Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 05.12.2001, Az.: 9 U 204/01
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 05.12.2001
- Aktenzeichen
- 9 U 204/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2001, 34065
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2001:1205.9U204.01.0A
Fundstellen
- KGReport Berlin 2002, 62
- NZG 2002, 730-733
- OLGR Düsseldorf 2002, 62
- OLGR Frankfurt 2002, 62
- OLGR Hamm 2002, 62
- OLGR Köln 2002, 62
- OLGReport Gerichtsort 2002, 158-161
- OLGReport Gerichtsort 2002, 62
In dem Rechtsstreit
...
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht .... S...., den Richter am Oberlandesgericht ... V.... sowie den Richter am Landgericht .... S.... auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2001 für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 15. Mai 2001 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts L.... geändert:
Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts N.... vom 27. Januar 2000 (Az.: 4 B 1153/99) bleibt mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Beklagte zur Zahlung von 63 130,56 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 5. Januar 2000 verurteilt wird. Im Übrigen wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben und wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Beklagte zunächst die durch den Erlass des Vollstreckungsbescheides bedingten Kosten. Im Übrigen tragen die Klägerin 39 %, der Beklagte 61 % der Kosten.
Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Klägerin 23 %, der Beklagte 77 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 95 000 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung seitens des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4 200 DM abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Den Parteien wird gestattet Sicherheit auch in Form einer schriftlichen, unbedingten, unbefristeten und selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank zu erbringen.
Wert der Beschwer für den Beklagten: 63 130,56 DM,
Wert der Beschwer für die Klägerin: 18 463,55 DM.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch wegen Konkursverschleppung geltend.
Als Bautischlerei trat die Klägerin mit der N.... Baubetriebe GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte war, für verschiedene Bauvorhaben in den Jahren 1995 und 1996 in vertragliche Beziehungen. Die N.... Baubetriebe GmbH hatte ihren Sitz zunächst in C...., auf Grund eines Gesellschafterbeschlusses Ende März 1996 sodann in M..... Ihre Firma wurde im Februar 1997 geändert in R..... Bau GmbH. Seine Geschäftsanteile an der GmbH übertrug der Beklagte Ende Februar 1997 an einen Dritten, der noch im März 1997 den Antrag auf Einleitung des Gesamtvollstreckungsverfahrens beim Amtsgericht M..., stellte.
Als Schadensersatz verlangt die Klägerin die Beträge aus verschiedenen Rechnungen, die sie der N.... GmbH Ende 1996/Anfang 1997 für einzelne Bauvorhaben gestellt hat (Schriftsatz der Klägerin vom 16. Juni 2000, Bl. 132 ff.d.A.) Im Einzelnen handelt es sich um folgende Rechnungen:
- 1.
Schlussrechnung der Klägerin vom 12. Dezember 1996 für das Bauvorhaben O.... gemäß Vertrag vom 14. Juni 1996 über 722,20 DM,
- 2.
Schlussrechnung der Klägerin vom 12. Dezember 1996 über das Bauvorhaben L.... gemäß Vertrag vom 21. Dezember 1995 über 683,10 DM, wobei die Klägerin am 30. Januar 1996 mit der Einrichtung der Baustelle begonnen hat,
- 3.
Schlussrechnung vom 16. Dezember 1996 für das Bauvorhaben S.... gemäß Vertrag vom 14. Mai 1996, über 8 494,62 DM.
- 4.
Schlussrechnung vom 19. Dezember 1996 für das Bauvorhaben L.... gemäß Vertrag von Anfang Sommer 1996 über 722,20 DM.
- 5.
Schlussrechnung vom 29. Januar 1997 für das Bauvorhaben P.... gemäß Vertrag vom 23. Januar 1997 über 2 239,45 DM,
- 6.
Schlussrechnung vom 14. Februar 1997 für das Bauvorhaben K.... gemäß Vertrag vom 18. Januar 1997 über 7 751,92 DM.
- 7.
Schlussrechnung vom 27. Februar 1997 über 138 DM für das Bauvorhaben K.... gemäß einer nachträglichen Absprache.
- 8.
Schlussrechnung vom 11. November 1996 für das Bauvorhaben J.... gemäß Vertrag vom 28. Februar 1996 über 981,35 DM.
- 9.
Schlussrechnung vom 11. November 1996 für das Bauvorhaben L.... gemäß Vertrag vom 21. Dezember 1995 über 899,15 DM; insofern handelte es sich um eine Ergänzung zu Ziff. 2,
- 10.
Schlussrechnung vom 12. November 1996 für das Bauvorhaben Dr. M.... gemäß Vertrag vom 20. Mai 1996 über 6 503,94 DM.
- 11.
Schlussrechnung vom 14. November 1996 für das Bauvorhaben T...., wobei die Klägerin von einem "Freigabetermin" am 1. Mai 1996 ausgeht, der Beklagte behauptet, der Auftrag stamme bereits vom 28. April 1995; unstreitig ist das Aufmaß am 30. August 1996 genommen worden; die Schlussrechnung lautet auf 4 686,25 DM.
- 12.
Schlussrechnung vom 20. November 1996 für das Bauvorhaben P.... gemäß Vertrag vom 20. Juni 1996 über 3 592,49 DM,
- 13.
Schlussrechnung vom 2. Dezember 1996 für das Bauvorhaben K.... gemäß Vertrag vom 5. Mai 1996 über 5 470,09 DM.
- 14.
Schlussrechnung vom 5. Dezember 1996 für das Bauvorhaben L.... gemäß Vertrag vom Sommeranfang 1996 über 7 396,69 DM,
- 15.
Schlussrechnung vom 5. Dezember 1996 für das Bauvorhaben L.... gemäß einem Sommeranfang 1996 geschlossenen Vertrag aber 1 231,31 DM,
- 16.
Schlussrechnung vom 11. Dezember 1996 für das Bauvorhaben H.... gemäß Vertrag vom 28. September 1996 über 3 404,58 DM,
- 18.
Einforderung eines von der N.... GmbH einbehaltenen Betrages in Höhe von 184 DM, die sich aus der Schlussrechnung für das Bauvorhaben S.... gemäß Vertrag vom 19. August 1996 bezieht,
- 19.
Schlussrechnung vom 1. Oktober 1996 für das Bauvorhaben H.... gemäß Vertrag vom 29. August 1996 über 11 471,51 DM.
- 20.
Schlussrechnung vom 23. Oktober 1996 für das Bauvorhaben J.... gemäß Vertrag vom 28. Februar 1996 über 5 558,58 DM,
- 21.
Einforderung eines von der N.... GmbH einbehaltenen Betrages in Höhe von 468,52 DM, der sich auf das am 18. November 1996 abgerechnete Bauvorhaben H.... bezieht, dem der Vertrag vom 28. September 1996 zu Grunde liegt.
Desweiteren macht die Klägerin den Einbehalt von Sicherheitsbeträgen - Ziff. 17 des Schriftsatzes vom 16. Juni 2000, Bl. 138 d.A. - in Höhe von 1 221,61 DM geltend; die Aufstellung datiert vom 26. August 1996.
Zudem verlangt die Klägerin die Bezahlung von Sicherheitsbeträgen in Höhe von 7 772,35 DM (Aufstellungen über Sicherheitsbeträge vom 17. März 1997, Bl. 160 ff.d.A.), so dass sich insgesamt ein von der Klägerin geltend gemachter Betrag in Höhe von 81 594,11 DM ergibt. Ein von der Klägerin als Werklohnforderung im Gesamtvollstreckungsverfahren der Fa.... R.... Bau GmbH angemeldeter Anspruch in Höhe von 81 627,01 DM ist im Gesamtvollstreckungsverfahren nicht bestritten worden.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die N.... Baubetriebe GmbH sei bereits Ende 1995 überschuldet gewesen, so dass der Beklagte als ihr Geschäftsführer verpflichtet gewesen sei, Konkursantrag zu stellen. Durch dessen pflichtwidrige Unterlassung sei sie in Vertragsbeziehungen zur GmbH getreten und habe daher die von ihr geltend gemachten Forderungen - soweit unstreitig - im Vollstreckungsverfahren nicht realisieren können.
Die Klägerin hat zunächst den Anspruch in Höhe von 81 594,11 DM sowie "Nebenforderungen" in Höhe von 22 597,04 DM und 30,00 DM Inkassokosten im Mahnbescheidsverfahren geltend gemacht. Gegen den Mahnbescheid des Amtsgerichts N.... vom 27. Dezember 1999, der dem Beklagten am 5. Januar 2000 zugestellt worden ist, hat dieser keinen Widerspruch eingelegt, so dass daraufhin am 27. Januar 2000 Vollstreckungsbescheid erlassen wurde, der dem Beklagten am 7. Februar 2000 zugestellt worden ist und gegen den er mit am 9. Februar 2000 beim Amtsgericht N.... eingegangenem Schriftsatz durch seine Prozessbevollmächtigten Einspruch eingelegt hat.
Die Klägerin hat beantragt,
den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts N.... vom 27. Januar 2000 (Az.: 4 B 1153/99) aufrecht zu erhalten.
Der Beklagte hat beantragt.
den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts N.... vom 27. Januar 2000 (te.: 4 B 1153/99) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, die von ihm geführte GmbH sei Ende 1995 nicht überschuldet gewesen. Verschiedene Auftrage seien zudem erst 1996 erteilt worden. Im Übrigen habe die GmbH auf die geltend gemachten Forderungen in unterschiedlicher Höhe Zahlungen geleistet.
Das Landgericht hat Beweis erhoben über die Frage, ob für die N.... Baubetriebe GmbH aufgrund von Überschuldung bereits 1995 eine Konkursantragspflicht bestand. Als Sachverständiger wurde der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater D.... aus M.... eingesetzt, der sein Gutachten am 5. Februar 2001 erstattet hat. Der Gutachter hat ausgeführt, dass die N.... Baubetriebe GmbH zum Ende des Jahres 1995 überschuldet war. Dieser Einschätzung ist der Beklagte entgegengetreten. Er hat das Gutachten angegriffen, da eine Rücksprache des Gutachters mit der Steuerberaterin S.... der GmbH nicht erfolgt sei, ein operativer Gewinn im Mai 1996 nicht berücksichtigt sei und insbesondere zum Jahresende 1996 in Bau befindliche Objekte in der vom Gutachter erstellten Bilanz nicht erfasst seien.
Mit Urteil vom 15. Mai 2001 hat das Landgericht L.... den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts N.... mit der Maßgabe aufrecht erhalten, dass der Beklagte zur Zahlung von 81 594,11 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 5. Januar 2000 verurteilt wird. Es hat sich den Feststellungen des Gutachters D.... angeschlossen und ist von einer Überschuldung der N.... Baubetriebe GmbH Ende 1995 in Höhe von 891 955 DM ausgegangen. Folge davon sei, dass der sich aus den verschiedenen Forderungsaufstellungen (Bauvorhaben Ziff. 1-21) ergebende Betrag in Höhe von 81 594,11 DM als Schadensersatz zu leisten sei. Die geltend gemachten Nebenforderungen seien jedoch nicht substantiiert genug vorgetragen, so dass die geltend gemachte Summe mit 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu verzinsen sei. Tilgungen seitens der GmbH könnten nicht berücksichtigt werden, da die vom Beklagten behaupteten Zahlungen nicht mit den Rechnungsnummern der von der Klägerin in diesem Verfahren geltend gemachten Forderungen in Einklang zu bringen seien.
Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte erneut gegen die Feststellungen des Gutachters D.... und nimmt in Abrede, dass die N.... Baubetriebe GmbH Ende 1995 überschuldet gewesen sei. Der Gutachter sei zu falschen Ergebnissen gelangt, auch weil der Firmenwert des Unternehmens nicht in die Überschuldungsbilanz eingestellt worden sei. Zudem sei die Betriebs- und Geschäftsausstattung nicht korrekt bewertet worden ebenso wie der Warenbestand und die fertigen Arbeiten. Ein Ausfall bei den Forderungen aus Leistungen habe nicht angenommen werden dürfen. Es sei - hinsichtlich der Passiva - unzulässig, Rückstellungen für einen Sozialplan in Höhe von 110 000 DM aufzunehmen. Der Wert der "Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen" sei zudem deutlich geringer anzusetzen als vom Gutachter angenommen. Die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten seien gänzlich aus der Bewertung herauszunehmen, da es sich wegen der Absicherung durch die Bürgschaft des Beklagten nicht um eine "echte Außenschuld der GmbH" handele. Der Beklagte macht zudem geltend, dass keinesfalls auf den Zeitpunkt 31. Dezember 1995 abgestellt werden könne, da ihm der durch die Steuerberaterin S.... erstellte Jahresabschluss erst zum 31. Mai 1996 vorgelegen habe. Insofern schulde er keinesfalls Ersatz für Rechnungen, die auf Verträgen beruhten, die bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen worden seien. Der Beklagte macht zudem geltend, unabhängig von einer rechnerischen Überschuldung habe im Frühjahr 1996 für das Unternehmen eine positive Fortführungsprognose bestanden; die GmbH sei ihren Zahlungsverpflichtungen in den Jahren 1995 und 1996 im Wesentlichen nachgekommen. Hinsichtlich des Umfangs des von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzes ist der Beklagte der Auffassung, Gewinnanteile könne die Klägerin nicht beanspruchen, da lediglich Ersatz des "negativen Interesses" geschuldet werde.
Der Beklagte beantragt,
unter teilweiser Änderung des angefochtenen Urteils vom 15. Mai 2001 den Vollstreckungsbescheid des Amtsgericht N.... vom 27. Januar 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertieft und ergänzt ihr erstinstanzlicbes Vorbringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist nur teilweise begründet. Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten in Höhe von 63 130,56 DM zu.
I.
Der Beklagte ist der Klägerin gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 Abs. 1 GmbHG zum Schadensersatz verpflichtet, da die vom Beklagten geführte GmbH bereits Ende 1995 überschuldet war, der Beklagte somit einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens stellen musste (1), und sich der von der Klägerin geltend gemachte Schaden in Höhe von 63 130,56 DM als durch diese Pflichtverletzung des Beklagten verursacht begreifen lässt (2).
1. Nach dem Gutachten des Sachverständigen D.... vom 5. Februar 2001 geht das Gericht davon aus, dass die N.... Baubetriebe GmbH bereits zum Ende 1995 überschuldet war. Die Gesellschaft war einerseits zum 31. Dezember 1995 rechnerisch überschuldet; es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass diese Bewertung durch eine positive Fortbestehensprognose korrigiert werden konnte (zu dieser sog. "zweistufigen Überschuldungsprüfung" vgl. nur BGHZ 119, 201, 214 ).
a) Der Sachverständige D.... kommt in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass die GmbH zum 31. Dezember 1995 rechnerisch in Höhe von 891 955,00 DM überschuldet war (Seite 37 f. des Gutachtens). An dieser Einschätzung der Überschuldung ändert sich jedenfalls im Ergebnis nichts, wenn man die vom Beklagten erhobenen Einwendungen berücksichtigt:
aa) Hinsichtlich der in die Überschuldungsbilanz einzustellenden Aktiva macht der Beklagte erfolglos geltend, es sei von einem Firmenwert in Höhe von 21 000 DM auszugehen, während der Gutachter hier keinen Wert eingesetzt hat. Denn in der Überschuldungsbilanz sind diejenigen Werte anzusetzen, die sich ergeben, wenn es zu einer Liquidation des Unternehmens kommt, so dass hinsichtlich des Firmenwertes entscheidend ist, ob ein möglicherweise vorhandener guter Ruf des Unternehmens etwa durch einen Verkauf aktiviert werden kann (Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 102 Rn. 6k). Für eine solche Verwertungsprämisse war allerdings Ende 1995 kein Raum mehr. Bereits im März 1996 ist der Sitz der Firma nach M.... verlegt worden, gut 10 Monate später wurde die Firma der Gesellschaft geändert. Diese Indizien sprechen gegen einen besonderen Firmenwert Ende des Jahres 1995. Es kommt hinzu, dass mit einem ähnlichen Geschäftsgegenstand eine andere Firma durch Familienangehörige weitergeführt wurde, so dass ein möglicherweise noch vorhandener "guter Ruf" auf jenes Unternehmen übergegangen sein dürfte.
Zutreffend geht indes der Beklagte davon aus, dass bei der Pos, "Betriebs- und Geschäftsausstattung" der vom Gutachter angesetzte Liquidationswert 0,00 DM insofern zu korrigieren ist, als immerhin Mitte Februar 1997 vorhandene Wirtschaftsguter an die N.... & N.... Baumaschinenverleih GbR zu einem Kaufpreis in Höhe von 69 600 DM veräußert worden sind. Der Wert dieser Ausstattung durfte jedenfalls vom Gutachter nicht unberücksichtigt bleiben, weil hier Sicherungsrechte bestanden (vgl. dazu Seite 26 des Gutachtens). Denn von den Aktiva dürfen Sicherungsrechte nicht abgezogen werden, da die diesen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten bereits als Passiva bilanziert werden (Scholz/K.... Schmidt, GmbHG, § 63 Rn. 17).
Zu Gunsten des Beklagten mag auch davon ausgegangen werden, dass ein Wertabschlag bei der Position "fertige Erzeugnisse und Waren" nicht erforderlich war, so dass sich insofern ein um 22 969,62 DM höherer Betrag bei dieser Bilanzposition ergibt als ihn der Gutachter veranschlagt hat, der von 20 % des Buchwertes in Höhe von 28 711,62 DM ausgegangen ist, nämlich von 5 742 DM.
Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten, der statt der vom Gutachter eingesetzten 105 652,00 DM bei der Position "Forderungen aus Lieferungen und Leistungen" 402 050,45 DM zugrunde legen möchte (Seite 5 der Stellungnahme des Steuerberaters S.... vom 23. Oktober 2001), verbleibt es bei dem vom Gutachter angenommenen Wert. Der Gutachter hat nachvollziehbar unter Hinweis auf die Angaben des Beklagten und seiner Ehefrau selbst ausgeführt, dass die mit dem Buchwert von 528 260,25 DM in den Abschluss zum 31. Dezember 1995 eingestellten Forderungen ohnehin weitgehend wertlos waren. Dies belegt auch die Offene-Posten-Liste für 1995, die dem Gutachten als Anlage 6 (Bl. 1-6) beigefügt sind. Der Beklagte hat nicht substantiiert vorgetragen, inwiefern sich gerade der von ihm angenommene Betrag in Höhe von 402 050,45 DM ergibt, welche restlichen Forderungen strittig oder von teilweisem Ausfall bedroht sein sollen. Im Übrigen ist es nicht ausreichend, darauf hinzuweisen, dass im Jahr 1996 ein Betrag in Höhe von 402 050,45 DM bei der Beklagten eingegangen ist, solange nicht klar ist, ob sich diese Summe auch ausschließlich auf Forderungen bezieht, die bereits zum 31. Dezember 1995 vorhanden waren und somit ausgeschlossen werden kann, dass Rechnungen getilgt worden sind, die erst 1996 gestellt worden sind. Es verbleibt also bei der bereits im Wege der gutachterlichen Vorsicht angenommenen Bewertung des Forderungsbestandes in Höhe von 20 % des Buchwertes, also 105 652,00 DM.
bb) Die Bewertung der Passiva durch den Gutachter ist allerdings insofern zu korrigieren, als die Kosten für einen zu erwartenden Sozialplan in Höhe von 110 000,00 DM (Seite 33 des Gutachtens) nicht zu berücksichtigen sind. Zwar wird teilweise angenommen, dass auch solche Kosten in die Überschuldungsbilanz einzustellen seien (vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbHG, § 63 Rn. 45). Jedoch handelte es sich bei den Kosten eines Sozialplanes um Verbindlichkeiten, die gerade erst durch die Eröffnung des Konkursverfahrens entstehen. Im Rahmen der Überschuldungsbilanz ist indes zu überprüfen, ob die vorhandene Masse noch ausreicht, die bestehenden Verbindlichkeiten zu tilgen. Sozialplanansprüche der Arbeitnehmer wegen insolvenzbedingter Betriebsbeendigung sind also nicht in den Überschuldungsstatus einzustellen (K.... Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 603).
Zu Unrecht wendet sich der Beklagte (Stellungnahme der Steuerberaterin S.... vom 23. Oktober 2001, Seiten 5 u. 6) gegen die Bewertung des Postens "Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten" in Höhe von 115 441,70 DM sowie der Position "Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen" in Höhe von 716 919,20 DM. Hinsichtlich der ersten Position ist die Auffassung des Beklagten unzutreffend, es handele sich insofern nicht um eine "echte Außenschuld der GmbH", da diese Forderung durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft des Beklagten abgesichert sei. Ebenso wie eventuell als Sicherheit eingesetzte Gegenstände auf der Aktivseite der Überschuldungsbilanz eingesetzt werden müssen (soeben unter aa), müssen ihrerseits durch die Haftung Dritter abgesicherte Verbindlichkeiten ebenfalls als Passivposten eingestellt werden (vgl. etwa zu einer "dinglichen" Absicherung einer Verbindlichkeit Scholz/K.... Schmidt, GmbHG, § 63 Rn. 26). Eine Korrektur des für Verbindlichkeiten auf Lieferungen und Leistungen angesetzten Betrages kommt nicht in Betracht. Unerheblich ist zunächst, in welchem Umfang diese Lieferantenverbindlichkeiten im Jahr 1996 bezahlt worden sind, da es um die Feststellung der Überschuldung, nicht der Zahlungsunfähigkeit geht. Im Übrigen kommt es bei der Erstellung des Überschuldungsstatus nicht darauf an, ob die "verbleibenden Lieferantenschulden in Höhe von 218 513,77 DM ... sämtlich höchst strittig (sind)". Die nachträgliche Einzelbewertung solcher Verbindlichkeiten ist für ihre Berücksichtigung im Überschuldungsstatus zu einem vorgelagerten Zeitpunkt unerheblich. Im Übrigen hat der Gutachter insofern den Betrag übernommen, der ihm durch den Jahresabschluss des Steuerberaters der N.... Baubetriebe GmbH vorgegeben war, so dass schon deshalb eine (nachträgliche) Korrektur ausscheidet.
Ergibt sich danach, dass in leichter Modifikation des Gutachtens des Sachverständigen D.... die Aktivseite der Überschuldungsbilanz zu erhöhen war um die Position von 69 600 DM (Betriebs- und Geschäftsausstattung) einerseits sowie 22 969,62 DM (Warenbestand/fertige Arbeiten) andererseits, zudem eine Reduzierung der Passiva um 110 000 DM (Sozialplan) vorzunehmen war, führt dies zu einer rechnerischen Überschuldung in Höhe von 689 385,38 DM. Es verbleibt demnach beim vom Sachverständigen festgestellten Gesamtergebnis einer rechnerischen Überschuldung, das er aus den Buchwerten entwickelt hat.
b) Wie der Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, wird diese rechnerische Überschuldung nicht durch eine positive Fortbestehensprognose korrigiert (Seite 41 ff. des Gutachtens). Der Beklagte selbst hat zu einer solchen Fortbestehensprognose nichts vorgetragen. Voraussetzung dafür wäre indes regelmäßig, dass ein dokumentierter Finanz- und Ertragsplan vorgelegt wird, aus dem sich nachvollziehbar ergibt, auf welche Art und Weise das Unternehmen trotz rechnerischer Überschuldung weitergeführt werden kann (K.... Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in Krise, Sanierung und Insolvenz, Rn. 601). Die Erstellung eines solchen Konzepts obliegt dem Geschäftsführer ( BGHZ 126, 181, 200 ). Seine Sache ist es, Umstände darzulegen, die es aus seiner damaligen Sicht rechtfertigten, das Unternehmen trotz der rechnerischen Überschuldung fortzuführen (BGH a.a.O.). Zwanglos ergibt sich die Darlegungslast daraus, dass der Geschäftsführer, der ohnehin zu einer laufenden Prüfung der Unternehmenslage verpflichtet ist, die wirtschaftliche Situation ungleich besser einschätzen kann als der außenstehende Gläubiger. Dieser Substantiierungslast ist der Beklagte nicht nachgekommen.
Indes mangelt es nicht lediglich an einem überzeugenden Konzept das entgegen der rechnerischen Überschuldung für eine positive Prognose sprechen könnte; vielmehr sprechen einzelne Indizien sogar gegen eine solche Prognose zum 31. Dezember 1995. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Berufung nämlich gegen die Einschätzung des Gutachters, aufgrund von permanenten Zahlungsschwierigkeiten im Jahr 1995 habe zum Ende dieses Jahres eine positive Fortbestehensprognose nicht getroffen werden können (Seite 46 des Gutachtens). Aufgrund der - unstreitigen - Aufstellung des Gutachters (Seite 47 des Gutachtens) zu den Umständen der Forderungsdurchsetzung von Gläubigern der GmbH teilt der Senat nicht die Bewertung des Beklagten, die GmbH sei 1995 ihren Zahlungen "ganz regelmäßig und praktisch ausnahmslos vollständig" nachgekommen. Von regelmäßigen Zahlungen kann angesichts der mehrfach dokumentierten Mahnungen - teilweise wurde auch die Zwangsvollstreckung angekündigt, nämlich durch das Finanzamt C.... - nicht gesprochen werden.
Nichts Anderes ergibt sich aus der Liquiditätslage zum 31. Dezember 1995 (Bl. 48 d.A.), nach der eine Unterdeckung von gut 25 % vorlag. Nicht überzeugend ist auch die Argumentation des Beklagten, bei Vorlage der Bilanz 1995 habe im Mai 1996 ein operativer Gewinn von 201 579,66 DM ausgewiesen werden können. Denn einerseits ist Bezugspunkt für die hier erforderliche Prognose der Zeitpunkt Ende 1995; andererseits musste nach einer Berücksichtigung der Zahlen von Januar bis Mai 1996 klar sein, dass die Verluste aus 1995 durch den "vorläufigen Gewinn" in 1996 von ca. 132 900 DM (ca. 318 600 DM für März, April und Mai abzüglich der Verluste in Januar und Februar in Höhe von ca. 185 700 DM) keineswegs ausgeglichen worden waren. Nicht durchgreifend ist auch der Hinweis, von Oktober bis Dezember 1996 begründete Verbindlichkeiten seien in Bauvorhaben eingeflossen, die in der vom Gutachter erstellten Bilanz nicht erfasst worden seien. Diese Geschehnisse vom Herbst 1996 durfte der Gutachter in seiner Bewertung der Fortführungsprognose zum 31. Dezember 1995 mangels besonderer vorgetragener Vorhersehbarkeit nicht berücksichtigen.
Zu Unrecht folgert die Berufung im Übrigen aus dem durch den Gutachter fixierten Umstand, es sei im Jahr 1996 zu einer signifikanten Ausweitung der erzielten Umsatzerlöse von 3,75 Mio. DM im Jahr 1995 auf 3,97 Mio. DM im Jahr 1996 gekommen und es habe sich eine deutliche Verringerung des rechnerischen Verlustes ergeben, dass eine positive Fortbestehensprognose Ende 1995 oder auch nur Anfang 1996 bestanden habe. Die Erhöhung der Umsatzerlöse kann jedenfalls nicht als signifikant für eine Erholung des Unternehmens gedeutet werden. Während sich nämlich die Erlöse um ca. 393 300 DM erhöhten, erhöhte sich auch der "Materialaufwand" um ca. 404 100 DM und verringerte sich der "Personalaufwand" um lediglich ca. 43 700 DM, so dass mehr als fraglich bleibt, ob in der Erhöhung der Erlöse eine nachhaltige Verbesserung der Ertragslage insgesamt zum Ausdruck kam. Die weitere Entwicklung des Unternehmens konnte dies nicht bestätigen. Im Übrigen spricht - anders als die Berufung zu meinen scheint - die "Verringerung des rechnerischen Verlustes" nicht für eine positive Fortbestehensprognose. Das Gegenteil ist der Fall. Auch das Jahr 1996 hat - isoliert - mit einem negativen Ergebnis abgeschlossen. Das negative Ergebnis aus 1995 ist also nicht etwa durch das Ergebnis des Jahres 1996 verringert worden.
Gegen eine positive Fortbestehensprognose spricht auch die Entwicklung des Gesamtvermögens der GmbH im Vergleich der Jahre 1993 bis 1994. Das Gesamtvermögen zum 31. Dezember 1994 betragt knapp 63 % des Gesamtvermögens am Stichtag 31.12.1993, das Vermögen zum 31. Dezember 1995 betragt 51 % des Gesamtvermögens von zum Bilanzstichtag 31.12.1994.
c) Der Verstoß gegen die Verpflichtung, aus der zum 31. Dezember 1995 eingetretenen Überschuldung die vorgeschriebenen Konsequenzen zu ziehen, ist dem Beklagten als Geschäftsführer der GmbH auch subjektiv zurechenbar. Der Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 GmbHG setzt Verschulden voraus, wobei Fahrlässigkeit genügt ( BGHZ 126, 181, 199 ). Dieser Fahrlässigkeitsvorwurf trifft den Beklagten auch bereits Ende des Jahres 1995 und nicht erst nach Vorlage des Jahresabschlusses durch die Steuerberaterin S..... Der Geschäftsführer einer GmbH darf sich nicht lediglich auf das Ergebnis der Zuarbeit von Dritten verlassen; er ist zu beständiger Selbstprüfung des Unternehmens verpflichtet (Scholz/K.... Schmidt, GmbHG, § 64 Rn. 10). Dem Beklagten musste zum 31. Dezember 1995 die Überschuldung der GmbH klar sein; er hatte schon nach dem Abschluss 1994 allen Anlass, die Geschäftsentwicklung 1995 eingehend zu analysieren und zu überprüfen, ob sich die negativen Anzeichen verdichten würden. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund der verschiedensten Mahnungen bereits im Jahr 1994 und - verstärkt - im Jahr 1995. Der Beklagte musste demnach die Krise bereits im Verlauf des Jahres 1995, das durch einen massiven Umsatzeinbruch gekennzeichnet war, erkennen und hätte sich bei der - notfalls mit fachkundiger Unterstützung erzielten - Erstellung eines Vermögensstatus einen Überblick über die wirtschaftliche Lage verschaffen können, der ihn dann dazu bewegen musste, pflichtgemäß einen Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens zu stellen. Mit den wirtschaftlichen Verhältnissen war der Beklagte als Gesellschafter und Geschäftsführer, nämlich seit Gründung der GmbH im Jahr 1991, bestens vertraut Umstände, aus denen sich insofern ein fehlendes Verschulden ergeben konnten, für die im Übrigen der Beklagte als Geschäftsführer beweispflichtig wäre (Baumbach/Hueck/Schulz-Osterloh, GmbHG, § 64 Rn. 87 a.E.), sind nicht dargetan.
2. Durch die verspätete Konkursantragstellung seitens des Beklagten ist der Klägerin ein Schaden in Höhe von 63 130,56 DM entstanden.
a) Ohne Zweifel sind zunächst dem Grunde nach ersatzfähig die Beträge aus den Positionen Nr. 1, 3-8, 10-16 sowie 18-21 der klägerischen Forderungsaufstellung. Denn diesen einzelnen Positionen liegen vertragliche Beziehungen zwischen der Klägerin und der N.... Baubetriebe GmbH zu Grunde, die nach dem 31. Dezember 1995 begründet worden sind, also zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits Konkursantrag gestellt worden sein musste und die Klägerin daher im Zweifel von vertraglichen Beziehungen Abstand genommen hätte.
Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten sind aber auch die Rechnungen Nr. 2 und 9 (Leitel) dem Grundsatz nach ersatzfähig. Zwar ist unstreitig, dass die diesen Rechnungen zu Grunde liegenden Aufträge bereits vor dem 31. Dezember 1995 abgeschlossen worden sind. Für eine Ersatzfähigkeit ist jedoch der Vertragsschluss selbst nicht entscheidend. Dies ergibt sich aus dem Schutzzweck des § 64 GmbHG, wie ihn der Bundesgerichtshof skizziert hat ( BGHZ 126, 181, 92 ff. ). Danach sollen die sog. "Neugläubiger" geschützt werden, die nicht in die Gläubigerstellung gelangt wären, wenn der Geschäftsführer seiner Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrages nachgekommen wäre. Sie können danach Ersatz desjenigen Schadens verlangen, der dadurch entsteht, dass sie in Rechtsbeziehung zu einer überschuldeten oder zahlungsunfähigen GmbH getreten sind. Jedoch tritt für diesen Neugläubiger der Vermögensnachteil nicht schon mit Vertragsschluss ein, sondern erst dann, wenn er seine Leistung erbringt, dafür aber später die Gegenleistung nicht mehr vollständig, sondern nur quotal aus der Masse erhält bzw. sogar ausfällt. Zwar wäre der Gläubiger nicht in eine vertragliche Beziehung zum überschuldeten Unternehmen eingetreten, jedoch "belastet" ihn der Vertrag als solcher noch nicht, sondern erst die eigene Leistungserbringung ohne Erhalt der Gegenleistung. Dies ergibt sich aus § 321 BGB. Nach dieser Vorschrift kann der Vertragspartner bei einer wesentlichen Verschlechterung der Vermögenslage des anderen - wozu auch und insbesondere die Konkursreife gehört (MünchKomm. zum BGB/Emmerich, 4. Aufl., § 321 Rn. 13) - die Leistung verweigern. Erst in diesem Moment beginnt also die Schutzbedürftigkeit des Gläubigers, der möglicherweise durch die Unterlassung des Geschäftsführers, den gebotenen Konkursantrag zu stellen, dazu bewogen wird, seine Vorleistung zu erbringen und so das Zurückbehaltungsrecht aus § 321 nicht mehr geltend zu machen. Insofern deckt sich dieser Regelungsmechanismus mit der Präzisierung des Schutzzwecks von § 64 Abs. 1 GmbHG durch den Bundesgerichtshof: Schadensersatz soll Gläubigem gewährt werden, "die infolge des Unterbleibens des Konkursantrags mit der GmbH in Geschäftsbeziehungen treten und ihr Kredit gewähren. ..." ( BGHZ 126, 181, 192 ). Gerade diese Kreditgewährung, die sich in der Insolvenz des Vertragspartners auswirkt, ist Ursache für die Schutzbedürftigkeit des letztlich Vorleistenden. Die Leistungserbringung jedoch, nicht der Abschluss des Vertrages, bedeutet Kreditgewährung. § 64 Abs. 1 GmbHG will also letztlich die Vorleistung des Gläubigers verhindern. Legt man diesen Schutzzweck zu Grunde, bestehen auch keine Bedenken, die Forderungen der Klägerin aus dem Bauvorhaben L.... als zum ersatzfähigen Schaden zu rechnen. Unstreitig hat die Klägerin nämlich erst am 30. Juni 1996 mit den Arbeiten dadurch begonnen, dass sie die Baustelle eingerichtet hat. Zu diesem Zeitpunkt jedoch hätte der Beklagte schon den Konkursantrag stellen müssen.
Es ist indes nicht erkennbar, inwieweit die Pos. 17 (Sicherheitssummen) zum ersatzfähigen Schaden zählt. Denn die Klägerin hat nicht vorgetragen, wann die Forderungen entstanden sind, die dieser Position zu Grunde liegen. Insofern ist die Klägerin für den Umstand, dass dieser Schaden gerade durch eine verzögerte Antragstellung entstanden ist, darlegungspflichtig geblieben.
Dies gilt in ähnlicher Weise für die Sicherheitsbeträge in Höhe von 7 772,35 DM (Bl. 158, 160 ff.d.A.), bei denen nicht schlüssig vorgetragen ist, wann die zu Grunde liegenden Forderungen entstanden sind.
Als im Grundsatz ersatzfähig sind also die Positionen 1-16, 18-21 aufzufassen, so dass sich ein Ausgangsbetrag in Höhe von 72 600,15 DM ergibt.
b) Dieser Betrag mindert sich nicht um von der GmbH geleistete Zahlungen. Keine der in der zu den Akten gereichten Aufstellung (Bl. 150 d.A.) genannten Rechnungsnummern, der nach dem Vortrag des Beklagten die Zahlungen zuzuordnen waren, entspricht einer der Bezeichnungen, die die von der Klägerin genannten Rechnungen tragen. Ein Erlöschen der Forderung ist insofern durch den Beklagten nicht substantiiert vorgetragen worden.
c) Entgegen der Auffassung der Berufung ist von den seitens der Klägerin als Schadensersatz geltend gemachten Forderungen nicht ein bestimmter Betrag als "Gewinn" der Klägerin abzuziehen. Zwar weist die Berufung zu Recht darauf hin, dass im Rahmen des Schadensersatzes nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 GmbHG durch den Schuldner lediglich das negative Interesse zu ersetzen ist, so dass vom gedanklichen Ansatz her nicht Erfüllung, also die vereinbarte Vergütung, verlangt werden kann (Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG, § 64 Rn. 86). Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Ersatz entgangenen Gewinns auszuscheiden hätte, was sich zwanglos aus dem Gedanken des Ersatzes des negativen Interesses ergibt: Der Gläubiger soll nämlich so gestellt werden, wie er stünde, wenn er nicht auf die Gültigkeit des Geschäfts vertraut hätte ( BGH NJW-RR 1990, 230 [BGH 27.11.1989 - II ZR 310/88]). In diesem Fall hätte der Gläubiger aber versucht, seine Kapazitäten anders einzusetzen. Zwar bestreitet die Berufung, dass es der Klägerin möglich gewesen wäre, anderweitig Aufträge zu erlangen, aufgrund derer sie einen Anspruch auf die hier eingeklagte Vergütung erlangt haben würde. Dieses Bestreiten ist jedoch im Hinblick auf § 252 Satz 2 BGB nicht ausreichend. Nach der in dieser Vorschrift liegenden Beweiserleichterung muss nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge davon ausgegangen werden, dass der notwendig auf Rentabilität ausgerichtete Geschäftsbetrieb der Klägerin ausgelastet war, sodass der Beklagte den Gegenbeweis hätte führen müssen, dass eine anderweitige Verwendung der Kapazitäten für die Klägerin im fraglichen Zeitraum nicht möglich war, sondern dass diese brachgelegen hätten (vgl. dazu auch OLG Koblenz, GmbHR 2000, 31, 33 [OLG Koblenz 03.08.1999 - 3 U 1806/98]). Einen Beweis dafür hat der Beklagte nicht angetreten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Umständen. Es ist nicht erkennbar, warum der Handwerksbetrieb der Klägerin als Bautischlerei zu Beginn des Jahres 1996 nicht ausgelastet gewesen sein sollte.
d) Von der Summe der Rechnungspositionen in Höhe von 72 600,15 DM sind jedoch die Umsatzsteueranteile abzusetzen, da es sich um Brutto-Rechnungsbeträge handelt. Der Beklagte schuldet nämlich Schadensersatz; dieser ist nicht als Entgelt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG aufzufassen. Dem "Entgelt" für einen Leistungsaustausch liegt nämlich zugrunde, dass jemand eine Leistung dadurch erbringt, dass er ein Rechtsgut des Wirtschaftsverkehrs zur Herbeiführung des Nutzens eines anderen opfert (Bunjes/Geist, UStG, § 1 Anm. 4). Grundlage dafür ist die innere Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung (Bunjes/Geist, UStG, § 1 Anm. 4), die beim Schadensersatz gerade fehlt. So sind alle Schadensersatzleistungen aufgrund unerlaubter Handlungen nicht steuerbar (Bunjes/Geist, UStG, § 1 Anm. 14). Eine zumindest deliktsähnliche Haftung steht aber hier im Streit, so dass insofern die Klägerin keine Steuern zu entrichten hat. Im Übrigen verdeutlichen gerade die Überlegungen zur Höhe des Schadensersatzes, dass es sich um keine Leistung im Sinne der inneren Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung handelt: Die Klägerin kann nicht das Erfüllungsinteresse geltend machen, es kommt nicht auf den Inhalt der vertraglichen Vereinbarung mit ihrer Vertragspartnerin an, sondern auf ihre faktische Vermögenseinbuße. Dies belegen die obigen Erwägungen zur Berechnung des Schadens: Entscheidend ist nicht die Gewinnspanne, die sich aus der vertraglichen Vereinbarung mit der GmbH ergibt, sondern der Gewinn, der durch anderweitigen Einsatz hätte erzielt werden können.
Nichts anderes ergibt sich aus der von der Klägerin angeführten Entscheidung des BFH (BStBl. III 1963, 106): Der BFH hat hier gerade den Charakter einer steuerbaren Leistung für den Fall abgelehnt, dass ein Händler für die Verletzung seines Alleinverkaufsrechts in einem bestimmten Bezirk von einem fremden Händler eine Entschädigung erhielt, die auf umfassenden vertraglichen Vereinbarungen der Herstellerfirma mit Händlern beruhte; dies sei kein Entgelt für einen Leistungsaustausch, sondern echter Schadensersatz.
Hinzu kommt, dass die Klägerin ohnehin für den Beklagten keine Leistungen erbracht hat, da sie mit ihm in keine vertragliche Beziehung eingetreten ist; der Beklagte war auch nicht etwa als "Dritter" in die Leistungsbeziehungen zwischen der Klägerin und der Fa. N.... Baubetriebe GmbH miteinbezogen.
Es ergibt sich mithin ein Nettobetrag von 63 130,56 DM, den der Beklagte der Klägerin zu ersetzen hat.
II.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO.