Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 28.02.2002, Az.: 6 A 229/01
Aufwendungsdarlehen; Bewilligungsstelle; Fördermittel; Förderungsbestimmungen; Kaufvertrag; Streitwert; Vorbehalt; Wohnungsbauförderung; Zustimmungsbedingungen
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 28.02.2002
- Aktenzeichen
- 6 A 229/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 42329
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 88 Abs 1 S 4 WoBauG 2
- § 33 Abs 1 S 2 WoBauG 2
- § 13 Abs 1 GKG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Ein vorzeitiger notarieller Kaufvertrag ohne Einbeziehung einer Zustimmungsbedingung der Bewilligungsstelle sowie ein von dem Vorantrag abweichender Grunderwerb führt zum Ausschluss von einer Förderung durch ein Aufwendungsdarlehen.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können eine Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe des festgesetzten Vollstreckungsbetrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.067,75 EUR (6.000,-- DM) festgesetzt.
Tatbestand:
Mit Vorantrag vom 13. Juni 2000 suchten die Kläger für sich und ihre drei Kinder um eine Bewilligung von Förderungsmittel für den Erwerb eines Zwei-Familien-Hauses nach, dessen Wohnräume nach dem Eigentumsübergang zu einer Wohnung (ca. 160 qm) zusammengefasst werden sollten. Der Kaufvertrag sollte noch vor dem Abschluss des Prüfungsverfahrens zur Bewilligung von Fördermitteln geschlossen werden. Die voraussichtlichen Erwerbskosten von 370.000,-- DM sollten in Höhe von 310.000,-- DM mit Darlehen eines Kreditinstituts und in Höhe von 60.000,-- DM mit einem Wohnungsbauförderungsdarlehen der Beklagten finanziert werden. Die Stadt Peine leitete den Antrag nach der Feststellung, dass das Familieneinkommen unterhalb der maßgeblichen Einkommensgrenze von 57.400,-- DM liege, zur Entscheidung an die Beklagte weiter. Mit einem am 26. Juli 2000 bei der Stadt Peine abgegebenen Schriftsatz vom 25. Juli 2000 wurde sodann der Beklagten mitgeteilt, dass sich der Kläger zu 1) mit dem Eigentümer des zu erwerbenden Grundstücks geeinigt habe und dieser auf einen kurzfristig zu schließenden Kaufvertrag bestehe. Er bittet deshalb, einem solchen Kaufvertrag schon vor der endgültigen Bewilligung der Mittel zuzustimmen.
Mit Schriftsatz vom 31. Juli 2000 stimmte die Beklagte einem vorzeitigen Abschluss des Kaufvertrages unter der Voraussetzung zu, dass im Kaufvertrag für den Fall der Nichtbewilligung von Fördermitteln ein kostenloses Rücktrittsrecht der Kläger vereinbart werde. Die Beklagte hob außerdem hervor, dass aus dieser Zustimmung zu einem Vertragsabschluss vor einer abschließenden Entscheidung über den Förderantrag ein Anspruch auf Gewährung der Fördermittel nicht hergeleitet werden könne und das Risiko der vorzeitigen Beurkundung des Kaufvertrags von den Klägern zu tragen sei.
Bereits am 25. Juli 2000 hatten die Kläger einen notariellen Kaufvertrag über den Erwerb des Hauses abgeschlossen. Entgegen den Angaben in ihrem Vorantrag vom 13. Juni 2000 war anstelle der Klägerin zu 2) neben dem Kläger zu 1) dessen Vater an dem Grundstückserwerb beteiligt.
Als der Beklagten diese Einzelheiten bekannt wurden, teilte sie den Klägern über die Stadt Peine unter dem 20. Oktober 2000 mit, dass die Reservierung der Mittel aufgehoben worden sei, weil im Kaufvertrag ein Rücktrittsrecht - wie gefordert - nicht vereinbart worden sei. Dies sei jedoch für die Zuerkennung eines Ausnahmefalles von der Regel, dass eine Förderung bereits begonnener oder erworbener Bauvorhaben ausgeschlossen sei, die Voraussetzung gewesen.
Hiergegen machten die Kläger am 27. Oktober 2000 geltend, dass der Vertragsabschluss ohne Einräumung eines Rücktrittsrechts auf ihrer Unkenntnis von einem solchen Erfordernis beruhe. Hierüber hätten sie informiert werden müssen. Zudem stelle der unterbliebene Rücktrittsvorbehalt keinen ausreichenden Grund für die Versagung der Fördermittel dar. Der Eigentumserwerb sei ohnehin bis zur Zahlung des Kaufpreises gehemmt gewesen. Für die Finanzierung hätten sie eine Zusage des beauftragten Kreditinstituts erhalten. Diese Finanzierungszusage sei insbesondere im Hinblick auf die erwartete Bewilligung von Fördermitteln und dem erheblichen Anteil an Eigenleistungen, die größtenteils erbracht worden seien, gemacht worden. Sie seien bestrebt gewesen, das für ihre Wohnbedürfnisse geeignete Gebäude mit dem getätigten Kaufvertrag zu sichern, um eine Veräußerung an andere Interessenten zu verhindern.
Mit Bescheid vom 7. Dezember 2000 - zugestellt am 11. Dezember 2000 - lehnte die Beklagte den Antrag der Kläger vom 13. Juni 2000 auf Bewilligung von Fördermitteln im Wohnungsbauprogramm 2000 für den Erwerb eines Wohnhauses ab, weil vor der Bewilligung der Mittel ein notarieller Kaufvertrag nur ausnahmsweise mit Zustimmung der Entscheidungsbehörde zulässig sei, eine solche Zustimmung jedoch bei Vertragsschluss nicht vorgelegen habe. Dies sei den Klägern offensichtlich auch bekannt gewesen, wie ihr Schreiben vom 25. Juli 2000 deutlich mache. Zudem seien entgegen den Angaben im Förderungsvorantrag an dem Kaufvertrag als Erwerber auch andere Personen beteiligt. Neben dem Kläger zu 1) habe dessen Vater das Grundstück zur Hälfte als Miteigentümer erworben. Sofern dieser in den Familienhaushalt seines Sohnes aufgenommen werden solle, müsse sein Einkommen in die Prüfung, ob die Einkommensgrenze des § 25 II. WoBauG eingehalten werde, einbezogen werden. Dies sei nicht geklärt.
Den hiergegen am 8. Januar 2001 erhobenen Widerspruch der Kläger wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2001, zugestellt am 14. September 2001, als unbegründet zurück. Über die im Ablehnungsbescheid vom 7. Dezember 2000 enthaltenen Ausführungen hinaus legte die Beklagte dar, dass das Wohnhaus im August 2000 nicht nur von den Klägern und ihren Kindern, sondern außerdem von den Eltern des Klägers zu 1) und zwei seiner Geschwister bezogen worden und hierdurch eine ausreichende Wohnversorgung der Familie des Klägers nicht gewährleistet sei. Auch deshalb sei eine Wohnungsbauförderung nicht möglich.
Am 12. Oktober 2001 haben die Kläger den Verwaltungsrechtsweg beschritten. Die Kläger beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2000 sowie den Widerspruchsbescheid dieser Behörde vom 11. September 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, antragsgemäß Mittel der Wohnungsbauförderung nach Maßgaben der hierfür geltenden Bestimmungen zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie entgegnet:
Auf der Grundlage des Vorantrages der Kläger vom 13. Juni 2000 seien zunächst für den Erwerb eines bereits errichteten Zwei-Familien-Hauses Wohnungsbaufördermittel des Landes in Höhe von 60.000,-- DM als Darlehen reserviert worden. Mit einem weiteren Schreiben vom 25. Juli 2000 hätten die Kläger um die Zustimmung zum Abschluss eines Kaufvertrages schon vor Bewilligung der Fördermittel nachgesucht. Diesem Antrag sei unter dem 31. Juli 2000 unter der Voraussetzung entsprochen worden, dass den Klägern für den Fall einer Nichtbewilligung der Fördermittel in dem notariellen Kaufvertrag ein kostenloses Rücktrittsrecht eingeräumt werde. Dieser notarielle Vertrag sei jedoch bereits am 25. Juli 2000 ohne die geforderte Vereinbarung abgeschlossen worden. Aus den Gründen, die den Klägern bereits in den von ihnen angefochtenen Bescheiden dargelegt worden seien, habe deshalb die Reservierung der Fördermittel für die Kläger aufgehoben werden müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Stadt Peine Bezug genommen. Diese Unterlagen waren ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2000 i.d.F. des Widerspruchsbescheids dieser Behörde vom 14. September 2001 ist rechtmäßig. Insoweit wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO auf die Ausführungen der Beklagten verwiesen, die sich das Gericht zu Eigen macht. Darin ist zutreffend dargelegt worden, dass die Voraussetzungen für die Gewährung eines Aufwendungsdarlehens an die Kläger nach den hier maßgeblichen Vorschriften nicht gegeben sind. Diese Voraussetzungen sind weiterhin den Vorschriften des Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG) und den auf dieser rechtlichen Grundlage ergangenen Wohnungsbauförderungsbestimmungen des Landes Niedersachsen (WFB) zu entnehmen, da das am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) vom 13. September 2001 (BGBl 2001 I, 2376) für die schon vor dem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren, in den - wie hier - auf der Grundlage des II. WoBauG eine Entscheidung ergangen ist (§ 48 WoFG), noch keine Anwendung findet.
Die Kläger begehren für den Erwerb eines vorhandenen Wohnhauses ein Aufwendungsdarlehen im Sinne von § 88 II. WoBauG. Hinsichtlich der hierbei zu beachtenden Förderungsgrundsätze wird in § 88 Abs. 1 Satz 4 II. WoBauG ergänzend auf die §§ 29 - 38 und 49 bis 51 II. WoBauG verwiesen. Diese Förderungsgrundsätze werden gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 II. WoBauG in den auf dieser gesetzlichen Grundlage ergangenen Rechtsvorschriften und Förderungsbestimmungen näher konkretisiert.
Nach Buchstabe A I Nr. 3c WFB i.d.F. der Vorschriftenänderung vom 17. Juli 1989 (Nds. MBl. 1989, 808) ist eine Förderung ausgeschlossen, wenn vor einer Bewilligung der beantragten Fördermittel für den Erwerb vorhandenen Wohnraums bereits der Kaufvertrag beurkundet worden ist. Hiervon kann die Bewilligungsstelle eine Ausnahme zulassen und einem vorzeitigem notariellen Kaufvertrag unter dem Vorbehalt zustimmen, dass dem Käufer in dem Vertrag ein Rücktrittsrecht bezogen auf den Fall eingeräumt wird, dass die endgültige Entscheidung über den Förderungsantrag zu einer Ablehnung führen sollte.
Die Beklagte als die zuständige Bewilligungsstelle hat auf einen entsprechenden Antrag der Kläger vom 25. Juli 2000, der der Stadt Peine allerdings erst am 26. Juli 2000 und der Beklagten erst am 28. Juli 2000 zugegangen ist, unter dem 31. Juli 2000 eine für den Fall der Vereinbarung eines Rücktrittsrechts bedingte Zustimmung zu einem vorzeitigen notariellen Kaufvertrag zum Erwerb des Wohnhauses unter den im Vorantrag vom 13. Juni 2000 aufgezeigten Verhältnissen erteilt. Im Zeitpunkt dieser Entscheidung war der notarielle Kaufvertrag aber bereits abgeschlossen und dementsprechend ein solches Rücktrittsrecht nicht vereinbart. Einem Aktenvermerk (Bl. 107 Beiakte B) der Stadt Peine, die die im Antragsverfahren von den Klägern abgegebenen Erklärungen entgegengenommen und an die Beklagte weitergeleitet hatte, ist zu entnehmen, dass der Antrag vom 25. Juli 2000 von dem Kläger zu 1) am 26. Juli 2000 persönlich überbracht und er hierbei die Frage, ob der Vertrag schon unterschrieben worden sei, verneint hatte. Diesem Antrag war lediglich die Seite 2 des notariellen Vertrages beigefügt, nicht dagegen auch die Seite 1, auf der die Beteiligten des Kaufvertrages und das Datum des Vertragsabschlusses aufgeführt sind. Dahingestellt bleiben kann die Frage, ob eine nachträgliche Ergänzung des notariellen Kaufvertrages um die von der Beklagten geforderte Rücktrittsvereinbarung die Zustimmung der Behörde zu dem vorzeitigen Erwerb des Wohnhauses herbeiführen könnte, denn eine solche Vertragsergänzung ist nicht erfolgt. Schon deshalb kann der Klage nicht entsprochen werden. Die nach Buchstabe A I Nr. 3c WFB erfolgte Begrenzung der Förderung auf Vorhaben, mit deren Durchführung noch nicht begonnen worden ist, entspricht einem subventionsrechtlichen Prinzip der Wohnungsbauförderung. Seine Rechtfertigung findet dieses Prinzip in der sachgerechten Erwägung, dass es des Einsatzes von Subventionen nicht mehr bedarf, wenn ein förderungsfähiges Vorhaben auch ohne den Einsatz oder die Zusage einer Subvention ins Werk gesetzt worden ist. Diesem Ziel der staatlichen Wohnungsbauförderung liegt die sachgerechte Überlegung zugrunde, dass eine (zweckwidrige) bloße "Mitnahme" von Fördermitteln durch antragstellende Personen, die ihr Vorhaben auch ohne die staatliche Hilfe verwirklichen würden, verhindert werden müsse (vgl. hierzu: OVG Münster, Urt. vom 30.06.1982, BBauBl. 1985, 243; Urt. vom 08.10.1996, ZMR 1997, 387 m.w.N.).
Die Klage kann schließlich auch deshalb keinen Erfolg haben, weil u.a. die gegenwärtigen Wohnverhältnisse, die Einkommensverhältnisse und die Familienverhältnisse, für die es auf den Zeitpunkt des Vorantrags ankommt (Buchstabe A II 4.6 WFB), mit dem von dem Kläger zu 1) hiervon abweichend getätigten Eigentumserwerb nicht mehr den im Vorantrag gemachten Angaben entsprechen. Entgegen den im Vorantrag abgegebenen Erklärungen ist das Wohngebäude mit der auf die Familie der Kläger zugeschnittenen Wohnfläche nicht von den Klägern zu 1) und 2), sondern lediglich von dem Kläger zu 1) und zusätzlich von dessen Vater erworben worden. Ob infolge des inzwischen erfolgten Einzugs auch der Eltern des Klägers zu 1) und der beiden Geschwister in das Wohnhaus die nach dem II. WoBauG als angemessen festgelegten Wohnungsgrößen eingehalten werden, ist ungeklärt geblieben. Ein prüffähiger (Vor-)Antrag liegt auch deshalb nicht (mehr) vor, weil die Einkommensverhältnisse der Angehörigen des Klägers zu 1) nicht dargelegt wurden und eine Förderung nach Buchstabe A I Nr. 3f WFB ausgeschlossen sein könnte (vgl. auch: Buchstabe C I Nr. 18.2 WFB). Der von den ursprünglichen Angaben abweichende Eigentumserwerb mit anderen Beteiligungen hat zudem zu einer Veränderung des Finanzierungsplans geführt (Buchstab C II Nr. 18.3g WFB).
Die Klage ist infolgedessen gemäß § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG und beläuft sich auf 10 v.H. der von den Klägern beanspruchten Darlehenssumme (Nr. 53.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, abgedruckt bei: Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 189).