Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 01.10.1999, Az.: 4 U 120/99
Grundstücksübertragung als Altenteilsvertrag, weil eine Wohnrechtsgewährung mit Versorgungsverpflichtung vereinbart wird ; Nachrücken der folgenden Generation in eine die Existenz begründende Wirtschaftseinheit unter Abwägung der Interessen des abziehenden Altenteilers und des nachrückenden Angehörigen; Abgeltung eines Versorgungsanspruch der Mutter durch Zahlung von Geldbeträgen ; Grundlegende Veränderung aus den persönlichen Verhältnissen der Beteiligten bei Unterhaltsverträgen bzw. der vertraglichen Übernahme von Versorgungsleistungen ; Vertragsanpassung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Vertragsgrunglage; Höhe einer in Natur nicht mehr erfüllbaren Pflege- und Versorgungsleistung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 01.10.1999
- Aktenzeichen
- 4 U 120/99
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 19662
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1999:1001.4U120.99.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden - 09.03.1999 - AZ: 4 O 490/98
Rechtsgrundlagen
- § 90 BSHG
- Art. 96 EGBGB
- § 242 BGB
Fundstelle
- OLGReport Gerichtsort 2000, 63-64
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Eine Grundstücksübertragung wird noch nicht dadurch zum Altenteilsvertrag, dass eine Wohnrechtsgewährung mit Versorgungsverpflichtung vereinbart wird. Hinzutreten muss, dass dem Übernehmer ein Gut oder Grundstück überlassen wird, aus dessen Nutzung er sich eine Lebensgrundlage schaffen und gleichzeitig den dem Altenteiler geschuldeten Unterhalt zumindest teilweise gewinnen kann.
- 2.
Vertraglich vereinbarte Versorgungsleistungen, die den Begünstigten in Natur zuzuwenden sind, können ihren Sinn und Zweck nicht nur dadurch verlieren, dass es zu einer erheblichen Störung der persönlichen Beziehungen zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten kommt. Es kann vielmehr auch ein weiteres Zusammenleben unmöglich werden, etwa dadurch, dass der Berechtigte ständiger ärztlicher oder pflegerischer Betreuung bedarf.
Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat
auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 1999
durch
den Vorsitzenden Richter ... sowie
die Richter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 9. März 1999 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Verden wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 26.000 DM abzuwenden, sofern nicht vor der Vollstreckung der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine schriftliche, unbefristete, unwiderrufliche, unbedingte und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank, öffentlichen Sparkasse oder Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, geleistet werden.
Der Wert der Beschwer beträgt für den Beklagten 65.142 DM.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von dem Beklagten gemäß § 90 BSHG aus übergeleitetem Recht wegen der der Mutter des Beklagten gewährten Sozialleistungen Ersatzleistungen für ein "Altenteil".
Die Mutter des Beklagten, ..., ist pflegebedürftig. Seit 1997 lebt sie in einem Pflegeheim. Die Kosten der Pflege trägt der Kläger seit dem 1. August 1997. Er gewährt außerdem Hilfe zur Pflege gemäß § 68 BSHG.
Durch notariellen Vertrag vom 31. Oktober 1978 übernahm der Beklagte von seinen Eltern das Hausgrundstück ... zur Größe von 1.650 qm, eingetragen im Grundbuch von ... Blatt ... In diesem Vertrag verpflichtete sich der Beklagte zu folgenden Gegenleistungen:
§ 2
Der Erschienene zu 3 verpflichtet sich, seinen Eltern, den Erschienenen zu 1 und 2 - als Gesamtberechtigte - den nachstehenden lebenslänglichen Altenteil zu gewähren, der eindeutig Versorgungscharakter haben soll und den Bestimmungen des § 323 ZPO unterliegen soll:
1.Als Wohnung die gesamte Untergeschosswohnung des Hauses,
2.freien Umgang im Haus und Hof sowie Mitbenutzung des Haus- und Wirtschaftsgerätes,
3.freie, den jeweiligen Bedürfnissen der Altenteiler entsprechende Beköstigung, die ihnen auf Verlangen in der Altenteilswohnung zu verabreichen ist,
4.- frei Licht und Feuerung, frei Arzt und Arznei, Hege und Pflege in alten und kranken Tagen und nach dem Tode ein standesgemäßes Begräbnis.
Der Vater des Beklagten verstarb zu einem nicht näher vorgetragenen Zeitpunkt, jedenfalls vor 1997.
Der Kläger hat nach Aufnahme der Mutter des Beklagten in das Pflegeheim den gegen den Beklagten entstehenden Anspruch auf Zahlung einer Geldrente gemäß § 90 BSHG auf sich übergeleitet. Gegen den entsprechenden Bescheid hat der Beklagte zunächst Widerspruch eingelegt und sodann Klage erhoben, die jedoch erfolglos geblieben ist.
Der Kläger verlangt nunmehr die Erstattung des den Beklagten zugeflossenen geldwerten Vorteils in Höhe von 660 DM pro Monat für die Wohnnutzung, 120 DM für Strom und Heizung, 246 DM für Beköstigung und 400 DM für Hege und Pflege, insgesamt 1.426 DM pro Monat. Für die Zeit vom 1. August bis 31. Dezember 1997 errechnet er einen Gesamtbetrag in Höhe von 7.130 DM.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 7.130 DM zu zahlen nebst 4 % Zinsen ab Zustellung.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, nicht unterhaltspflichtig zu sein, weil es an einer Leistungsfähigkeit seinerseits fehle. Auf Grund der Tatsache, dass das übernommene Haus ein kleines Einfamilienhaus ohne ausgebautes Obergeschoss sei und die Unterwohnung vollständig dem Altenteilsrecht seiner Mutter unterfalle, liege rechtlich kein Altenteil vor, weil er keine Wirtschaftseinheit übernommen habe, aus der ihm ein irgendwie geartetes Nutzungsrecht zufließe. Aus diesem Grund hätten sich die Ansprüche seiner Mutter aus dem notariellen Vertrag durch Umzug in das Altenheim nicht in einen Rentenanspruch umgewandelt, sodass auch kein Anspruch entstanden sei, den der Kläger habe auf sich überleiten können. Durch die Pflegebedürftigkeit seiner Mutter und deren Aufnahme in ein Pflegeheim seien ihm die Altenteilsleistungen unmöglich geworden, sodass er aus dem Rechtsgedanken des § 275 BGB von seinen Verpflichtungen frei geworden sei. Eine Überleitung der Ansprüche auf den Kläger sei im Übrigen schon deshalb ausgeschlossen, weil es sich um höchstpersönliche Ansprüche der Altenteilerin gehandelt habe. Im Übrigen hat der Beklagte die von dem Kläger geltend gemachten Einzelbeträge bestritten.
Der Beklagte hat im Wege der Widerklage beantragt,
festzustellen, dass er auch über den 31. Dezember 1997 hinaus nicht verpflichtet sei, an den Kläger übergeleitete Geldrentenansprüche auf der Grundlage des Vertrages vom 31. Oktober 1978 zu leisten.
Der Kläger hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, die Widerklage sei unzulässig bzw. unbegründet, weil es dem Feststellungsantrag am Rechtschutzbedürfnis ermangele.
Das Landgericht hat - unter Abweisung der weiter gehenden Klage - den Beklagten zur Zahlung von 6.930 DM verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, die vom Beklagten in dem notariellen Vertrag vom 31. Oktober 1978 übernommenen Verpflichtungen stellten Altenteils Verpflichtungen dar. Nach dem Auszug der Mutter aus dem Haus auf Grund ihrer Pflegebedürftigkeit sei davon auszugehen, dass ein entsprechender Geldrentenanspruch gemäß Art. 96 EGBGB und auf Grund der §§ 15, 16 Nds. AGBGB entstanden sei, welchen der Kläger wirksam auf sich übergeleitet habe. Die vom Kläger dafür eingesetzten Beträge seien insgesamt als moderat anzusehen. Lediglich der Vorteil für Hege und Pflege sei auf 360 DM pro Monat zu bemessen. Die Widerklage sei unbegründet, da der Beklagte auch über den 31. Dezember 1997 hinaus dem Kläger gegenüber zur Erstattung der übergeleiteten Ansprüche verpflichtet sei.
Gegen dieses Urteil, auf das zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er ist der Ansicht, bei dem notariellen Vertrag vom 31. Oktober 1978 handele es sich nicht um einen Altenteilsvertrag i. S. des Art. 96 EGBGB, sodass er nicht verpflichtet sei, nach dem Nds. AGBGB eine Leibrente zu zahlen. Die Erbringung der Leistungen aus dem notariellen Vertrag vom 31. Oktober 1978 sei ihm durch den Auszug der Mutter und deren Aufnahme in das Pflegeheim unmöglich geworden. Im Übrigen bestreitet er weiterhin die Höhe der für die einzelnen Leistungen angesetzten Geldbeträge.
Der Beklagte beantragt,
- 1.
unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage insgesamt abzuweisen,
- 2.
auf die Widerklage festzustellen, dass er auch nach dem 31. Dezember 1997 nicht verpflichtet sei, an den Kläger Zahlungen wegen übergeleiteter Rentenansprüche der Frau ... auf der Grundlage des Vertrages vom 31. Oktober 1978 zu erbringen,
- 3.
für den Fall einer Maßnahme nach § 711 ZPO anzuordnen, dass die Sicherheitsleistung auch durch eine schriftliche, unbefristete, unwiderrufliche, unbedingte und selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank, öffentlichen Sparkasse oder Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, geleistet werden darf.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
eine Sicherheitsleistung auch durch die Bürgschaft einer deutschen Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse zuzulassen.
Er ist der Ansicht, die Vorschriften der §§ 15, 16 Nds. AGBGB seien analog anzuwenden, sodass ein Geldanspruch entstanden sei, den er auf sich übergeleitet habe. Die von dem Beklagten in dem notariellen Vertrag vom 31. Oktober 1978 übernommenen Leistungen seien diesem nicht unmöglich geworden. Für den Wohnwert des Erdgeschosses sei ein Betrag von 660 DM, für Heizung und Strom ein Betrag von 120 DM und für die Pflegeleistungen ein Betrag von 360 DM angemessen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.
Der Kläger kann von dem Beklagten Zahlung einer monatlichen Geldrente in Höhe von 1.386 DM gemäß § 90 BSHG i. V. m. dem notariellen Vertrag vom 31. Oktober 1978 aus übergeleitetem Recht verlangen.
1.
Ein Zahlungsanspruch gegen den Beklagten ergibt sich nicht aus den §§ 5 f Nds. AGBGB. Gemäß § 5 Nds. AGBGB gelten, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, die Vorschriften des Gesetzes über Altenteilsverträge nur für Schuldverhältnisse aus Verträgen nach Art. 96 EGBGB. Die Vorschrift des Art. 96 EGBGB betrifft Leibgedings-, Leibzuchts-, Altenteils- oder Auszugsverträge, die mit der Überlassung eines Grundstücks in Verbindung stehen. Der notarielle Vertrag vom 31. Oktober 1978 ist kein Altenteilsvertrag i. S. d. Art. 96 EGBGB. Eine Grundstücksübertragung wird noch nicht dadurch zum Altenteilsvertrag, dass eine Wohnrechtsgewährung mit Versorgungsverpflichtung vereinbart wird (BGH DNotZ 1982, 697 [BGH 04.12.1981 - V ZR 37/81]; WM 1989, 70; NJW-RR 1989, 451 [BGH 28.10.1988 - V ZR 60/87]; Senatsurteil vom 26. März 1993 - 4 U 161/91 -, bestätigt durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. September 1994, V ZR 113/93; Senatsurteil vom 21. Juli 1995 - 4 U 266/94 -). Hinzutreten muss, dass dem Übernehmer ein Gut oder Grundstück überlassen wird, aus dessen Nutzung er sich eine Lebensgrundlage schaffen und gleichzeitig den dem Altenteiler geschuldeten Unterhalt zumindest teilweise gewinnen kann. Das ist hier aus dem notariellen Vertrag vom 31. Oktober 1978 nicht ersichtlich. Das dem Beklagten übertragene Grundstück war nicht geeignet, ihm eine Lebensgrundlage zu verschaffen. Der Beklagte hat seine wesentliche Lebensgrundlage nach wie vor in abhängiger Beschäftigung. Der Wesenszug eines Altenteiles i. S. d. Art. 96 EGBGB liegt jedoch in einem Nachrücken der folgenden Generation in eine die Existenz - wenigstens teilweise - begründende Wirtschaftseinheit unter Abwägung der Interessen des abziehenden Altenteilers und des nachrückenden Angehörigen der nächsten Generation. In dem notariellen Vertrag vom 31. Oktober 1978 tritt demgegenüber der Charakter eines gegenseitigen Vertrages mit beiderseits gleichwertigen Leistungen in den Vordergrund, sodass nicht von einer Altenteilsvereinbarung ausgegangen werden kann.
2.
Ein der Mutter des Beklagten zustehender Zahlungsanspruch, der im Wege der Überleitung gemäß § 90 BSHG auf den Kläger übergegangen sein könnte, ergibt sich nicht aus § 2 des notariellen Vertrages vom 31. Oktober 1978, da der Beklagte und seine Mutter dort lediglich Naturalleistungen vereinbart haben.
3.
Gleichwohl hat die Mutter des Beklagten, deren Ansprüche gemäß § 90 BSHG auf den Kläger übergegangen sind, einen Zahlungsanspruch nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (BGH DB 1981, 1614; BGH NJW-RR 1989, 451 [BGH 28.10.1988 - V ZR 60/87]; OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 201 [OLG Düsseldorf 15.10.1993 - 14 U 333/92]; Palandt-Heinrichs, BGB, 58. Aufl., § 242 Rn. 154), nachdem der Beklagten den mit seiner Mutter am 31. Oktober 1978 geschlossenen notariellen Vertrag bis zu deren Aufnahme in das in das Pflegeheim im Jahre 1997 erfüllt hat.
Nachdem die Mutter des Beklagten nach ihrer Aufnahme in das - Pflegeheim nicht mehr in das Haus des Beklagten zurückgekehrt war und auch nicht mehr beabsichtigt, dorthin zurückzukehren, führt die nach § 242 BGB gebotene Vertragsanpassung an die veränderten Verhältnisse bei Versorgungsabreden der vorliegenden Art. in erster Linie dazu, den Versorgungsanspruch der Mutter des Klägers durch Zahlung von Geldbeträgen abzugelten (BGH DB 1981, 1614; OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 201 [OLG Düsseldorf 15.10.1993 - 14 U 333/92]). Bei Unterhaltsverträgen bzw. der vertraglichen Übernahme von Versorgungsleistungen kann sich eine grundlegende Veränderung nicht nur aufgrund der allgemeinen Wirtschaftslage, sondern auch aus den persönlichen Verhältnissen der Beteiligten ergeben. Vertraglich vereinbarte Versorgungsleistungen, die den Begünstigten in Natur zuzuwenden sind, können ihren Sinn und Zweck nicht nur dadurch verlieren, dass es zu einer erheblichen Störung der persönlichen Beziehungen zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten kommt, sodass ein enges Zusammenleben und die für Versorgungsleistungen in Natur vorausgesetzte gemeinschaftliche Lebensführung nicht mehr möglich und zumutbar sind. Es kann vielmehr auch, aus anderen Gründen, insbesondere ohne ein Verschulden des Berechtigten oder des Verpflichteten, ein weiteres Zusammenleben unmöglich werden, etwa dadurch, dass der Berechtigte ständiger ärztlicher oder pflegerischer Betreuung bedarf, die der Verpflichtete ihm nicht in Natur zuwenden kann oder die der Verpflichtete deswegen nicht erbringen kann, weil der Berechtigte das Haus, in dem die Versorgungsleistungen in Natur zu erbringen sind, verlassen hat. Dass in solchen Fällen die Leistung des Verpflichteten den geänderten Umständen anzupassen ist und nicht etwa ersatzlos entfällt, rechtfertigt sich insbesondere dann, wenn die Übernahme einer lebenslänglichen Leistung die Gegenleistung für die Übertragung des Grundstücks war, wie das hier vereinbart worden ist. Der Beklagte hat sich seinen Eltern gegenüber zu ausdrücklich als Leistungen mit "Versorgungscharakter" bezeichneten Leistungen auf Lebenszeit verpflichtet. Es widerspräche dem Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, wenn der Beklagte Vorteile daraus ziehen könnte, dass seine Eltern zwar noch versorgt werden müssen, dies aber dem Beklagten wegen der Intensität der Pflege nicht persönlich möglich ist. Dann entspricht die Anpassung seiner Leistungen an die geänderten Verhältnisse den Geboten von Treu und Glauben (§ 242 BGB).
Der Beklagte hat auch selbst bereits in erster Instanz mit Schriftsatz vom 21. Oktober 1998 (Bl. 38/39 d. A.) vorgetragen, seine Mutter sei im Jahre 1997 so krank geworden, dass sie schwerst pflegebedürftig sei und deshalb rund um die Uhr besonderer fachlicher Hilfe zu ihrer Pflege und Versorgung bedürfe. Unter diesen Umständen sei es völlig unmöglich, dass seine Mutter weiterhin in der Altenteilerwohnung gewohnt habe und dort von ihm gepflegt worden sei. Danach steht nach dem eigenen Vortrag des Beklagten fest, dass seine Mutter als Berechtigte ihr Wohnrecht in Zukunft endgültig nicht wieder ausüben konnte und damit ein nach § 90 BSHG überleitungsfähiger Anspruch bestand (OLG Köln NJW-RR 1989, 138 [OLG Köln 04.11.1988 - 19 U 96/88]).
4.
Bei der Frage, wie hoch die von dem Beklagten als Abgeltung für die als solche in Natur nicht mehr erfüllbaren Pflege- und Versorgungsleistungen zu zahlende Geldrente zu bemessen ist, sind nicht die Aufwendungen der Mutter des Beklagten für ihre anderweitige pflegerische Versorgung zugrundezulegen, vielmehr ist der Wert derjenigen Vorteile maßgebend, die der Beklagte durch die Befreiung von seinen Naturalverpflichtungen erlangt hat.
Bereits aus einer wertenden Betrachtung der §§ 14 f. ergibt sich, dass bei Altenteilsverträgen der Berechtigte nur dann durch Ersatz seiner Aufwendungen für eine anderweitige Unterbringung und Verpflegung zu entschädigen ist, wenn die Störung der persönlichen Beziehungen durch Verhalten des Verpflichteten verursacht und verschuldet worden ist. Beruht die Störung der persönlichen Beziehungen dagegen auf einem Verhalten des Berechtigten (§ 15 Nds. AGBGB) oder ist der Berechtigte aus anderen Gründen - ohne ein Verschulden des Verpflichteten - zur Entgegennahme der Versorgungsleistungen außer Stande (§ 16 Nds. AGBGB), so ist die dem Gläubiger zu zahlende Geldrente nach dem geschätzten Wert der Vorteile zu bemessen, die der Schuldner dadurch erlangt, dass der von der Verpflichtung zur Überlassung der Wohnung und zu Dienstleistungen befreit wird.
Eine ähnliche Differenzierung der Vertragsanpassung an die veränderten Umstände ist auch bei anderweitigen Versorgungsabreden, wenn sie - wie hier - wie Altenteilsrechte ausgestaltet sind, recht und billig. Der Beklagte ist nach seinem eigenen Vortrag willens und in der Lage, seinen vertraglich übernommenen Verpflichtungen nachzukommen. Er ist an ihrer Erfüllung lediglich durch von ihm weder verursachte noch verschuldete Umstände gehindert, nämlich der Aufnahme seiner Mutter in das Pflegeheim. Angesichts der wertenden Betrachtung der §§ 14 f. Nds. AGBGB kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, ihm sei die persönliche Hege und Pflege durch Aufnahme seiner Mutter in das Pflegeheim unmöglich geworden. Gerade der hier zur Entscheidung stehende Fall ist ausdrücklich in den §§ 14 f. Nds. AGBGB geregelt.
Der Senat hat gemäß § 287 ZPO die von dem Beklagten zu zahlende Geldrente hinsichtlich der in § 2 des notariellen Vertrages vom 31. Oktober 1978 vereinbarten Naturalleistungen in Übereinstimmung mit dem Landgericht auf einen monatlichen Betrag in Höhe von 1.386 DM geschätzt. Von diesem Betrag entfallen auf den Wohnwert des gesamten Erdgeschosses 660 DM, der sich bereits daraus ergibt, dass der Beklagte das Obergeschoss für 660 DM monatlich vermietet hat. Da der Beklagte keine näheren Einschränkungen oder Besonderheiten der Erdgeschosswohnung vorgetragen hat, ist der Senat davon ausgegangen, dass dieser Mietwert sich auch für das Erdgeschoss ergeben hätte, wenn dieses vermietet worden wäre. Für Strom und Heizung ist von einem monatlichen Betrag von 120 DM als Mindestvorteil auszugehen. Ein Betrag von monatlich 246 DM für die Beköstigung der Mutter des Beklagten ist ebenfalls als angemessen anzusehen, da bei einem derartigen Monatsbetrag weniger als 10 DM pro Tag anfallen. Den vom Landgericht für den Vorteil der Hege und Pflege angesetzten Betrag von monatlich 360 DM hält der Senat ebenfalls für angemessen. Ausgehend von einem täglichen Aufwand von mindestens einer Stunde und einem Stundensatz von 12 DM ergibt sich bei 30 Tagen im Monat ein Pflegeaufwand von 360 DM.
Insgesamt steht dem Kläger deswegen für den Zeitraum von August bis Dezember 1997 ein Gesamtzahlungsanspruch in Höhe von 6.930 DM zu.
II.
Die Widerklage des Beklagten, mit der er die Feststellung begehrt, dass er auch nach dem 31. Dezember 1997 nicht verpflichtet ist, an den Kläger Zahlungen wegen übergeleiteter Rentenansprüche auf der Grundlage des Vertrages vom 31. Oktober 1978 zu erbringen, ist zwar zulässig. Entgegen der Auffassung des Klägers entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für eine negative Feststellungswiderklage nicht dadurch, dass der Kläger erklärt hat, er werde keine weiter gehenden Ansprüche geltend machen, wenn er mit seiner Teilklage unterliege (BGH NJW 1993, 2609 [BGH 05.07.1993 - II ZR 114/92]). Die Widerklage ist jedoch nicht begründet.
Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, hat sich der Anspruch der Mutter des Beklagten auf Gewährung von Naturalleistungen durch ihre endgültige Aufnahme in das Pflegeheim im Jahre 1997 nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage in einen nach § 90 BSHG überleitbaren Zahlungsanspruch verwandelt, sodass der Beklagte auch nach dem 31. Dezember 1997 verpflichtet ist, an den Kläger Zahlungen wegen übergeleiteter Rentenansprüche auf der Grundlage des Vertrages vom 31. Oktober 1978 zu erbringen.
III.
Die Zinsforderung ergibt sich aus den §§ 284, 286, 288 BGB.
Die Nebenentscheidungen im Übrigen ergeben sich aus § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711, § 546 Abs. 2 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Wert der Beschwer beträgt für den Beklagten 65.142 DM.