Landgericht Osnabrück
Beschl. v. 28.02.2000, Az.: 3 T 995/99

Vergleichbarkeit einer Ausbildung zum staatlich anerkannten Altenpfleger mit einer abgeschlossenen Ausbildung an einer Hochschule

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
28.02.2000
Aktenzeichen
3 T 995/99
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2000, 32063
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:2000:0228.3T995.99.0A

Fundstelle

  • FamRZ 2000, 1308 (amtl. Leitsatz)

Amtlicher Leitsatz

Die Ausbildung zum staatlich anerkannten Altenpfleger einschließlich eines erfolgreich abgeschlossenen einjährigen Weiterbildungslehrgangs an einer Volkshochschule ist einer abgeschlossenen Ausbildung an einer Hochschule nicht vergleichbar.

Sachverhalt:

1

Der Beschwerde führende Berufsbetreuer ist mit den Aufgabenkreisen "Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Vermögenssorge, Vertretung gegenüber Behörden und Ämtern" zum Betreuer des B. bestellt. Für seine 1999 geleistete Betreuungstätigkeit rechnete er mit einem Stundensatz von 60 DM ab. Das AG bewilligte indes nur 45 DM pro Stunde. Die Beschwerde blieb ohne Erfolg.

Aus den Gründen

2

Der gegen die Landeskasse gerichtete Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers richtet sich gem. § 1836 a BGB nach dem Gesetz über die Vergütung von Berufsvormündern (BVormVG). Dieses Gesetz sieht einen Stundensatz von 35 DM vor, der sich erhöht, wenn der Vormund über besondere Kenntnisse verfügt, und zwar auf 45 DM, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind, und auf 60 DM, wenn die Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind. Der Stundensatz von 60 DM kann danach dem Beschwerdeführer nicht zuerkannt werden, da er unstreitig über eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule nicht verfügt und auch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung nicht angenommen werden kann.

3

Weder die Ausbildung des Beschwerdeführers zum staatlich anerkannten Altenpfleger in den Jahren 1980/1981 noch der erfolgreiche Abschluss eines einjährigen Weiterbildungslehrganges an der Kreisvolkshochschule können nach Auffassung der Kammer als vergleichbare abgeschlossene Ausbildung i.S.v. § 1 Nr. 2 des Gesetzes anerkannt werden. Ein Hochschulabschluss setzt in der Regel ein mehrjähriges Studium voraus, das zu einem fundierten Wissen auf mindestens einem Fachgebiet führen soll. Das gilt auch für das Fachgebiet des Sozialwesens, zu dem die vom Beschwerdeführer früher ausgeübte Tätigkeit im Bereich der Altenpflege und seine jetzige Tätigkeit als Betreuer gerechnet werden können. Hier bietet z.B. die Katholische Fachhochschule Norddeutschland ein Diplom als Sozialarbeiter oder Sozialpädagoge nach einem Vollzeitstudium von 8 Semestern an. Zu diesem Studium gehört dabei die wissenschaftliche Erarbeitung bestimmter Themenbereiche. Auch wenn der vom Beschwerdeführer ins Feld geführte Weiterbildungslehrgang an der Kreisvolkshochschule mit insgesamt 552 Unterrichtsstunden sehr intensiv gewesen sein mag, so kann dieser dennoch nicht mit einem Studium an einer Hochschule verglichen werden. Aus den Unterlagen, die der Beschwerdeführer in dem in seiner Beschwerdeschrift genannten Fall vorgelegt hat, geht hervor, dass es sich dabei um stark praxisorientierte Fortbildungsmaßnahmen mit dem Ziel gehandelt hat, zur Ausübung von Leitungsfunktionen in Einrichtungen der Altenhilfe zu befähigen. Die Kreisvolkshochschule Osnabrück ist dabei in Zusammenarbeit mit der Fachschule für Altenpflege des Berufsbildungswerkes Osnabrücker-Land tätig geworden. Auch wenn bei dem Lehrgang sehr nützliche und weit reichende Kenntnisse für eine leitende Tätigkeit in der Altenpflege vermittelt worden sind, so kann dies dennoch nicht mit einem wissenschaftlichen Studium an einer Hochschule gleichgesetzt werden.

4

Diese fehlende Vergleichbarkeit führt dazu, dass § 1 Nr. 2 BVormVG nicht auf den Beschwerdeführer angewendet werden kann, mit der Folge, dass es für ihn bei dem vor dem Amtsgericht Bersenbrück festgesetzten Stundensatz gem. § 1 Nr. 1 des Gesetzes verbleiben muss. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Beschwerdeführer tatsächlich durch seine bisherige Berufstätigkeit und Weiterbildungslehrgänge Erkenntnisse erworben hat, die den Kenntnissen eines Fachhochschulabsolventen der Sozialarbeit oder Sozialpädagogik vergleichbar und gleichrangig sind. Denn darauf kommt es nach dem BVormVG nicht an. Das 3-stufige Vergütungsraster, das den unterschiedlichen Vergütungswert der Tätigkeit von Berufsvormündern grob typisierend erfasst, soll nach der Absicht des Gesetzgebers an im Erwerbsleben bekannte Bewertungsmaßstäbe anknüpfen, die von den Gerichten leicht zu handhaben sind und eine einheitliche Vergütungspraxis sicherstellen können (vgl. dazu Staudinger-Engler, § T836 a Rn. 12). Solche bekannten Bewertungsmaßstäbe ergeben sich aus allgemein anerkannten Bildungsgängen und daraus folgenden Schulabschlüssen. Die Absicht des Gesetzgebers würde unterlaufen, wenn das Gericht z.B. bei der Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes prüfen sollte, ob ein Betreuer oder Berufsvormund durch eine dem Hochschulstudium nicht vergleichbare abgeschlossene andersartige Ausbildung die Fachkompetenz und die Kenntnisse eines Hochschulabsolventen erlangt hat.