Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 19.05.1992, Az.: 10 L 5248/91
Eintragung; Kulturgut; Verzeichnis national wertvollen Kuturguts; Deutsches Kulturgut; Schutz
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 19.05.1992
- Aktenzeichen
- 10 L 5248/91
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1992, 13363
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1992:0519.10L5248.91.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- VG Hannover - 09.06.1989 - AZ: 6 A 69/87
- nachfolgend
- BVerwG - 27.05.1993 - AZ: BVerwG 7 C 33/92
Rechtsgrundlagen
- § 1 KultgSchG
- § 2 KultgSchG
- § 3 KultgSchG
- § 34 EWGVtr
- § 36 EWGVtr
Fundstellen
- DVBl 1992, 1449 (amtl. Leitsatz)
- NVwZ-RR 1993, 79-82 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
1. Die auf §§ 1 bis 3 KuSchG (KultgSchG) gestützte Eintragung eines Kulturgutes in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes bewirkt keine Enteignung.
2. Der Schutz deutschen Kulturgutes nach dem KuSchG verstößt nicht gegen Art 34, 36 EWGV (EWGVtr).
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 6. Kammer Hannover - vom 9. Juni 1989 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Der jetzige alleinige Kläger und frühere Kläger zu 2) ist Eigentümer eines Ensembles von Silbermobiliar (des sog. Silberzimmers der Welfen), das sich auf der Marienburg bei Nordstemmen (Kreis Hildesheim) befindet. Das Eigentum erlangte er durch Erbschaft von seinem Großvater, ... von .... Der Vater des Klägers, der frühere Kläger zu 1), der im Laufe des Klageverfahrens verstorben ist, hatte als Testamentsvollstrecker über den Nachlaß des verstorbenen ... ... von ... ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an den Silbermöbeln.
Dieses Silberzimmer besteht aus folgenden Stücken: Zwei Tischen, einem Thronsessel, vier Stühlen, zwei Spiegeln, vier Guéridons (einfüßigen Nipptischchen), zwei Kaminböcken, einem Lüster, einem Tischbrunnen und einem Schwenkbecken.
Die Silberstücke wurden bei ihrer Herstellung - auf einem Holzkern - aus Silber gegossen und getrieben. Sie sind das Werk von Augsburger, Hannoveraner sowie Londoner Goldschmieden und wurden im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts geschaffen. Von ihren Herstellern sind insbesondere die Augsburger Goldschmiede ... und ... bekannt, die seinerzeit zahlreiche Silbermöbel für europäische Königshöfe angefertigt hatten. Die zum Silberzimmer gehörenden Gegenstände waren ursprünglich für verschiedene welfische Herrscherhäuser bestimmt, die in London, Celle und Wolfenbüttel regierten. Ein großer Teil dieser Stücke gelangte im 18. Jahrhundert an den britischen Königshof von Georg II., der zugleich Kurfürst von Hannover war, und wurde mit den Initialen "GR" versehen. Nach dem Ende der Personalunion zwischen England und Hannover im Jahre 1837 gelangten sie in das Königreich Hannover.
Das Silberzimmer stellt ein Ensemble von Antiquitäten dar, zu dem im Bundesgebiet vergleichbare Gegenstände nicht bekannt sind. Sammlungen von anderen Silbermöbeln, die sich in Sachsen (und zwar auf Schloß Moritzburg, im Auftrag Augusts des Starken hergestellt), in Dänemark, in England, in den Niederlanden und im Kreml in Moskau befinden, sind weniger umfangreich und enthalten insbesondere keine Stühle.
Im Juni 1986 teilte der Beklagte auf Anregung des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes - Institut für Denkmalspflege - dem Kläger zu 1) sinngemäß mit, daß er das Verfahren zur Eintragung des Silberzimmers in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes für das Land Niedersachsen eingeleitet habe, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Kläger widersprach einer solchen Eintragung. Er machte im wesentlichen geltend, daß es sich bei dem betreffenden Mobiliar zwar um eine ausgezeichnete Handwerksarbeit handele, doch sei sie nicht von solcher Bedeutung, daß ihre Abwanderung einen wesentlichen Verlust für den deutschen Kulturbesitz darstellen würde. Daraufhin holte der Beklagte die Stellungnahme eines Sachverständigen-Ausschusses zur Frage der Eintragung ein. Diesem Ausschuß gehörten ein Professor der Kunstgeschichte, ein Museumsdirektor, ein Kunsthändler, ein Privatsammler und ein Ministerialdirigent des Beklagten an. Der Ausschuß sprach sich übereinstimmend für die Eintragung des Silberzimmers in das Verzeichnis aus.
Mit Bescheid vom 18. Mai 1987 schloß der Beklagte das Eintragungsverfahren ab und teilte dem Kläger zu 1) mit, daß er das Silberzimmer wegen der Einzigartigkeit der Möbel und wegen ihres hohen künstlerischen Wertes in das Verzeichnis eingetragen habe. Durch einen weiteren Bescheid vom 31. August 1987 wurde außerdem die sofortige Vollziehung angeordnet.
Nachdem der Beklagte Kenntnis davon erlangt hatte, daß der Kläger zu 2) Eigentümer des Silbermobiliars sei, hörte er diesen mit Schreiben vom 29. Juni 1987 ebenfalls zur Eintragung der Gegenstände in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes an. Nachdem dieser keine Stellungnahme abgegeben hatte, gab ihm der Beklagte mit sofort vollziehbarer Verfügung vom 31. August 1987 Kenntnis von der Eintragung.
Bereits zuvor hatte der Kläger zu 1) am 19. Juni 1987 Klage erhoben, der der Kläger zu 2) am 11. August 1987 beitrat. Die Kläger haben die Auffassung vertreten, daß das Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung - KuSchG - mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Es verstoße gegenArt. 14 GG, weil es keine bzw. keine ausreichende Entschädidgungsregelung für den Eigentümer von Kulturgut vorsehe. In Ermangelung einer solchen adäquaten Entschädigungsregelung stelle es eine unzulässige Enteignung dar. Da der Markt für hochwertige Antiquitäten international sei, würden die Veräußerungsmöglichkeiten durch ein Ausfuhrverbot in erheblichem Maße eingeschränkt. Es sei noch nicht einmal möglich, die Möbel an ihrem Wohnsitz in London zu benutzen. Gegenüber diesen unzumutbaren Eigentumsbeschränkungen biete die in § 8 KuSchG enthaltene Entschädigungsregelung nur einen unzureichenden Ausgleich.
Das Kulturgutschutzgesetz verstoße weiterhin gegen Art. 36 EWGV. Danach seien Ausfuhrbeschränkungen zwischen den europäischen Staaten zum Schutze von Kulturgütern nur in Ausnahmefällen zulässig. Es sei nicht gestattet, bloße reizvolle Handwerksprodukte, die - wie das Silberzimmer - auf die nachfolgende Kunstentwicklung ohne Einfluß geblieben seien, als national bedeutsames Kulturgut einzustufen; andernfalls wären zahlreiche Objekte des Antiquitätenhandels, die ebenfalls keine herausragende Bedeutung für die nationale Kultur besäßen, dem staatlichen Zugriff nach dem Kulturgutschutzgesetz nahezu schutzlos preisgegeben. Auf diese Weise könnte der europäische Freihandel in dieser Branche durch eine willkürliche Unterschutzstellung weitgehend eingeengt werden.
Auch Sinn und Zweck des Kulturgutschutzgesetzes stehe einer Einbeziehung des Silberzimmers in das Verzeichnis entgegen. Zwar habe es einen gewissen Raritätswert; gleichwohl sei es nicht von überragendem künstlerischen Rang, sondern stelle nur ein historisch interessantes Kuriosum "von vier wackeren Handwerksmeistern" dar. In der kunstinteressierten deutschen Öffentlichkeit sei es bis in die jüngste Zeit hinein weitgehend unbekannt geblieben, weil es sich zunächst über ein Jahrhundert lang in England und auch später vorwiegend unter Verschluß in Privatbesitz befunden habe. Somit habe es keine Schule gemacht und sei nicht in der Lage gewesen, Einflüsse auf die deutsche Kulturentwicklung zu entfalten. Angesichts dessen müsse es eher als importiertes englisches Kulturgut angesehen werden. Seine historischen Bezüge zu den verschiedenen welfischen Herrscherhäusern seien allenfalls für die Regionalgeschichte von Bedeutung, nicht aber im Hinblick auf die gesamte deutsche Kultur.
Die Möbel seien vom Beklagten auch zu Unrecht als international einzigartige Spitzenstücke bezeichnet worden. Ähnliche Gegenstände dieser und auch früherer Epochen befänden sich an verschiedenen Orten Europas.
Schließlich seien die Eintragungskriterien, die die Kultusministerkonferenz am 20. Mai 1983 zu dem Begriff "national wertvolles Kulturgut" aufgestellt habe, im Lichte des Kulturgutschutzgesetzes zu weit gefaßt und könnten daher keine Anwendung finden.
Der Kläger zu 2) hat den Rechtsstreit hinsichtlich des Klägers zu 1) nach dessen Ableben in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt,
die Kosten des Verfahrens insoweit dem Beklagten aufzuerlegen.
Im übrigen hat er beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 1987 aufzuheben.
Der Beklagte hat den Rechtsstreit ebenfalls hinsichtlich des Klägers zu 1) in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt,
die Kosten des Verfahrens insoweit den Erben des Klägers zu 1) aufzuerlegen.
Des weiteren hat er beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat ausgeführt, daß die Verfügungsbeschränkungen, die das Kulturgutschutzgesetz für den Eigentümer von Kulturgut vorsehe, eine zumutbare und sachlich gebotene Ausprägung der Sozialbindung des Eigentums sei. Schließlich bleibe es dem Eigentümer eines solchen Silberschatzes unbenommen, diesen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland zu veräußern. Die Eintragung in die Liste national wertvollen Kulturgutes bewirke auch nicht ohne weiteres ein absolutes Ausfuhrverbot, sondern lediglich den Vorbehalt einer Genehmigung, die nur unter bestimmten Voraussetzungen versagt werden dürfe. Die Einschränkung der Eigentümerbefugnisse würde im übrigen durch Gewährung steuerlicher Vergünstigungen gemildert.
Auch Art. 36 EWGV stehe dem Kulturgutschutzgesetz nicht entgegen, sondern gestatte ausdrücklich die Beschränkung der Ausfuhr von Antiquitäten.
Im übrigen sei das Silberzimmer deutscher Kulturbesitz, dessen Abwanderung einen wesentlichen Verlust beinhalten würde. Bei dem Mobiliar handele es sich nämlich um die bedeutendsten Silbermöbel, die in der Bundesrepublik Deutschland erhalten geblieben seien. Sie seien Belegstücke für eine kulturelle Blütezeit Augsburger Goldschmiedekunst, die von außerordentlicher kunsthandwerklicher Qualität seien. Von den wenigen vergleichbaren Ensembles im Ausland sei keine Garnitur mehr vollständig erhalten. Die Möbel legten sowohl in ihrer Art als auch in der Formgebung in ausdrucksvoller Weise Zeugnis von der Kultur des absolutistischen Spätbarock ab. Darüber hinaus bildeten die Darstellungen von Wappen und sonstigen Insignien welfischer Herrscher auf den einzelnen Stücken bedeutsame Dokumente der regionalen Geschichte. Der Kreis der fraglichen Objekte sei auch nicht auf Gegenstände zu beschränken, die international einzigartig seien oder in besonderer Weise die gesamte deutsche Kultur geprägt hätten. Auch Gegenstände ausländischer Herkunft könnten zum deutschen Kulturbesitz gehören. Deutscher Kulturbesitz bedeute - unabhängig von nationaler Herkunft und langjährigem Verbleib im Ausland -, daß sich die Gegenstände im Geltungsbereich des Kulturgutschutzgesetzes befänden.
Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 9. Juni 1989 das Verfahren eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, und den Erben des Klägers zu 1) die Kosten des Verfahrens auferlegt. Im übrigen hat es die Klage als unbegründet abgewiesen. Es hat den Kläger zu 2) für befugt gehalten, mit der Anfechtungsklage die Aufhebung der Verfügung des Beklagten vom 18. Mai 1987 zu begehren. Denn der Kläger zu 2) werde bereits durch den an den Kläger zu 1) gerichteten Bescheid vom 18. Mai 1987 und nicht erst durch die Mitteilung vom 31. August 1987 beschwert. Die Eintragung des Silberzimmers sei ein Verwaltungsakt mit dinglicher Kraft, der wegen seiner konstitutiven Wirkung für und gegen jeden potentiellen Ausfuhrberechtigten wirke. Das Schreiben vom 31. August 1987 stelle keinen Verwaltungsakt dar, den der Kläger zu 2) hätte zusätzlich anfechten müssen. Es handele sich insoweit lediglich um eine erneute Bekanntgabe der unteilbaren Entscheidung, die der Beklagte bereits im Mai 1987 getroffen habe.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 1987 über die Eintragung des Silberzimmers in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes für das Land Niedersachsen sei rechtmäßig und verletze den Kläger zu 2) daher nicht in seinen Rechten.
Das Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung vom 6. August 1955 (BGBl I, S. 501) in der Fassung vom 2. März 1974 (BGBl I, S. 469) - KuSchG - verstoße nicht gegen Art. 14 GG. Zwar werde durch die Eintragung von Gegenständen in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG berührt, da das eingetragene Kulturgut gemäß § 1 Abs. 4 KuSchG nur mit vorheriger Genehmigung ausgeführt werden dürfe. Dieser Nachteil stelle jedoch eine zulässige Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 2 GG dar. Im übrigen ermögliche das Kulturgutschutzgesetz eine angemessene Berücksichtigung der Belange des Eigentümers. Dem Eigentümer eines schutzwürdigen Kulturgutes sei es zumutbar, vor einer Verfügung, die dem allgemeinen Wohl zuwiderlaufen könnte, eine Genehmigung einzuholen. Nach der Eintragung verbleibe dem Eigentümer der immaterielle Genuß, den der Besitz des Kulturgutes vermittle, sowie das Kulturgut als Wertreserve. Der Eigentümer bleibe nicht nur Besitzer des Kulturgutes, sondern er könne es auch als Eigentümer innerhalb der Bundesrepublik Deutschland veräußern. Die Möglichkeit der Veräußerung des Kulturgutes in das Ausland stelle lediglich eine den Bestand des Eigentums nicht berührende unbestimmte Erwerbschance dar, die nicht in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie falle. Im übrigen sehe § 8 KuSchG vor, den Betroffenen wegen entgangener Einnahmen in angemessenem Umfang schadlos zu stellen. Damit werde das Interesse des Eigentümers, das sich auf die Veräußerung des Sachwertes konzentriere, ausreichend gewahrt.
Das Kulturgutschutzgesetz verstoße auch nicht gegen den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft - EWGV - vom 25. Juli 1957 (BGBl I, S. 766). Zwar verböten die Art. 30, 34 EWGV grundsätzlich mengenmäßige Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten. Davon mache Art. 36 EWGV jedoch zum Schutz des nationalen Kulturgutes von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert eine Ausnahme. Die Grenzen dieser Ausnahme würden durch das Kulturgutschutzgesetz nicht verletzt, weil nach § 1 Abs. 1 KuSchG nur solche Gegenstände zu schützen seien, deren Abwanderung einen wesentlichen Verlust für den deutschen Kulturbesitz bedeuten würde. Nach dem gesetzgeberischen Willen seien nur Objekte von dauerhafter, besonderer Bedeutung zu schützen. Eine willkürliche Beschränkung des Handels werde auch dadurch ausgeschlossen, daß vor der Eintragung von nationalem Kulturgut unabhängige Sachverständige gehört würden.
Die auf § 1 Abs. 1 KuSchG gestützte Verfügung des Beklagten sei in formeller Hinsicht rechtmäßig, weil der Beklagte gemäß § 2 Abs. 1 KuSchG als zuständige oberste Landesbehörde entschieden habe. Vor seiner Entscheidung habe er entsprechend § 2 Abs. 2 Satz 1 KuSchG den Sachverständigenausschuß gehört, der gemäß den Sätzen 2 bis 4 der Vorschrift besetzt gewesen sei. Die Eintragung sei gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 KuSchG von Amts wegen erfolgt. Der Beklagte habe auch seiner Anhörungspflicht gemäß § 28 VwVfG dadurch genügt, daß er dem Kläger zu 1) im Juni 1986 von der Einleitung des Verfahrens zur Eintragung in Kenntnis gesetzt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe. Vor Ergehen des Bescheides am 18. Mai 1987 habe es nicht noch einer zusätzlichen Anhörung des Klägers zu 2) bedurft, weil dieser seinerzeit nicht Verfahrensbeteiligter im Sinne der §§ 28, 13 VwVfG gewesen sei. Außerdem wäre es wohl auch zulässig gewesen, gemäß § 28 Abs. 2 iVm § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG von einer Anhörung abzusehen, weil dem Kläger zu 2) die Eintragungsabsicht des Beklagten mutmaßlich bekannt gewesen sei.
Das Silberzimmer sei auch als Kunst- bzw. Kulturwerk, dessen Abwanderung aus dem Geltungsbereich des Kulturgutschutzgesetzes einen wesentlichen Verlust für den deutschen Kulturbesitz bedeuten würde, materiell zu Recht in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes des Landes Niedersachsen eingetragen worden. "Deutscher Kulturbesitz" und "wesentlicher Verlust" seien gerichtlich voll überprüfbare unbestimmte Rechtsbegriffe. Bei dem Silberzimmer handele es sich um deutschen Kulturbesitz. Das Wort "deutsch" sei lediglich eine Ortsbestimmung in dem Sinne, daß es sich um Kulturbesitz handele, der an den aktuellen Standort im räumlichen Geltungsbereich des Kulturgutschutzgesetzes unabhängig davon anknüpfe, ob er deutscher oder ausländischer Herkunft und ob er schon lange Zeit oder erst seit kurzem hier sei. Diese Voraussetzungen seien hier bereits deshalb erfüllt, weil das betreffende Silbermobiliar auf der Marienburg stehe. Angesichts dessen komme es nicht darauf an, daß sich die Gegenstände im 18. und 19. Jahrhundert über 100 Jahre lang am englischen Hof befunden hätten, zumal sie sich auch seit nunmehr über 150 Jahren auf deutschem Boden befänden.
Die Abwanderung dieses Silberzimmers ins Ausland würde auch einen wesentlichen Verlust für den deutschen Kulturbesitz darstellen. Der Schutzbereich des § 1 Abs. 1 KuSchG erstrecke sich nicht nur auf einzelne Spitzenobjekte, die in der Welt ihresgleichen suchen würden. Vielmehr erfasse das Gesetz Objekte, die nach ihrer künstlerischen Eigenart, nach ihrem kulturellen Wert oder durch ihre Bedeutung für die kulturelle Entwicklung in Deutschland als dauernd besonders wertvoller Bestandteil deutschen Kulturbesitzes anzusehen seien. Das aus dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts stammende Silbermobiliar würde auch den Merkmalen des Kriterienkatalogs zum Vollzug des Kulturgutschutzgesetzes nach dem Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 20. Mai 1983 (GMBl 1983, S. 442) entsprechen und damit die Schutzvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 KuSchG erfüllen. Es handele sich nach den eigenen Angaben des Klägers um Werke von hoher Kunstfertigkeit. Sie stammten nach den Meistermarken zum großen Teil von führenden Augsburger "Silberkistlern" wie ... und ... von internationalem Rang. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts habe die Goldschmiedekunst ihre besondere Blüte erlebt, um den fürstlichen Reichtum in Europa glanzvoll zu repräsentieren. Das Zentrum der deutschen Goldschmiedekunst sei zu jener Zeit Augsburg gewesen, eine Stadt, die es insbesondere bei der Herstellung von Silbermöbeln zur Weltgeltung gebracht habe. Das belege die einschlägige kunsthistorische Literatur. Es handele sich bei dem Silberzimmer auch um ein "wichtiges Objekt" im Sinne des ersten Merkmals des erwähnten Kriterienkatalogs, da es sich nach der Fachliteratur um die nach Qualität, Vollständigkeit und Kostbarkeit bedeutendsten deutschen Silbermöbel handele, die noch erhalten seien. Allein die vier Stühle seien die einzigen dieser Möbelgattung, die sich als Augsburger Silbermöbel erhalten hätten. Das stehe auch im Einklang mit dem einstimmigen Votum der im Verwaltungsverfahren angehörten Sachverständigen. Damit stehe der kulturelle Wert dieses einzigartigen Silbermobiliars als bedeutsames Zeugnis höfischer Barockkultur außer Zweifel. Da auch die kunsthistorischen Aussagen der einschlägigen Fachliteratur von dem jetzigen Kläger nicht substantiiert bestritten würden, sei es auch nicht erforderlich, über, die Frage, ob die Abwanderung dieses Mobiliars ins Ausland einen wesentlichen Verlust für den deutschen Kulturbesitz darstellen würde, Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben. Der Umstand, daß das Silberzimmer erst 32 Jahre nach Inkrafttreten des Kulturgutschutzgesetzes in das Verzeichnis aufgenommen worden sei, liege an der beschränkten Kapazität der Behörde und habe für den nationalen Wert eines Kunstwerkes oder Kulturgutes keine Bedeutung.
Gegen das am 24. Juli 1989 zugestellte Urteil hat der frühere Kläger zu 2) und jetzt alleinige Kläger am 31. Juli 1989 Berufung eingelegt. Er führt aus, daß das Kulturgutschutzgesetz keine gesetzliche Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 2 GG sein könne, weil es entgegen dem Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG weder das Grundrecht des Eigentums noch Art. 14 GG nenne. Deshalb habe das Verwaltungsgericht auch nicht geprüft, ob das Kulturgutschutzgesetz Pflichten des Eigentümers festlege, die dem Wohl der Allgemeinheit dienen würden und die der Eigentümer aufgrund des Art. 14 Abs. 2 Satz 2 GG wahrzunehmen habe. Das Wohl der Allgemeinheit könnte nur darin bestehen, daß das Kulturgut der Allgemeinheit zugänglich sei, was aber bei dem Silberzimmer nicht der Fall sei. Denn es handele sich um private bewegliche Gegenstände, die jederzeit den Blicken der Allgemeinheit entzogen werden könnten. Etwas anderes würde nur für Kulturgüter gelten können, die Gegenstände öffentlicher Sammlungen seien und damit der Allgemeinheit zugänglich wären. Es gebe daher kein öffentliches Interesse an der Eintragung des Silberzimmers, so daß Art. 14 GG verletzt sei. Es liege auch eine Enteignung vor. Einerseits gehe das Verwaltungsgericht richtigerweise von der Eigenschaft des Kulturgutes als Wertreserve aus, andererseits sehe es aber fälschlicherweise die Beeinträchtigung des Tauschwertes nicht als eine Verletzung der Eigentumsgarantie an. Eine Verminderung des Tauschwertes bedeute eine erhebliche Schmälerung der Wertreserve. Art. 14 GG schütze auch den Tauschwert des Eigentums. Gemeint sei nicht eine Minderung des Tauschwertes, welche eine Gesamtlage betreffe, sondern vielmehr eine Verminderung eines Tauschwertes durch einen Eingriff, der den Einzelnen wie hier durch die Eintragung in die Liste treffe. Hier trete nach Auffassung von Papier die Junktim-Klausel voll in Kraft. Abgesehen von der Beeinträchtigung des Tauschwertes des Silberzimmers sei auch der. Besitz eingeschränkt, da er, der Kläger, das Silberzimmer nicht einmal an seinem Wohnsitz in London aufstellen könne. Da hiernach eine Enteignung vorliege, sei das Kulturgutschutzgesetz auch gemäß Art. 14 Abs. 3 GG nichtig, weil es Ausmaß und Höhe der Entschädigung nicht regele.
Das praktische Ausfuhrverbot des Kulturgutschutzgesetzes sei mit den Bestimmungen der Art. 30, 34 und 36 EWGV nicht vereinbar. Das Verwaltungsgericht hätte nach der Rechtsprechung des EuGH bei Art. 36 Satz 2 EWGV prüfen müssen, ob das aus den Bestimmungen des Kulturgutschutzgesetzes folgende Ausfuhrverbot notwendig sei, um zwingenden Erfordernissen des Schutzes des nationalen Kulturgutes gerecht zu werden, und ob die Regelung in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck stehe, insbesondere das mildeste Mittel sei. Außerdem dürfte mit dem nationalen Kulturgut im Sinne des Art. 36 Satz 1 EWGV nur das auf nationalem Boden gewachsene Kulturgut gemeint sein. Bei dem Silberzimmer stehe aber gar nicht fest, wer im einzelnen die Handwerker gewesen seien, die daran gearbeitet hätten, und wie sich die Arbeiten etwa auf Augsburger und Londoner Handwerker verteilten. Außerdem handele es sich um private, der Öffentlichkeit nicht zugängliche Gegenstände, so daß es für den Schutz des Silberzimmers an einem zwingenden Erfordernis und an einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Zweck fehle. Auch sei nicht geprüft worden, ob nicht ein anderes Mittel wie die englische Regelung milder wäre, wonach von dem Ausfuhrverbot nur dann Gebrauch gemacht werde, wenn derselbe Preis, der im Ausland erzielt werden könne, im Inland zur Verfügung gestellt würde.
Die Auslegung des Verwaltungsgerichts, daß alle Objekte von dauerhafter besonderer Bedeutung unter das Gesetz fielen, decke sich nicht mit dem Wortlaut "deutsches Kulturgut" und "Verzeichnis national wertvollem Kulturgutes" und "wesentlicher Verlust". Das lasse erkennen, daß das Gesetz nur ganz hervorragende Spitzenwerte im Auge habe. Aus der Tatsache, daß die im angefochtenen Urteil genannten beiden Augsburger Silberschmiede seinerzeit zu den besten ihrer Zeit gehört hätten, folge noch nicht, daß man sie im Sinne des Kriterienkatalogs der Kultusministerkonferenz als Künstler von internationalem Rang behandeln könne. Ihre Namen seien nur Spezialisten bekannt und kämen nur noch in der vom angefochtenen Urteil bezeichneten Spezialliteratur über das Kunsthandwerk vor. Die Kultusministerkonferenz habe bei den Künstlern von internationalem Rang vielmehr an Künstler wie Dürer oder Raffael gedacht. Im übrigen stehe auch nicht fest, wieweit überhaupt diese beiden Augsburger Kunsthandwerker an den hier fraglichen Möbeln und ihrer Versilberung beteiligt gewesen seien. Die Objekte hätten auch nicht für die deutsche Kunstentwicklung eine besondere Bedeutung gehabt. Die Verzierung von Barockmöbeln mit Silber sei eine Randerscheinung gewesen, die auf den Barockstil überhaupt keinen Einfluß gehabt habe. Es sei auch nicht ersichtlich, wieso dieses Silberzimmer die deutsche Kunst, die Kunst- und Kulturgeschichte in einer herausragenden bedeutenden Weise beeinflußt haben sollte. Eine geschichtliche Wirkung habe sie weder für die Landesgeschichte noch für die lokale Geschichte gehabt, wovon auch der Beklagte bisher ausgegangen sei. Außerdem habe der Beklagte dieses Silberzimmer, dessen Existenz ihm seit über 30 Jahren seit der Ausstellung im Herrenhausen-Museum um 1956 herum bekannt gewesen sei, erst jetzt eingetragen, was dafür spreche, daß alle Vorgänger im Amt das Silberzimmer anders eingestuft hätten.
Über die Kostenregelung sei von Amts wegen zu entscheiden. Eines Beitritts der Erben des ursprünglichen Klägers zu 1) im Berufungsverfahren bedürfe es nicht, um bei einem Erfolg der Berufung die Kostenentscheidung entsprechend zu ändern.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern, soweit es die Klage abweist und soweit es den Erben des früheren Klägers zu 1) die Kosten des Verfahrens auferlegt, und den Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 1987 aufzuheben und dem Beklagten die gesamten Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend führt er aus, daß der Gesetzgeber entsprechend dem Regelungsauftrag von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG im Kulturgutschutzgesetz den Inhalt und die Schranken des Eigentums an wertvollem Kulturgut bestimmt habe. Auch die Konkretisierung der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG durch den Vorbehalt der Ausfuhrgenehmigung bedeute keine Einschränkung des Eigentumsgrundrechts. Der Festlegung der Sozialbindung durch die Verpflichtung, bedeutendes Kulturgut nicht ohne Genehmigung auszuführen, liege das allgemeine Interesse zugrunde, wesentliche Verluste für den deutschen Kulturbesitz einzugrenzen. Die unkontrollierte Ausfuhr von Kulturgut könne im Interesse der Allgemeinheit nicht hingenommen werden. Die Erhaltung bedeutenden Kulturgutes innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland sei auch dann für die Allgemeinheit wichtig, wenn es nicht "jederzeit den Blicken der Allgemeinheit zugänglich" sei. Das Interesse der Allgemeinheit setze nicht voraus, daß ein Kulturgut jedermann zugänglich sei. Die Regelung des Kulturgutschutzgesetzes gehe nicht weiter als die Regelung der Denkmalschutzgesetze. Die Denkmalschutzgesetze beschrieben ebenfalls eine Verpflichtung der privaten Eigentümer zum Erhalt von beweglichen Denkmalen und Bodendenkmalen vor, auch wenn sie nicht jedermann zugänglich seien. Im übrigen würde eine Abwanderung privaten Kulturgutes aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in andere Staaten bedeuten, daß das Kulturgut sodann dem gesetzlichen Schutz dieser Staaten unterliegen würde und möglicherweise eine Rückführung nicht durchzusetzen wäre, wenn z.B. staatliche Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland das Kulturgut käuflich erwerben wollten. Der in dem Gesetz geregelte Abwanderungsschutz bleibe in den Grenzen des Eigentumsrechts nach Art. 14 Abs. 1 GG. Eine Versagung der Ausfuhrgenehmigung, die nur nach eingehender Abwägung zwischen Eigentümerinteressen und Allgemeinwohlbelangen und nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes möglich sei, bleibe ebenfalls im Rahmen der Grenze der Sozialpflichtigkeit des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 2 GG. Dabei komme der Regelung in § 8 des Gesetzes als Ausdruck des allgemeinen Aufopferungsgrundsatzes besondere Bedeutung zu. Auch die steuerliche Begünstigung, z.B. bei der Vermögenssteuer, stelle entsprechend dem Grundgedanken des Art. 14 GG einen Ausgleich für mögliche Erschwernisse dar.
Ein Zitiergebot gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG bestehe somit nicht, da das Gesetz keine Einschränkung des Grundrechts vorsehe. Selbst wenn die Rechtsauffassung vertreten werden würde, daß schon die Konkretisierung der Grundrechtschranken ein Zitiergebot begründen könne, so würde das auf keinen Fall eine Nichtigkeit der Vorschrift zur Folge haben können.
Der Hinweis des Klägers, die Anwendung des Kulturgutschutzgesetzes bedeute wegen der Beschränkung des Tauschrechts eine Enteignung mit der Folge, daß das Gesetz aufgrund des Art. 14 Abs. 3 GG nichtig sei, gehe ebenfalls fehl. Art. 14 GG enthalte keine eigenständige Tauschwertgarantie. Eine mögliche Tauschwertminderung im Falle der Nichterteilung einer Ausfuhrgenehmigung würde somit allein noch nicht den Tatbestand des Eigentumseingriffs berühren. Würde im Falle konkreter Verkaufsabsichten infolge wirtschaftlicher Notlage die Ausfuhrgenehmigung verweigert werden, so sei dem Eigentümer gemäß § 8 KuSchG ein billiger Ausgleich zu gewähren. Dieser Ausgleich bedeute allerdings nicht eine Entschädigung wegen einer Enteignung. Vielmehr handele es sich hier um einen Ausgleich für das im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums geforderte besondere Opfer. Auch hinsichtlich der sonstigen Nutzung des Eigentums enthalte das Kulturgutschutzgesetz keine Regelung für Maßnahmen einer Enteignung. Die Junktim-Klausel des Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG finde daher keine Anwendung.
Ein Verstoß des Kulturgutschutzgesetzes gegen Art. 36 EWGV sei auch unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung nicht festzustellen. Gemäß Art. 36 Satz 2 EWGV seien Ausfuhr und Ausfuhrbeschränkungen zum Schutz des nationalen Kulturgutes von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert zulässig. Wie in dem erstinstanzlichen Urteil richtig ausgeführt werde, verstoße das Kulturgutschutzgesetz, das national wertvolles Kulturgut gegen Abwanderung schütze, nicht gegen den EWG-Vertrag. Die nach dem Kulturgutschutzgesetz vorgesehene Maßnahme des Genehmigungsvorbehalts bei der Ausfuhr entspreche dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da nur so der verfolgte Zweck, national wertvolles Kulturgut für den deutschen Kulturbesitz zu erhalten, erreicht werden könne. Bei Aufhebung eines Genehmigungsvorbehalts für das herausragende Kulturgut bestünde die Abwanderungsgefahr im freien Warenverkehr. Nur ein kleiner Prozentsatz des in den Handel gelangenden Kulturgutes sei von den Vorschriften des Kulturgutschutzgesetzes betroffen. Der nach dem Gesetz anzuwendende hohe Qualitätsmaßstab bei den zu schützenden Objekten gebe die Garantie dafür, daß eine verschleierte Beschränkung des Handels nicht entstehe. Nach dem Wortlaut und Sinn des Art. 36 EWGV handele es sich bei dem zu schützenden "nationalen Kulturgut" um Kulturgut, das sich in den Grenzen des Mitgliedstaates befinde. Nur über Kulturgut dieser Art könne der Mitgliedstaat entsprechende Maßnahmen der Ausfuhrbeschränkungen treffen. Gerade die Erhaltung dieses nationalen Kulturgutes von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert für den deutschen Kulturbesitz mache den Genehmigungsvorbehalt auch dann zwingend erforderlich, wenn das Kulturgut der Öffentlichkeit nicht zugänglich sei. Der Kläger verkenne ferner, daß ein faktisches Ausfuhrverbot, d.h. eine Versagung der Ausfuhrgenehmigung, nur gesetzlich zulässig sei, wenn bei Abwägung der Umstände des Einzelfalles wesentliche Belange des deutschen Kulturbesitzes überwiegen würden (§ 1 Abs. 4 Satz 3 KuSchG). Eine Beschränkung des Kunsthandels durch ein Ausfuhrverbot bestehe somit nicht einmal bei jedem der in dem Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingetragenen Objekte.
Soweit der Kläger bestreite, daß es sich bei dem Silbermobiliar um national wertvolles Kulturgut im Sinne des § 1 Abs. 1 KuSchG handele, gehe er in seiner Beurteilung auch hier fehl. In der Begründung zu dem Kulturgutschutzgesetz (vgl. BT-Drucks. 2/76, S. 7) heiße es: "Zum deutschen Kulturbesitz, dessen Schutz das Gesetz bezweckt, sind Kulturgüter deutscher und ausländischer Herkunft im Bereich der Bundesrepublik zu zählen, die nach ihrer künstlerischen Eigenart, nach ihrem kulturellen Wert oder durch ihre Bedeutung für die kulturelle Entwicklung in Deutschland als dauernd besonders wertvoller Bestandteil deutschen Kulturbesitzes anzusehen sind." In diesem Sinne stünden auch die Ausführungen des angefochtenen Urteils. Auch die Kultusministerkonferenz habe bei der Erarbeitung ihrer Empfehlung zum Vollzug des Gesetzes diesen Willen des Gesetzgebers zugrundegelegt. Die Auslegung der Empfehlung durch den Kläger sei nicht nachvollziehbar. Der internationale Rang eines Künstlers könne sich nicht an seinem allgemeinen Bekanntheitsgrad messen lassen. Schon der Gesetzgeber stelle bei der Frage der Bewertung nicht auf das Urteil eines Durchschnittsmenschen ab, sondern fordere vor einer Entscheidung über die Aufnahme eines Objektes in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes die Anhörung von Sachverständigen. Das angefochtene Urteil setze sich sehr eingehend mit der Bewertung der Augsburger Goldschmiede Drentwett und Biller auseinander. Die einhellige Beurteilung durch eine Reihe von Fachgelehrten - auch aus dem Ausland - werde in diesem Zusammenhang umfassend dargestellt.
Das Ensemble des Silbermobiliars, innerhalb der Bundesrepublik Deutschland in der Vollständigkeit einzigartig erhalten, umfasse nicht nur wichtige Objekte von Künstlern internationalen Rangs, sondern habe auch für die deutsche Kunst- und Kulturgeschichte sowie für die Regionalgeschichte einen besonderen Zeugniswert.
Für die Bewertung des Ensembles komme es auf den Zeitpunkt der Eintragung in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes an. Daher sei es unerheblich, daß die Eintragung rd. 30 Jahre nach Inkrafttreten des Kulturgutschutzgesetzes erfolgt sei.
Wegen des Sach- und Streitstandes im einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der vorgelegten Verwaltungsvorgänge, insbesondere auf die darin enthaltene Fachliteratur, Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Der Beklagte hat mit rechtmäßigem Verwaltungsakt nach den §§ 1 bis 3 des Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung vom 6. August 1955 (BGBl I, S. 501) die Eintragung des Silberzimmers des Klägers in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes verfügt, so daß der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt ist.
Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung (abgedr. in NVwZ-RR 1991, S. 643-645 [VG Hannover 09.06.1989 - 6 A 69/87]) insbesondere zu den Fragen der Enteignung (1), der gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit nach Art. 36 EWGV (2) und des Kulturgutschutzes (3) ausführlich und zutreffend begründet. Darauf wird gemäß § 130 b VwGO nach Maßgabe der folgenden Ausführungen Bezug genommen.
1. Art. 14 Abs. 3 GG scheidet als Prüfungsmaßstab für die verfassungsrechtliche Beurteilung aus. Denn der auf §§ 1 bis 3 KuSchG gestützte angefochtene Verwaltungsakt über die Eintragung des Silberzimmers des Klägers in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes bewirkt keine Enteignung. Damit entfallen auch Verstöße gegen das Zitiergebot nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. Jarass in Jarass/Pieroth, Grundgesetz, Komm., 2. Aufl. 1992, Art. 14 RdNr. 29) und die Wesensgehaltgarantie des Art. 19 Abs. 2 GG.
Wesensmerkmal der Enteignung im verfassungsrechtlichen Sinne ist der staatliche Zugriff auf das Eigentum des Einzelnen; sie zielt auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter subjektiver Rechtspositionen, die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützt sind (BVerfGE 79, 174, 191 [BVerfG 30.11.1988 - 1 BvR 1301/84]) [BVerfG 30.11.1988 - 1 BvR 1301/84].
Der Gesetzgeber kann im Rahmen des Art. 14 GG in dreifacher Weise eigentumsrechtlich relevante Vorschriften erlassen. Das Eigentum als Zuordnung eines Rechtsgutes an einen Rechtsträger bedarf, um im Rechtsleben praktikabel zu sein, notwendigerweise der rechtlichen Ausformung. Demgemäß hat das Grundgesetz in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dem Gesetzgeber die Aufgabe übertragen, den Inhalt und die Schranken des Eigentums zu bestimmen. Solche Normen legen generell und abstrakt die Rechte und Pflichten des Eigentümers fest, bestimmen also den "Inhalt" des Eigentums. Der Gesetzgeber schafft damit auf der Ebene des objektiven Rechts diejenigen Rechtssätze, die die Rechtsstellung des Eigentümers begründen und ausformen; sie können privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Natur sein. Weiter hat der Gesetzgeber nach Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG die Möglichkeit, durch Gesetz einem bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis konkrete Eigentumsrechte zu entziehen, die aufgrund der allgemein geltenden Gesetze im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG rechtmäßig erworben worden sind (Legalenteignung). Schließlich kann der Gesetzgeber - ebenfalls nach Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG - der Exekutive die Ermächtigung erteilen, konkretes Eigentum Einzelner zu entziehen. Die Enteignung aufgrund Gesetzes (Administrativenteignung) erfordert einen behördlichen Vollzugsakt, der - anders als die Legalenteignung - mit Rechtsmitteln angefochten werden kann (so BVerfGE 58, 300, 330 f [BVerfG 15.07.1981 - 1 BvL 77/78]) [BVerfG 15.07.1981 - 1 BvL 77/78].
Eine Legalenteignung könnte im gegenwärtig noch nicht abgeschlossenen Eintragungsverfahren nach dem Kulturgutschutzgesetz nur insoweit in Betracht kommen, als § 4 KuSchG selbst ein vorläufiges Ausfuhrverbot für die Zeit von der Einleitung eines Eintragungsverfahrens bis zu seinem bestandskräftigen Abschluß regelt, ohne das es noch eines vollziehenden Verwaltungsaktes bedürfte. Sie steht jedoch hier nicht zur Prüfung an, da eine Legalenteignung nicht vor den Verwaltungsgerichten, sondern allenfalls mit der Verfassungsbeschwerde angefochten werden könnte.
Da sich Legal- und Administrativenteignung gegenseitig ausschließen, weil eine Rechtsstellung, die bereits vom Gesetzgeber entzogen worden ist, nicht erneut durch Verwaltungsakt beseitigt werden kann (BVerfGE 58, 300, 331 [BVerfG 15.07.1981 - 1 BvL 77/78]) [BVerfG 15.07.1981 - 1 BvL 77/78], scheidet bereits deshalb eine Administrativenteignung insoweit aus, als sich der Kläger durch das vorläufige Ausfuhrverbot des § 4 KuSchG selbst, gegenwärtig und unmittelbar in seinen Rechten verletzt fühlen sollte.
In der Verfügung über die Eintragung mit dem danach verbleibenden wesentlichen Inhalt, daß sie das eingetragene Kulturgut nach § 1 Abs. 4 Satz 1 KuSchG einem Ausfuhrgenehmigungsvorbehalt unterwirft, vermag der Senat eine Administrativenteignung jedoch nicht zu erkennen. Vielmehr bestimmt das Kulturgutschutzgesetz als Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsaktes im Spannungsfeld von Privatnützigkeit des Eigentums und Verfügungsbefugnis nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG einerseits und Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG andererseits gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG in zulässiger und verhältnismäßiger Weise Inhalt und Schranken des Eigentums an national wertvollem Kulturgut.
Dabei ist zu beachten, daß die Frage, ob ein Gesetz, das nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmt, mit der Verfassung vereinbar ist, enteignungsrechtlich ohne Bedeutung ist, weil sie in keinem Fall - weder bei Gültigkeit noch bei Ungültigkeit der Vorschriften - zur Bejahung einer die Entschädigungspflicht auslösenden Enteignung führen könnte. Eine inhaltsbestimmende Vorschrift behält auch bei Verfassungswidrigkeit ihren Rechtscharakter als Regelung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und wandelt sich nicht in eine den Anforderungen des Art. 14 Abs. 3 GG unterliegende Enteignungsnorm. Eine gesetzliche Vorschrift kann nicht verfassungswidrig und zugleich verfassungsmäßig sein. Demgemäß kann die Anwendung einer solchen Regelung seitens der Behörden keine entschädigungspflichtige Administrativenteignung sein, sondern bleibt in jedem Fall bloßer Gesetzesvollzug, der allerdings mit Rechtsmitteln angegriffen werden kann (BVerfGE, 58, 300, 320 [BVerfG 15.07.1981 - 1 BvL 77/78]).
Der Gesetzgeber muß bei der Wahrnehmung des ihm in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erteilten Auftrages, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, sowohl die grundgesetzliche Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch das Sozialgebot des Art. 14 Abs. 2 GG beachten. Bei der Begrenzung von Eigentümerbefugnissen sind dem Gesetzgeber Schranken gezogen (BVerfGE 58, 300, 338 [BVerfG 15.07.1981 - 1 BvL 77/78]) [BVerfG 15.07.1981 - 1 BvL 77/78].
Das Grundgesetz hat dem Gesetzgeber den Auftrag zugewiesen, eine Eigentumsordnung zu schaffen, die sowohl den privaten Interessen des einzelnen als auch denen der Allgemeinheit gerecht wird. Bei der Bestimmung der verfassungsrechtlichen Rechtsstellung des Eigentümers wirken bürgerliches Recht und öffentlich-rechtliche Gesetze gleichrangig zusammen. Die bürgerlich-rechtliche Eigentumsordnung ist keine abschließende Regelung von Inhalt und Schranken des Eigentums. Den privatrechtlichen Eigentumsvorschriften kommt im Rahmen des Art. 14 GG auch kein Vorrang vor den öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu, die eigentumsrechtliche Regelungen treffen. Welche Befugnisse einem Eigentümer in einem bestimmten Zeitpunkt konkret zustehen, ergibt sich vielmehr aus der Zusammenschau aller in diesem Zeitpunkt geltenden, die Eigentümerstellung regelnden gesetzlichen Vorschriften (BVerfGE 58, 300, 335 f [BVerfG 15.07.1981 - 1 BvL 77/78]) [BVerfG 15.07.1981 - 1 BvL 77/78]. Die Gewährleistung des Privateigentums als Rechtsinstitut wird selbst dann nicht angetastet, wenn für die Allgemeinheit lebensnotwendige Güter zur Sicherung überragender Gemeinwohlbelange und zur Abwehr von Gefahren nicht der Privatrechtsordnung, sondern einer öffentlich-rechtlichen Ordnung unterstellt werden (BVerfGE 58, 300, 339 [BVerfG 15.07.1981 - 1 BvL 77/78]) [BVerfG 15.07.1981 - 1 BvL 77/78].
Obwohl das Kulturgutschutzgesetz nicht so weit geht, handelt es sich nach Auffassung des Senats bei dem Schutz national wertvollen Kulturgutes doch um einen solchen überragenden Gemeinwohlbelang, der jedenfalls die privatrechtliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers, dieses Kulturgut ins Ausland auszuführen, in zulässiger Weise von vornherein einschränkt. Das gilt erst recht für den mit der Eintragung verbundenen bloßen Ausfuhrgenehmigungsvorbehalt nach § 1 Abs. 4 Satz 1 KuSchG.
Nach diesen Maßstäben vermag der Senat nicht festzustellen, daß dem Kläger im Zeitpunkt der Eintragung des Silberzimmers eine enteignungsfähige Rechtsposition zugestanden hat (vgl. BVerfGE 58, 300, 332 [BVerfG 15.07.1981 - 1 BvL 77/78]) [BVerfG 15.07.1981 - 1 BvL 77/78]. Dabei kann dahinstehen, ob nicht bereits aus der Natur der Sache als national wertvoller Kulturbesitz wie aus der Situationsgebundenheit bei Grundstücken eine Sozialpflichtigkeit des Eigentums folgt. Es kann auch dahinstehen, ob de lege ferenda Kulturbesitz zur res extra commercium gemacht werden sollte (so Professor Mußgnug für den Kulturbesitz der öffentlichen Museen in: Metzger, Rechtsfragen des internationalen Kulturgüterschutzes - Symposion, NJW 1991, 609, 610). Der Senat läßt schließlich dahinstehen, ob nicht aus Art. 36 EWGV als unmittelbar geltendem Recht geschlossen werden kann, daß damit die Sozialpflichtigkeit des Eigentums an national wertvollem Kulturbesitz auch für den Geltungsbereich des Grundgesetzes verbindlich anerkannt ist.
Denn wenn mit dem Bundesverfassungsgericht der Begriff des von der Verfassung gewährleisteten Eigentums aus der Verfassung selbst gewonnen werden muß und nicht aus Normen des einfachen Rechts, die im Range unter der Verfassung stehen, bestimmt werden kann (BVerfGE 58, 300, 335 [BVerfG 15.07.1981 - 1 BvL 77/78]) [BVerfG 15.07.1981 - 1 BvL 77/78], dann ergibt sich im vorliegenden Fall bereits aus der Verfassung selbst, nämlich aus Art. 74 Nr. 5 GG, eine öffentlich-rechtliche Bestimmung des Eigentums an national wertvollem Kulturbesitz. Art. 74 Nr. 5 GG regelt, daß sich die konkurrierende Gesetzgebung auf den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung in das Ausland erstreckt. Eine verfassungskonforme Auslegung dieser Verfassungsvorschrift gebietet es, Art. 74 Nr. 5 GG nicht seinerseits als Enteignungsgesetz oder Ermächtigungsgrundlage für Enteignungen aufgrund des Kulturgutschutzgesetzes oder darauf beruhender Verwaltungsakte anzusehen, sondern ihn im Einklang mit Art. 14 GG als auf der Ebene der Verfassung zugleich mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gegebene Inhaltsbestimmung bzw. Sozialbindung des Eigentums anzusehen. Dafür spricht auch, daß bei historischer Betrachtung Art. 150 der Weimarer Reichsverfassung vom 11. 8. 1919 (RGBl S. 1383) im zweiten Hauptteil "Grundrechte und Grundpflichten der Deutschen" bestimmt hat, daß u.a. Denkmäler der Kunst und der Geschichte den Schutz und die Pflege des Staates genießen und daß es Sache des Reiches sei, die Abwanderung deutschen Kunstbesitzes in das Ausland zu verhüten. Jedenfalls schränkt die Ausübung der Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 74 Nr. 5 GG ihrerseits die Grundrechtsbestimmung ein, indem sie die Schranken gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ausfüllt (von Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, Bd. II, 1964, Art. 74 Anm. XIII 4). Die Eintragung gemäß § 1 Abs. 1 KuSchG wird daher als eine verfassungsrechtlich gerechtfertigte Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG angesehen (Pieroth/Kampmann, aaO, S. 1386 m.w.N.). Auch die Eintragung eines Denkmals in die Denkmalliste stellt regelmäßig eine zulässige Eigentumsbindung bzw. Inhaltsbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar (vgl. BVerwG, Beschl. v. 3. 4. 1984 - 4 B 59.84 -, DVBl 1984, 638, 639; Beschl. v. 10. 7. 1987 - 4 B 164/87 -, NJW 1988, 505 [BVerwG 10.07.1987 - 4 B 146/87]). Auch das in § 1 Abs. 4 KuSchG ausgesprochene Ausfuhrverbot mit Erlaubnisvorbehalt wird als verfassungsgemäß angesehen (von Münch, Grundgesetzkommentar, Bd. 3, 2. Aufl., 1983, Art. 74 RdNr. 22). Das muß erst recht gelten, weil das Kulturgutschutzgesetz die Kompetenznorm des Art. 74 Nr. 5 GG nicht ausschöpft (vgl. Maunz in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Komm., Art. 74 GG (Stand Oktober 1984) RdNr. 101; Hönes, aaO, S. 41).
Die normierten Eigentumsbindungen dürfen nicht - gemessen am sozialen Bezug, in der sozialen Bedeutung des Eigentumsobjekts und am verfolgten Regelungszweck - zu einer übermäßigen Belastung führen und den Eigentümer im vermögensrechtlichen Bereich unzumutbar treffen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 10. 7. 1987, aaO, S. 505). Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muß der Gesetzgeber bei Regelungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG beiden Elementen des im Grundsgesetz angelegten Verhältnisses von verfassungsrechtlich garantierter Rechtsstellung und dem Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung in gleicher Weise Rechnung tragen; er muß die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Eine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung steht mit den verfassungsrechtlichen Vorstellungen eines sozialgebundenen Privateigentums nicht in Einklang. Dem entspricht die Bindung des Gesetzgebers an den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Wohl der Allgemeinheit ist nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die dem Eigentum aufzuerlegenden Beschränkungen. Um vor der Verfassung Bestand zu haben, müssen sie vom geregelten Sachbereich her geboten und auch in ihrer Ausgestaltung sachgerecht sein. Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse dürfen nicht weitergehen als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient. In jedem Falle erfordert die verfassungsrechtliche Gewährleistung die Erhaltung der Substanz des Eigentums und die Beachtung des Gleichheitsgebots des Art. 3 Abs. 1 GG (BVerfGE 79, 174, 198 [BVerfG 30.11.1988 - 1 BvR 1301/84]) [BVerfG 30.11.1988 - 1 BvR 1301/84].
Eingedenk dessen, daß es hier nur um die durch Verwaltungsakt verfügte Eintragung des Silberzimmers in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes geht, sind Gesichtspunkte für einen Gleichheitsverstoß nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht ersichtlich, da alle Eigentümer national wertvollen Kulturbesitzes in gleicher Weise von einer Eintragung betroffen werden. Auch bleibt dem Kläger die Substanz seines Eigentums, des Silberzimmers, ebenso erhalten, wie er dessen bisher ausgeübte Nutzung - 150-jähriger Besitz in Deutschland - fortsetzen kann. Außer der Privatnützigkeit seines Eigentums bleibt dem Kläger auch die Verfügungsbefugnis im wesentlichen erhalten. Er kann das Silberzimmer innerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes veräußern, er kann es sogar an einen Ausländer im Ausland veräußern, wenn er es nicht ausführt. Selbst die Ausfuhr ist derzeit nicht endgültig verboten, da zunächst nur ein vorläufiges gesetzliches Ausfuhrverbot nach § 4 KuSchG besteht, eine Ausfuhr nach §§ 1 Abs. 4, 8 KuSchG aber weder - soweit ersichtlich - beantragt noch rechtskräftig versagt worden ist.
Die bloße Belastung durch einen Ausfuhrgenehmigungsvorbehalt aufgrund der Eintragung des Silberzimmers in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes ist aber nicht unverhältnismäßig. Schon im Rahmen der Rechtfertigung im Sinne des Art. 36 Satz 2 EWGV (siehe unter 2.) ist die Verhältnismäßigkeit des deutschen Kulturgutschutzgesetzes gemessen am Zweck des Schutzes des nationalen Kulturbesitzes bejaht worden, weil der Ausfuhrgenehmigungsvorbehalt gegenüber einem absoluten Ausfuhrverbot und einem staatlichen Vorkaufsrecht als mildestes Mittel erscheint. Für die Verhältnismäßigkeit spricht weiter, daß das Kulturgutschutzgesetz die Kompetenznorm des Art. 74 Nr. 5 GG ("Schutz deutschen Kulturgutes") durch § 1 Abs. 1 Satz 1 KuSchG nicht ausschöpft, der nur den "wesentlichen Verlust für den deutschen Kulturbesitz" schützt. Diese Beschränkung ist durch Art. 74 Nr. 5 GG nicht geboten (vgl. Hönes, aaO, S. 41). Außerdem enthält das Kulturgutschutzgesetz sogenannte Ausgleichsregelungen (vgl. hierzu BVerfGE 58, 137, 150 ff; BGHZ 110, 12, 16) [BGH 21.12.1989 - III ZR 132/88]. Die steuerliche Begünstigung nach § 1 Abs. 3 KuSchG bildet einen Ausgleich für die erschwerte wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit des geschützten Kulturgutes (Medicus, aaO, S. 7, 8; BT-Drucks. II/76 v. 19. 11. 1953, S. 7 zu § 1 Abs. 3). Schließlich gewährt § 8 KuSchG für den Fall der rechtskräftig versagten Ausfuhr einen billigen Ausgleich unter Berücksichtigung der im § 1 Abs. 3 KuSchG entsprechenden Steuervorteile. Damit wurde bewußt darauf verzichtet, dem Eigentümer eine Entschädigung nach Enteignungsgrundsätzen zuzubilligen (Pieroth/Kampmann, aaO, S. 1389).
2. Das Kulturgutschutzgesetz verletzt nicht Art. 34 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) vom 25. März 1957 (BGBl II S. 766) in der Fassung vom 28. Februar 1986 (BGBl II S. 1104) - EWGV -. Diese Bestimmung kommt als höherrangiges Recht und auch deshalb in Betracht, weil § 15 KuSchG besagt, daß Verpflichtungen aufgrund bestehender internationaler Verträge durch dieses Gesetz unberührt blieben. Nach Art. 34 Abs. 1 EWGV sind mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Ausfuhrverbote, d.h. das absolute oder mit einem Genehmigungsvorbehalt versehene, in allgemeiner Form erlassene, an den einzelnen gerichtete staatliche Verbot der Ausfuhr einer Ware, stellen die stärkste Form der mengenmäßigen Beschränkung, das sogenannte Nullkontingent, dar (Ehlermann, Die Bedeutung des Art. 36 EWGV für die Freiheit des Warenverkehrs, EuR 1973, 1, 2). Nach Art. 36 Satz 1 EWGV steht der Art. 34 Ausfuhrverboten und -beschränkungen nicht entgegen, die zum Schutz des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen nach Satz 2 der Vorschrift jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen.
Im Gegensatz zu Art. 226 EWGV enthält Art. 36 EWGV, wie dies sein letzter Satz bestätigt, Tatbestände nicht wirtschaftlicher Art, die die Verwirklichung der in den Art. 30 bis 34 EWGV aufgestellten Grundsätze nicht in Frage stellen können (vgl. EuGH, Urt. v. 19. 12. 1961 - Rs 7/61 -, Slg. 1961, 693 ff, 720; Ehlermann, aaO, S. 7, 13). Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ("nicht entgegenstehen") wird durch sie kein europarechtlicher Verbotstatbestand begründet, sondern ein nationalstaatlicher Verbotstatbestand vorausgesetzt (vgl. Pieroth/Kampmann, Außenhandelsbeschränkungen für Kunstgegenstände, NJW 1990, S. 1385, 1386). Ausfuhrverbote oder -beschränkungen im Sinne von Art. 36 EWGV müssen die Verwirklichung des mit dieser Vorschrift angestrebten Ziels gewährleisten, den künstlerischen, geschichtlichen oder archäologischen Kulturbesitz zu schützen. Sie stellen Ausnahmen von der Grundregel der Beseitigung aller Hindernisse für den freien Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten dar. Ihre Anwendungsvoraussetzungen sind daher eng auszulegen. Um sich auf Art. 36 EWGV berufen zu können, müssen die Mitgliedstaaten sowohl hinsichtlich des zu erreichenden Zwecks als auch hinsichtlich der anzuwendenden Mittel die durch diese Vorschrift gezogenen Grenzen einhalten (EuGH, Urt. v. 10. 12. 1968 - Rs 7/68 -, Slg. 1968, 634, 635, 644).
Der Europäische Gerichtshof scheint bisher dazu zu neigen, im Rahmen des Art. 36 EWGV insoweit den Mitgliedstaaten freie Hand zu lassen und erst die Frage der Rechtfertigung nachzuprüfen. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, in den durch den Vertrag gesetzten Grenzen zu bestimmen, in welchem Umfang sie den Schutz der in Art. 36 EWGV geschützten Güter gewährleisten wollen (von der Groeben/Wägenbaur, Komm. z. EWG-Vertrag, 3. Aufl., 1983, Art. 36 RdNr. 29).
Die meisten Mitgliedstaaten verfügen auch über eine Gesetzgebung, die darauf abzielt, wertvollen Bestand an Kunstwerken oder Zeugnissen aus früheren Zeiten dem Land zu erhalten, d.h. einer Ausfuhr entgegen zu wirken. Instrumente dieser Politik sind ein absolutes Ausfuhrverbot, ein Vorkaufsrecht zugunsten der staatlichen Museen oder das Erfordernis einer Ausfuhrlizenz (von der Groeben/Wägenbaur, aaO, RdNr. 38). Nicht gedeckt durch Art. 36 EWGV ist dagegen eine Ausfuhrabgabe auf Kulturgüter, wie der EuGH zum italienischen Kulturgutschutzgesetz auf die Klage der Kommission hin entschieden hat (vgl. EuGH, Urt. v. 10. 12. 1968, aaO). Da das italienische Gesetz außer der Ausfuhrabgabe auch ein absolutes Ausfuhrverbot, ein Vorkaufsrecht des Staates und das Erfordernis einer Ausfuhrgenehmigung enthält und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften mit ihrer Klage die drei letztgenannten Maßnahmen nicht beanstandet hat, ist von der grundsätzlichen gemeinschaftsrechtlichen Zulässigkeit dieser Maßnahmen auszugehen.
Wegen der Unschärfe der Begriffe des "nationalen Kulturgutes" und "... von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert" liegt es nahe, mit dem EuGH die Gemeinschaftkontrolle im wesentlichen darauf zu beschränken, ob die Beschränkungen gerechtfertigt sind, d.h. verhältnismäßig (notwendig, geeignet, milde) sind und weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen (vgl. von der Groeben/Wägenbaur, aaO, RdNr. 39 - 41 und 68 - 72; Ehlermann, aaO, S. 14 f).
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit liegt Art. 36 Satz 2 EWGV zugrunde (EuGH, Urt. v. 12. 3. 1987 - Rs 178/84 -, NJW 1987, 1133, 1135) [EuGH 12.03.1987 - - 178/84]. Es ist Sache der zuständigen nationalen Stellen, in jedem Einzelfall darzutun, daß die von ihnen erlassene Regelung erforderlich ist, um die in Art. 36 EWGV genannten Rechtsgüter wirksam zu schützen (EuGH, Urt. v. 6. 5. 1986 - Rs 304/84 -, NJW 1987, 1136, 1138) [EuGH 06.05.1986 - - 304/84]. Diese Beweislast für die Erforderlichkeit obliegt dem Mitgliedstaat, der sich auf ein Verbot beruft (Moench, Reinheitsgebot für Bier, Zum Urt. d. EuGH v. 12. 3. 1987, NJW 1987, 1133, NJW 1987, 1109, 1111).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Dabei ist es, wie aber das Verwaltungsgericht angenommen hat, nicht erforderlich, daß die Menge der schützenswerten deutschen Kulturgüter nach den Voraussetzungen des Kulturgutschutzgesetzes kleiner ist als die nach Art. 36 Satz 1 EWGV. Denn Art. 36 Satz 1 EWGV würde auch dann den Schutz deutschen Kulturbesitzes rechtfertigen, wenn die Menge der schützenswerten Kulturgüter nach beiden Rechtsquellen gleich wäre. Die Erforderlichkeit einer Ausfuhrgenehmigung nach dem deutschen Kulturgutschutzgesetz stellt auch ein notwendiges und geeignetes Mittel dar und ist gegenüber dem absoluten Ausfuhrverbot wie auch dem staatlichen Vorkaufsrecht das mildeste zulässige Mittel. Das Erfordernis einer Ausfuhrgenehmigung stellt ferner keine willkürliche Diskriminierung des Handels dar. Willkürlich ist eine Maßnahme bereits dann nicht, wenn sachliche Erfordernisse für eine unterschiedliche Behandlung sprechen (von der Groeben/Wägenbaur, aaO, RdNr. 74). Diese unterschiedliche Behandlung in der Sache ist bereits im EWG-Vertrag angelegt. Zwar sind nationale Kulturgüter von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert auch Waren im Sinne von Art. 9 EWG-Vertrag, weil sie Erzeugnisse sind, die einen Geldwert haben und deshalb Gegenstände von Handelsgeschäften sein können (EuGH, Urt. v. 10. 12. 1968, aaO, S. 634 f, 642). Sie unterscheiden sich aber sachlich von den übrigen Handelsgütern durch ihre zusätzliche Eigenschaft als nationales Kulturgut. Die konkrete Ausgestaltung des deutschen Kulturgutschutzgesetzes läßt durch die hierarchische Zweiteilung des Verfahrens in Eintragungsverfahren auf der Landesebene und Ausfuhrgenehmigungsverfahren auf der Bundesebene sowie die dabei jeweilige Anhörung eines aus fünf Experten bestehenden Sachverständigenausschusses keinerlei Willkür erkennen.
Schließlich wird durch das deutsche Kulturgutschutzgesetz auch keine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten vorgenommen, abgesehen davon, daß neben dem Willkürverbot für diesen Mißbrauchstatbestand kaum ein eigenständiger Anwendungsbereich zu erkennen ist (von der Groeben/Wägenbaur, aaO, RdNr. 77.
3. Das Verwaltungsgericht hat schließlich zu Recht ausgeführt, daß die Unterschutzstellung des Silberzimmers nach dem Kulturgutschutzgesetz sowohl formell als auch materiell rechtmäßig ist. Soweit der jetzige Kläger und frühere Kläger zu 2) erst nach Erlaß des angefochtenen Verwaltungsaktes vom 18. Mai 1987 angehört worden ist, schadet das nicht, da er letztlich sowohl im weiteren Verwaltungsverfahren mit Schreiben vom 29. Juni 1987 als auch im anschließenden Gerichtsverfahren angehört worden ist. Er muß sich überdies die rechtzeitige Anhörung seines Vaters und Rechtsvorgängers im Besitz, des verstorbenen früheren Klägers zu 1), als Eigentümer und dessen Rechtsnachfolger im Besitz zurechnen lassen. Auch materiell-rechtlich hat der Senat keinen Zweifel, daß das Verwaltungsgericht die beiden Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 KuSchG in Form der unbestimmten Rechtsbegriffe "national wertvolles Kulturgut" einerseits und "wesentlicher Verlust für den deutschen Kulturbesitz" andererseits im Hinblick auf den hier konkret zu entscheidenden Fall richtig ausgelegt und das Silberzimmer des Klägers zutreffend unter diese Voraussetzungen subsumiert hat. Daher kann dahingestellt bleiben, ob das Silberzimmer auch den Kriterien des Kriterienkatalogs der Kultusministerkonferenz vom 20. Mai 1983 (GMBl. S. 442) zum Vollzug des Kulturgutschutzgesetzes entspricht (Zur Hinzuziehung des Kriterienkatalogs in der Rechtsprechung vgl. Hönes, Das Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung vom 6. August 1955, Bay.VBl 1989, S. 38, 39 m.w.N.). Insbesondere ist es anerkannt, daß die zu schützenden Kulturgüter auch ausländischer Herkunft sein können (vgl. BT-Drucks. II/76 v. 19. 11. 1953, S. 7; Medicus, Erläuterung zu § 1 KuSchG, in: Deutsches Bundesrecht VIII A 80 S. 8; Pieroth/Kampmann, Außenhandelsbeschränkungen für Kunstgegenstände, NJW 1990, 1385, 1387). Daher kommt es nicht darauf an, ob Einzelstücke des Ensembles "Silberzimmer" von Londoner Silberschmieden hergestellt worden sein sollten, wofür der Kläger allerdings auch keinen Beweis erbracht hat. Auf die Frage, ob das zu schützende Kulturgut der Öffentlichkeit zugänglich sein muß, kommt es nach dem Gesetz nicht an. Es liegt aber auf der Hand, daß der Verbleib des Kulturgutes in Deutschland die Chance wesentlich erhöht, daß es in Deutschland auch ausgestellt wird, wie das bei dem Silberzimmer 1956 in Herrenhausen und 1958 in München der Fall gewesen ist.
Der Senat teilt insbesondere die Auffassung des Verwaltungsgerichts, daß es sich bei dem Silberzimmer um national wertvolles Kulturgut handelt, dessen Abwanderung ins Ausland einen wesentlichen Verlust für den deutschen Kulturbesitz bedeuten würde. Dabei stützt er sich auf das Ergebnis der Sachverständigenanhörung im Verwaltungsverfahren, die Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts sowie die allem zugrundeliegende, im verwaltungsgerichtlichen Urteil zitierte und bei den Gerichtsakten befindliche kunsthistorische Fachliteratur. Danach haben den Senat folgende Erwägungen geleitet: Wesentliche Möbelstücke des Silberzimmers wie etwa vier Stühle, zwei Tische und vier Guéridons werden eindeutig den Augsburger Silberkistlern Philipp Jacob Drentwett und Johann Ludwig Biller zugeschrieben. Selbst soweit andere Stücke des Silberzimmers nicht den Augsburgern zugerechnet werden könnten, repräsentieren sie doch typische Möbelstücke der deutschen - Augsburg als Hauptort - Silbermöbelkunstepoche. Wesentliche Möbelstücke des Zimmers waren zuerst im deutschen Besitz, nämlich im Besitz der Wolfenbüttler Linie des Hauses Hannover. Soweit sie später von Georg dem II. von England erworben wurden, ist der Bezug zu Deutschland nicht abgerissen, da Georg der II. zugleich deutscher Kurfürst von Hannover gewesen ist. Zuletzt war das Silberzimmer über 150 Jahre geschlossen in deutschem Kulturbesitz. Selbst wenn einige Möbelstücke nicht von deutschen Silberschmieden stammen und sich nicht durchgängig im deutschen Besitz befunden haben sollten, ergibt sich der deutsche Charakter dieser Kulturgüter insgesamt aus der Tatsache, daß es sich hier um ein Ganzes, eine Garnitur, ein Ensemble handelt, woran der deutsche Anteil überwiegt und das Ganze prägt. Schließlich stehen die Silbermöbel auch als Beispiel für die Repräsentation fürstlichen Reichtums und die Funktion als Staatsnotschatz an deutschen Höfen im Absolutismus. Würden diese Silbermöbel in das Ausland abwandern, so würde dies einen wesentlichen Verlust für den deutschen Kulturbesitz bedeuten. Daran hat der Senat angesichts der von der Fachliteratur hervorgehobenen Qualität, der Prunkfülle, der Kostbarkeit, der Vollständigkeit als Ensemble, der Einzigartigkeit sowie der Berühmtheit dieser Silbermöbel keinen Zweifel.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO iVm § 708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache insbesondere hinsichtlich der Fragen zu Art. 14 GG und Art. 34, 36 EWGV grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat. Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts hierzu sind, soweit ersichtlich, bisher nicht ergangen.
Dr. Jank
Winzer
Munk