Oberverwaltungsgericht Niedersachsen
Beschl. v. 13.12.1996, Az.: 3 L 7932/95

Bewilligung; Bewilligung zur Grundwasserentnahme; Eigentumsrecht; Grundwasserentnahme; Wasserschutzgebiet

Bibliographie

Gericht
OVG Niedersachsen
Datum
13.12.1996
Aktenzeichen
3 L 7932/95
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1996, 13209
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OVGNI:1996:1213.3L7932.95.0A

Verfahrensgang

vorgehend
VG Hannover - 30.08.1995 - AZ: 1 A 1258/95. Hi
nachfolgend
BVerwG - 10.07.1997 - AZ: BVerwG 11 B 12.97

Fundstelle

  • ZfW 1998, 444-447

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 1. Kammer Hildesheim - vom 30. August 1995 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1), die im Gegensatz zu denen der Beigeladenen zu 2) erstattungsfähig sind; insoweit ist der Beschluß vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

1

Die Berufung wird gemäß § 130 a VwGO durch Beschluß zurückgewiesen, weil der Senat sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält.

2

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 1990 in der Fassung vom 30. August 1995, durch den dem Beigeladenen zu 1) die Bewilligung zur Förderung von Grundwasser aus dem Brunnen III für die Dauer von 25 Jahren unter Nebenbestimmungen erteilt worden ist, die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt.

3

Der Bewilligungsbescheid, für dessen Erlaß die Beklagte gemäß § 170 Abs. 1 Nr. 2 des Niedersächsischen Wassergesetzes - NWG - in der Fassung des 7. Änderungsgesetzes vom 7. Februar 1990 (Nds.GVBl. S. 53) zuständig gewesen ist - § 170 Abs. 2 Satz 3 NWG, dessen Verletzung die Kläger zu Unrecht rügen, ist durch das 7. Änderungsgesetz mit Wirkung zum 1. Mai 1990 und damit vor Erteilung der Bewilligung gestrichen worden -, verstößt insbesondere weder gegen § 13 Abs. 3 NWG bzw. den gleichlautenden § 8 Abs. 3 des Wasserhaushaltsgesetzes - WHG - in der Bekanntmachung der Neufassung vom 23. September 1986 (BGBl. I S. 1529, ber. S. 1654) noch gegen § 13 Abs. 4 NWG, der auf § 8 Abs. 4 WHG zurückgeht.

4

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Einwand der Kläger, die Bewilligung zur Grundwasserentnahme wirke auf ihr Eigentumsrecht im Sinne der §§ 13 Abs. 3 Satz 1 NWG, 8 Abs. 3 Satz 1 WHG nachteilig ein, weil sie die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes nach sich ziehen werde, unzutreffend ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat nämlich ausdrücklich entschieden, daß eine bewilligte Grundwasserbenutzung, die ihrerseits keine unmittelbaren nachteiligen Einwirkungen auf Rechte Dritter verursacht, nicht etwa deshalb Nachteile im Sinne des § 8 Abs. 3 WHG erwarten lasse, weil die bewilligte Grundwasserentnahme zu einem späteren Zeitpunkt das Bedürfnis nach Festlegung eines Wasserschutzgebietes gemäß § 19 WHG hervorzurufen geeignet sein könnte. Es hat zudem festgestellt, daß sich in einem solchen Fall etwaige nachteilige Einwirkungen auf Rechte Dritter nicht aus der Anwendung des § 8 WHG, sondern aus der des § 19 WHG ergäben und daß diese ggf. nach § 19 Abs. 3 WHG einen Anspruch auf Entschädigung begründeten (BVerwG, Beschl. v. 9. 6. 1977 - IV B 50.77 - ZfW 1978, S. 234). Diese Rechtsprechung, die auch das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrundegelegt hat, ist entgegen der Darstellung der Kläger überzeugend. Zum einen ist die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes keine rechtlich zwangsläufige Folge der Erteilung einer Bewilligung zur Grundwasserförderung, weil die Erteilung der Bewilligung und die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes rechtlich nicht aneinandergekoppelt sind (so auch OVG Münster, Urt. v. 21. 8. 1989 - 20 A 1629/88 - ZfW 1990 S. 417). Zum anderen muß die nachteilige Einwirkung auf das Recht eines anderen gemäß §§ 8 Abs. 3 Satz 1 WHG, 13 Abs. 3 Satz 1 NWG von der Gewässerbenutzung adäquat verursacht worden sein (Gieseke/Wiedemann/Czychowski, Wasserhaushaltsgesetz, Komm., 6. Aufl., § 8 RdNr. 42, m.w.N.; OVG Münster, aaO), so daß Nachteile, die nicht von der Gewässerbenutzung als solcher ausgehen - wie z.B. Beeinträchtigungen, die bei einer bewilligten Grundwasserförderung durch Schutzbestimmungen eines dafür festzusetzenden Wasserschutzgebietes entstehen -, im Rahmen der §§ 8 Abs. 3 Satz 1 WHG, 13 Abs. 3 Satz 1 NWG nicht beachtlich sind (vgl. Gieseke/Wiedemann/Czychowski, § 8 RdNr. 42 m.w.N.; Sieder-Zeitler-Dahme, Wasserhaushaltsgesetz, Komm., Band 1, Stand: März 1996, § 8 RdNr. 24 f; Haupt/Reffken/Rhode, Niedersächsisches Wassergesetz, Komm., Stand: September 1996, § 13 Rdnr. 9, jeweils m.w.N.). Diese Rechtslage trägt auch Art. 14 GG Rechnung, da § 51 NWG in Übereinstimmung mit § 19 Abs. 3 WHG bestimmt, daß eine Entschädigung zu leisten ist, wenn eine bei der Festsetzung eines Wasserschutzgebietes getroffene Schutzbestimmung im Sinne des § 49 Abs. 1 NWG bzw. des gleichlautenden § 19 Abs. 2 WHG eine Enteignung darstellt. Die gegenteilige Annahme der Kläger ist unbegründet, weil aus Art. 14 GG nicht hergeleitet werden kann, ein Grundstückseigentümer müsse eine Bewilligung zur Grundwasserentnahme mit Erfolg anfechten können, weil er im Zusammenhang mit einer späteren Festsetzung eines Wasserschutzgebietes möglicherweise enteignenden Anordnungen im Sinne der §§ 49 Abs. 1 NWG, 19 Abs. 2 WHG ausgesetzt sein werde.

5

Das Verwaltungsgericht ist des weiteren zu Recht davon ausgegangen, daß nicht zu erwarten ist, daß die durch den angefochtenen Bescheid bewilligte Grundwasserförderung wegen ihrer Auswirkungen auf den Grundwasserstand auf Rechte der Kläger nachteilig im Sinne der §§ 13 Abs. 3 Satz 1 NWG, 8 Abs. 3 Satz 1 WHG einwirkt oder die Kläger im Sinne des § 13 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 3, Satz 2 NWG benachteiligt.

6

Das Niedersächsische Landesamt für Bodenforschung hat in seinem im Auftrag des Beigeladenen zu 1. erstellten hydrogeologischen Gutachten zur Grundwassergewinnung aus dem Brunnen III vom Januar 1989 ausgeführt, dem Brunnen würden im Jahresdurchschnitt in rd. 10 Stunden etwa 1.000 cbm Grundwasser täglich entnommen, wodurch ein Absenkungstrichter entstünde, der sich in der anschließenden Ruhephase allerdings vollständig wieder auffüllen würde. Dasselbe Amt hat in seiner von der Beklagten eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 26. Juli 1989 diese Feststellung ausdrücklich bestätigt und dargelegt, aus den Versuchsergebnissen lasse sich die Grundwasserabsenkung während der Wasserentnahme ableiten. Da bei einem Jahresbedarf von 360.000 cbm stündlich 100 cbm entnommen werden sollten, würde der Brunnen bis zu 3.600 Stunden im Jahr oder täglich bis zu 9,86 Stunden betrieben. In der anschließenden Stillstandszeit von ca. 14 Stunden würde sich der Absenkungstrichter wieder vollständig auffüllen. Es sei zu erwarten, daß die Entnahme im Normalbetrieb nach wesentlich kürzerer Pumpdauer unterbrochen werde, so daß der Absenkungstrichter am Ende der Förderung kleiner sein werde als für 10 Stunden Pumpdauer dargestellt.

7

Aufgrund dieser Feststellungen ist bei der Erteilung des Bewilligungsbescheides nicht zu erwarten gewesen, daß die Grundwasserförderung für die Kläger, die Trockenschäden auf ihren landwirtschaftlich genutzten Flächen im Umkreis des Brunnens befürchten, Nachteile im Sinne der o.g. Bestimmungen zur Folge haben würden. Nachteilige Wirkungen wären nämlich nur dann zu erwarten gewesen, wenn diese überwiegend wahrscheinlich gewesen wären (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29. 7. 1980 - 4 B 218.97 - Buchholz 445.4 § 8 WHG Nr. 3). Davon ist bei Erlaß des Bewilligungsbescheides jedoch trotz des Umstandes, daß dieser eine tägliche Grundwasserförderung von bis zu 1.500 cbm zuläßt, nicht auszugehen gewesen. Dies wird durch die vom Verwaltungsgericht gemäß Beweisbeschluß vom 25. August/8. Oktober 1993 eingeholte ergänzende Stellungnahme des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung vom 23. Mai 1995 sowie die Erläuterungen durch die Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung bestätigt.

8

In dieser Stellungnahme hat das Niedersächsische Landesamt für Bodenforschung dargelegt, es könnte im Umkreis von rd. 200 m um den Brunnen zu geringen Ertragsdepressionen kommen, die mit zunehmender Entfernung abnähmen. Die Wachstumsstörungen wären jedoch nur zu erwarten, wenn in längeren Trockenperioden die tägliche Entnahmemenge voll ausgeschöpft würde. Der Sachverständige Tiedemann hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend erläutert, eine 20-tägige Entnahme von täglich 1.500 cbm hätte keine sichtbaren Auswirkungen auf die Ackervegetation, wenn die bindige Auelehmschicht 100 m vom Brunnen entfernt 2 m stark sei. Anhand der bisherigen Untersuchungen lasse sich aber nicht endgültig beantworten, nach wievielen Tagen einer Förderung von täglich 1.500 cbm Auswirkungen auf die Ackerpflanzen im 100 bzw. 200 m Bereich einträten. Der Sachverständige Dr. ... hat ebenfalls erklärt, genaue Angaben über eventuelle Auswirkungen der Wasserentnahme ließen sich nur nach Durchführung aufwendiger Pumpversuche und Grundwassermessungen machen, die vorliegenden Untersuchungsergebnisse ließen keine Aussage darüber zu, wann bei einer Förderung von täglich 1.500 cbm Nachteile für den Ackerbewuchs aufträten, nach einer Wasserentnahme von täglich 1.500 cbm über einen Zeitraum von 5 Tagen sollte aber für die Dauer von 2 bis 3 Tagen eine Wasserentnahme unterbleiben.

9

Diese Ausführungen, die von den Klägern nicht substantiiert in Zweifel gezogen worden und überdies nachvollziehbar sind, sowie die o.g. Gutachten bzw. ergänzenden Stellungnahmen des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung stehen der Annahme entgegen, eine Benachteiligung der Kläger bzw. eine nachteilige Einwirkung auf ihre Rechte infolge der Auswirkungen der bewilligten Grundwasserförderung auf den Grundwasserstand sei überwiegend wahrscheinlich, zumal die Beklagte die Höchstförderung von täglich 1.500 cbm auf 5 aufeinanderfolgende Tage beschränkt hat. Daran ändert auch die Aussage des Sachverständigen Dr. ..., eine Wasserentnahme sollte nach einer Förderung von täglich 1.500 cbm über 5 aufeinanderfolgende Tage für die Dauer von 2 bis 3 Tagen unterbleiben, nichts, da auch er in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Tiedemann ausdrücklich eingeräumt hat, die vorliegenden Untersuchungsergebnisse ließen keine Aussage darüber zu, nach wievielen Tagen der Höchstförderung Nachteile für den Ackerbewuchs aufträten.

10

Andererseits zeigen die Ausführungen der Sachverständigen, daß auf eine Absenkung des Grundwasserstandes infolge der bewilligten Grundwasserentnahme zurückzuführende Wachstumsstörungen nicht auszuschließen sind, so daß bei der Erteilung der Bewilligung nicht festzustellen war, ob und in welchem Maße nachteilige Wirkungen infolge der Grundwasserförderung eintreten werden. Damit haben die Voraussetzungen vorgelegen, die beantragte Bewilligung unter dem Vorbehalt zu erteilen, später über eventuell erforderliche Auflagen oder eine Entschädigungsregelung "zur Verhütung bzw. zum Ausgleich etwaiger nachteiliger Wirkungen für die landwirtschaftliche Nutzung der im Einzugsbereich der Brunnen liegenden Flächen durch Absenkung des Grundwasserspiegels" zu entscheiden (Nr. 2.16 des angefochtenen Bescheides). § 15 Abs. 1 NWG sieht nämlich vor, daß die Entscheidung über die festzusetzenden Auflagen und Entschädigungen einem späteren Verfahren vorzubehalten ist, wenn ein Betroffener gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung Einwendungen erhoben hat und sich - wie im vorliegenden Fall - zur Zeit der Entscheidung nicht feststellen läßt, ob und in welchem Maße nachteilige Wirkungen eintreten werden. Angesichts dessen ist nicht zu beanstanden, daß die Beklagte dem Beigeladenen zu 1) die beantragte Bewilligung zur Grundwasserentnahme nicht versagt, sondern unter dem o.g. Vorbehalt, der den Rechten und rechtlich geschützten Interessen der Kläger in der gesetzlich vorgesehene Weise Rechnung trägt, erteilt hat.

11

Der angefochtene Bescheid läßt schließlich nicht erkennen, daß die Beklagte durch die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung den Anspruch der Kläger auf ermessensgerechte Beachtung und Würdigung ihrer Belange, der in § 4 Abs. 1 Satz 2 WHG verankert ist (BVerwG, Urt. v. 15. 7. 1987 - 4 C 56.83 - BVerwGE 78, 40, 47) [BVerwG 15.07.1987 - 4 C 56/83], verletzt hat. Der dahingehende Einwand der Kläger, die der Ansicht sind, ein anderer Standort des Grundwasserförderbrunnens und eine geringere Entnahmemenge seien vor Erteilung der Bewilligung nicht erwogen worden, ist unzutreffend. Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist nämlich zweifelsfrei zu entnehmen, daß sich die Beklagte sowohl mit einer Reduzierung der Fördermenge aus dem Brunnen als auch mit der Standortfrage auseinandergesetzt hat; da dies im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Einwendungen der Kläger geschehen ist, sind ihre Belange auch insoweit in der gebotenen Weise beachtet und gewürdigt worden.

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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO ihre vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO iVm §§ 708 Nr. 10, 711 Abs. 1 und 713 ZPO.

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Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

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Eichhorn

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Schnuhr

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Meyer-Lang