Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Urt. v. 28.10.1992, Az.: 9 L 418/92
Automatenaufsteller; Vergnügungssteuersatzung; Vergnügungssteuer; Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; Spielautomaten; Steuererhöhung
Bibliographie
- Gericht
- OVG Niedersachsen
- Datum
- 28.10.1992
- Aktenzeichen
- 9 L 418/92
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1992, 13420
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OVGNI:1992:1028.9L418.92.0A
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BVerwG - 07.07.1993 - AZ: 8 B 46/93
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 16. Dezember 1991 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 13.640,-- DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin ist als Automatenaufstellerin im Stadtgebiet der Beklagten tätig. Diese erhebt aufgrund ihrer Vergnügungssteuersatzung vom 29. Oktober 1985 eine Vergnügungssteuer für den Betrieb von Spiel-, Geschicklichkeits- und Unterhaltungsautomaten. Durch die 1. Nachtragssatzung vom 9. Juni 1988 wurden die geltenden Steuersätze mit Wirkung zum 1. Januar 1989 deutlich erhöht. Die Beklagte zog die Klägerin mit Bescheid vom 1. Februar 1989 (i.d.F. der Änderungsbescheide vom 10. und 17. Mai 1989) für 1989 zu einer Vergnügungssteuer in Höhe von insgesamt 21.360,-- DM heran; ohne die Steuererhöhung wären 13.640,-- DM weniger zu zahlen gewesen.
Mit ihrer nach erfolgloser Durchführung des Vorverfahrens erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, daß § 3 Abs. 2 NKAG nicht hinreichend bestimmt sei, die Grenzen des durch Art. 105 Abs. 2 a GG eingeräumten Handlungsspielraums überschritten seien und ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, 12 und 14 GG sowie gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vorliege.
Die Klägerin hat (sinngemäß) beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 1989 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. April 1989 sowie der Änderungsbescheide vom 10. und 17. Mai 1989 aufzuheben, soweit darin für Geräte mit Gewinnmöglichkeiten in Spielhallen ein höherer Steuersatz als jeweils 45,-- DM monatlich und für Geräte ohne Gewinnmöglichkeiten in Spielhallen ein Steuersatz von mehr als 20,-- DM monatlich festgesetzt ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 16. Dezember 1991, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, als unbegründet abgewiesen.
Mit ihrer dagegen eingelegten Berufung macht die Klägerin (weiterhin) geltend: Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei verletzt, weil kein plausibler Grund dafür spreche, Geldspiel- und Unterhaltungsautomaten in Spielhallen höher zu besteuern als derartige Geräte an anderen Plätzen, wie z.B. in Gaststätten. Das Erfordernis der Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer sei nicht mehr gewahrt; sie könne die erhöhten Vergnügungssteuern nämlich nur ihrem eigenen Ertrag entnehmen, so daß sich dieser verschlechtere. Weitere Einsparungen oder erhöhte Spieleinsätze seien aufgrund langfristiger Mietverträge bzw. der festen Sätze in der Spielverordnung nicht möglich.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Gerichtsbescheides nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und den vorgelegten Verwaltungsvorgang Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Da der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückweist, sieht er von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 130 b VwGO ab. Zum Berufungsvorbringen der Klägerin weist der Senat ergänzend darauf hin, daß die streitige Erhöhung der Vergnügungssteuer weder den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) noch das Erfordernis der Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer verletzt. Für die ungleiche steuerliche Behandlung von Geldspielautomaten in Spielhallen und in Gaststätten besteht der sachliche Grund darin, daß die Spielhallen - auch im Interesse des Jugendschutzes - eingedämmt werden sollen; darin liegt ein zulässiger Nebenzweck der Vergnügungssteuer (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4. 9. 1991, 8 B 76.91 und 8 B 77.91; Beschl. v. 11. 5. 1992, 8 B 12.92). Das Bundesverwaltungsgericht (Beschl. v. 11. 5. 1992, aaO) hat ferner bereits entschieden, daß die Argumentation, die Obergrenzen der Spielverordnung ließen eine Erhöhung der Spielereinsätze nicht zu und die Kosten für den Unterhalt von Spielhallen könnten nicht mehr gesenkt werden, "offensichtlich fehlgeht". Denn der Begriff der Aufwandsteuer i.S. des Art. 105 Abs. 2 a GG setzt nicht voraus, daß der Spieler die Weiterleitung der Automatensteuer beim Spielvorgang bemerkt. Vielmehr reicht es aus, wenn die Vergnügungssteuer kalkulatorisch auf den Spieler abgewälzt werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8. 3. 1991, 8 B 30.91, und Beschl. v. 17. 7. 1989, 8 B 159.88, Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 24 S. 1 f). Letzteres ist hier offensichtlich der Fall, denn die Klägerin beruft sich lediglich auf verschlechterte Rahmenbedingungen. Sie hat indessen nicht substantiiert vorgetragen und - durch eigene Betriebsergebnisse - belegt, daß sie im Erhebungszeitraum aufgrund der Steuererhöhung nicht mehr mit Gewinn arbeiten konnte. Für eine derartige Annahme sprechen auch keine Anhaltspunkte.
Der Senat sieht sich schließlich noch zu dem Hinweis veranlaßt, daß der Heranziehungsbescheid der Beklagten vom 1. Februar 1989 dem Bestimmtheitsgebot nicht im vollen Umfang Rechnung trägt, weil er die Steuerart (Vergnügungssteuer) nicht ausdrücklich benennt. Dieser Mangel führt indessen nicht zur Aufhebung des Bescheids. Denn der Besteuerungsgegenstand (Spielgeräte in Spielhallen) ist so genau bezeichnet, daß die Klägerin bei verständiger Würdigung ohne weiteres von der Heranziehung zur Vergnügungssteuer ausgehen konnte und ausgegangen ist. An der Steuerart konnte spätestens seit Erlaß des Widerspruchsbescheids auch nicht mehr der geringste Zweifel bestehen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht gegeben.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 13 Abs. 2 GKG. Sie ist unanfechtbar (§ 25 Abs. 2 Satz 2 GKG).
v. Alten
Dr. Claaßen
Schröder