Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 21.12.2001, Az.: 2 W 102/01

Akteneinsichtsgesuch; Insolvenzverfahren ; Masseunzulänglichkeit; Interesse ; Gutachten; Aktenbestandteil; Entwurf

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
21.12.2001
Aktenzeichen
2 W 102/01
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2001, 21603
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2001:1221.2W102.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Verden - 14 IN 155/00

Fundstellen

  • InVo 2002, 181-182
  • KTS 2002, 295
  • NZI 2002, 261-262
  • NZI 2002, 4
  • OLGReport Gerichtsort 2002, 114-115
  • ZIP 2002, 446-447 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZInsO 2002, 73 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

1. Der Gläubiger eines titulierten Anspruchs, der bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens Insolvenzgläubiger gewesen wäre, hat ein rechtliches Interesse an der Einsicht in die Akten eines mangels Masse nicht eröffneten Insolvenzantragsverfahrens.

2. Das im Insolvenzeröffnungsverfahren erstattete Gutachten ist Bestandteil der Akten und stellt keinen nicht der Akteneinsicht unterliegenden Entwurf i. S. d. § 299 Abs. 3 ZPO dar, der nicht der der Einsicht unterliegt.

Tenor:

wird auf die als zulässiger Antrag auf gerichtliche Entscheidung anzusehende Beschwerde der Beteiligten vom 17. September 2001 gegen den Beschluss des Direktors des Amtsgerichts Verden vom 11. September 2001 die den Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht zurückweisende Entscheidung aufgehoben und das Amtsgericht angewiesen, die Beteiligte unter Beachtung der Auffassung des Senats neu zu bescheiden.

Gründe

1

Der Rechtsbehelf der Beteiligten ist als Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff. EGGVG zulässig, weil über das Akteneinsichtsgesuch der Direktor des Amtsgerichts entschieden hat und damit ein Justizverwaltungsakt im Sinne der genannten Vorschriften gegeben. Der Antrag ist ferner innerhalb der Monatsfrist des § 26 EGGVG eingegangen.

2

Der Antrag ist auch begründet, weil das Amtsgericht die Voraussetzungen des im Insolvenzverfahren gem. § 4 InsO entsprechend anwendbaren § 299 Abs. 2 ZPO verkannt und keine abwägende Entscheidung über die Interessen der Beteiligten an der Einsicht in die Akten des durch Abweisung mangels Masse beendeten Insolvenzantragsverfahrens und die Interessen des Schuldners an der Geheimhaltung getroffen hat.

3

Das rechtliche Interesse der Beteiligten, die als Gläubigerin eines titulierten Anspruchs bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens Insolvenzgläubigerin gewesen wäre, folgt bereits aus dieser potenziellen Beteiligung im Insolvenzverfahren (hierzu ausführlich Heeseler, ZInsO 2001, 873 ff. , 882 ff. ; Graf/Wunsch, ZIP 2001, 1800 ff. ). Die Gläubigerin hat aufgrund ihres Titels gegen den Schuldner ein Interesse an der Feststellung der Chancen, aus diesem Titel zu vollstrecken und ggf. auch gegen den Schuldner einen eigenen Insolvenzantrag zu stellen. Das Einsichtsrecht des Gläubigers in die Akten eines durch Abweisung mangels Masse abgeschlossenen Eröffnungsverfahrens ist nicht an die Darlegung eines weiter gehenden Interesses geknüpft, wie dies das Amtsgericht scheinbar meint, ohne hierzu Näheres auszuführen. Das Gericht wird deshalb nach Anhörung des Schuldners neu zu entscheiden haben.

4

Soweit der Direktor des Amtsgericht der Auffassung zu sein scheint, dass eine Einsicht in das im Eröffnungsverfahren erstellte Gutachten nicht in Betracht komme, weist der Senat darauf hin, dass eine derartige Beschränkung nicht gerechtfertigt ist. Das Gutachten ist Bestandteil der Akten und stellt keinen Entwurf oder Ähnliches i. S. d. § 299 Abs. 3 ZPO dar (s. auch Graf/Wunsch, ZIP 2001, 1803 m. w. H. ). Die vereinzelt vertretene Auffassung, das Gutachten könne von der Einsicht ausgenommen werden (vgl. z. B. AG Potsdam, ZInsO 2001, 447, 448) findet im Gesetz keine Stütze und ist abzulehnen. Ein Gutachten ein Sachverständigen ist schon begrifflich einem gerichtlichen Entwurf nicht gleichzustellen (so auch OLG Düsseldorf, ZIP 2000, 322, 323; OLG Braunschweig, ZIP 1997, 894).

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