Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 28.10.1999, Az.: 11 U 237/97
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 28.10.1999
- Aktenzeichen
- 11 U 237/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1999, 34144
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1999:1028.11U237.97.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Hannover - 26.09.1997 - AZ: - 13 O 468/95
In dem Rechtsstreit
hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juli 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 26. September 1997 unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 70. 000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. März 1993 zu zahlen. Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 70 % und der Kläger 30 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 105.000,00 abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in der nämlichen Höhe leistet.
Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 6.500,00 abzuwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in der nämlichen Höhe leistet.
Beiden Parteien wird nachgelassen, eine von ihnen zu erbringende Sicherheit in Form einer unbedingten unwiderruflichen unbefristeten selbschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu leisten.
Die Beschwer der Beklagten beträgt 70.000,- DM.
Die Beschwer des Klägers beträgt 30.000,- DM.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten Zahlung von 100.000,00 DM aus einem gescheiterten Kapitalanlagegeschäft.
Die Beklagte, die unter der Abkürzung Z. am Markt tätig ist, ist ein in ganz Deutschland tätiges Wirtschaftsberatungs- und Finanzierungsbetreuungsunternehmen, das Kapitalanlagen, Bauspar- und Versicherungsverträge vermittelt. Sie unterhält mit Hilfe selbstständiger Handelsvertreter eine Außendienstorganisation. Ihre Außendienstmitarbeiter werden je nach ihrer Position in der Hierarchie als Geschäftsstellenleiter, Direktionsassistenten, Direktionsmanager, Direktoren oder Landesdirektoren u.s.w. bezeichnet. Die Mitarbeiter sind berechtigt, das Firmenzeichen der Beklagten in Briefbögen und an den Geschäftsstellengebäuden zu benutzen sowie die Geschäftsräume nach außen als Geschäftsstelle der Beklagten zu bezeichnen. Sie dürfen grundsätzlich nur solche Verträge vermitteln, die von der Beklagten und ihren Partnergesellschaften angeboten werden und in dem jeweils gültigen Produktplan enthalten sind. Produkte, die von den selbstständigen Handelsvertretern der Beklagten im Rahmen ihrer Beratertätigkeit an Kunden vermittelt werden sollten, wurden von der Beklagten einer Überprüfung unterzogen. Wenn diese Überprüfung negativ ausfiel, war es den selbstständigen Handelsvertretern der Beklagten nicht gestattet, diese Produkte an die jeweiligen Kunden zu vermitteln.
Zu den Handelsvertretern der Beklagten zählte spätestens von September 1989 an bis Juli 1993 ... A. A. übte seine Handelsvertretertätigkeit zunächst in Geschäftsräumen in der ... in ... aus. Diese Geschäftsräume waren von der Handelsvertreterin B. angemietet. Im 4. Quartal des Jahres 1992 mietete A. Geschäftsräume in der ... in ... an. Die Räumlichkeiten waren zumindest mit einem Türschild versehen, das den Namen und das Emblem der Beklagten trug. Innerhalb der Hierarchie der Beklagten fungierte A. zuletzt als Direktionsmanager und Geschäftsstellenleiter. Grundlage der Tätigkeit war ein zwischen A. und der Beklagten geschlossener Mitarbeitervertrag. In dem Mitarbeitervertrag ist u.a. Folgendes bestimmt:
Ziff. 6.7.:
"Der Mitarbeiter ist nur zur Vermittlung, nicht auch zum Abschluss von Geschäften für die Partnergesellschaften bzw. für der Z. berechtigt. Er ist auch nicht berechtigt, den Z. und dessen Partnergesellschaften rechtsgeschäftlich zu vertreten, insbesondere sie zu berechtigen oder zu verpflichten. Der Mitarbeiter ist auch nicht zur Abgabe von schriftlichen oder mündlichen Erklärungen berechtigt, die für den Z. oder dessen Partnergesellschaften verbindlich sein könnten. Der Mitarbeiter ist grundsätzlich nicht berechtigt, Zahlungsmittel, gleich welcher Art, für Rechnung des Z. und/oder dessen Partnergesellschaften entgegenzunehmen, soweit dem Mitarbeiter nicht von dem Z. und/oder dessen Partnergesellschaften eine gegenständlich beschränkte Inkassovollmacht schriftlich oder per Geschäftsanweisung erteilt ist."
Ziff. 7.2.:
"Der Mitarbeiter ist nicht berechtigt, für Wettbewerber des Z. oder der Partnergesellschaften tätig zu werden oder sich an einem Konkurrenzunternehmen direkt oder indirekt, mittelbar oder unmittelbar zu beteiligen oder es sonst in irgendeiner Weise zu unterstützen. Dem Mitarbeiter ist jede weitere gleichartige gewerbliche Tätigkeit ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung des Z. untersagt. Gleiches gilt hinsichtlich der Vermittlung von Verträgen, die nicht von dem Z. bzw. einer Partnergesellschaft angeboten werden und nicht in dem jeweils gültigen Produktplan enthalten sind. Für den Fall der Zuwiderhandlung unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs ist der Mitarbeiter zur Zahlung einer Konventionalstrafe von DM 5.000,00 an den Z. verpflichtet. Schadensersatzansprüche des Z. bleiben davon unberührt."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie des Mitarbeitervertrages verwiesen (Anlage 6 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts).
Am 14. Dezember 1989/26. Februar 1990 schlossen die Beklagte und A. einen Zusatzvertrag für Führungskräfte. Danach sollte A. als selbstständiger Handelsvertreter ebenfalls ausschließlich für den Z. tätig sein. Er hatte das Recht und die Pflicht, geeignete Mitarbeiter anzuwerben, auszubilden und deren Tätigkeit zu überwachen. Zusätzlich sollte er die angeworbenen und unterstellten Mitarbeiter, fachlich und praktisch einarbeiten sowie diese bei ihren Tätigkeiten unterstützen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Zusatzvertrages für Führungskräfte wird auf die bei den Akten befindliche Kopie des Zusatzvertrages verwiesen (Anlage 7 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts).
Unter dem 10. Februar 1992 beantragte A. schriftlich eine. Nebentätigkeitsgenehmigung (Anlage 8 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts). Gegenstand der Nebentätigkeit sollte der Handel mit Bankgarantien, sog. ...-Geschäfte (...) sein. Mit Schreiben vom 17. Februar 1992 (Anlage 9 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts) erteilte die Beklagte Sellner eine entsprechende Genehmigung. Allerdings verpflichtete die Beklagte A., bei Kontaktaufnahme mit Kunden im Rahmen der privaten Nebentätigkeit eindeutig klarzustellen, dass die Nebentätigkeit nicht im Zusammenhang mit den Beratungsleistungen, die für die Beklagte erbracht wurden, stehe.
Unter dem 7. Mai 1992 mahnte die Beklagte A. ab (Anlage 13 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts im Verfahren 11 U 244/97). Die Beklagte wies darauf hin, dass die Nebentätigkeit A. in keinem Zusammenhang mit dem Z. stehen dürfe. A. dürfe im Zusammenhang mit seiner Nebentätigkeit auch keine Aussagen auf Z. Briefbogen machen. Da der Zeuge gegen diese Abmachungen verstoßen habe, werde er abgemahnt.
Z. gelang es, zahlreiche Anleger zu veranlassen, Beträge auf sein eigenes Konto oder andere Privatkonten zu überweisen. Den Anlegern wurde erläutert, dass es sich bei den ...-Geschäften um sichere Geldanlagen mit hoher Rendite handele. Es seien Renditen von 20 % bis 100 % pro Jahr möglich.
Die von den für die Beklagte tätigen Handelsvertretern getätigten Geschäfte wurden nach einem bestimmten Schlüssel in sog. "Einheiten" umgerechnet. Die jeweiligen Einheiten wurden an die Zentrale der Beklagten gemeldet. Die Beklagte verließ sich bei den gemeldeten Einheiten auf die Angaben der Handelsvertreterbüros. Ob die Geschäfte, denen die gemeldeten Einheiten tatsächlich zu Grunde lagen, später zur Durchführung kamen, war nur den jeweiligen Provisionsabrechnungen der einzelnen Handelsvertreter zu entnehmen. Erst aus der jeweiligen Provisionsabrechnung und der Stornoquote ließ sich der wirkliche Erfolg des einzelnen Handelsvertreters ablesen. Nachdem A. den Zeugen C., der als Landesdirektor in der Hierarchie über A. stand, über den Umfang der "...-Geschäfte" informiert hatte, meldete C. eine sehr große Zahl von Einheiten an die Zentrale der Beklagten. In der Juni-Ausgabe 1992 der hauseigenen und von der Zentraldirektion der Beklagten in ... herausgegebenen Zeitschrift "..." wurde den Geschäftserfolgen A. unter der Rubrik "Geschäft des Monats" ein eigener Artikel gewidmet. In der ebenfalls dort abgedruckten Rangliste für Mai 1992 führte A. bezogen auf den Geschäftserfolg die Reihe der Direktionsmanager mit weitem Abstand an. Die Zeitschrift "..." ist an die Mitarbeiter und Freunde des allgemeinen Wirtschaftsdienstes gerichtet. Mit an alle dem Zeugen C. untergeordnete Mitarbeiter des Z. gerichteten Schreiben vom 9. Juni 1992 (GA 13) und vom 3. Juli 1992 (Kopie Bd. I Bl. 16 im Verfahren 11 U 128/96) stellte C. die hohe Zahl von Einheiten A. heraus.
In der Folgezeit wurden die für die ... Geschäfte zunächst berücksichtigten Einheiten aus den Ranglisten wieder gestrichen. Die Beklagte erstellte unter dem 22. Juni 1992 eine Abmahnung für C. (Kopie als Anlage 17 des mit Schriftsatz vom 15.2.1999 zu den Akten gelangten Anlagenkonvoluts im Verfahren 11 U 244/97), die dieser nach der Behauptung der Beklagten auch erhalten hat, deren Erhalt C. jedoch in Abrede nimmt.
Unter dem 15. Februar 1993 unterzeichnete A. eine Unterlassungsverpflichtungserklärung. Darin verpflichtete sich A., es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 25. 000 DM zu unterlassen, Produkte, die nicht von der Beklagten zum Vertrieb freigegeben worden waren, zu vermitteln oder zu vertreiben sowie für die Firma D. tätig zu werden oder Produkte dieser Gesellschaft zu vermitteln. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie der Unterlassungsverpflichtungserklärung (Anlage 22 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 eingereichten Anlagenkonvoluts) verwiesen.
Mit Schreiben vom 16. März 1993 wurde A. von der Beklagten angewiesen, Transaktionen gemäß einer Aufstellung vom 8. März 1993 rückabzuwickeln. Ausweislich des Schreibens der Beklagten war zuvor ein Gespräch geführt worden, in dem die Beklagte sich vorbehalten hatte, über Genehmigung oder Ablehnung der Sondergeschäfte zu entscheiden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Kopie des Schreibens vom 16. März 1993 (Anlage 25 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 zu den Akten gereichten Anlagenkonvoluts) verwiesen. Mit Schreiben vom 2. April 1993 (Kopie Anlage 32 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 zu den Akten gereichten Anlagenkonvoluts) wurde A. mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben als Führungskraft entbunden. Mit Schreiben vom 16. Juli 1993 (Anlage 36 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 überreichten Hefters) kündigte die Beklagte A. fristlos.
A. wurde wegen seines Verhaltens im Zusammenhang mit den ...-Geschäften mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts ... vom 26. Juli 1995 - ... - wegen Betruges in 60 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt.
Neben den vor dem Senat anhängigen Rechtsstreitigkeiten sieht sich die Beklagte weiteren Forderungen in Höhe von ca. 45 Mio. DM ausgesetzt, die im Zusammenhang mit den Geschäften A. stehen sollen.
Im Jahre 1992 erfuhr der Kläger über seine Ehefrau, die bei der Beklagten seit 1991 als Wirtschaftsberaterin tätig war, von der Möglichkeit, Kapital im ...-Geschäft anzulegen. Nach einer von A. durchgeführten Informationsveranstaltung am 28. Januar 1993 in der Geschäftsstelle ..., an der der Kläger und seine Ehefrau teilgenommen hatten, entschloss sich der Kläger zu einer Anlage. Der Kläger zeichnete ein "Mandat und Beschaffungsauftrag für eine Bankgarantie gegen Finanzierungs- und Anlagekapital" über den Ankauf von Bankgarantien in Höhe von 100. 000 DM (GA 97). Hierin ist als Initiator und mit der Beschaffung Beauftragter eingetragen "A.". Am 23. Februar 1993 überwies der Kläger den Anlagebetrag auf A. Konto bei einer ... Bank. Am 18. März 1993 bestätigte A. den Geldeingang - allerdings ohne Namens- und Betragsnennung - auf Briefpapier mit Z.-Logo (GA 21). Zur Finanzierung des Anlagebetrages nahm der Kläger einen Kredit auf. Die Ehefrau des Klägers hatte Ende Dezember 1992/Anfang 1993 Kenntnis davon erlangt, dass es bei der Rückzahlung der Anlagebeträge aus der ersten Tranche der sog. ...-Geschäfte Verzögerungen gegeben hatte (GA 184).
Der Kläger hat keine Rückzahlung der von ihm angelegten Beträge erhalten.
Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe das von A. angebotene ...-Geschäft gekannt. Sämtliche in ... und Umgebung eingesetzten Führungskräfte und Mitarbeiter der Beklagten seien sowohl durch hausinterne Schreiben als auch durch persönliche Empfehlungen des Zeugen C. darauf aufmerksam gemacht worden. Es sei darauf hingewiesen worden, dass sämtliche Anleger durch entsprechende Bankgarantien der "TOP 30 Europäischen Banken" besonders abgesichert seien. Bei mehreren von der Beklagten in ... Hotels im Sommer 1992 veranstalteten Gesamtmeetings sei A. als erfolgreiche Führungskraft erwähnt worden. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass er von der Beklagten die Rückzahlung des Anlagebetrages verlangen könne. Die Beklagte hafte zumindest nach den Grundsätzen der Anscheins- bzw. Duldungsvollmacht.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 100.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. März 1993 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass mit ihr ein Vertrag nicht zustande gekommen sei. Sie hat behauptet, dass A. das ...-Geschäft nicht namens der Beklagten, sondern ausschließlich im eigenen Namen getätigt habe. Es sei den Mitarbeitern verboten gewesen, Geschäfte, die nicht zur Produktpalette der Beklagten gehört hätten, zu vertreiben. Aus den Einheiten, die in der Rangliste veröffentlicht wurden, hätten die Mitarbeiter keine Schlüsse ziehen können, da diese auf Eigenangaben der Vertreter beruhten und zu den Einheiten auch prognitive Einheiten gehört hätten. Die Veröffentlichung der Einheiten sei aus Motivationsgründen erfolgt.
Das Landgericht hat Beweis erhoben aufgrund seines Beweisbeschlusses vom 24. April 1996 (GA 131) durch Vernehmung der Zeugen C., B., E. und A.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover (GA 163 ff, 167 ff., 172 ff. und 254 ff.) verwiesen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte sich das Handln A. nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht zurechnen lassen müsse. Der Kläger habe davon ausgehen können, dass A. bei der Vermittlung des Anlagegeschäftes im Namen und in Vollmacht der Beklagten gehandelt habe. Die Beklagte hätte erkennen können und müssen, dass A. in ihrem Namen die nicht genehmigten Anlagen vermittele.
Gegen dieses Urteil, auf das zur näheren Sachdarstellung verwiesen wird, richtet sich die Berufung der Beklagten.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus der ersten Instanz. Vertragliche Ansprüche gegenüber der Beklagten seien nicht ersichtlich. Da es sich bei den Außendienstmitarbeitern der Beklagten ausschließlich um selbstständige Handelsvertreter handele, ergäben sich keine vertraglichen Beziehungen zur Beklagten. Dies sei auch durch entsprechende Vermerke auf dem Geschäftspapier, das die einzelnen Handelsvertreter benutzen dürften, vermerkt. Die von der Beklagten vergebenen Titel (z.B. Landesdirektor und Direktionsmanager) kennzeichneten keine Stellung innerhalb der Verwaltungsorganisation der Beklagten, sondern seien lediglich als Anreiz gedacht, um zu erreichen, dass die Mitarbeiter höhere Leistungen erbringen sollten. Dementsprechend habe auch die Veröffentlichung von Einheiten und Ranglisten in der Zeitschrift "...", bei der es sich im Übrigen nur um eine interne Zeitschrift handele, nur den Zweck gehabt, die Handelsvertreter zu motivieren. Zwar habe sich die Nebentätigkeitsgenehmigung vom 17. Februar 1992 auf die Vermittlung von Handelsgeschäften mit Bankgarantien bezogen, einen derartigen Handel habe es jedoch zu keiner Zeit gegeben. Den jeweiligen Anlegern sei ein erhebliches Mitverschulden anzulasten. Die Anleger hätten sich durch die völlig überzogenen Renditeversprechungen zur Geldanlage verleiten lassen.
Die Beklagte behauptet weiter, A. sei dem Kläger gegenüber nicht im Namen der Beklagten aufgetreten, was sich insbesondere daraus ergebe, dass in dem Beschaffungsauftrag (GA 97) nicht der Z. sondern A. als Beauftragter eingetragen sei und dass diese Formularstelle auch nicht wie in einer Vielzahl von anderen Fällen offen gelassen worden sei (GA 354). Untermauert worden sei die Kenntnis des Klägers davon, dass er A. privat beauftrage, dadurch, dass ihm ein. Konto A. zur Einzahlung des Geldes benannt worden sei. Schließlich sei der "Beschaffungsauftrag" nicht in Geschäftsstellenräumen des Z. unterzeichnet worden.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des am 26. September 1997 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover (13 O 468/95) die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beide Parteien beantragen
die besondere Form der Sicherheitsleistung.
Der Kläger wiederholt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz. Eine Haftung der Beklagten ergebe sich aus den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht. Der Kläger behauptet, dass A. die beabsichtigten Sondergeschäfte im Februar 1992 in der Zentrale der Beklagten vorgestellt habe. Dabei sei ihm eine Art Sondergenehmigung erteilt worden. Bei einer Konferenz der Geschäftsleitung der Beklagten im Frühjahr 1992 seien die ... Geschäfte ausdrücklich genehmigt worden. Im Mai 1992 sei dem Zeugen C. mitgeteilt worden, dass die Beklagte das Sondergeschäft von A. als Einzelgeschäft genehmigt und als Z.-Geschäft übernommen habe. Eine Haftung der Beklagten ergebe sich auch aus § 31 BGB sowie aus § 831 BGB. Für ein etwaiges Mitverschulden des Klägers gebe es keine Anhaltspunkte.
Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 6. Mai 1999 (Bd. III Bl. 498 f. d.A.) und vom 27. Juli 1999 (Bd. III Bl. 533 d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 8. Juni 1999 (Bd. III Bl. 505 ff. d.A.) und vom 27. Juli 1999 (Bd. III Bl. 523 ff. d.A.) verwiesen. Nachdem die Vernehmung des Zeugen Dr. T. wegen gesundheitlicher Probleme des Zeugen unterbrochen werden musste, verzichtete der Kläger auf die Vernehmung dieses Zeugen und auf die Verwertung der bislang von dem Zeugen gemachten aber noch nicht genehmigten Aussagen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Gründe
Die in zulässiger Weise erhobene Berufung der Beklagten hat nur in Höhe von 30 % des Schadens des Anlegers Erfolg. In dieser Höhe fällt dem Kläger ein Mitverschulden zur Last.
I.
Die Beklagte hat dem Kläger dem Grunde nach wegen positiver Vertragsverletzung eines Beratungsvertrages über Kapitalanlagen einzustehen.
1. Ein solcher Beratungsvertrag ist zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits zustande gekommen.
a) Dass ein Anlageberatungsvertrag geschlossen wird, ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn ein Anlageinteressent deutlich macht, dass er auf bestimmte für ihn wesentliche Anlageentscheidungen bezogen die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des anderen in Anspruch nehmen will und der Anlageberater bzw. -vermittler in der Kenntnis dieses Kundenwunsches die Beratung beginnt (vgl. BGHZ 74, 103, 106; OLG Celle OLG-Report 99, 162). So liegt es hier zwischen der Beklagten und dem Kläger.
b) Die Beklagte befasst sich, wie sich aus dem Vorspann des mit dem Mitarbeiter A. geschlossenen und allen anderen Mitarbeiterverträgen ergibt, mit Wirtschaftsberatung und Finanzbetreuung. Sie übt ausweislich Punkt 1.1 der Mitarbeiterverträge ihre Tätigkeit als Handelsvertreterin aus. Sie tritt allerdings grundsätzlich nicht selbst mit Kunden in Kontakt, sondern durch ihr wiederum als selbstständige Handelsvertreter verbundene Mitarbeiter. Dabei macht sie es gemäß Punkt 7.1. des Vertrages ihren Mitarbeitern zur Pflicht, die Kunden sachgemäß aufzuklären und zu beraten, wobei sie es gemäß Punkt 6.5. des Mitarbeitervertrages übernimmt, den Mitarbeiter durch diesem übergeordnete Führungskräfte fachlich zu unterstützen. Sodann verpflichtet sie die Mitarbeiter, ihnen schriftlich oder mündlich erteilte geschäftliche Weisungen einzuhalten (Punkt 7.7 des Vertragswerkes).
Aus diesen in den Mitarbeiterverträgen angelegten organisatorischen Grundstukturen ergibt sich, dass die Beklagte durch ihre Mitarbeiter gegenüber von diesen zu akquirierenden Kunden Beratungsleistungen hinsichtlich Finanzanlagen insb. den Abschluss von Bauspar- und Versicherungsverträgen, wie sich aus der Produktpalette ergibt, aber auch hinsichtlich Fondsanlagen etc. anbietet. Dabei folgt aus der Art und Weise des Angebots, wie es sich dem einzelnen Kunden darstellt, dass der jeweilige Mitarbeiter im Regelfall als Vertreter der Beklagten einen Beratungsvertrag zwischen dem Kunden und der Beklagten abschließt. Der Kunde hat nämlich kein Interesse, mit dem jeweiligen Mitarbeiter der Beklagten persönlich in vertragliche Beziehungen hinsichtlich der Beratung zu treten. Er weiß über dessen Ausbildung und Sachkunde regelmäßig nichts. Das Interesse, sich von einem Mitarbeiter gerade der Beklagten über Finanzanlagen beraten zu lassen, rührt vielmehr aus der Größe und dem Marktauftreten der Beklagten her. Aus diesen Faktoren schließt der Kunde darauf, es würden ihm Anlagen angeboten und vermittelt, die die Beklagte hinsichtlich Solidität und Sicherheit kompetent geprüft habe und dies geschehe durch Mitarbeiter, die die Beklagte hinsichtlich der Anlage kompetent schule und unterweise. In dieser Weise angesprochen, gibt der Kunde, der sich wegen einer Kapitalanlage an einen Mitarbeiter der Beklagten wendet oder durch einen solchen für eine Anlage interessiert wird, zu erkennen, den Abschluss eines diesbezüglichen allgemeinen Beratungsverhältnisses zur Beklagten zu wünschen. Geht der Mitarbeiter darauf ein, kommt ein allgemeines Beratungsverhältnis zur Beklagten zustande. Aus diesem ist die Beklagte verpflichtet, über ihre Mitarbeiter nur von ihr geprüfte Kapitalanlagen und Versicherungen den Kunden anbieten zu lassen, sowie die Kunden nur von solchen Mitarbeitern betreuen und beraten zu lassen, die - soweit sie beraten - auch ausreichend geschult sind oder aber bei Erreichen der Grenzen ihrer Sachkompetenz den Kunden an eine fachkundigere Person aus dem übrigen Mitarbeiterstab verweisen.
Dem kann die Beklagte weder mit Erfolg entgegen halten, dass ihre Mitarbeiter gemäß Punkt 6.5. der Mitarbeiterverträge nicht berechtigt seien, Geschäfte für den Z. oder dessen Produktpartner abzuschließen, noch dass - für den Kunden eher sichtbar - sich ein Hinweis hierauf auch in der Fußzeile eines jeden Briefbogens befinde. Dort heißt es wörtlich:
"Erklärungen in diesem Schreiben sind keine der Z. sondern des obigen Absenders. Rechtsverbindliche Erklärungen für den Z. bedürften der zusätzlichen Bestätigung durch die Geschäftsführung der Z.".
Zum einen ist nicht sichergestellt, dass der Kunde vor einem ersten Geschäftsabschluss einen solchen Hinweis der Beklagten auf die mangelnde Vertretungsmacht der Vertreter wahrnehmen kann. Sodann wirbt die Beklagte gerade mit der Größe und Einheitlichkeit ihrer Organisation, indem sie ihr einheitliches Logo für Geschäftsstellen, Briefpapier, Visitenkarten etc. ihren Untervertretern zur Verfügung stellt. Bei diesem dem einzelnen Kunden erkennbar werdenden Verhalten stellte es eine Widersprüchlichkeit in sich dar, auf die sich die Beklagte gemäß § 242 BGB nicht berufen könnte, wollte sie sich dem ihr entgegen gebrachten Vertrauen des Kunden insoweit entziehen, als sie jegliche rechtsgeschäftliche Bindung im Kontakt zu diesem ablehnte. Es ist vielmehr so und entspricht, wie die Mitglieder des Senats, die den angesprochenen Verkehrskreisen angehören, selbst beurteilen können, auch dem natürlichen Verständnis, dass der Kunde, selbst wenn er den ihm auf dem Briefpapier entgegen tretenden Hinweis wahrnimmt, diesen enger versteht und auch verstehen darf. Dahin nämlich, dass der einzelne Mitarbeiter die Beklagte nicht rechtsgeschäftlich binden kann und darf, der Mitarbeiter dem Kunden also beispielsweise keinen Erfolg zusagen darf, in dem Sinne, ihm einen Versicherungsvertrag bestimmten Inhalts oder dergleichen zu verschaffen oder ihm ggfs. ein Darlehen der Z. oder dergleichen zu gewähren, falls eine Finanzierung am Markt nicht gelingt. Dass damit die Kompetenz des einzelnen Mitarbeiters überschritten wäre, leuchtet jedem Kunden sofort ein. Diese Erwägungen gelten jedoch nicht hinsichtlich der Bindung der Beklagten in einem allgemeinen Beratungsverhältnis zum Kunden.
Vielmehr spricht weiter dafür, dass ein allgemeines Beratungsverhältnis im oben beschriebenen Sinne durch den Mitarbeiter namens der Beklagten mit dem Kunden zustande kommt, dass, wie sich auch aus dem im Zusammenhang mit diesem Verfahren entstandenen Schriftverkehr ergibt, die Beklagte selbst von einem solchen Vertragsschluss ausgeht. So stellt sie im letzten Absatz der vom 17.2.1992 datierenden Sellner erteilten Nebentätigkeitsgenehmigung klar, dass A. neben der in Rede stehenden Nebentätigkeit "Beratungsleistungen für die Beklagte durchführe".
Aus den Zusatzverträgen für Führungskräfte ergibt sich sodann (Punkt 2.3), dass die Führungskraft im Rahmen des Vertriebssystems der Beklagten das Recht und die Pflicht übernimmt, "geeignete Mitarbeiter ... anzuwerben, auszubilden und die Durchführung der diesen obliegenden Aufgaben der Kundengewinnung, Beratung und Betreuung sicherzustellen und in ihrer Tätigkeit zu überwachen". Dieser Passus setzt voraus, dass es ein Verantwortungssystem gibt, welchem die Beklagte nicht entzogen ist, sondern in dem sie oberstes Glied einer Kette einander hierarchisch unterstützender Mitarbeiter ist. Schließlich enthält ein von der Beklagten zum Verfahren 11 U 270/98 beispielhaft eingereichter Produktprüfungsbericht, auf den die Beklagte sich in den anderen Verfahren bezogen hat (weißer Ordner Nr. 12 des grauen Plastikeinlagensystems), unter Ziffer 4.8 auch die Frage nach einer Prognose für die etwaige Beraterhaftung im Regressfall. Auch dies deutet darauf hin, dass die Beklagte damit rechnet, ihren Kunden aus einem allgemeinen Beratungsverhältnis verantwortlich zu sein.
Schließlich spricht als Indiz für das Zustandekommen solcher Beratungsverhältnisse, dass die Beklagte die Risiken, die ihr aus dieser vertraglichen Bindung erwachsen, nicht unentgeltlich auf sich lädt. Aus dem Verhältnis wird sie, wenn es zur erfolgreichen Vermittlung von Verträgen zwischen den Kunden und einem Partnerunternehmen kommt, entlohnt, indem sie einen erheblichen Teil der vom Partnerunternehmen zunächst an sie fließenden Provision einbehält.
c) Im Einzelnen erfolgte dieser Vertragsschluss hinsichtlich des Klägers spätestens dadurch, dass er vermittelt durch seine Ehefrau und deren Vorgesetzte an der Informationsveranstaltung A. am 28. Januar in der ... teilnahm, wodurch er seinen Beratungsbedarf klar machte und dadurch, dass A. ihm, ohne eindeutige Klarstellung, dass die ... Geschäfte seine Privatgeschäfte seien, neben anderen Interessenten mündliche Informationen über das Geschäft zukommen ließ. Dass A. in dem Beschaffungsauftrag als Beauftragter genannt war, steht dem nicht entgegen. Dieser Hinweis stellte nicht klar, dass ein Geschäft, für das in der Geschäftsstelle der Beklagten geworben worden war, ein Privatgeschäft sein sollte. Vielmehr war es denkbar, dass A., der ja in der Zeitschrift "..." als derjenige hingestellt worden war, der die Geschäftsmöglichkeit aufgetan hatte, insoweit sowohl Beauftragter des Kunden als auch des Z. war. Hiergegen sprach auch nicht eindeutig, wenn es auch zu Zweifeln hätte Anlass geben können, dass das Geld auf ein Privatkonto A. einzuzahlen war. Wiederum keinen Zweifel an der Federführung der Beklagten für das Geschäft ließ die auf deren Briefpapier gewährte Einzahlungsquittung. Nimmt man all dies zusammen, so hatte A. nicht hinreichend klargestellt, dass es nicht um eine Beratung im Rahmen der Z.-Geschäfte ging; vielmehr durfte der Kläger davon ausgehen, dass er sich in eine im Rahmen der Organisation des Z. angebotene Beratung begab, als er sich über die ...-Geschäfte informieren ließ, wovon im Grundsatz jeder Kunde ausgehen muss und darf, der sich in eine Geschäftsstelle der Beklagten begibt.
2. Die Beklagte hat ihr gegenüber dem klagenden Anlageinteressenten obliegende Pflichten zur sachgerechten Beratung aus dem - wie vorstehend geschildert zustande gekommenen - allgemeinen Anlageberatungs- oder Vermittlungsvertrag verletzt. Wie bereits oben angesprochen, oblag es der Beklagten aus dem Vertrag, über ihre Mitarbeiter den Kunden nur von ihr geprüfte Kapitalanlagen und Versicherungen anbieten und empfehlen zu lassen. Gegen diese Pflicht hat die Beklagte in zurechenbarer Weise verstoßen. Ein erster Pflichtverstoß der Beklagten lag schon in der A. am 17. Februar 1992 erteilten Nebentätigkeitsgenehmigung (Anlage 9 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 von der Beklagten eingereichten Anlagenkonvoluts). A. beabsichtigte, wie sich aus dem Nebentätigkeitsantrag (Anlage 8 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 von der Beklagten eingereichten Anlagenkonvoluts) ergab, die Vermittlung von Handelsgeschäften mit Bankgarantien vorzunehmen, wollte also Kapitalanlagen vermitteln. Er trat damit in unmittelbare Konkurrenz zu den Kapitalanlageangeboten der Beklagten. Die Beklagte musste an dieser Stelle damit rechnen, dass für Kunden, die zwecks Kapitalanlage den Z.-Mitarbeiter A. aufsuchten, Risiken daraus entstanden, dass sie nicht in jedem Fall verstehen würden, worin genau der Unterschied lag, wenn A. darauf hinweisen würde, dass es sich bei den Sondergeschäften nicht um solche handele, die namens der Beklagten vermittelt würden sondern die er im eigenen Namen vermittele. Deshalb gereicht der Beklagten die Erteilung der Nebentätigkeitsgenehmigung, mit der sie eine Konkurrenztätigkeit im Rahmen ihrer eigenen Angebotspalette gestattete, zur Verletzung des Beratungsverträges, obwohl die Beklagte A. in der Nebentätigkeitsgenehmigung aufgegeben hatte, den Kunden gegenüber klarzustellen, dass es sich dabei nicht um eine Tätigkeit für den Z. handele. Diese Auflage allein war nicht geeignet, für den Kunden missverständliche Situationen zu vermeiden, in denen der Interessent letztlich nicht wusste, dass er sich angeblich auf Privatgeschäfte mit A. einließ. Insofern hätte es allenfalls ausreichen können, wenn die Beklagte A. jeweils eine schriftliche Belehrung des Kunden über Privatgeschäfte und deren Risiken mit Durchschlag für sich abverlangt hätte, was aber nicht geschehen ist.
Bei dieser einen in der Nebentätigkeitsgenehmigung angelegten Pflichtverletzung gegenüber den Kunden ist es jedoch nicht geblieben. Die Beklagte hat in der Folgezeit auch ausreichende Schutzmaßnahmen gegen die in der Nebentätigkeitsgenehmigung angelegten Gefahren nicht ergriffen. So hätte es bei einem Großunternehmen, das seinem Handelsvertreter eine echte Konkurrenztätigkeit im lukrativsten Bereich, nämlich dem der Geldanlagen durch vermögende Kunden, gestattet, nahe gelegen, gelegentlich einen "Testkunden" zu A. zu schicken, um zu überprüfen, ob dieser in geeigneter Weise seine Nebengeschäfte als von den geprüften Geschäften der Beklagten verschieden kennzeichnet.
Sodann hat die Beklagte es durch den Landesdirektor C. ermöglicht und auch zunächst nicht von der Zentrale aus korrigiert, dass für die - später als betrügerisch erkannten - Anlagegeschäfte A. Einheiten in ihre die Tätigkeit der Mitarbeiter darstellenden und beurteilenden Ranking-Listen im Mai und Juni 1992 einflossen. Hieraus konnten die übrigen Mitarbeiter nur schließen, dass hier ein Geschäft mit großem finanziellen Volumen mit Kenntnis der ihnen vorgesetzten und weisungsberechtigten Führungskräfte zumindest geduldet werde, aufgrund dessen man in der Hierarchie, die die Beklagte zu ihrem Geschäftsprinzip gemacht hat, glänzend dastehen konnte. Deshalb musste es den Mitarbeitern als nicht nur geduldet, sondern auch von der Beklagten als erstrebt angesehen erscheinen, wenn auch sie solche Geschäfte vermittelten.
Als die Beklagte schließlich nach mehreren Wochen, (der Zeuge C. hat bekundet noch im Juli 1992, vgl. Bl. 5 unten seiner Vernehmung) die Streichung der Punkte aus diesen Geschäften aus den Tages- und Monatsrankinglisten anordnete, weil keine Provision geflossen war, genügte sie auch damit ihren Pflichten gegenüber den außenstehenden Kunden aus dem allgemeinen Beratungsvertrag nicht. Diese Maßnahme war nämlich nicht geeignet, die Mitarbeiter von der Förderung solcher Geschäfte abzubringen und den zuvor entstandenen positiven Eindruck gänzlich auszumerzen. Die schlichte Streichung der Einheiten aus den Ranking-Listen bedeutete nur, wie der Zeuge C. erläutert hat, dass eine Bewertung erst erfolgen würde, wenn Provision aus den Geschäften fließen würde. Aus dieser Maßnahme musste der einzelne Mitarbeiter - und damit auch die Ehefrau des Klägers, die diesen von dem Geschäft hätte abhalten können - aber nicht schließen, dass eine Beteiligung an der Vermittlung derartiger Geschäfte durch Zuarbeit zugunsten von A. nunmehr im Interesse der beratenen Kunden unterbleiben müsse. Derartig strikte Formen der Untersagung bestimmter Geschäfte, wie sie auch hier nötig gewesen wäre, existierten bei der Beklagten zwar, wie das Beispiel des an alle Mitarbeiter gesandten Schreibens betreffend Geschäfte mit der ... Gruppe zeigt. Etwas Vergleichbares, den Kundenschutz effektiv sicherstellendes hat die Beklagte wegen der Nebengeschäfte A. jedoch nicht unternommen. Sie hat somit die publikumswirksame weitere Beratung und Empfehlung im Hinblick auf den Abschluss von Sondergeschäften A. durch immer mehr Mitarbeiter zu Lasten der Kunden, denen sie vertraglich verpflichtet war, in Kauf genommen.
In gleicher Weise wirkte die Erwähnung der A.-Geschäfte durch den Landesdirektor C. im Gesamtmeeting vom 21. Juni 1992, die aufgrund der Erfolge A. in den Ranking-Listen, wie aufgrund der Aussage C. zur Überzeugung des Senats feststeht, erfolgte. Die Erwähnung war, selbst wenn deutlich gewesen sein sollte, dass es sich noch nicht um ein Z. geprüftes Geschäft handelte, in keiner Weise warnend ausgefallen, obwohl die Beklagte zugunsten ihrer Anleger zu solchen Warnungen, sei es über ihren Landesdirektor C. oder einen zu entsendenden Mitarbeiter der Zentrale, verpflichtet gewesen wäre.
Auch das Abmahnschreiben an den Landesdirektor C. vom 22. Juni 1992 (GA 391 im Verfahren 11 U 237/98), also dem Tag nach dem Gesamtmeeting, bei dem die A.-Geschäfte angesprochen worden waren, war ungeeignet, den zum Kundenschutz gebotenen Handlungsbedarf auszufüllen. Mit dem Abmahnschreiben wurde lediglich der Landesdirektor C. gemahnt, durch besseres Controlling sicherzustellen, dass die A. Geschäfte nicht mit dem Z. in Verbindung gebracht würden. Ein derartiges Schreiben war aber nicht geeignet, die bei den Mitarbeitern auf dem Gesamtmeeting entstandenen positiven, eher zu einer Werbung für die A.-Geschäfte anreizenden Eindrücke, auszuräumen und somit als Reaktion, wie sie zum Kundenschutz geboten war, unzureichend.
3. An allen vorstehend geschilderten Pflichtverletzugen trifft die Beklagte ein zumindest als fahrlässig anzusehendes Verschulden. Nachdem sie es zunächst unterlassen hatte, sich über den Charakter der Nebengeschäfte A. im Einzelnen zu informieren und organisatorisch deren kundensichere Kennzeichnung als Privatgeschäfte sicherzustellen und dies zu überwachen, hat sie es schließlich durch einen Mitarbeiter höherer Stufen (Landesdirektor C. auf dem Gesamtmeeting) und durch eigene Unterlassung versäumt, alle ihre Mitarbeiter vor der Förderung dieser Geschäfte in der Kundenberatung in geeignet drastischer Weise zu warnen bzw. diese zu untersagen. Sie hat damit in keiner dieser Phasen alles unternommen, was erdenklich möglich war, Kunden vor den Nebengeschäften des A. zu warnen. Dies hätte ihr aber umso mehr oblegen, als weder die Beklagte noch der Zeuge C. noch nach dessen Bekunden A. selbst genaue Vorstellungen über den Ablauf der Anlagegeschäfte dieser Art hatten noch über aussagekräftige Unterlagen verfügten, aus denen dieser sich hätte erschließen lassen.
Diese nachlässige, die Kunden gefährdende Verhaltensweise der Beklagten ist nur mit einer Motivation zu erklären, wie sie aus der Aussage des vormaligen Landesdirektors C. erkennbar geworden ist und durch ein Schreiben der Beklagten auch untermauert wird. Die Beklagte hatte offensichtlich gehofft, nach einiger Zeit die lukrativen Nebengeschäfte A. zu eigenen Produkten machen zu können. Das ergibt sich daraus, dass der Zeuge C. bekundet hat, A. sei bereit gewesen, das ... Interbankengeschäft zum Z.-Geschäft werden zu lassen und sei deshalb immer wieder aufgefordert worden, prüffähige Unterlagen darüber beizubringen. Dies lässt darauf schließen, dass die Beklagte hoffte, hier eine eigene Geschäftsquelle erschließen zu können. Das steht auch in Einklang mit dem Schreiben der Beklagten vom 16. März 1993 (Anlage 25 des mit Schriftsatz vom 15. Februar 1999 von der Beklagten eingereichten Anlagenkonvoluts), in dem es heißt, "man habe sich nun geeinigt, über die Genehmigung oder Ablehnung der Sondergeschäfte nach Aktenlage zu entscheiden". Dieser Text macht deutlich, dass die Beklagte versucht hatte, die Sondergeschäfte A. quasi als Testphase als dessen private Nebengeschäfte laufen zu lassen, um sie dann eventuell als eigene Geschäfte zu genehmigen. Derartige Testphasen mit riskanten Kapitalanlagen durfte die Beklagte im Rahmen des allgemeinen Beratungsvertrages im Hinblick auf die Interessen ihrer Kunden nicht dulden und erst recht nicht in der von ihr praktizierten Weise durch Gewährung von Nebentätigkeitsgenehmigungen fördern und unterstützen. Vielmehr wäre pflichtgemäß und frei von Verschulden nur ein insoweit eindeutiges Verhalten der Beklagten gewesen, an dem sie es aber hat fehlen lassen.
4. Der Senat hat bei den vorstehenden Feststellungen zur Pflichtverleztung und zum Verschulden die Aussagen des früheren Landesdirektors C. der Beklagten zugrunde gelegt. Dieser Zeuge hat sich freimütig und ohne erkennbare Zeichen von Angst geäußert, hat sich bemüht, die Dinge zeitlich, so gut es noch ging, einzuordnen und hat auch freimütig eingeräumt, dass er auch ein großes Eigeninteresse an der Berücksichtigung der Einheiten aus den Sondergeschäften A. in den Ranking-Listen gehabt habe, weil das auch für ihn die Möglichkeit gewesen sei, gut dazustehen. Zudem ließen sich seine Aussagen weitgehend auch mit zeitnah entstandenem Schriftwechsel in Einklang bringen, was ebenfalls für ihre Richtigkeit sprach.
Soweit die Aussagen des Zeugen C. mit denen des Zeugen A. nicht in Einklang standen, ist der Senat ihnen trotzdem gefolgt. Gegen den Zeugen A. sprach, dass sich dessen Aussageverhalten zwischen den Instanzen, zugunsten der Anleger deutlich verändert hat, ohne dass A. dies hinreichend zu erklären vermocht hätte.
5. Die Pflichtverletzungen der Beklagten waren auch für den den Anlegern entstandenen Schaden kausal. Hätte die Beklagte A. Verhalten in der von ihm unterhaltenen Geschäftsstelle und unter Einsatz ihrer Briefbögen unterbunden und sich von diesem distanziert, würde aller Wahrscheinlichkeit nach keiner der Anleger sein Geld in eine derartige private Anlageform A. investiert haben.
II.
Nachdem die Klage unter dem unter I. abgehandelten Gesichtspunkt begründet ist, weist der Senat nur der Vollständigkeit halber noch darauf hin, dass die Anleger die eingezahlten Beträge von der Beklagten auch aus §§ 675, 667 BGB zurückverlangen könnten. Den dazu erforderlichen Geschäftsbesorgungsvertrag hinsichtlich der Weiterreichung des Geldes hat der Direktionsmanager der Beklagten A. als deren Vertreter zustande gebracht. Er hat dabei die Beklagte - wie vom Landgericht im Einzelnen dargestellt, worauf Bezug genommen wird - im Wege der Anscheinsvollmacht vertraglich gebunden. Dem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass das Geld unstreitig nicht in die Einflusssphäre der Beklagten gelangt ist. Es reicht insoweit vielmehr aus, dass die Einzahlung auf ein von A. so bezeichnetes Treuhandkonto erfolgte (vgl. BGH, NJW 98, 1854, 1856 unter II. 2 e).
Da jedoch auch dieser Anspruch der Höhe nach dem Einwand des Mitverschuldens aus § 254 BGB unterliegt (BGHR BGB § 242 Rechtsausübung unzulässige 23; BGH in BGHR § 254 Abs. 1 Auszahlungsauftrag 1), braucht auf ihn auch nicht etwa deshalb näher eingegangen zu werden, weil er für den Kläger zu höheren Ansprüchen führen könnte.
III.
Der Anspruch des Klägers ist jedoch gemäß § 254 BGB wegen dessen Mitverschuldens gemindert. Im Ergebnis hat der Kläger sich im Streitfall ein Mitverschulden in Höhe von 30 % seiner verlorenen Einlagesumme anrechnen zu lassen.
1. Dabei steht der Berücksichtigung eines Mitverschuldens der Anleger hier nicht entgegen, dass sie betrügerisch um ihr Geld gebracht worden sind. Die betrügerische Schädigung mag im Verhältnis zwischen Anleger und Betrüger regelmäßig ein solches Gewicht haben, dass sie die Berücksichtigung eines Mitverschuldens ausschließt. Diese Erwägung lässt sich jedoch nicht auf das Verhältnis der hier streitenden Parteien übertragen. Hier steht auf der einen Seite ein Anleger, dem es nicht gelungen ist, sein hemmungsloses Streben nach einem unrealistischen und undurchschaubaren Anlageangebot mit phantastischen Gewinnerwartungen zu bezähmen und auf der anderen Seite ein Unternehmen, das diese Anlage nicht selbst in sein Anlageprogramm aufgenommen hatte, sich diese Möglichkeit aber auch in der Zeit, in der die hier umstrittenen Geldanlagen getätigt wurden, nicht vollends verschließen mochte und es in dieser Situation zugelassen und nicht unterbunden hat, dass einer seiner Handelsvertreter mit einem solchen Angebot Nebengeschäfte vornahm. Zwischen in dieser Art involvierten Parteien kann eine Mitverschuldensabwägung stattfinden. Hier schlägt kein Verantwortlichkeitsgesichtspunkt so durch, dass daneben Mitverschuldenserwägungen nicht zum Zuge kommen könnten und dürften.
2. Insbesondere ist, wie die Beweisaufnahme ergeben hat, nicht davon auszugehen, dass der Geschäftsführer F. oder ein anderes Mitglied der Geschäftsführung zur Zeit der hier in Rede stehenden Geldanlagen positive Kenntnis von der Art und dem Umfang der von dem Zeugen A. vorgenommenen Privatgeschäfte hatte. So war die Beweisaufnahme zu einer der Geschäftsleitung der Beklagten angeblich im 1. Halbjahr 1992 zugegangenen Warnung eines deutschen Großunternehmens bzw. einer deutschen Großbank unergiebig. Insbesondere vor dem Hintergrund einer solchen Kenntnis der Beklagten wäre ein Mitverursachungsanteil des Anlegers in den Hintergrund getreten; da positive Kenntnis jedoch nicht festgestellt werden kann, war der Weg für eine Einzelabwägung hinsichtlich der schadensursächlichen Umstände frei. Auch andere Anhaltspunkte, aus denen sich positive Kenntnis ergeben hätte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
3. Bei Abwägung aller Umstände gereicht im Rahmen der durch die mangelhafte Überwachung A. und die ihm gestattete Durchführung von Privatgeschäften erst ermöglichte Schädigung den Anlegern auch eigenes Verhalten zum Nachteil. So hätten die Anleger angesichts der in Aussicht gestellten immens hohen Rendite von 20 bis 40 % in 6 Monaten, die für andere marktgängige Anlagen 1992 nicht zu erzielen war, die Anlage besonders kritischer eigener Prüfung unterziehen müssen. Das gilt umso mehr, als ihnen keine erklärenden schriftlichen Unterlagen über das Projekt vorgelegt wurden und auch die Herren A. und C., wie beide vor dem Senat bekundet haben, die Anlageform nicht einmal mündlich in nachvollziehbarer Weise darstellen konnten. Bei dieser Ausgangslage hätte es jedem Anleger oblegen, allenfalls Vertragswerke zu unterzeichnen, deren Text im Einzelnen verständlich und nachvollziehbar war, woran es bei den unterzeichneten Unterlagen fehlt. Sodann hätte es sich jeder Anleger zur Warnung gereichen lassen müssen, dass das Geld auf Privatkonten der Initiatoren A. oder G. zu überweisen war und dass Sicherheiten für die Gelder auf diesen Konten nicht in Aussicht gestellt waren. Alle diese Umstände ließen auf eine nicht professionelle Abwicklung schließen, die vor der Wahrnehmung der Anlagechance hätte warnen müssen.
Eine Berücksichtigung dieser Mitverschuldenselemente hatte auch nicht deshalb zu unterbleiben, weil die Anleger sich mit der Beklagten an Fachleute gewandt hatten, zu denen sie Vertrauen haben durften. Wenn bei der Beratung durch Fachleute die Gesamtumstände und insbesondere die entscheidend nach oben von der bestenfalls marktüblichen Rendite abweichenden Gewinnaussichten (hier mehrere 100 % über dem Marktzins für Anlagen) Anlass zu Bedenken geben, darf der Anleger die Augen vor diesen Gesichtspunkten nicht verschließen. Vielmehr muss er sich im Falle mangelnder Rücksicht auf diese aus dem Eigeninteresse gebotenen Erwägungen ein - wenn auch nicht dem der Beklagten gleichwertiges - zumindest nicht unbeträchtliches Mitverschulden entgegen halten lassen, das der Senat mit 30 % bewertet.
4. Eine höhere Mitverschuldensquote war dem Kläger auch nicht deshalb anzulasten, weil er sich durch die Kenntnis seiner Ehefrau, die ihm nicht verschlossen geblieben sein dürfte, von den Schwierigkeiten bei der Rückzahlung der ersten Beteiligungstranche zum Jahreswechsel 1992/93 und der Tatsache, dass er sich zur Finanzierung der Anlage verschulden musste, nicht von ihr hat abhalten lassen. Zwar zeigen beide Elemente, wie bereitwillig der Kläger neben anderen Anlegern Warnanzeichen angesichts der hohen Renditeaussicht zu übersehen geneigt war. Andererseits hat aber eine Kreditaufnahme ihrerseits nochmals eine besondere Warnfunktion und zeigt deshalb vor dem Hintergrund der Lebensumstände des Klägers, der gemeinsam mit seiner Ehefrau noch für mehrere Kinder zu sorgen hat, dass sie dennoch in besonderer Weise Zutrauen zu dem Geschäft hatten. Für dieses Zutrauen aber ist die Beklagte durch ihre zunächst im Mai/Juni 1992 fördernden Stellungnahmen und die mangelnde Deutlichkeit der Distanzierung später überwiegend verantwortlich.
Streitwertbeschluss:
IV.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der Kosten, auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit sowie auf § 546 Abs. 2 ZPO hinsichtlich des Wertes der Beschwer.