Sozialgericht Osnabrück
v. 03.03.2003, Az.: S 3 KR 198/98

Bibliographie

Gericht
SG Osnabrück
Datum
03.03.2003
Aktenzeichen
S 3 KR 198/98
Entscheidungsform
Gerichtsbescheid
Referenz
WKRS 2003, 40222
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGOSNAB:2003:0303.S3KR198.98.0A

In dem Rechtsstreit

...

hat das Sozialgericht Osnabrück - 3. Kammer -

am 3. März 2003

gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Vorsitzenden, den Richter am Sozialgericht Bley,

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Kläger verlangen einen Zuschuß in Höhe von je 15,00 DM pro Tag für einen Zeitraum von 3 Wochen für einen Urlaub an der Nordsee zur Stärkung ihres Immunsystems (§ 23 Abs. 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches -SGB V- bzw. § 40 Abs. 1 alter Fassung SGB V).

2

Die im Jahre 1993 geborene Klägerin zu 1.) leidet laut Bescheinigung ihres Hausarztes an einer chronischen Bronchitits und vermehrter Infektanfälligkeit.

3

Die im Jahre 1996 geborenen Kläger zu 2.) und 3.) leiden laut Bescheinigung ihres Hausarztes an chronischer Bronchitis, Durchschlafstörung sowie vermehrter Infektanfälligkeit. Im Jahre 1997 hatte die Beklagte zu einer Klimakur an der Nordsee einen Zuschuß von 15 DM pro Tag für einen 3-wöchigen Aufenthalt bewilligt.

4

Im Februar 1998 beantragten die Eltern der Kläger erneut eine ambulante Kur an der Nordsee. Der behandelnde Hausarzt befürwortete eine vorzeitige Kur und empfahl eine Aufnahme von Mutter und Kindern durch die Kureinrichtung. Im Fragebogen hat der Arzt sowohl das Kästchen "Kinder-Vorsorgekur" als auch das Kästchen "Rehabilitation wegen schwerer oder chronischer Erkrankung" angekreuzt.

5

Nachdem Landesmedizinaldirektor Dr. J.... vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen (MDKN) nach Lage der Akten die Notwendigkeit einer vorzeitigen Kur nicht für begründet erachtete, wurden die Kläger am 27.04.1998 in der Beratungsstelle des MDKN vom Gutachter Dr. F.... untersucht. Dr. F.... diagnostizierte bei allen Klägern rezidivierende Infekte der oberen und unteren Luftwege (z. Zt. blande) und führte aus, eine vorzeitige Kur übersteige z. Zt. das Maß des medizinisch Notwendigen. Die ambulanten Maßnahmen am Wohnort seien ausreichend.

6

Mit Bescheid vom 07.05.1998 lehnte die Beklagte den Antrag daraufhin ab. Hiergegen erhob die Mutter der Kläger Widerspruch und fügte Bescheinigungen des behandelnden Arztes Dr. H.... vom 18.05.1998 bei. Dieser Arzt hielt aufgrund der Vielzahl der ambulanten Behandlungen eine vorzeitige Klimakur für dringend erforderlich. Die Mutter der Kläger beschrieb in einem 8-seitigen Widerspruchschreiben im Einzelnen den Krankheitsverlauf der Kinder von Geburt an.

7

Die von der Beklagten gehörte Gutachterin des MDKN Frau Dr. V.... führte in einer Stellungnahme vom 16.06.1998 aus, sie sehe aufgrund der vorgelegten Unterlagen keine neuen Gesichtspunkte für eine vorzeitige Klimakur. Die Anzahl der fieberhaften Infekte von Kindern dieses Alters liege durchschnittlich bis zu 6 pro Jahr. Im übrigen sei es den Eltern unbenommen, mit den Klägern den Urlaub an der See zu verbringen.

8

Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.1998 zurück.

9

Zwischenzeitlich hatten die Kläger mit ihren Eltern während der Zeit vom 24.06. bis 22.07.1998 ihren Urlaub an der Nordsee verbracht und für die Anmietung einer Ferienwohnung einen Gesamtbetrag von 2 520,00 DM aufgewandt.

10

Mit der am 28.12.1998 erhobenen Klage wird erneut auf die regelmäßig wiederkehrenden Bronchitiden der Kläger, auf die Schlafstörungen sowie auf eine beim Kläger zu 3.) bestehende Pseudokruppsymtomatik hingewiesen. Ursache der Infektkrankheiten bei allen Klägern seien deren extrem schwache körperlichen Abwehrkräfte. Eine ständige Behandlung mit Antibiotika sei unzweckmäßig. Vielmehr müsse die Widerstandskraft durch einen Aufenthalt an der See gestärkt werden. Es sei anerkannt, dass bei Anfälligkeit der Atmungsorgane ein Klimawechsel heilende Wirkung habe.

11

Die Kläger beantragen,

  1. den Bescheid der Beklagten vom 07.05.1998 und den Widerspruchsbescheid vom 24.11.1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter. Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes über den Antrag auf einen Zuschuß von 15 DM pro Tag je Kläger für die Dauer von 3 Wochen erneut zu entscheiden.

12

Die Beklagte beantragt,

  1. die Klage abzuweisen.

13

Sie verweist auf die Gutachten des MDKN.

14

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Kassenakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben und daher zulässig. In der Sache konnte sie jedoch keinen Erfolg haben, da die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht rechtswidrig sind, insbesondere keinen Ermessensfehler enthalten.

16

Nach § 23 Abs. 2 SGB V in der seinerzeit geltenden Fassung konnte die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche Maßnahmen in Form einer ambulanten Vorsorgekur erbringen und einen Zuschuß von bis zu 15 DM täglich in der Satzung vorsehen, um einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegen zu wirken. Nach § 40 Abs. 1 SGB V in der seinerzeit geltenden Fassung konnte die Krankenkasse eine aus medizinischen Gründen erforderliche Maßnahme in Form einer ambulanten Rehabilitationskur erbringen und dazu einen Zuschuß von bis zu 15 DM täglich vorsehen, wenn ambulante Krankenbehandlung einschließlich ambulanter Rehabilitationsmaßnahmen nicht ausreichend waren. Für beide Fälle bestimmte das Gesetz jedoch, dass die Leistungen nicht vor Ablauf von 4 Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen erbracht werden durften, deren Kosten bezuschußt worden waren, es sei denn, eine vorzeitige Leistung war aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich (§ 23 Abs. 5 Satz 2 bzw. § 40 Abs. 3 Satz 2 SGB V).

17

Im übrigen gilt § 12 SGB V, wonach die Leistungen der Krankenversicherung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen.

18

Dass vorliegend bereits nach 1 Jahr eine erneute medizinische Vorsorgeleistung oder Rehabilitationsleistung dringend erforderlich war, vermochte das Gericht nicht festzustellen. Die Kläger leiden regelmäßig an Bronchitis aufgrund einer vermehrten Infektanfälligkeit. Dies ist jedoch ein Zustand, der bei Kindern im Alter bis zu 5 Jahren nicht ungewöhnlich ist. Mit einer "dringend erforderlichen" vorzeitigen Krankenkassenleistung soll eine Ausnahmeregelung für schwere Erkrankung geschaffen werden. Dagegen solle nicht kleineren Kindern mit chronischer Bronchitis jährlich ein Zuschuß zum Urlaub mit den Eltern gewährt werden. Im vorliegenden Verfahren wurden die Kläger nicht einer speziellen Krankenbehandlung am Kurort unterzogen. Sie haben lediglich, wie dies auch Millionen anderer Kinder tun, mit ihren Eltern einen Urlaub in einer Ferienwohnung an der Nordsee verbracht. Das Gericht ist der Ansicht, das der Gesetzgeber solche Fälle regelmäßig nicht unter die Aüsnahmevorschrift einer dringend erforderlichen vorzeitigen Leistung der Krankenversicherung einstufen wollte.

19

Nach allem konnte die Klage keinen Erfolg haben.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Bley