Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 13.10.1999, Az.: 9 U 3/99

Gesamthänderisch gebundenes Nachlassvermögen; Rechtsgeschäft unter Lebenden ; Gemeinschaftliche Verwaltung des Nachlasses

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
13.10.1999
Aktenzeichen
9 U 3/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 19642
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1999:1013.9U3.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Bückeburg - 10.11.1998 - AZ: 2 O 288/98

Fundstellen

  • DStZ 2000, 191 (Kurzinformation)
  • NZG 2000, 148-150

Redaktioneller Leitsatz

Auf Nachlassvermögen ist Gemeinschaftsrecht anzuwenden. Für die gemeinschaftliche Verwaltung des Nachlasses genügt ein Mehrheitsbeschluss.

In dem Rechtsstreit
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 1999
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... und
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung gegen das am 10. November 1998 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wert der Beschwer: unter 60.000 DM.

Tatbestand

1

Die Parteien sind Geschwister und Kinder der inzwischen verstorbenen A. und des Dr. A.. Diese gründeten im Jahre 1978 die Schulen Dr. A. GmbH (fortan: GmbH). Diese Gesellschaft ist Komplementärin der Staatlich anerkannten Schulen Dr. A. GmbH&Co. KG (fortan: KG). Das Stammkapital der GmbH betrug zunächst 20.000 DM, wovon die Eltern je 10.000 DM hielten. Am 9. Februar 1984 schlossen diese mit der Beklagten und ihrem weiteren Sohn Dr. W. A. einen Erbvertrag. Darin setzten sie sich gegenseitig zu Alleinerben ein unter Anordnung befreiter Vorerbschaft. Nacherben sollten zu gleichen Teilen die Parteien und Dr. W. A. sein. Der Erbvertrag enthält unter Nr. III u. a. folgende Bestimmung:

"Sollte eines unserer Kinder oder deren Abkömmlinge nach dem Tode des Erstversterbenden von uns den Pflichtteilsanspruch geltend machen, so entfällt die Nacherbeinsetzung; derjenige, der den Pflichtteilsanspruch geltend macht, ist auch nach dem Tode des Längstlebenden von uns auf den Pflichtteil gesetzt. Sein Erbteil wächst den übrigen Nacherben gleichmäßig an.

(Vorausvermächtnis). Dasselbe gilt, wenn eines unserer Kinder Ansprüche aus einer von uns ... abgegebenen Erklärung geltend macht, die unserem in diesem Erbvertrag niedergelegten jetzigen Willen widerspricht."

2

Unter Nr. V des Vertrages heißt es:

"Wir (sc. die Eltern) ... schließen, und zwar jeder für sich selbst, als Vorausvermächtnis zu Gunsten eines jeden unserer Nacherben das Recht der Nacherben, die Auseinandersetzung des Nachlasses nach dem Tode des Vorerben zu verlangen, aus, und zwar insoweit, wie zum Nachlass gehören

1.
unsere Gesellschaftsanteile

...

2.
bebaute Grundstücke

...

Dieser Ausschluss des Auseinandersetzungsrechtes wird zu Gunsten des Erhalts der Staatlich anerkannten Schulen Dr. A. Gesellschaft mit beschränkter Haftung&Co. KG ... angeordnet ..."

3

Am 10. Februar 1994 erhöhten die Eltern das Stammkapital der GmbH auf 60.000 DM, wobei sie jeweils weitere 20.000 DM übernahmen. Ferner änderten sie den Gesellschaftsvertrag dahingehend, dass zur Bestellung und Abberufung eines Geschäftsführers nunmehr eine Mehrheit von 3/4 der stimmberechtigten Geschäftsanteile erforderlich ist. A. teilte ihren Geschäftsanteil am selben Tag in einen Anteil zu 10.000 DM und einen zu 20.000 DM auf und trat letzteren ebenfalls am 10. Februar 1994 der Beklagten ab.

4

In mehreren Verfahren machten die Beklagte und Dr. W. A. im Namen der Erbengemeinschaft Mietzinsansprüche gegen die KG für die Zeit ab 1980 geltend.

5

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte dürfe ihre Stimmrechtsmacht aus dem ihr zu Lebzeiten übertragenen Geschäftsanteil nur im Rahmen eines einstimmigen Beschlusses der Gesellschafter der GmbH ausüben. Ferner stehe ihr an dem in dem Nachlass gefallenen Geschäftsanteil kein Stimmrecht zu.

6

Aus der in dem Erbvertrag enthaltenen "Wohlverhaltensklausel" und aus dem aus diesem Vertrag ersichtlichen Willen der Eltern, die Schulen zu erhalten, sei unter Berücksichtigung der Änderung des Gesellschaftsvertrages der GmbH vom 10. Februar 1984, wonach die Abberufung und die Bestellung eines Geschäftsführers von einer 3/4-Mehrheit abhängig sei, der Schluss zu ziehen, dass alle drei Geschwister gleich bedacht waren, also eine Majorisierung ausgeschlossen sein sollte.

7

Ein Stimmrecht der Beklagten hinsichtlich der zum Nachlass gehörenden Geschäftsanteile bestehe nicht, denn sie habe gegen die "Wohlverhaltensklausel" verstoßen, indem sie zusammen mit ihrem Bruder Mietzinsforderungen gegen die KG erhoben habe. Das widerspreche dem Willen der Eltern, die Schulen zu erhalten, weil dadurch die GmbH und die KG in die Gefahr eines Konkurses gebracht worden seien. Ferner habe die Beklagte gegen die "Wohlverhaltensklausel" verstoßen, indem sie in einer Gesellschafterversammlung am 29. September 1997 - vertreten durch Rechtsanwalt ... S. als gemeinschaftlichen Vertreter der Miterben - für seine - des Klägers - Abberufung als Geschäftsführer und für die Bestellung von Herrn ... G. als neuen Geschäftsführer gestimmt habe.

8

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die (Feststellungs-)Klage sei unzulässig, weil der Kläger kein Feststellungsinteresse besitze. Er könne eine Leistungsklage erheben. Der Erbvertrag habe keine Bedeutung für die Erbschaft der Kinder. Er sei nur bedeutsam gewesen für die Zeit der Vorerbschaft.

9

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, aus der Satzungsänderung betreffend die Abberufung und Bestellung von Geschäftsführern ergebe sich nicht, dass die Beklagte das Stimmrecht aus ihrem Geschäftsanteil in Höhe von 20.000 DM nur im Rahmen einer einstimmigen Beschlussfassung der Miterben ausüben dürfte. Aus dem Erbvertrag sei auch nichts zu Gunsten der Rechtsansicht des Klägers zu entnehmen. Ferner habe die Beklagte diesen Geschäftsanteil durch ein Rechtsgeschäft unter Lebenden und nicht als Erbin erworben. Die "Asymmetrie der Stimmrechtsverhältnisse" und eine dadurch ermöglichte Majorisierung sei von den Eltern gewollt. Gegen die "Wohlverhaltensklausel" und den aus dem Erbvertrag zu entnehmenden "Grundsatz des Erhaltes der Schulen" habe die Beklagte nicht, verstoßen. (Berechtigte) Mietzinsansprüche dürften die Kinder ebenso wie ihre Eltern erheben. Sollten jene - wovon das Amtsgericht ... bei der Erteilung des Erbscheins ausgegangen sei - gesetzliche Erben ihrer Mutter sein, wären die Rechtsansichten des Klägers noch weniger begründet, weil der Erbvertrag (sc. die daraus zu entnehmende Wohlverhaltensklausel und der Grundsatz des Erhalts der Schulen) dann gar nicht "greifen" würde.

10

Der Kläger hat frist- und formgerecht Berufung eingelegt. Er verfolgt seine erstinstanzlichen Anträge weiter und vertritt die Ansicht, die Beklagte habe den Geschäftsanteil in Höhe von 20.000 DM mangels Bestimmbarkeit des abgetretenen Rechts nicht rechtsgeschäftlich allein erworben. Es hätte klargestellt werden müssen, ob die Mutter einen Geschäftsanteil in Höhe von 20.000 DM oder zwei Teilgeschäftsanteile in Höhe von je 10.000 DM abtrete. Das Stimmrecht an dem Geschäftsanteil in Höhe von 20.000 DM habe deshalb nur im Rahmen der Erbengemeinschaft ausgeübt werden dürfen. Insoweit sei aber ein - jedoch nicht zu Stande gekommener - einstimmiger Beschluss der Erben erforderlich gewesen. Im Übrigen bezweifelt der Kläger die Wirksamkeit der Kapitalerhöhung.

11

Auch hinsichtlich der zum Nachlass gehörenden Geschäftsanteile in Höhe von insgesamt 40.000 DM stehe der Beklagten kein Stimmrecht zu, weil der Kläger Alleinerbe geworden sei. Die Beklagte und Dr. W. A. hätten "durch ihr Verhalten ihre Einsetzung als Erben entfallen lassen und sich auf den Pflichtteil gesetzt, sodass ihre Erbteile dem Kläger angewachsen sind" (Seite 8 der Berufungsbegründung). Denn sie hätten "Ansprüche aus einer von den Eltern oder von einem Elternteil abgegebenen Erklärung geltend gemacht", was dem in dem Erbvertrag niedergelegten Willen der Eltern widersprochen habe. Wille der Eltern sei es gewesen, die Schulen zu erhalten. Deshalb sei auch die Auseinandersetzung des Nachlasses ausgeschlossen worden. Um den mit den Schulen erwirtschafteten Gewinn abschöpfen zu können, habe der Vater einen Mietvertrag über das in ... gelegene "P." nebst zugehörigen Hof- und Parkanlagen sowie Inventar abgeschlossen. Die wirtschaftliche Situation der Schulen habe sich aber so verschlechtert, dass der Mietzins nicht mehr habe erwirtschaftet werden können. Deshalb widerspreche das Geltendmachen von Mietansprüchen dem im Erbvertrag niedergelegten Willen der Eltern. Die Durchsetzung der Ansprüche führe "zwangsläufig zur Zerstörung der A. Schulen und damit zur Zerstörung des Lebenswerkes der Eltern" (Seite 9 a. a. O.).

12

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und festzustellen,

  1. 1.

    dass die Beklagte von ihrer Stimmrechtsmacht, die sich aus ihrem am 10. Februar 1994 von der Mutter der Parteien (vermeintlich) erworbenen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 20.000 DM an der Schulen Dr. A. GmbH ergibt, nur insoweit Gebrauch machen darf, als dies im Rahmen eines einstimmigen Beschlusses aller Gesellschafter erfolgt,

  2. 2.

    dass der Beklagten an dem in den Nachlass nach Herrn Dr. A. und Frau A. fallenden Geschäftsanteil im Gesamt-Nennbetrag von 40.000 DM an der Schulen Dr. A. GmbH keine Stimmrechtsmacht zusteht.

13

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

14

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Der ihr von ihrer Mutter abgetretene Geschäftsanteil sei ausreichend bestimmt gewesen, sodass die Abtretung auch unter diesem Gesichtspunkt wirksam sei. Die Erbengemeinschaft sei daran also nicht berechtigt. Für die Beschlussfassung in der Erbengemeinschaft genüge ein Mehrheitsbeschluss. Gegen die "Wohlverhaltensklausel" habe sie nicht verstoßen. Diese habe nur den Zweck gehabt, dem überlebenden Elternteil den Nachlass ungeschmälert zu erhalten.

15

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

16

Die Berufung ist unbegründet.

17

1.

Berufungsantrag Nr. 1

18

Dieser ist nur schwer verständlich, weil der Kläger die Rechtsansicht vertritt, die Beklagte habe den Geschäftsanteil gar nicht als Eigenvermögen erworben (vgl. Seite 2 der Berufungsbegründung).

19

Es kann aber auch keine Rede davon sein, dass die Beklagte den Geschäftsanteil mangels Bestimmtheit des abgetretenen Rechts nicht (durch Rechtsgeschäft unter Lebenden) erworben hat.

20

Von den Gesellschaftern übernommene Kapitalerhöhungsbeträge können neben der Bildung neuer Geschäftsanteile auch dem bisherigen Geschäftsanteil des Gesellschafters durch Aufstockung des Nennbetrages zugeschlagen werden (§ 57 h GmbH-Gesetz). § 55 Abs. 3 GmbH-Gesetz steht nach allgemeiner Meinung dann nicht entgegen (BGHZ 63, 116 [BGH 24.10.1974 - II ZB 1/74]). Das ist hier geschehen, wie sich aus Nr. I Abs. 3 der Urkunde des Notars ... vom 10. Februar 1984 (UR-Nr. ... 1984) ergibt. Dort heißt es:

"Jeder von uns übernimmt eine Stammeinlage in Höhe von je 20.000 DM, sodass jeder von uns nunmehr eine Stammeinlage von 30.000 DM hat."

21

Demgemäß heißt es in § 1 der Urkunde Nr. ... 1984 des Notars vom selben Tage, dass A. nunmehr einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 30.000 DM halte.

22

§ 2 Abs. 1 und 2 der Urkunde lauten:

"Der ... Geschäftsanteil wird in zwei Geschäftsanteile im Nennbetrag von 10.000 DM ... und im Nennbetrag von 20.000 DM ... geteilt.

Die Erschienene zu 2 (sc. A.) tritt den Teilgeschäftsanteil im Nennbetrag von 20.000 DM an die Erschienene zu 3 (sc. die Beklagte) ab."

23

Eine Teilung vor Volleinzahlung ist möglich, sofern nicht nach voll eingezahlten und nicht voll eingezahlten Anteilen geteilt wird, was hier nicht geschehen ist (vgl. Hachenburg-Hohner, GmbH-Gesetz, 8. Aufl., § 33 Rn. 16; Rowedder, GmbH-Gesetz, 3. Aufl., § 17 Rn. 3 a. E.). Den Geschäftsanteil in Höhe von 20.000 DM hat die Beklagte danach von ihrer Mutter durch ein Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben. Er gehört deshalb zu ihrem Eigenvermögen und nicht zu dem gesamthänderisch gebundenen Nachlassvermögen. Die Pflicht der Miterben zu gemeinschaftlichem Handeln (§§ 2038 - 2040 BGB) steht also insoweit nicht zur Diskussion, ganz abgesehen davon, dass auf das Nachlassvermögen Gemeinschaftsrecht anzuwenden ist (§§ 2038 Abs. 2, 744 ff. BGB), also ein Mehrheitsbeschluss für die (gemeinschaftliche) Verwaltung des Nachlasses genügt (BGHZ 49, 152 [BGH 22.12.1967 - V ZR 11/67];  56, 47, 50) [BGH 29.03.1971 - III ZR 255/68].

24

Im Übrigen haben die Eltern durch die Änderung des Gesellschaftsvertrages am 10. Februar 1994 gerade eine Stärkung der Stellung der Beklagten beabsichtigt. Diese hatte nämlich den Geschäftsanteil in einem sehr engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Erbvertrages übertragen bekommen. Ferner ist am selben Tage die Satzung der Beklagten dahin abgeändert worden, dass für die Abberufung eines Geschäftsführers eine Mehrheit von 3/4 der Stimmen erforderlich sein sollte. Es spricht deshalb alles dafür, dass die Eltern durch die am selben Tage beschlossene Satzungsänderung einerseits und die Abtretung eines Geschäftsanteils von 20.000 DM andererseits sicherstellen wollten, dass die Beklagte nicht gegen ihren Willen als Geschäftsführerin abberufen und niemand gegen ihren Willen als Geschäftsführer berufen werden konnte, da sie mit den Stimmen aus ihrem lebzeitig erworbenen Geschäftsanteil nach der Satzungsänderung insoweit eine Sperrminorität besaß. Die Möglichkeit einer "Majorisierung" war also offenbar gewollt.

25

2.

Berufungsantrag Nr. 2

26

Dieser ist ebenfalls unbegründet.

27

Die Beklagte ist zusammen mit dem Kläger und ihrem Bruder Dr. W. A. Miterbin geworden. Es besteht also eine Gemeinschaft zur gesamten Hand mit einem entsprechenden Stimmrecht der Beklagten, die bei gleichen Anteilen mit einfacher Stimmenmehrheit entscheidet. Die Beklagte ist nicht etwa auf Grund der Anordnung unter Nr. III des Erbvertrages gemäß den §§ 2075 und 2139 BGB nur Pflichtteilsberechtigte mit der Folge, dass sie an der Verwaltung des Nachlasses nicht beteiligt ist.

28

Der Senat hat dazu in seinem von dem Kläger in Bezug genommenen Urteil vom 3. März 1999 in dem Verfahren 9 U 213/98 u. a. ausgeführt:

"a)
Der Kläger erblickt das "Geltendmachen" aus einer "Erklärung" i. S. der erwähnten Nr. III darin, dass Frau T. -A. und Dr. W. A. als für die Erbengemeinschaft Handelnde Ansprüche aus einem von ihrem Vater in den 80-er Jahren mit der KG als Trägerin der Schulen abgeschlossenen Vertrag über die Vermietung des "P." als Schulräume erbeben. Diese Ansprüche konnten Frau T.-A. und Dr. W. A. nur als Erben, also nach dem Tode ihrer Mutter, geltend machen. Einen solchen Fall erfasst die Regelung unter Nr. III. jedoch nicht. Aus dem Passus "dasselbe gilt" ist zu entnehmen, dass nur ein Erheben von Ansprüchen in der Zeit zwischen dem Tode des erstversterbenden Elternteils bis zu dem des letztversterbenden zum Verlust der Erbeinsetzung führt. Das entspricht auch dem Sinn der Regelung: dem letzt versterbenden Elternteil sollte der Nachlass möglichst ungeschmälert erhalten bleiben. Der Versuchung eines Kindes, nach dem erstversterbenden Elternteil bereits den Pflichtteil geltend zu machen, wollten die Eltern dadurch entgegentreten, dass dieses Kind dann auch nach dem Tode des Längstlebenden "auf den Pflichtteil gesetzt" wurde. Im Übrigen hatten die Testierenden zu dem für die Auslegung maßgeblichen Zeitpunkt der Errichtung des Erbvertrages keine Einwände gegen das Einfordern des Mietzinses. Die Mietzahlung bedeutete nämlich eine wesentliche Erwerbsquelle für Dr. A. Aus seiner Stellung als Gesellschafter der KG konnte er keinen Gewinn erzielen (Seite 3 der Leseabschrift des Urteils des hiesigen 22. Zivilsenats vom 14. August 1997 in dem Rechtsstreit 22 U 123/97 = 2 O 86/97 LG Bückeburg, Bd. I 71 ff. d. A.).

b)
Aus dem unter Nr. V des Erbvertrages enthaltenen Ausschluss des Rechtes der Kinder, "die Auseinandersetzung des Nachlasses nach dem Tode des Vorerben zu verlangen", kann kein Argument für eine Enterbung von Frau T.-A. Dr. W. A. gemäß Nr. III des Erbvertrages hergeleitet werden, und zwar in dem Sinne, dass ein Konkurs der KG und der sie vertretenden Beklagten zur Erbauseinandersetzung und damit auch zur Beendigung des Schulbetriebes führen würde, obwohl die Erblasser das gerade verhindern wollten.

Es wäre den Miterben unzumutbar, das "P." der KG praktisch unentgeltlich als Schulraum zur Verfügung zu stellen, nur damit die Schulen weiterbetrieben werden können. Auch Frau A. hat eine unentgeltliche Nutzung des P. durch die KG nicht hingenommen, sondern die Zahlung einer Monatsmiete von 24.000 DM ab Dezember 1992 verlangt (Seite 8 a. a. O., Bd. I 78). Auch der Kläger hat sich für die A. Schulen eine Darlehensrückzahlungsforderung gegen die KG in Höhe von 1.152.700 DM, die er dabei als Geschäftsführer der Beklagten vertreten hat, durch Vollstreckungsbescheide vom 31. Januar und 15. Februar 1994 titulieren lassen (a. a. O.).

Die Regelung unter Nr. V des Erbvertrages setzt voraus, dass die Schulen wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden können. Eine unwirtschaftliche Fortsetzung des Schulbetriebes (vgl. Seite 8 der Berufungsbegründung) kann den Miterben nicht zugemutet werden. Ganz abgesehen davon hat der Kläger auch nicht näher dargelegt, dass die KG den Mietzins nicht zahlen kann.

c)
Wenn diese Argumente nicht anerkannt werden, kann noch aus einem weiteren Grund nicht von einem Verlust der Miterbenstellung von Frau T.-A. und Dr. W. A. ausgegangen werden:

Das "Stehenlassen" der Mietzinsansprüche der Erbengemeinschaft bzw. die Gebrauchsüberlassung des "P." müssten unter Zugrundelegung des Vorbringens des Klägers als eigenkapitalersetzende Gesellschafterleistung angesehen werden, die - solange die "Krise" (und damit auch die Kreditunwürdigkeit) der Gesellschaft dauert - nicht ausgezahlt verlangt bzw. nicht zurückgefordert werden können (vgl. Baumbach-Hopt, HGB, 29. Aufl., § 172 a Rn. 18 ff., insbesondere Rn. 33 ff.). Insoweit kann also die Erbengemeinschaft durch die Geltendmachung von Mietzinsansprüchen einen Konkurs der KG nicht herbeiführen und damit auch nicht den Schulbetrieb unmöglich machen."

29

Der Senat hält diese Erwägungen auch nach erneuter Überprüfung für zutreffend.

30

Soweit es die Darlehensforderung des Klägers betrifft, hat dieser kurz vor seiner Abberufung als Geschäftsführer der GmbH bei der Sparkasse ... noch einen Kredit in

31

Höhe von 1,3 Mio. DM zu Lasten der KG aufgenommen und die Valuta ganz überwiegend an sich zwecks Rückzahlung des der KG gewährten Kredits überwiesen (vgl. Seite 11 der Klageerwiderung). Er ist also - soweit es sein Darlehen betraf - nicht von einer eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistung ausgegangen.

32

3.

Eine Aussetzung des Rechtsstreits gemäß § 148 ZPO bis zur Entscheidung über die Revision gegen das Urteil des Senats vom 3. März 1999 in der Sache 9 U 213/99 steht im Ermessen des Senats (Zöller-Greger, ZPO, 21. Aufl., § 148 Rn. 7). Der Senat sieht davon ab, weil in jenem Rechtsstreit beispielsweise auch die Frage eines wichtigen Grundes für die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer eine Rolle spielt, also gar nicht sicher ist, ob der Bundesgerichtshof über die jetzt maßgeblichen Rechtsfragen auch entscheiden wird.

33

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Wert der Beschwer: unter 60.000 DM.