Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 06.10.1999, Az.: 9 U 24/99

Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einem Streit unter Schülern und Haftungsfreistellung nach Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII); Haftungsbeschränkung im Verhältnis von Schülern ; Begriff des "Schulunfalls"; Erforderlichkeit des doppelten Vorsatzes im Bereich der Unfallversicherung (Verletzungshandlung und Handlungserfolg); Vorsätzlichkeit von Verletzungshandlung und Verletzungserfolg

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
06.10.1999
Aktenzeichen
9 U 24/99
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1999, 30573
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1999:1006.9U24.99.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Lüneburg - 08.12.1998 - AZ: 5 O 267/98

Fundstellen

  • MDR 2000, 521 (Volltext mit red. LS)
  • OLGReport Gerichtsort 2000, 49-51
  • SchuR 2004, 57 (Volltext)
  • VersR 1999, 1550-1552 (Volltext mit red. LS)

In dem Rechtsstreit
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. S. sowie
die Richter am Oberlandesgericht Dr. S. und S.
auf die mündliche Verhandlung vom 15. September 1999
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 8. Dezember 1998 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 9.000 DM abwenden, wenn nicht vorher der Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Sicherheit in Form der Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse, Volksbank oder Spar- und Darlehenskasse zu leisten.

Wert der Beschwer für den Kläger: 27.554,40 DM.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der am 2. Januar 1983 geborene Kläger nimmt den am 23. Oktober 1982 geborenen Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz in Folge einer Auseinandersetzung zwischen den Parteien in Anspruch, die sich am 7. Mai 1997 zu Beginn des Sportunterrichts der Klasse 8 a der Realschule L., die beide Parteien besuchten, ereignet hat.

2

Vor Beginn des eigentlichen Sportunterrichts setzten sich die Schüler - wie üblich - auf die in der Sporthalle vorhandenen niedrigen (Fuß-)Bänke. Der Beklagte wollte sich zwischen den bereits sitzenden Kläger und den Mitschüler S. S. setzen, was ihm jedoch nicht möglich war, weil - was streitig ist - der Platz nicht ausreichte oder weil der Kläger den Beklagten durch Ausstrecken und Ausbreiten der Beine daran hinderte. Der Beklagte versetzte daraufhin dem Kläger einen Fußtritt, der diesen im Genitalbereich traf.

3

Zwei Tage nach Vorfall begab sich der Kläger in ärztliche Behandlung. Nach Feststellung einer Hodentorsion rechts wurde der rechte Hoden operativ entfernt und der linke Hoden zur Verhinderung einer künftigen Torsion fixiert.

4

Im Hinblick auf die §§ 104 ff. SGB VII hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

5

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Dabei behauptet er, dass der Beklagte ihn gezielt und bewusst in den Genitalbereich getreten und hierbei eine mögliche schwere Verletzung des Klägers zumindest billigend in Kauf genommen habe. Eine Haftungsprivilegierung scheidet daher aus. Aber selbst wenn man einen Vorsatz des Beklagten hinsichtlich des Verletzungserfolges nicht bejahe, scheitere eine Anwendung der §§ 104 ff. SGB VII daran, dass seit der Einführung dieser Vorschriften die zu den §§ 636 ff. RVO entwickelten Grundsätze nicht mehr anwendbar seien und es für eine Haftung ausreiche, wenn sich der Vorsatz des Schädigers auf die Verletzungshandlung erstrecke. Im Übrigen fehle dem Vorfall auch jede Schulbezogenheit, sodass schon deshalb die §§ 104 ff. SGB VII nicht einschlägig seien.

6

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    unter Abänderung des am 8. Dezember 1998 verkündeten Urteils des Landgerichts Lüneburg - 5 O 267/98 -

    1. a)

      den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen hierauf seit dem 20. Februar 1998 zu zahlen;

    2. b)

      den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger 554 DM nebst 4 % Zinsen hierauf seit dem 20. Februar 1998 zu zahlen;

    3. c)

      festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche künftig entstehenden materiellen und immateriellen Schäden, die auf dem Vorfall vom 7. Mai 1997 in der Sporthalle der Realschule L. beruhen, bei dem der Beklagte den Kläger mit einem Tritt in die Genitalien verletzte, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen;

  2. 2.

    für den Fall der Anordnung einer Sicherheitsleistung dem Kläger zu gestatten, Sicherheit im Form, der Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse, Volksbank oder Spar- und Darlehenskasse zu leisten.

7

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und die Bürgschaft einer Großbank, Volksbank oder öffentlichen Sparkasse als Vollstreckungssicherheit zuzulassen.

8

Er behauptet, dass er den Kläger lediglich gegen das Schienbein habe treten wollen, damit dieser ihm Platz mache. Eine Verletzung des Klägers habe er weder beabsichtigt noch vorhergesehen. Daher greife zu seinen Gunsten die Haftungsprivilegierung ein, weil ihm jedenfalls hinsichtlich des Verletzungserfolges der Vorsatz gefehlt habe.

9

Vorsorglich bestreitet er einen Zusammenhang zwischen dem Vorfall und der operativen Hodenentfernung, die zahlreiche - insbesondere anlagebedingte - andere Ursachen haben könne. Gegen einen Zusammenhang spreche auch der Umstand, dass sich der Kläger erst zwei Tage nach dem Vorfall in ärztliche Behandlung begeben habe.

10

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Beklagten als Partei; auf die prozessleitende Verfügung vom 25. August 1999 (Bl. 117 d.A.) und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. September 1999 (Bl. 126 ff. d.A.) wird Bezug genommen.

11

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

12

Die Berufung ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld zu, weil sich der Beklagte zu Recht auf eine Haftungsfreistellung beruft, §§ 106 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 8, 105 SGB VII.

13

1.

Der vorliegende Sachverhalt ist nach den mit Wirkung zum 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Regelungen des Sozialgesetzbuches VII zu beurteilen, weil sich der Vorfall, über dessen Rechtsfolgen die Parteien streiten, nach diesem Stichtag, nämlich am 7. Mai 1997, ereignet hat, vgl. § 212 SGB VII.

14

2.

Danach ist - ebenso wie nach altem Recht - erste Voraussetzung für eine Haftungsbeschränkung im Verhältnis von Schülern untereinander, dass es sich um einen "Schulunfall" gehandelt hat, vgl. §§ 106 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII. Dabei kann für die Beurteilung der Frage, ob der zur Verletzung des Geschädigten führende Vorfall als Schulunfall im Sinne dieser Vorschriften anzusehen ist, auf die von der Rechtsprechung zu § 637 Abs. 4 RVO entwickelten Auslegungskriterien zurückgegriffen werden, weil diese Vorschrift mit ihrer Verweisung auf § 539 Abs. 1 Nr. 14 RVO mit der (Neu-)Regelung der §§ 106 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII inhaltsgleich ist.

15

a)

Ein Schulunfall ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn die schädigende Tätigkeit schulbezogen gewesen ist (vgl. BGH MDR 1993, 28; OLG Hamburg, OLGR Hamburg 1996, 132, jeweils m.w.N.). Die Schulbezogenheit der Verletzungshandlung ist zu bejahen, wenn diese mit der Schulsituation in einem inneren Zusammenhang steht. Dies ist dann der Fall, wenn sie durch die Schulsituation bedingt oder zumindest begünstigt worden ist. An der Schulbezogenheit fehlt es indes, wenn die Verletzung lediglich "bei Gelegenheit" des Schulbesuchs erfolgt. Auch Unfälle, die aus Spielereien, Neckereien oder Raufereien hervorgehen, können schulbezogen sein.

16

b)

Die Auseinandersetzung der Parteien zu Beginn des Sportunterrichts am 7. Mai 1997 ist danach schulbezogen gewesen. Der Beklagte hat den Kläger im Zusammenhang mit einem vorausgegangenen Streit um einen Sitzplatz getreten. Es handelt sich dabei um eine im Schulbetrieb typischerweise zwischen Heranwachsenden entstehende Situation. Gerade im Sportunterricht lockert sich - im Gegensatz zum (jedenfalls überwiegend) disziplinierteren Verhalten im sonstigen Unterricht - das Verhalten der Schüler untereinander. Körperliche Betätigung steht im Sportunterricht im Vordergrund; zwischendurch wird die körperliche Aktivität oft - etwa wegen noch unzureichender Beherrschung des Aggressionstriebes - in Form von Rangeleien fortgesetzt. Überdies ist der Vorfall zwischen den Parteien typisch für eine Auseinandersetzung unter Schülern, weil es auf Grund einer - tatsächlichen oder vom Beklagten so verstandenen - Provokation seitens des Klägers zu einer körperlichen Reaktion des Beklagten kam. Gerade im Sportunterricht wird auf derartige "Reize" aggressiv und körperlich reagiert.

17

3.

Weitere Voraussetzung für die Haftungsbeschränkung ist, dass der Schädiger den Versicherungsfall nicht vorsätzlich herbeigeführt hat. Der Senat ist entgegen der Auffassung des Klägers dabei der Ansicht, dass sich auch unter der Geltung des SGB VII der Vorsatz des Schädigers sowohl auf die Verletzungshandlung als auch auf den Verletzungserfolg erstrecken muss. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist ein solch umfassender Vorsatz des Beklagten aber nicht feststellbar. Im Einzelnen gilt Folgendes:

18

a)

Grundsätzlich reicht es für eine deliktische Haftung des Schädigers aus, wenn sich sein Vorsatz auf die Verletzungshandlung bezieht und der Verletzungserfolg durch diese Handlung adäquat kausal herbeigeführt wird. Im Bereich des Rechts der Unfallversicherung ist hiervon aber eine Ausnahme gemacht worden. Für den Fortfall der Privilegierung der §§ 636, 637 RVO war es erforderlich, dass der Vorsatz des Schädigers auch den Verletzungserfolg mit einbezog, der Schädiger den Verletzungserfolg also zumindest billigend in Kauf nahm. Zur Begründung wurde darauf abgestellt, dass nach Sinn und Zweck der Vorschrift dem Schädiger das Haftungsrisiko nur dann aufgebürdet werden sollte, wenn er den die Versichertengemeinschaft finanziell belastenden Schadensfall vorsätzlich herbeigeführt hatte. Dabei hat der Bundesgerichtshof (vgl. BGHZ 75, 328 ff.) insbesondere darauf abgestellt, dass gerade Schülern das Haftungsrisiko für solche Unfälle abgenommen werden sollte, bei denen der eingetretene Schaden nicht vorsätzlich herbeigeführt wurde.

19

b)

Auch unter der Neuregelung des SGB VII ist an dieser Rechtsprechung festzuhalten. Die §§ 104 und 105 SGB VII haben sich gegenüber den §§ 636 und 637 RVO nur insoweit geändert, als das dortige Wort "Arbeitsunfall" jetzt durch den Begriff "Versicherungsfall" ersetzt worden ist. Diese Änderung rechtfertigt es aber nicht, unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung die Haftungsbeschränkung bereits dann entfallen zu lassen, wenn sich der Vorsatz des Schädigers lediglich auf die Verletzungshandlung bezieht (Waltermann NJW 1997, 3401 ff.; Kater/Leube,; Gesetzliche Unfallversicherung SGB VII 1997, Rn. 37 zu § 104). Der. Begriff "Versicherungsfall" stützt im Gegenteil eher die Auslegung, dass der Vorsatz an Verletzungshandlung und Verletzungserfolg anknüpfen muss, denn der Versicherungsfall ist erst dann eingetreten, wenn die Verletzungshandlung auch zu einem Schaden, d.h. zu einem Verletzungserfolg geführt hat. Auch nach der Neuregelung in § 104 und § 105 SGB VII soll die Haftungsfreistellung im Rahmen des Unfallversicherungsrechts nur dann entfallen, wenn sie gegenüber der Versichertengemeinschaft nicht mehr hinnehmbar wäre. Die vor allem von Rolfs (VersR 1996, 1194 ff. und NJW 1996, 3177 f. [BVerwG 31.08.1995 - 5 C 9/95]) vertretene Gegenansicht, nach der sich unter der Geltung des SGB VII der Vorsatz nur noch auf die Verletzungshandlung beziehen soll, gibt hierfür keine Begründung.

20

c)

Eine derartige Begründung ergibt sich insbesondere auch nicht aus § 110 SGB VII. Vielmehr spricht gerade auch die Änderung in § 110 Abs. 1 Satz 3 SGB VII dafür, dass die Haftungsprivilegierung durch die §§ 104 und 105 SGB VII nur dann entfallen soll, wenn sich der Vorsatz auch auf den Verletzungserfolg erstreckt. Denn in § 110 Abs. 1 Satz 3 SGB VII ist bestimmt, dass sich für den Regress der Sozialversicherungsträger das Verschulden des Schädigers nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen braucht. § 640 Abs. 1 RVO, der durch § 110 Abs. 1 SGB VII ersetzt worden ist, enthielt eine derartige Klarstellung noch nicht. Wenn nun aber der Gesetzgeber in § 110 Abs. 1 SGB VII eine ausdrückliche Klarstellung nur für den Regress der Sozialversicherungsträger vornimmt, dann spricht dies dafür, dass der Vorsatzbegriff in den §§ 104 und 105 SGB VII einerseits und in § 110 Abs. 1 SGB VII andererseits gerade nicht in demselben Sinn verstanden werden sollte.

21

d)

Die unterschiedliche Regelung in den §§ 104, 105 SGB VII und § 110 SGB VII ist auch interessengerecht. Denn der Versicherte, der vorsätzlich bezüglich der Verletzungshandlung, aber nicht bezüglich des Verletzungserfolges handelt, kann zwar nicht von dem Geschädigten in Anspruch genommen werden, er muss aber im Verhältnis zum Sozialversicherungsträger, dessen Aufwendungen ersetzen. Durch die Regelung wird daher zum Einen erreicht, dass der Betriebs- bzw. Schulfrieden nicht durch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gestört wird, andererseits erhält der Versicherte einen Anreiz, keine Handlungen vorzunehmen, von denen er weiß oder zumindest billigend in Kauf nimmt, dass sie den Körper oder die Gesundheit des Geschädigten verletzen. Letztlich trägt er für vorsätzliche Verletzungshandlungen das Haftungsrisiko selbst, soweit es nicht um immaterielle Schäden geht. Dies ist angemessen und ihm zumutbar, die Versichertengemeinschaft wird gleichzeitig entlastet. Der Senat sieht daher keine Veranlassung, unter der Neuregelung der §§ 104 ff. SGB VII den Vorsatzbegriff anders zu beurteilen als dies unter der Geltung der §§ 636 ff. RVO geschehen ist.

22

e)

Nach dem Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte hinsichtlich des Verletzungserfolges ohne Vorsatz gehandelt hat.

23

Zwar hat der Beklagte - nachdem er zunächst sein Verhalten beschönigend als "wegschieben" des Beines des Klägers geschildert hatte - auf Vorhalt seines Gedächtnisprotokolls vom 22. Mai 1997 (Bl. 30 d.A.) eingeräumt, dass er den Kläger gegen das Schienbein treten wollte, doch folgt hieraus nicht, dass der Beklagte nicht nur hinsichtlich der Verletzungshandlung, sondern auch hinsichtlich des durch diese Handlung eingetretenen Erfolges mit Vorsatz gehandelt hat. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte dem Kläger eine schwerwiegende Verletzung mit Dauerfolgen zufügen wollte oder auch nur die Möglichkeit einer solchen Verletzung ernsthaft in Betracht gezogen und ihren Eintritt billigend in Kauf genommen hätte. Vielmehr war es das Ziel des Beklagten, den Kläger durch einen Tritt gegen das Schienbein dazu zu bewegen, auf der Bank zur Seite zu rücken. Dabei mag der Beklagte - was allerdings nicht zu entschuldigen wäre - mit der Absicht gehandelt haben, dem Kläger Schmerzen zuzufügen; ein weiter gehender, insbesondere ein auf eine dauerhafte Verletzung des Klägers gerichteter Vorsatz ist aber nicht ersichtlich, zumal zwischen den Parteien unstreitig ist, dass es vor dem Zwischenfall vom 7. Mai 1997 zu keinerlei Auseinandersetzungen zwischen ihnen gekommen war, der Beklagte daher auch keine vom konkreten Anlass getrennt zu betrachtende Motivation hatte, den Kläger zu verletzen.

24

4.

Eine Haftung des Beklagten scheidet somit bereits auf Grund der Haftungsprivilegierung der §§ 104 ff. SGB VII aus, sodass es nicht mehr darauf ankommt, ob der beim Kläger am 9. Mai 1997 durchgeführte operative Eingriff unmittelbare Folge des Verhaltens des Beklagten ist und ob sich der Kläger gegebenenfalls ein Mitverschulden anrechnen lassen muss.

25

5.

Die Revision ist gemäß § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die Frage, ob sich auch unter der Neuregelung des SGB VII der Vorsatz des Schädigers sowohl auf die Verletzungshandlung als auch auf den Verletzungserfolg beziehen muss, ist - soweit ersichtlich - noch nicht höchstrichterlich entschieden. Wegen des unterschiedlichen Meinungsstandes hierzu bedarf die Frage einer Klärung durch den Bundesgerichtshof. Es ist überdies zu erwarten, dass diese Frage künftig in einer Vielzahl von Fällen entscheidungserheblich sein wird, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Klärung erforderlich ist.

26

6.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1; 708 Nr. 10, 711, 713; 546 Abs. 2 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Wert der Beschwer für den Kläger: 27.554,40 DM.