniger, von den Beschränkungen nach § 181 BGB befreiter Geschäftsführer.
Die Umsätze der Klägerin betrugen 1991 ca. 915.000,00 DM, 1992 ca. 978.000,00 DM und 1993 ca. 674.000,00 DM. Die Gewinne laut Steuerbilanzen betrugen 1991 83.408,00 DM, 1992 70.680,00 DM und 1993 16.262,00 DM.
Aufgrund des Anstellungsvertrages in der für die Streitjahre geltenden Fassung erhielt der Geschäftsführer ein festes Jahresbruttogehalt von 84.000,00 DM sowie ein jeweils weiteres monatliches Bruttogehalt als Weihnachts- und Urlaubsgeld. Ferner war er mit einer Tantieme am Erfolg beteiligt. Diese betrug 50 v.H. des Jahresüberschusses vor Gewerbesteuerrückstellung; betriebliche Steuern waren zu berücksichtigen, nicht jedoch Körperschaftsteuer sowie Vermögensteuer.
Der Geschäftsführer erhielt in den Streitjahren folgende Vergütungen:
1991 | 1992 | 1993 | |
---|---|---|---|
Geschäftsführergehalt | 162.000,00 DM | 209.000,00 DM | 223.000,00 DM |
Tantieme | 125.897,00 DM | 138.982,00 DM | 29.778,00 DM |
Gesamtvergütung | 287.897,00 DM | 347.982,00 DM | 252.778,00 DM |
Aufgrund des Gesellschafterbeschlusses vom 29. April 1991 gewährte die Klägerin dem Geschäftsführer ein Darlehen in Höhe von 200.000,00 DM, rückzahlbar nach acht Jahren, zu einer Verzinsung von 6 v.H.
Die Klägerin behandelte die Geschäftsführervergütung als Betriebsausgaben gewinnmindernd. Den ursprünglichen, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Steuerbescheiden lagen die Angaben in den Steuererklärungen zugrunde.
Nach einer Außenprüfung sah das Finanzamt (FA) die Gesamtvergütung des Geschäftsführers als zu hoch an. Unter Heranziehung von"diversen Untersuchungen von Geschäftsführervergütungen einzelner Branchen unter Berücksichtigung der Unternehmensgröße"wurden Festgehälter in Höhe von 162.000,00 DM (1991) und jeweils 200.000,00 DM (1992 und 1993) als angemessen angesehen. Unter Heranziehung der Rechtsprechung des BFH wurde eine Tantieme in Höhe von 25 v.H. der Gesamtvergütung für angemessen gehalten, und zwar für 1991 41.000,00 DM, für 1992 50.000,00 DM und für 1993 42.000,00 DM. Das FA ging von verdeckten Gewinnausschüttungen in Höhe von 84.000,00 DM (1991), 98.000,00 DM (1992) und 11.000,00 DM (1993) aus und stellte in 1993 die Ausschüttungsbelastung für die Gehaltszahlungen her. Im Hinblick auf die Gewährung des Darlehens hielt es den vereinbarten Zinssatz mit 6 v.H. für zu niedrig bemessen. Es erfasste zuwenig gezahlte Zinsen als vGA, und zwar 1991 1.265,00 DM, 1992 6.475,00 DM und 1993 2.310,00 DM und stellte im jeweiligen Streitjahr die Ausschüttungsbelastung her. Für die Beträge im einzelnen wird auf den Bp-Bericht vom 12. April 1996 sowie auf den Einspruchsbescheid vom 4. Februar 1997. Das FA erließ geänderte Steuerbescheide. Für die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals wird auf die geänderten Steuerbescheide verwiesen.
Auf den Einspruch hin erfasste das FA für 1993 eine um 13.000,00 DM erhöhte vGA, weil für dieses Streitjahr eine Tantieme nur in Höhe von 29.778,00 DM statt wie angenommen von 42.000,00 DM gezahlt worden war. Im übrigen wies es den Einspruch mit Bescheid vom 4. Februar 1997 zurück. Bei der Klägerin handele es sich um eine sogenannte Freiberufler-Kapitalgesellschaft. Die starke Personenbezogenheit dieser Gesellschaft rechtfertige auch nach Ansicht des FA eine großzügerige Vergütung als in Fertigungs- oder Handelsbetrieben. Gleichwohl müsse der Gesellschaft ein angemessener Gewinn verbleiben. Hier liege jedoch ein krasses Missverhältnis zwischen der Rendite der Klägerin und den Geschäftsführergehältern vor, so dass die Begrenzung der Gesellschafter-Geschäftsführervergütung auf angemessene Beträge für Gehalt und Tantieme zutreffend sei. Bezogen auf die organisatorischen Erfordernisse bei der Klägerin (Arbeitnehmerzahl und Umsatzhöhe) könne von besonderen Anforderungen an den Geschäftsführer nicht ausgegangen werden. Besondere Anforderungen dürften eher im Bereich der kreativen Ingenieurleistungen und der Knüpfung der geschäftlichen Kontakte bestehen. Unter Berücksichtigung der im Prüfungszeitraum auf dem Arbeitsmarkt herrschenden Situation und der Vergütungsstrukturen bei in dieser Region ähnlich angelegten Betrieben gleicher Größenordnung erscheine die Begrenzung des Jahresgehalts auf den Festbetrag von 200.000,00 DM als angemessen. Für die Tantieme bestünden keine einheitlichen Kriterien zur Festlegung angemessener Werte, so dass diese zu schätzen seien. Aufgrund eines Erlasses sei das von der Außenprüfung herangezogene Urteil des BFH vom 5. Oktober 1994 (BStBl II 1995, S. 549) noch nicht heranzuziehen, ändere aber nichts an der Gesamtbeurteilung. Für 1991 und 1992 verbleibe es bei der bisher zugrundegelegten vGA, für 1993 sei die vGA nach einem rechtlichen Hinweis zu erhöhen. Hinsichtlich der Darlehensverzinsung liege der vereinbarte Zinssatz von 6 v.H. erheblich unter dem marktüblichen Sollzins. Als Grund für diese niedrige Zinsfetlegung sei einzig die gesellschaftsrechtliche Stellung des Darlehensnehmers erkennbar.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht geltend, bei den in 1992 und 1993 gezahlten Festgehältern handele es sich um solche in Höhe von 200.000,00 DM bzw. 210.000,00 DM zuzüglich rund 9.000,00 DM bzw. 13.000,00 DM für Sachbezug Pkw, Direktversicherung usw. Die Begrenzung der Festgehälter für 1992 und 1993 auf jeweils 200.000,00 DM berücksichtige weder den Sachbezug noch die zulässige Gehaltssteigerung. Die Begründung des FA für die Begrenzung der Tantieme sei nicht aussagekräftig. Außerdem werde nicht berücksichtigt, dass sich die Tantieme nicht allein auf das Festgehalt in bar, sondern auch auf die Sachbezüge beziehe und daher schon von daher höher angesetzt werden müsse. Abgesehen davon gebe es nach der Rechtsprechung des BFH keine starren Regelungen zur Angemessenheitsprüfung. Der BFH sage vielmehr, dass erst eine Tantieme von über 50 v.H. des Jahresüberschusses für die Annahme einer vGA spreche. Für die Darlehensverzinsung sei darauf hinzuweisen, dass der Geschäftsführer das Darlehen als Arbeitnehmer erhalten habe. Ein möglicher Zinsvorteil sei jedenfalls nicht so groß, wie das FA angenommen habe. Wegen der zulässigen Höhe des Zinssatzes läge allenfalls ein Sachbezug vor, der beim Arbeitnehmer zu versteuern wäre.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über Körperschaftsteuer 1991 bis 1993, über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 KStG auf den 31. Dezember 1991 bis 31. Dezember 1993 sowie über Gewerbesteuermessbetrag 1991 bis 1993 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 4. Februar 1997 zu ändern und die Steuer bzw. die Besteuerungsgrundlagen unter Außerachtlassung einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 85.265,00 DM für 1991, 104.475,00 DM für 1992 und 26.310,00 DM für 1993 anderweitig niedriger festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hält an seiner Auffassung fest.
Gründe
Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Das FA hat die angemessenen Geschäftsführerbezüge für 1991 und 1992 zu niedrig bemessen und hat damit vGA in unzutreffender Höhe in Ansatz gebracht. Zutreffend hat es jedoch vGA hinsichtlich der zu niedrig geforderten Darlehenszinsen berücksichtigt.
Unter einer vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. Dezember 1994 I R 98/93, BStBl II 1995, 419 m.w.N.). Auch ein Geschäftsführergehalt kann ganz oder teilweise eine vGA darstellen, wenn es - dem Grunde und/oder der Höhe nach - nicht dem entspricht, was ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Kapitalgesellschaft deren Geschäftsführer als Tätigkeitsentgelt versprechen würde.
Im Streitfall kommt es nicht darauf an, dass der Geschäftsführer im Streitjahr beherrschender Gesellschafter war. Dieser Umstand ist nur von Bedeutung, wenn es für eine Leistung, die die Gesellschaft einem Gesellschafter erbringt, an einer klaren, von vornherein abgeschlossenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich auch durchgeführten Vereinbarung fehlt. Dafür liegen keine Anhaltspunkte vor und sind von dem FA auch nicht geltend gemacht worden. Deshalb ist die Veranlassung der Gehaltszahlungen an den Geschäftsführer durch das Gesellschaftsverhältnis nur nach dem Maßstab des Handels eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu beurteilen.
Nach der Rechtsprechung des BFH gibt es für die Beurteilung der Angemessenheit der Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers keine festen Regeln. Die obere Grenze ist im Einzelfall durch Schätzung zu ermitteln; inner- und außerbetriebliche Merkmale können Anhaltspunkte für die Schätzung bieten. Beurteilungskriterien sind Art und Umfang der Tätigkeit, die künftigen Ertragsaussichten des Unternehmens, das Verhältnis des Geschäftsführergehalts zum Gesamtgewinn und zur verbleibenden Kapitalverzinsung sowie Art und Höhe der Vergütungen, die gleichartige Betriebe ihren Geschäftsführern für entsprechende Leistungen gewähren. Die Schätzung obliegt - im gerichtlichen Verfahren - dem Finanzgericht. Dabei obliegt es auch dem Gericht festzustellen, welchen Kriterien der Vorrang zur Beurteilung der Angemessenheit der Vergütung im Einzelfall beizumessen ist. Der BFH sieht es als rechtlich unbedenklich an, wenn das Gericht die Angemessenheit des Geschäftsführergehalts vorrangig anhand der betriebsinternen Daten der Kapitagesellschaft beurteilt. Ausgangspunkt für die Angemessenheitsprüfung sind die Jahresgesamtbezüge, die eine Kapitalgesellschaft bei normaler Geschäftslage ihrem Geschäftsführer zu zahlen in der Lage und bereit ist (BFH-Urteil vom 5. Oktober 1994 I R 50/94, BStBl II 1995, 549). Allerdings ist es in der Regel nicht möglich, die Angemessenheit des Geschäftsführergehalts nach einem bestimmten Prozentsatz des Gewinns der Kapitalgesellschaft vor Abzug von Geschäftsführergehältern zu beurteilen (BFH-Urteil vom 11. Dezember 1991 I R 152/90, BStBl II 1992, 690).
Das Gericht folgt diesen Grundsätzen. Für die Schätzung der oberen Grenze der angemessen Bezüge zieht es außerbetriebliche Merkmale jedoch nicht heran. Für den hier zu entscheidenden Fall sind die dem Gericht bekannten statistischen Erhebungen über Geschäftsführervergütungen keine zuverlässige Grundlage, weil - wie auch das FA einräumt - die starke Personenbezogenheit der Klägerin eine großzügigere Vergütung rechtfertigt als sie in Fertigungs- oder Handelsbetrieben gezahlt wird. Zudem werden Bedenken gegen die Vergütungsstudien mit der Begründung der mangelnden Repräsentativität geltend gemacht (so Schneider, Angemessenheit der von ertragstarken Unternehmen an ihre Gesellschafter-Geschäftsführer vergüteten Gehälter, DB 1996, 1003). Schließlich spricht gegen die Heranziehung der statistischen Erhebungen der Umstand, dass die Angemessenheit einer Geschäftsführervergütung sich nicht immer nach Branche, Personaleinsatz, Umsatz und dergleichen Kriterien bemessen lässt, denn der Wert der Leistung des Geschäftsführers, nämlich zumeist komplexe unternehmerische Entscheidungen zu treffen, ist nicht generell abhängig von der Branche des Unternehmens und den anderen in den Vergütungsstudien herangezogenen Kriterien.
Art und Umfang der Tätigkeit des Geschäftsführers rechtfertigen hier nach innerbetrieblichen Merkmalen ein Geschäftsführergehalt, das über den vom FA als angemessen betrachteten Beträgen liegen. Das Gericht hält jedoch das Verhältnis der in den Streitjahren gezahlten Geschäftsführergehälter zu den der Klägerin verbliebenen Gewinne für nicht ausgewogen. Zwar verbleibt ihr in den Streitjahren eine ausreichende Verzinsung des Stammkapitals. Auch eine Gewinnabsaugung ist nicht zu verzeichnen. Gleichwohl hat die Klägerin einen vergleichsweise zu geringen Anteil am Geschäftserfolg.
Für die angemessene Aufteilung eines Geschäftserfolgs zwischen Kapitalgesellschaft und einem oder mehreren Geschäftsführern gibt es wie für die Angemessenheit der Geschäftsführergesamtbezüge keine festen Regeln; auch hier ist der Einzelfall zu betrachten. Die Verfügung der OFD Stuttgart vom Mai 1995 (BB 1997, 243) bietet dem Gericht Anhaltspunkte bei der vorzunehmenden Schätzung. Danach gilt bei Gesamtvergütungen bis zu 300.000,00 DM jährlich eine Nichtaufgriffsgrenze, wenn der Kapitalgesellschaft über die Verzinsung des eingesetzten Kapitals noch ein angemessener Teil des Gesamtgewinns verbleibt; erfordert die Kapitalgesellschaft nach ihrer Struktur mehrere Geschäftsführer, so gilt diese Nichtaufgriffsgrenze für jeden Geschäftsführer. Wenn die Jahresgesamtbezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers 300.000,00 DM übersteigen, ist nach der Verfügung der OFD Stuttgart im Einzelfall die Angemessenheit zu überprüfen. Bei Vergütungen zwischen 300.000,00 DM und 800.000,00 DM - so die OFD weiter - kann die vereinbarte Vergütung vorbehaltlich externer Vergleiche als betrieblich veranlasst angesehen werden, wenn der Gesellschaft nach Abzug der Geschäftsführervergütung zumindest ein Jahresüberschuss (vor Körperschaftsteuer) in der Größenordnung der Gesamtvergütung des Geschäftsführers verbleibt. Eine großzügigere Regelung mit bedeutend höheren Angemessenheitsgrenzen gilt für Freiberufler und solche Kapitalgesellschaften, die eine personenbezogene Tätigkeit etwa als Handelsvertreter ausüben. Der angemessene Gewinn der Kapitalgesellschaft (vor Ertragsteuern) soll 15 v.H. des gezeichneten Kapitals als Verzinsung sowie darüber hinaus 5 v.H. der Summe der an den Geschäftsführer gewährten Tantiemen betragen. Das Gericht nimmt mit dem FA an, dass die Klägerin eine solche personenbezogene Tätigkeit ausübt. Letztlich bedarf es hierüber aber keiner Entscheidung, denn zum einen ist die Verfügung für das Gericht nicht bindend und wird hier nur als grobe Richtlinie herangezogen, zum anderen würde die Berechnung angesichts der vergleichsweise geringen Höhe des Stammkapitals zu einem sehr niedrigen Mindestgewinn führen. Die für die Regel-Fallgruppe dargestellte Angemessenheit (hälftige Verteilung des Jahresüberschusses auf Kapitalgesellschafter-Geschäftsführer) erscheint für den vorliegenden Fall ebenfalls nicht uneingeschränkt sachgerecht, weil der Geschäftsführer in Anbetracht seines persönlichen Arbeitseinsatzes ein überdurchschnittliches Gehalt erwarten darf. Das Gericht ist deshalb bei seiner Schätzung der Obergrenze der angemessenen Geschäftsführervergütung der Auffassung, dass der Geschäftsführer höchstens 3/4 des Geschäftserfolgs als angemessene Geschäftsführer-Gesamtvergütung für sich in Anspruch nehmen kann. 1/4 des Geschäftserfolgs muss der Kapitalgesellschaft verbleiben.
Bei der Aufteilung des Geschäftsferfolgs geht das Gericht von der Überlegung aus, dass der Kapitalgesellschaft eine angemessene Verzinsung ihres Eigenkapitals verbleiben muss, und zwar nicht nur des Stammkapitals, sondern des im Betrieb eingesetzten Eigenkapitals. Als Wert des Eigenkapitals sind nicht die in der Bilanz ausgewiesenen Buchwerte heranzuziehen. Die Kapitalgesellschaft kann vielmehr auch eine angemessene Verzinsung der in den Wirtschaftsgütern enthaltenden stillen Reserven erwarten. Diese sind allerdings nicht zuverlässig zu ermitteln. Die Angemessenheit einer Verzinsung des Eigenkapitals ist kaum zuverlässig zu erfassen. Die Annahme, dass 25 v.H. des Geschäftserfolgs eine angemessene Verzinsung des Eigenkapitals darstellt, beruht auf einer pauschalierenden und typisierenden Betrachtung. Sie berücksichtigt zugleich, dass die eigentliche Leistung des Geschäftsführers nicht mit einem exakten Betrag zu beziffern sein dürfte. Die Annahme, dass ihm höchstens 75 v.H. des Geschäftserfolgs als angemessen zukommen darf, beruht ebenfalls zum Zwecke der Beweiserleichterung auf einer typisierenden Betrachtung. Die so vorgenommene pauschalierte Aufteilung des Geschäftserfolges der Kapitalgesellschaft und insbesondere die Bemessung einer angemessenen Verzinsung des Eigenkapitals der Kapitalgesellschaft erscheint dem Gericht zum Zwecke der Schätzung der Angemessenheit des Geschäftsführergehaltes als sachgerecht. Diese Aufteilung mag allerdings nicht in den Fällen geltend, in denen Besonderheiten des Einzelfalles eine andere Aufteilung rechtfertigen mögen. Im Falle der Klägerin liegen solche Besonderheiten, die noch nicht berücksichtigt wurden, nicht vor.
Bei der Ermittlung der angemessenen Geschäftsführergehälter legt das Gericht die in den Steuerbilanzen zum Ausdruck kommenden Werte zugrunde. Da es sich hier ohnehin um eine Schätzung handelt, werden der einfachheithalber die in der Außenprüfung vorgenommenen Gewinnkorrekturen, insbesondere für Steuerrückstellungen, nicht berücksichtigt. Danach ergeben sich folgende Werte:
1991 | 1992 | 1993 | |
---|---|---|---|
1. Gewinn der Klägerin | 83.408,00 DM | 70.680,00 DM | 16.262,00 DM |
2. Jahresgesamtbezüge des Geschäftsführers | 287.897,00 DM | 347.982,00 DM | 252.778,00 DM |
3. Summe | 371.305,00 DM | 418.662,00 DM | 269.040,00 DM |
4. davon Anteil der Klägerin von mindestens 1/4 | 92.826,00 DM | 104.666,00 DM | 67.260,00 DM |
5. davon Anteil Ge schäftsführer von höchstens 3/4 | 278.479,00 DM | 313.996,00 DM | 201.780,00 DM |
6. tatsächlich gezahlt | 287.897,00 DM | 347.982,00 DM | 252.778,00 DM |
7. vGA | 9.418,00 DM | 33.986,00 DM | 50.998,00 DM |
8. vGA lt. FA | 84.000,00 DM | 98.000,00 DM | 24.000,00 DM |
9. Klägerin obsiegt | 74.582,00 DM | 64.014,00 DM | ./. |
Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es auf die Angemessenheit der Gesamtbezüge an. Deshalb braucht das Gericht nicht darüber zu befinden, in welchem Verhältnis die einzelnen Gehaltsbestandteile zueinander stehen. Nicht entscheidungserheblich ist daher, ob die Tantieme im Verhältnis zum Festgehalt möglicherweise zu hoch bemessen ist.
Für das Streitjahr 1993 kann die Klage keinen Erfolg haben, weil die vom Gericht ermittelten vGA höher sind als die vom FA in Ansatz gebrachten. Im übrigen ist im Umfang des Obsiegens der Klägerin vom Ansatz der vGA bezüglich der Geschäftsführergehälter abzusehen. Für die Herstellung der Ausschüttungsbelastung nach § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG nimmt das Gericht mit dem FA an, dass in 1991 und 1992 die Tantiemen zu hoch bemessen waren. Deshalb ist die Herstellung der Ausschüttungsbelastung im Umfang des Obsiegens der Klägerin im Jahr 1993 zu korrigieren.
Die Klage hat keinen Erfolg, soweit das FA bezüglich der nichtverlangten Zinsen von einer vGA ausgegangen ist und die Ausschüttungsbelastung hergestellt hat. Gewährt die Klägerin ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer ein Darlehen zu einem Zinssatz, der unterhalb des üblichen Zinssatzes liegt, so liegen in aller Regel für die Zinsdifferenz vGA vor. Die von der Klägerin angegebene Begründung, der Gesellschafter-Geschäftsführer habe das Darlehen als Arbeitnehmer erhalten, weshalb ein Zinssatz von 6 v.H. angemessen sei, überzeugt nicht. Der Zinssatz ist nur damit zu erklären, dass der Geschäftsführer auch Gesellschafter der Klägerin war. Streitentscheidend ist, welcher Zinssatz in den Streitjahren üblich war. Das FA geht von einem Festgeldzins aus und erhebt einen Zuschlag für die Ermittlung des Sollzinses. Die so ermittelten zinsüblichen Zinssätze zwischen 9,5 v.H. und 7,8 v.H. begegnen kein Bedenken und sind von der Klägerin auch nicht in Zweifel gezogen worden. Zu Recht hat daher das FA die Differenz zwischen den üblicherweise für ein Darlehen zu zahlenden Zinsen und den von der Klägerin geforderten als vGA erfasst und jeweils in den Streitjahren die Ausschüttungsbelastung hergestellt. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Berechnung der Steuer sowie der Besteuerungsgrundlagen wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) dem FA übertragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO. Für das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Klägerin orientiert sich das Gericht an den Beträgen der vGA. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 151 Abs. 1 und 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung.