Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 07.02.2011, Az.: 13 A 3337/10

Beurteilung; Größe; Prüfungsrahmen; Vergleichsgruppe; Widerspruchsverfahren

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
07.02.2011
Aktenzeichen
13 A 3337/10
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 45091
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine dienstliche Beurteilung.

Er ist als Justizamtsrat bei einem Gericht in H. beschäftigt.

Der Kläger war bereits schon einmal mit Beurteilung vom 12.12.2007 zum Stichtag 01.9.2007 beurteilt worden. Mit Urteil vom 13.11.2009 - 13 A 2833/08 - hob die erkennende Kammer diese Beurteilung jedoch auf und verpflichtete den Beklagten zur Neubescheidung.

Unter dem 02.03.2010 wurde erneut zum Stichtag 01.09.2007 für den Kläger eine dienstliche Beurteilung für den Zeitraum 22.06.2005 bis 01.09.2007 erstellt. Der Beurteiler konnte dabei hinsichtlich der Noten auf fünf Beurteilungsstufen von 5 (schlechteste Stufe) bis 1 (beste Stufe) zurückgreifen. Bei den Einzelmerkmalen erhielt der Kläger 2x die Beurteilungsstufe 2 und 8x die Beurteilungsstufe 3. Als Gesamtnote erhielt der Kläger die Beurteilungsstufe 3. Der Beurteiler führte u.a. aus, der Kläger sei mit seiner am 14.02.2006 erfolgten Beförderung nunmehr mit der aus neun Personen bestehenden der Gruppe Justizamtsräte/innen zu vergleichen gewesen. Die anderen Kollegen dieser Gruppe gehörten ebenfalls zu den Spitzenkräften des Gerichts und leisteten zusätzlich schon länger kontinuierliche Arbeit als Amtsräte/innen in ihren Fachgebieten.

Die Beurteilung wurde dem Kläger am 02.03.2010 bekanntgegeben. Am 03.05.2010 legte der Kläger dagegen Widerspruch ein. Inhaltlich sei die Beurteilung identisch mit der vom Verwaltungsgericht aufgehobenen Beurteilung vom 12.12.2007. Dem Urteil des Verwaltungsgerichtes werde nicht hinreichend Rechnung getragen. Die Vergleichsgruppe sei zu klein und der Beurteilung lägen sachfremde Motive zu Grunde. Er sei nur deshalb mit „3“ beurteilt worden, weil er befördert worden sei und dieser Umstand nach Auffassung des Beklagten zu einer Herabstufung um eine Notenstufe führen müsse. Auch habe ein falscher Beurteiler die Beurteilung erstellt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.07.2010 wies der Präsident des OLG Celle den Widerspruch des Klägers zurück. In dem Widerspruchsbescheid heißt es u.a.:

„Wie bereits im vorausgegangenen Verfahren … ausgeführt, unterliegen dienstliche Beurteilungen nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur in eingeschränktem Maße einer Überprüfung durch die Widerspruchsbehörde. Vorbehaltlich eigener Kenntnisse vom Leistungsbild eines beurteilten Beamten hat sich meine Rechtmäßigkeitskontrolle …darauf zu beschränken, ob der Beurteiler den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verwaltungsvorschriften (Richtlinien), die dem Beurteilungsverfahren zugrunde gelegt werden müssen, verstoßen hat.“

Der Widerspruchsbescheid wurde den jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 12.07.2010 zugestellt.

Der Kläger hat am 30.07.2010 Klage erhoben.

Er trägt vor: Die neue, jetzt angefochtene Beurteilung sei hinsichtlich der Bewertung der Leistungsmerkmale und der Gesamtbewertung identisch mit der vom Gericht aufgehobenen Beurteilung vom 12.12.2007. Damit werde dem Urteil vom 13.09.2009 nicht hinreichend Rechnung getragen. Auch die neue Beurteilung sei nicht plausibel. Ihm seien die Aufgaben des Abteilungsleiters in der Zwangsversteigerung aufgrund seiner besonderen Qualifikation übertragen worden. Außerdem beruhe die Beurteilung auf ein von einer Beurteilerkonferenz aufgestelltes Ranking, um eine vorgegebene Quote zu erfüllen. Damit habe im Endeffekt die Beurteilungskonferenz und nicht der an sich berufene Beurteiler die Beurteilung erstellt. An der Beurteilungskonferenz habe zudem die stellvertretende Geschäftsleiterin teilgenommen, die ebenfalls Rechtspflegerin in der BesGr. A 12 und mithin eine evtl. Konkurrentin sei. Die herangezogene Vergleichsgruppe sei weiterhin zu klein.

Der Kläger beantragt,

die Beurteilung vom 02.03.2010 und den Widerspruchsbescheid vom 06.07.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten, ihn, den Kläger, zum Stichtag 1. September 2007 erneut zu beurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

Er tritt der Klage entgegen. Die Beurteilung sei sehr wohl vom damaligen Präsidenten des Gerichts und nicht von einer Beurteilerkonferenz erstellt worden.

Im Widerspruchsverfahren sei die Beurteilung im Übrigen umfassend überprüft worden. Bei dem Zitat hinsichtlich des eingeschränkten Prüfungsrahmens habe es sich nur um eine „allgemeine Eingangsformel“ gehandelt. Tatsächlich habe die Widerspruchsbehörde aber ihre Entscheidungskompetenz nicht verkannt.

Alle Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung und mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle der Kammer einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung gemäß § 87a Abs. 2 und 3 VwGO durch den Berichterstatter und nach § 101 Abs. 2 VwGO weiterhin ohne mündliche Verhandlung.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine neue Beurteilung. Die angefochtene dienstliche Beurteilung ist rechtsfehlerfrei zu Stande gekommen und nicht zu beanstanden.

Dem Dienstherrn steht bei der Beurteilung seiner Beamten eine Beurteilungsermächtigung zu. In Anbetracht dessen hat sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf zu beschränken, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften oder -regeln verstoßen, den gesetzlichen Rahmen oder anzuwendende Begriffe verkannt, einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl. 2001, Rdnr. 477; Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, 3. Aufl. Loseblattwerk, B 18.1, jeweils mit w. N.). Keinesfalls darf das Gericht seine eigene Bewertung und Einschätzung anstelle des dazu berufenen Beurteilers setzen. Mithin kann und darf das Gericht nicht zu beurteilen, ob die Leistungen des Klägers nun tatsächlich zutreffend mit der Beurteilungsstufe 3 oder vielleicht doch eher - wie der Kläger meint - mit einer besseren Stufe zu bewerten sind.

Formale Fehler sind nicht erkennbar.

Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.05.1979 - 2 C 4/78 - (zit. n. juris) ausgeführt:

„Gemäß § 68 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 VwGO sind sowohl vor Erhebung einer Anfechtungsklage als auch einer Verpflichtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit eines Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Die Widerspruchsbehörde ist nicht wie die Gerichte - insbesondere auch bei Ermessensentscheidungen - auf eine Rechtskontrolle beschränkt (§ 113 Abs 1 und 4, § 114 VwGO). Sie hat vielmehr im Vorverfahren grundsätzlich die gleiche Entscheidungsbefugnis wie die Erstbehörde (vgl auch Urteil vom 1. Dezember 1978 - BVerwG 7 C 68.77 -, aaO; Kopp, VwGO, 4. Aufl, § 68 RdNr 9; Wolff, Verwaltungsrecht III, 4. Aufl, § 161 RdNr 25). Eine Einschränkung verwaltungsinterner Kontrollmöglichkeiten der Widerspruchsbehörde lässt sich in Fällen der vorliegenden Art weder damit begründen, dass es sich bei dienstlichen Beurteilungen um persönlichkeitsbedingte Werturteile des Dienstherrn handele noch damit, dass nur der für eine dienstliche Beurteilung zuständige Dienstvorgesetzte die letztverbindliche Bewertung vornehmen dürfe. Zwar mag sich, wie der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in dem erwähnten Urteil vom 1. Dezember 1978 - BVerwG 7 C 68.77 - ausgeführt hat, eine Prüfungsbeschränkung der Sache nach ergeben, wenn die Widerspruchsbehörde aus tatsächlichen Gründen eine Leistung nicht oder nur eingeschränkt bewerten kann, etwa weil die in einer einmaligen und nicht wiederholbaren Prüfungssituation, zum Beispiel in einem Prüfungsgespräch, erbrachte Leistung zu bewerten ist. Die Beurteilung dienstlicher Leistungen eines Beamten kann aber mit einer derartigen Fallgestaltung nicht verglichen werden. Eine dienstliche Beurteilung kann nicht nur von dem unmittelbaren Dienstvorgesetzten und den sonst für die dienstliche Beurteilung zuständigen Beamten erteilt, sondern auch von der Widerspruchsbehörde nachvollzogen werden. Die dienstliche Beurteilung erfordert keine Kenntnisse bzw Erkenntnisse, die dem unmittelbaren Dienstvorgesetzten des Beamten bzw dem für die dienstliche Beurteilung sonst zuständigen Beamten vorbehalten und (oder) ihm allein zugänglich sind. Die dienstliche Beurteilung durch den unmittelbaren Dienstvorgesetzten hat den Vorteil, dass er den betreffenden Beamten und die Anforderungen des von ihm wahrgenommenen oder wahrzunehmenden Amtes persönlich kennt. Sie muss aber nicht notwendigerweise auf persönlichen Eindrücken beruhen. Der beurteilende Beamte kann sich die notwendigen Kenntnisse verschaffen und sich ua auf Arbeitsplatzbeschreibungen, schriftliche Arbeiten des Beamten und vor allem auch auf Berichte von dritter Seite stützen, wobei größere Erfahrungen, größerer Überblick und größere Vergleichsmöglichkeiten, bessere Kenntnis der Anforderungen der Ämter und Laufbahnen zu einer gleichmäßigen, objektiven und gerechten Beurteilung beitragen. Fehlende eigene Wahrnehmungen fallen demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. In Übereinstimmung hiermit hat der erkennende Senat im Urteil vom 30. Mai 1968 - BVerwG 2 C 46.64 - (Buchholz 237.1 Art 19 BayBG 60 Nr 2) die dienstliche Beurteilung eines Beamten durch die vorgesetzte Dienstbehörde und die Verschlechterung des Gesamtergebnisses von "Überdurchschnitt" auf "Durchschnitt" bei einem Polizeimeister gemäß § 23 der Bayerischen Laufbahnverordnung - LBV - vom 23. Juni 1952 (GVBl S 199) für rechtmäßig erachtet, weil als Erkenntnisquellen der vorgesetzten Dienstbehörde auch die Einzelbewertungen des Dienstvorgesetzten in Betracht kommen. Der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat sich dieser Rechtsprechung im Urteil vom 21. März 1969 - BVerwG 6 C 114.65 - (Buchholz 237.1 Art 12 BayBG 60 Nr 1) angeschlossen und ausgeführt, dass die vorgesetzte Dienstbehörde in Wahrnehmung ihrer in § 23 LBV geregelten Befugnisse ermächtigt ist, den Beamten ohne rechtliche Bindung an die Beurteilung des unmittelbaren Dienstvorgesetzten selbständig dienstlich zu beurteilen (vgl ferner Urteil vom 7. November 1962 - BVerwG 6 C 144.61 - und Beschluss vom 2. Januar 1979 - BVerwG 2 B 21.78 -; vgl ferner auch § 49 Abs 2 der Bayerischen Laufbahnverordnung in der Fassung vom 1. Februar 1978 (GVBl S 39)). Das Berufungsgericht hat mit Recht in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass auch der für die Beurteilung des Klägers zuständige Präsident der Oberfinanzdirektion B. nicht unmittelbarer Dienstvorgesetzter aller derjenigen Beamten ist, die er zu beurteilen hat. Die Auffassung der Beklagten, dass die Widerspruchsbehörde die dienstlichen Leistungen eines Beamten aus tatsächlichen Gründen nicht uneingeschränkt bewerten kann, entbehrt deshalb der Grundlage. Auch die Widerspruchsbehörde steht bei der Überprüfung der dienstlichen Beurteilung als persönlichkeitsbedingtem Werturteil nicht vor unüberwindlichen Schwierigkeiten. Ihre Mitarbeiter können sich - ebenso wie es häufig für die zur Beurteilung zuständigen Beamten erforderlich sein wird - die für ihre Kontrolltätigkeit notwendigen Erfahrungen, Überblicke und Vergleichsmöglichkeiten durch Ausschöpfen anderer Erkenntnisquellen verschaffen. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, insbesondere des Bundesverwaltungsgerichts, zur verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung dienstlicher Beurteilungen (BVerwGE 21, 127; Urteile vom 23. November 1966 - BVerwG 6 C 94.63 - (Buchholz 232 § 8 BBG Nr 3), vom 16. Oktober 1967 - BVerwG 6 C 44.64 - (Buchholz 232 § 15 BBG Nr 1) und vom 21. März 1969 - BVerwG 6 C 114.65 - (aaO) sowie Beschluss vom 22. Januar 1974 - BVerwG 6 B 79.73 -), vermag die von der Beklagten angenommene eingeschränkte Prüfungsbefugnis der Widerspruchsbehörde ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Denn diese beruht auf der Erwägung, dass die Entscheidung des Dienstherrn darüber, ob und in welchem Grade ein Beamter die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Befähigung und fachlichen Leistungen aufweist, ein dem Dienstherrn von der Rechtsordnung vorbehaltender Akt wertender Erkenntnis ist. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Maßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Eine derartige Zurückhaltung zu üben, besteht für die Widerspruchsbehörde kein Anlass, schon weil sie selbst eine Behörde des Dienstherrn ist (§ 126 Abs 3 Nr 2 BRRG, § 3 Abs 1 BBG). Sie würde auch dem Zweck der § 126 Abs 3 BRRG und der §§ 68ff VwGO, in Beamtenrechtsstreitigkeiten stets die Entscheidung der Erstbehörde durch die oberste Dienstbehörde nochmals umfassend zu überprüfen, um eine möglichst einheitliche Anwendung beamtenrechtlicher Regelungen innerhalb der Verwaltung zu gewährleisten, in unvertretbarer Weise zuwiderlaufen.“

Dem schließt sich das erkennende Gericht auch an. Es wird nicht verkannt, dass die daraus folgende Verfahrensweise neben praktischen Problemen im Falle eines Widerspruchverfahrens entgegen den Beurteilungsrichtlinien der für die Widerspruchsentscheidung Zuständige damit quasi auch zum neuen Beurteiler wird. Die rechtliche Ausgestaltung des Vorverfahrens lässt jedoch keinen anderen Weg zu. Eine dienstliche Beurteilung muss auch nicht zwingend auf persönlichen Eindrücken des Beurteilers und ggf. der Widerspruchsbehörde beruhen. Die Beurteilung kann dabei auf Berichte von dritter Seite - im Fall der Widerspruchsbehörde damit auch auf eine Darstellung des ursprünglichen Beurteilers - gestützt werden.

Es braucht an dieser Stelle nicht diskutiert zu werden, ob es rechtlich möglich wäre (und ggf. durch die Beurteilungsrichtlinien auch so geschehen ist), dass der Dienstherr sich im Erlasswege hinsichtlich der Ausfüllung des Beurteilungsspielraumes selbst derart binden kann, dass der Beurteilung des Erstbeurteilers gefolgt wird, wenn diese plausibel ist. Denn im vorliegenden Fall hat die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte vollständige Überprüfung der Beurteilung auch im Widerspruchsverfahren stattgefunden.

Die im Tatbestand wörtlich zitierten Ausführungen im Widerspruchsbescheid können zwar ein Indiz dafür sein, dass die Widerspruchsbehörde entgegen den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 17.05.1979 sich rechtsfehlerhaft eine nicht angebrachte Zurückhaltung bei der Überprüfung des klägerischen Falles im Widerspruchsverfahren auferlegt hat. Nach der Darstellung des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 02.12.2010 soll es sich dabei jedoch nur um eine reine Eingangsfloskel handeln, die nicht den tatsächlichen Überprüfungsumfang wiedergibt. Zwar ist es fraglich, ob sich dafür auch Indizien in dem Widerspruchsbescheid finden. Im Widerspruchsbescheid wird sich mit der Frage, ob die neue Beurteilung hinreichend den Anforderungen des Verwaltungsgerichtes insbesondere in formeller Hinsicht entspricht, auseinandergesetzt und festgestellt, der Präsident des Amtsgerichts habe danach gehandelt, daneben erläutert die Widerspruchsbehörde eine Formulierung im Widerspruchsbescheid zur früheren Beurteilung vom 12.12.2007, die im jetzigen Widerspruchsbescheid entfallen ist und macht Ausführungen zur Rechtsprechung hinsichtlich der Zulässigkeit der Verschärfung der Maßstäbe durch neue Beurteilungsrichtlinien, zur Maßstabsbildung, zur Frage, ob die Übertragung der Abteilungsleiterposition hätte berücksichtigt werden müssen, zur Frage der Vergleichsgruppengröße und zur Beurteilerkonferenz. Gewichtige Anhaltspunkte, die die Eingangsformulierungen lediglich als floskelhafte Wendungen erscheinen lassen, lassen sich daraus nicht herleiten.

Der Beklagte hat jedoch in seinem Schriftsatz vom 02.12.2010 weiterhin ausgeführt, der Präsident der Widerspruchsbehörde habe klargestellt, dass er bei der Überprüfung der Beurteilung des Klägers in Kenntnis seines Ermessens von seiner Verpflichtung zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit umfassen Gebrauch gemacht habe und der Ermessensentscheidung des Präsidenten des Amtgerichts gefolgt sei. Das Gericht hegt keine Zweifel, dass diese Aussage der Wahrheit entspricht. Der Kläger selbst hat diesen Vortrag ebenfalls nicht angezweifelt.

Auch im Übrigen bestehen gegen die Beurteilung keine rechtlichen Bedenken.

Hinsichtlich der Frage der Größe der Vergleichsgruppe heißt es bereits im Urteil vom 13.11.2009 - 13 A 2833/08 - :

„Auch die zugrundeliegende Vergleichsgruppe aus 9 Justizamtsrätinnen und Justizamtsräte begegnet - in dem hier vorliegenden Fall - keinen rechtlichen Bedenken.

Die Wahl der Vergleichsgruppe der Justizamtsrätinnen und Justizamtsräte des Amtsgerichts Hannover knüpft an die Anforderungen des am Stichtag verliehenen statusrechtlichen Amtes und die Laufbahngruppe an. Diese Kriterien stehen im Einklang mit den Beurteilungskriterien und dem entsprechenden Beurteilungsmaßstab (Abschnitt 4, Ziffer 2 der Beurteilungsrichtlinie).

Die gebildete Vergleichsgruppe ist auch hinsichtlich ihrer Größe nicht zu beanstanden. Für die Vergleichsgruppe ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich eine „hinreichende“ Gruppengröße zu fordern, die gewährleistet, dass genügend Personen vorhanden sind, in denen die unterschiedlichen Leistungs- und Eignungsstufen repräsentiert sein können. Die Bezugsgruppe muss in dem Sinne homogen zusammengesetzt sein, dass für alle Gruppenmitglieder im Wesentlichen dieselben Anforderungen an Eignung, Befähigung und fachliche Leistung gelten. Nur dann können diese Beurteilungskriterien bei den einzelnen Beamten miteinander verglichen und in eine bestimmte Rangfolge nach der Notenskala gebracht werden (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 24.11.2005 - 2 C 34.04 -, Juris Rn. 15).

Diesen Anforderungen trägt die Größe der Gruppe Rechnung. Die Gruppengröße ist geeignet, das Gesamtbild der Eignung und Leistung der Justizamtsrätinnen und Justizamtsräte im Verwaltungsbereich des Amtsgerichts Hannover abzubilden. Sie lässt einen Vergleich der einzelnen Mitglieder der Gruppe und die Bildung einer Rangfolge nach der Notenskala zu.“

Dem ist nichts hinzuzufügen. Der vom Kläger angeführte Beschluss des BVerwG vom 26.05.2009 - 1 WB 48/07 - bezieht sich auf die Frage der Größe von Vergleichsgruppen bei Richtwertvorgaben und regelt von daher bereits einen anderen Fall. Ferner ist in Rechnung zu stellen, dass, je höher ein Beamter in der Hierarchie aufsteigt, die Anzahl der Beamten, mit denen er verglichen werden kann, naturgemäß abnimmt.

Nachvollziehbare Anhaltspunkte, dass die Beurteilung, wie der Kläger behauptet, nicht vom Präsidenten des Amtsgerichts, sondern von einer Beurteilerkonferenz erstellt worden sind, hat der Kläger nicht vorgetragen. Das Gericht sieht deshalb keinen Anlass, an dem Vortrag des Beklagten, der Präsident habe die Beurteilung erstellt, zu zweifeln. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beurteilerkonferenz in unzulässigerweise Einfluss auf die angegriffene Beurteilung genommen hat.

Hinsichtlich der Beurteilung vom 12.12.2007 war das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13.11.2009 zu dem Schluss gekommen, diese Beurteilung sei nicht nachvollziehbar. Gerügt wurde seinerzeit, dass der Noteninhalt insbesondere im Widerspruch stehe zu der Würdigung der Leistungen des Klägers im Widerspruchsbescheid vom 17.04.2008.

Derartige widersprüchliche Aussagen finden sich nun nicht mehr, weder in dem zur Beurteilung vom 02.03.2010 ergangenen Widerspruchsbescheid vom 06.07.2010 noch in der angegriffenen Beurteilung selbst. Wenn in der Beurteilung ausgeführt wird, der Kläger sei nach seiner Beförderung nun mit den Kollegen der Gruppe der Justizamtsräte zu vergleichen, die alle zu den Spitzenkräften des Gerichts gehörten, so ist dies durchaus nachvollziehbar. Bei einer derartigen Situation liegt es auf der Hand, dass jemand mit „entspricht voll den Anforderungen“ bewertet wird. Denn um die Beamten einer Spitzengruppe noch zu übertreffen, mithin noch besser als die Besten zu sein, würde es schon besonders außergewöhnlicher Leistungen und Fähigkeiten bedürfen. Je höher das Niveau der Vergleichsgruppe, umso schwieriger und seltener wird es einen Beamten gelingen, dieses Niveau noch zu übertreffen. Auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 17.04.2008 kann sich der Kläger nicht mehr berufen. Dieser Widerspruchsbescheid ist mit Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 13.11.2009 aufgehoben worden. Die in Rede stehenden Formulierungen wurden ausdrücklich nicht in den Widerspruchsbescheid vom 06.07.2010 übernommen. Es wurde lediglich erläutert, wie sie seinerzeit (nur) gemeint gewesen sein sollten.

Die Übertragung der Funktion eines Abteilungsleiters sagt möglicherweise etwas über die Erwartungen aus, die der Dienstherr längerfristig gegenüber dem Kläger hat, sie sagt jedoch noch nichts darüber aus, wie konkret der Kläger im hier streitigen Beurteilungszeitraum zu beurteilen war. Weshalb sollte nicht auch ein Beamter mit Wertstufe 3 - zumal wenn diese Stufe sich im Vergleich zu Spitzenbeamten ergeben hat - als Abteilungsleiter eingesetzt werden können?

Wenn der Beurteiler sich in der Wahl seiner Worte an die vorgegebenen Begriffe des Beurteilungsvordrucks angelehnt hat - so der weitere Vortrag des Klägers - , so würde aber auch dieser Umstand keinen Rückschluss darauf zulassen, dass der Beurteiler keine individuelle Bewertung vorgenommen hat. Eine enge Anlehnung an die vorgegebenen Begriffe zeigt nur, dass der Beurteiler auch tatsächlich von diesen Begriffen bei seiner Einschätzung ausgegangen ist.

Belege dafür, dass er, der Kläger, nur deshalb mit der Stufe 3 beurteilt worden ist, weil der Beurteiler eine vorgegebene Quote einhalten musste, hat der Kläger ebenfalls nicht vorgetragen.

Im Übrigen folgt das Gericht der Begründung des Widerspruchsbescheides und sieht gemäß § 117 Abs. 5 VwGO von der weiteren Begründung ab.

Gründe für die Zulassung der Berufung gem. §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.