Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 10.01.2003, Az.: 14 U 29/01

Änderung eines Vergütungsanspruchs aus einer Werkleistung aufgrund einer Änderung der Preisgrundlagen für eine vertraglich vorgesehene Leistung durch Anordnungen des Auftraggebers; Vorliegen einer die vertragliche Leistungspflicht erweiternden Anordnung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
10.01.2003
Aktenzeichen
14 U 29/01
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2003, 34178
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2003:0110.14U29.01.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 15.12.2000 - AZ: 4 O 40/98

In dem Rechtsstreit
...
hat der 14. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2001
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
den Richter am Oberlandesgericht ... und
den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Dezember 2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 7.200 EURO (= 14.000 DM) abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beide Parteien dürfen die Sicherheit durch unwiderrufliche, unbefristete, selbstschuldnerische und schriftliche Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank leisten.

Beschwer der Klägerin: 48.665,41 EURO (= 95.161,72 DM).

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt restlichen Werklohn.

2

Im Rahmen des Verkehrsprojekts "Deutsche Einheit" schrieb die Beklagte, vertreten durch das Wasser- und Schifffahrtdirektion ..., im Zuge des Ausbaus des Mittellandkanals und der Schnellbahn Hannover-Berlin Erdarbeiten aus. Die ausgeschriebenen Arbeiten betrafen u.a. die Erstellung eines Erdwalls neben der Bahntrasse als sog. Überflughilfe für Vögel sowie die Herstellung eines zwischen dem Erdwall und den Schienen liegenden und parallel zu beiden verlaufenden befestigten Seitengrabens. In dem von der Beklagten der Ausschreibung zugrunde gelegten Leistungsverzeichnis heißt es unter Ordnungsziffer 0.1.31:

"Graben befestigen.

Sohlbreite 0,4 m.

Grabentiefe bis 1,5 m.

Böschungsneigung 1 : 1,5.

Sohlbefestigung = Betonsohlschalen auf 10 cm dicker Bettung aus B 10.

Unbefestigte restliche Böschungsflächen mit Oberboden 10 cm dick andecken.

800 m."

3

Verbunden mit den Ausschreibungsunterlagen war u.a. eine Entwurfszeichnung im Maßstab von 1 : 100, die das Querprofil des als Überflughilfe zu erstellenden Erdwalls sowie des Bahnseitengrabens beinhaltete (GA 98). Die Klägerin gab ihr Angebot zu den ausgeschriebenen Arbeiten am 17. Juli 1996 ab. Sie legte dabei für die Position 0.1.31 in ihrer Urkalkulation einen Einheitspreis von 27,90 DM/m netto zugrunde, der bei einer geschätzten Länge des Grabens von 800 m zu einem Gesamtpreis von 22.320 DM netto führte (GA 99). Die Urkalkulation wurde der Beklagten in verschlossenem Umschlag überreicht und erst am 22. Januar 1997 eröffnet. Die tatsächliche Länge des zu erstellenden Seitengrabens betrug 775,5 m. Mit Schreiben vom 13. August 1996 nahm die Beklagte, vertreten durch das Wasserstraßen-Neubauamt H. (im Weiteren: WNA) das Angebot der Klägerin unter Abzug einzelner angebotener Positionen an (GA 75). Zwischen den Parteien wurde die Geltung Besonderer Vertragsbedingungen, u.a. auch die der VOB/B, vereinbart (GA 12). Bestandteil des Bauvertrages war ebenfalls die Entwurfszeichnung Maßstab 1 : 100, die das Querprofil von Überflughilfe und Bahnseitengraben darstellt.

4

Die Klägerin, die sich bezüglich der Befestigung des Seitengrabens durch die Leistungsbeschreibung der Beklagten keinen konkreten Vorgaben ausgesetzt sah, beabsichtigte den Seitengraben mit Betonsohlschalen, die eine Gesamtbreite von 40 cm aufweisen sollten, zu verlegen, nachdem sie ihre ursprüngliche Planung, lediglich Rasenkammersteine im Seitengraben zu verlegen, aufgegeben hatte. Diese Art der Ausführung wies die örtliche Bauleitung der Beklagten unter Hinweis auf die Leistungsbeschreibung zurück. Die Klägerin zeigte deshalb mit Schreiben vom 24. September 1996 (GA 102) der Beklagten an, dass die Bauleitung eine Sohlbefestigung des Grabens fordere, die nicht Gegenstand des Vertrages sei. Sie bot deshalb die Lieferung und Verlegung der geforderten Sohlschale "Typ 240" des Betonwerks V., dessen Produktangebote der Klägerin bereits im August 1996 übersandt worden waren, nunmehr zu einem Nettopreis von 81,16 DM/m an. Das WNA lehnte mit Schreiben vom 26. September 1996 (GA 27) das Nachtragsangebot ab und wies darauf hin, dass die Klägerin bereits nach der Ausschreibung die Verlegung einer Sohlschale mit einer Sohlbreite von 40 cm schulde. In der Folgezeit trat die Klägerin in weitere Verhandlungen mit dem WNA ein. Sie forderte eine klare und erschöpfende Beschreibung der geforderten Betonsohlschale, weil das Leistungsverzeichnis der Beklagten insoweit unklar sei. Das Nachtragsangebot sei gerechtfertigt, denn nach der Leistungsbeschreibung sei lediglich eine Sohlschale mit einer Gesamtbreite von 40 cm geschuldet. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Schreiben der Klägerin vom 7. Oktober 1996 (GA 28), und das Schreiben des WNA vom 8. Oktober 1996 (GA 414). Am 14. Oktober 1996 fand eine Baubesprechung statt, in der eine Einigung der Parteien nicht erzielt wurde. Das WNA stellte jedoch heraus, dass die im Schreiben der Klägerin vom 26. September 1996 beschriebene oder eine gleichwertige Sohlschale einzubauen sei (vgl. Gesprächsprotokoll des WNA vom 16. Oktober 1996, GA 30). Mit Schreiben vom 18. Oktober 1996 teilte die Klägerin dem WNA mit, dass sie zur Klärung des Sachverhalts einen unabhängigen Sachverständigen eingeschaltet habe, forderte darüber hinaus nochmals eine klare und erschöpfende Beschreibung der geforderten Betonsohlschale und erklärte, vorerst mit der Ausführung der Arbeiten nicht zu beginnen, bevor nicht die Ausführungsart feststehe (GA 31). Dies wies das WNA mit Schreiben vom 8. Oktober 1998 (GA 414) zurück. Nach Eingang des von der Klägerin eingeholten Privatgutachtens des Dipl.-Ing. N. vom 17. Oktober 1996 (GA 33 ff) übersandte sie dieses dem WNA zur Kenntnis und Stellungnahme.

5

Anlässlich einer zweiten Baubesprechung am 24. Oktober 1996 legte das WNA die geforderte Sohlschale zeichnerisch in weiteren Einzelheiten fest. Es bediente sich dabei einer anonymisierten zeichnerischen Darstellung aus dem Produktkatalog des Betonwerks V. (GA 107). Mit Schreiben vom 28. Oktober 1996 (GA 106) übersandte das WNA der Klägerin die zeichnerische Darstellung der Betonsohlschale sowie das Protokoll von der Baubesprechung am 24. Oktober 1996 (GA 105). In dem Protokoll heißt es, dass der Auftragnehmer eine nachvollziehbare Kalkulation zum Nachtragsangebot vom 24. September 1996 nachreichen werde, wobei nur der Mehraufwand an Material und Verlegekosten zu berücksichtigen sei, der sich aus der Differenz zwischen den Kosten für das Liefern und Verlegen einer "Mindestsohlschale", die mindestens dem LV-Text entspreche, und denen für die am 24. Oktober 1996 festgelegten Sohlschale ergebe.

6

Nachdem die Klägerin dem WNA mitgeteilt hatte, dass sie die geforderten Betonsohlschalen zurzeit nicht von dem Lieferanten erhalten könne (GA 41), führte sie zunächst ihre Arbeiten am Erdwall für die Überflughilfe weiter. Die Klägerin baute mit zeitlicher Verzögerung gegenüber dem geplanten Bauzeitende die geforderten Betonsohlschalen im Frühjahr 1997 ein. Da die tatsächlich eingebauten Betonsohlschalen wesentlich teurer als von der Klägerin in der Urkalkulation berücksichtigt und auch die Arbeits- und Maschinenzeiten zur Fertigstellung des Bahnseitengrabens aufwendiger als ursprünglich kalkuliert waren, weil vor den Grabenbefestigungsarbeiten zwischenzeitlich der Erdwall für die Überflughilfe fertig gestellt worden war, unterbreitete sie mit Schreiben vom 16. Dezember 1996 dem WNA für die Position 0.1.31. der Leistungsbeschreibung einen neuen Angebotspreis von 133,57 DM/m netto (GA 43). Die Beklagte erklärte hierzu mit Schreiben vom 17. Januar 1997 (GA 44), dass zwar grundsätzlich der Mehraufwand der Klägerin bezahlt werden solle, die geforderte Vergütung jedoch überzogen sei. Dem widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 21. Januar 1997 (GA 45). Mit Schreiben vom 29. Januar 1997 (GA 47) teilte das WNA der Klägerin mit, dass deren Nachtragsforderung grundsätzlich gerechtfertigt sei, ein neuer Nettoeinheitspreis allerdings nur in Höhe von 52,26 DM angemessen sei. Auch in der Folgezeit kam es zu keiner Einigung der Parteien.

7

Die Klägerin ließ sodann von dem von ihr beauftragten Privatgutachter Dipl.-Ing. N. den angemessenen Preis für die von ihr durchgeführten Arbeiten am Bahnseitengraben errechnen. Dieser errechnete einen Einheitspreis von 185,82 DM/m netto (GA 53 ff), den die Klägerin nunmehr ihrer Vergütungsforderung zugrunde legte.

8

Die Parteien führten sodann das Streitverfahren gemäß § 18 Nr. 2 VOB/B durch. Mit Entscheidung vom 6. Juni 1997 gestand die Wasser- und Schifffahrtsdirektion ... der Klägerin einen Einheitspreis von 79,39 DM/m netto zu und wies das WNA an, diesen Einheitspreis bei der Abrechnung anzuerkennen (GA 64). Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin fristgerecht mit Schreiben vom 28. Juli 1997 (GA 69) Einspruch ein. In der Folgezeit erteilte das WNA der Klägerin den Nachtragsauftrag für die Grabenbefestigung zu einem Einheitspreis von 79,39 DM (GA 77). Weitere vergleichsweise Bemühungen der Parteien scheiterten.

9

Die Abnahme der Arbeiten der Klägerin erfolgte am 24. Juni 1997 (GA 81). Mit Schlussrechnung vom 21. November 1997 rechnete die Klägerin die Position 0.1.31 mit einem Einheitspreis von 185,82 DM netto ab. Die Beklagte glich die Schlussrechnung nur unter Zugrundelegung des von ihr zugestandenen Einheitspreises von 79,39 DM/m netto aus und kürzte die Rechnung der Klägerin um insgesamt 95.615,83 DM brutto. Dieser Betrag stellt die Klageforderung dar.

10

Die Klägerin hat geltend gemacht, dass die Ausschreibungsunterlagen der Beklagten ungenau gewesen seien und die von ihr ursprünglich vorgenommene Kalkulation der Ausschreibung entsprochen habe. Erst nachträglich habe die Beklagte eine andere als die vereinbarte Leistung verlangt, indem sie am 24. Oktober 1996 die Verlegung eines bestimmten Sohlschalentyps verlangt habe. Diese nachträgliche Anordnung und die hierdurch eingetretene, von der Beklagten zu vertretende zeitliche Verzögerung des Arbeitsbeginns hätten dazu geführt, dass ihr, der Klägerin, Mehraufwendungen in der geltend gemachten Höhe entstanden seien, die von der Beklagten zu tragen seien.

11

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 95.161,72 DM nebst 10% Zinsen seit dem 24. Dezember 1997 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Sie hat geltend gemacht, dass die Ausschreibung hinreichend genau gewesen sei. Ernsthafte Zweifel an der Art der Grabenbefestigung hätten nicht bestanden. Bei Zweifeln wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, sich um Aufklärung zu bemühen, bevor sie ihr Angebot abgegeben habe. Die Klägerin habe sich schlicht verkalkuliert. Aufgrund der später erfolgten Festlegung des Sohlschalentyps sei der Klägerin eine Mehrvergütung zugestanden worden, darüber hinausgehende Ansprüche bestünden nicht.

14

Das Landgericht hat Beweis erhoben aufgrund Beweisbeschlusses vom 16. September 1998 (GA 117) durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. G. vom 15. Juni 1999, das dieser mit Ergänzungsgutachten vom 24. November 1999 und 11. August 2000 erläutert hat.

15

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehe, dass die Ausschreibung der Beklagten i.V.m. der Querschnittszeichnung für die Überflughilfe die für eine Kalkulation erforderlichen Grundlagen hinreichend aufgewiesen habe. Demgegenüber sei die Urkalkulation der Klägerin unzureichend gewesen, weil diese eine zu kleine Sohlschale zugrunde gelegt habe. Die nachträgliche Festlegung des Typs der Sohlschale durch die Beklagte sei nicht entscheidend, da hierdurch nur das Leistungsverzeichnis konkretisiert worden sei. Es liege deshalb ein unbeachtlicher Kalkulationsirrtum der Klägerin vor.

16

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Prozessziel weiter verfolgt. Sie hält nach wie vor einen Anspruch gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B in der erstinstanzlich geltend gemachten Höhe für begründet. Sie vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und rügt im Übrigen, dass das Landgericht verkannt habe, dass die Beklagte den Mehrpreis für die Betonsohlschalen dem Grunde nach anerkannt habe und die Parteien nur um die Höhe der Mehrkosten im Hinblick auf den gestörten Bauablauf streiten würden.

17

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 95.161,72 DM nebst 10% Zinsen seit dem 24. Dezember 1997 zu zahlen.

18

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

19

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Entscheidungsgründe

20

Die Berufung hat keinen Erfolg.

21

Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten restlichen Vergütung für die Verlegung von Betonsohlschalen zu. Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.

22

I.

1.

Die Klägerin hat keinen Vergütungsanspruch gemäß § 2 Nr. 5 Satz 1 VOB/B gegen die Beklagte. Diese Vorschrift setzt voraus, dass die Preisgrundlagen für eine vertraglich vorgesehene Leistung durch Anordnungen des Auftraggebers geändert werden. Unter Anordnung in diesem Sinne ist eine die eindeutige Befolgung durch den Auftragnehmer bezogene Aufforderung des Auftraggebers, eine Baumaßnahme in bestimmter Weise auszuführen, zu verstehen (BGH BauR 1992, 759 [BGH 09.04.1992 - VII ZR 129/91]; Ingenstau/Korbion/Keldungs, VOB, 14. Aufl., B § 2 Rn. 241). Dabei kann eine Anordnung vorliegen, wenn sie lediglich die Art und Weise der Ausführung, etwa das verwendete Material, betrifft, ohne dass die Planung oder die Leistungsbeschreibung geändert wird (vgl. Riedl in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 9. Aufl., B § 2 Rn. 110). Anders als etwa in § 4 Nr. 1 und 3 VOB/B setzt eine Anordnung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B jedoch voraus, dass sie die vertragliche Leistungspflicht ändert und eine neue Verbindlichkeit des Auftragnehmers begründet (BGH ebd.; Ingenstau/Korbion/Keldungs ebd.). § 2 Nr. 5 VOB/B erfasst hingegen nicht die Fälle, in denen die geänderte Leistung vom bisher bestehenden vertraglichen Leistungsumfang bereits umfasst ist, der Auftragnehmer also zur Ausführung des Angeordneten vertraglich ohnehin schon verpflichtet war, sodass die zusätzliche Anordnung lediglich den Charakter eines Hinweises auf bereits bestehenden vertraglichen Pflichten besitzt (BGH ebd.; Ingenstau/Korbion/Keldungs, a.a.O., B § 2 Rn. 235; Riedl, a.a.O., B § 2 Rn. 106 a, 107). Eine Anordnung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B setzt zudem stets voraus, dass die Änderung der Art und Weise der Bauausführung durch Umstände ausgelöst wird, die zum Verantwortungsbereich des Auftraggebers gehören und ihm zurechenbar sind (BGH BauR 1985, 561, 564; Riedl, a.a.O., B § 2 Rn. 110; Ingenstau/Korbion/Keldungs, a.a.O., B § 2 Rn. 241).

23

2.

Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall Folgendes:

24

a)

Ob die am 24. Oktober 1996 von der Beklagten zeichnerisch festgelegte Betonsohlschale eine Anordnung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B darstellt, ist anhand der vertraglichen Pflichten der Klägerin festzustellen. Der konkrete Leistungsumfang für die Erstellung des Bauseitengrabens mit Befestigung ergibt sich aus der Position 0.1.31 des Leistungsverzeichnisses der Beklagten i.V.m. der zeichnerischen Darstellung des Querprofils der Überflughilfe vom 7. Juni 1996, die Bestandteil des Bauvertrages war. Die Leistungsbeschreibung ergibt jedenfalls unter Berücksichtigung der Zeichnung, dass die von der Beklagten am 24. Oktober 1996 zeichnerisch festgelegte Betonsohlschale bereits der vertraglich vereinbarten Leistung entsprach. Dies ergibt sich aus dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr.-Ing. G. vom 15. Juni 1999 sowie dessen ergänzenden Stellungnahmen vom 24. November 1999 und vom 11. August 2000. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass sich für die beteiligten Fachkreise aus der textlichen Fassung der Leistungsbeschreibung eindeutig ergebe, dass eine Betonsohlschale mit einer Sohlbreite und nicht etwa eine Betonsohlschale mit einer Gesamtbreite von 40 cm auf 10 cm dicker Bettung aus Beton der Festigkeitsklasse 10 sowie mit einer Schenkelneigung von 1 : 1,5 in den Graben einzubringen sei (Gutachten vom 15. Juni 1999, S. 5, 6, 8; Gutachten vom 24. November 1999, S. 4, 5; Gutachten vom 11. August 2000, S. 5, 6). Eine weitere Konkretisierung der einzubauenden Betonsohlschale ergebe sich aus der zeichnerischen Darstellung des Querprofils der Überflughilfe. Soweit sich aus der Leistungsbeschreibung nicht die konkrete Form der Schale in Bezug auf Breite, Stärke und Länge der Seitenteile ergebe, könne dies hinreichend dieser Skizze entnommen werden. Hieraus lasse sich der Sockelschenkel von ca. 25 cm Breite bei einer Stärke von ca. 10 cm ableiten (Gutachten vom 24. November 1999, S. 9). Die Angabe der Schenkellänge der Sohlschale stelle keine zwingend erforderliche Angabe für das Leistungsverzeichnis dar. Sie ergebe sich aus dem in der Leistungsbeschreibung vorgegebenen Winkel der Steigung von 1 : 1,5. Ihre ungefähre Länge könne zudem der Querprofilskizze entnommen werden. Hierin sei die Sohlschale im Schnitt so genau dargestellt, dass ihre erforderliche Form genau erkennbar sei (Gutachten vom 11. August 2000, S. 6, 8; Gutachten vom 24. November 1999, S. 6). Eine über die Leistungsbeschreibung und die Querprofilskizze hinausgehende Beschreibung oder Darstellung als Detailausführung sei nicht erforderlich gewesen, weil es sich bei der Betonsohlschale um ein einfaches Gebilde handele (Gutachten vom 11. August 2000, S. 6, 8). Die Angabe der Betongüte sei bei Betonfertigteilen ebenso wenig erforderlich und üblich wie die Art der Oberfläche der Sohlschale. Insofern sei allein die Gebrauchsfestigkeit maßgebend (Gutachten vom 11. August 2000, S. 17, 18). Für den Ausschreibungsadressaten sei auch ein Querverweis im Text der Leistungsbeschreibung auf die Querprofilskizze nicht erforderlich gewesen, um die dortigen zeichnerischen Festlegungen zum Ausschreibungsinhalt zu erheben, weil es sich um ein übersichtliches Bauvorhaben handele (Gutachten vom 24. November 1999, S. 6). Die Form und die Maße der von der Beklagten am 24. Oktober 1999 festgelegten Sohlschale, wie sie sich aus der von ihr vorgelegten, von der Herstellerfirma V. stammenden Skizze ergeben, entsprechen diesen Vorgaben, die sich, wie der Sachverständige ausgeführt hat, aus der Leistungsbeschreibung und aus der Querprofilskizze eindeutig ableiten lassen, im Kern. Die zusätzlichen Detailangaben betrafen in erster Linie die Länge und das Gewicht der Betonfertigteile. Aufgrund der geführten Vorkorrespondenz und dem Ergebnis der Baubesprechungen ist jedoch offensichtlich, dass diesen zusätzlichen Angaben von der Beklagten keine entscheidende Bedeutung beigemessen wurde und eine Festlegung auf ein bestimmtes Produkt nicht erfolgen sollte. Hierfür spricht u.a. auch, dass die Beklagte bereits zuvor erklärt hatte, dass die Klägerin, die das später tatsächlich eingebaute Produkt bereits mit Schreiben vom 24. September 1996 angeboten hatte, auch Sohlschalen anderer Hersteller verwenden könne. Dass sich die Beklagte, die bei der nachträglichen Festlegung gerade auch einer anonymisierten Detailzeichnung bediente, hiervon Abstand genommen hätte, lässt sich nicht erkennen. Die übrigen Angaben in der Detailzeichnung betrafen lediglich bereits aus den Ausschreibungsunterlagen im Wesentlichen ableitbare Maße. Eine vertragsändernde Anordnung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B liegt deshalb schon objektiv nicht vor.

25

b)

Gegen eine die vertragliche Leistungspflicht der Klägerin erweiternde Anordnung der Beklagten sprechen ferner die Umstände, die zu der Anordnung der Beklagten geführt haben. Sie lassen nur den Schluss zu, dass die am 24. Oktober 1996 erfolgte Konkretisierung der Leistungspflicht nicht dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzurechnen ist. Die der Anordnung vorausgegangenen Verhandlungen der Parteien zeigen klar, dass die Beklagte ausschließlich auf Veranlassung und Betreiben der Klägerin eine deren Leistungspflicht konkretisierende Anordnung getroffen hat (§ 4 Nr. 3 Satz 1 VOB/B), weil diese die Leistungsbeschreibung unzutreffend ausgelegt hat und die vereinbarten Grabenbefestigungsarbeiten nicht ohne Detailbeschreibung der Leistung ausführen wollte.

26

aa)

Die Klägerin hatte ursprünglich dem Ausschreibungstext zu Position 0.1.31. nebst Querprofilskizze einen grundlegend anderen Leistungsinhalt beigemessen, als er sich tatsächlich für die beteiligten Fachkreise objektiv ergeben musste. Die Klägerin hat - wie deren Geschäftsführer im Senatstermin nochmals ausgeführt hat - die Ausschreibung zu Position 0.1.31. des Leistungsverzeichnisses ursprünglich so verstanden, dass sich hieraus keine Konkretisierung für die Grabenbefestigungen ergebe. Aus ihrer Sicht sei in dieser Position nur der zu befestigende Graben in seiner Form und seiner Abmessung beschrieben worden (Schriftsatz vom 25. März 2000, S. 2; GA 258). Dem Ausschreibungstext sei nicht zwingend zu entnehmen gewesen, dass Betonsohlschalen in den Seitengraben einzubringen seien. Aufgrund der Baubeschreibung habe sie es auch für möglich gehalten, für die Befestigung des Grabens etwa nur Rasenkammersteine zu verwenden (Schriftsatz vom 7. Juli 1999, S. 14, 15; GA 165, 166). Sie sei deshalb davon ausgegangen, dass der Beklagten die Art der Sohlbefestigung oder gar die Verwendung einer Sohlschale vollkommen gleichgültig gewesen sei (Schriftsatz vom 25. März 2000, GA 248). Nach ihrem Verständnis vom Ausschreibungstext sei allenfalls eine Betonsohlschale in einer Gesamtabrede von 40 cm geschuldet gewesen. Nur deshalb habe sie den Einheitspreis für diese Position mit netto 27,90 DM/m kalkulieren können. Eine Sohlschale - wie schließlich gefordert - liege ihr Urkalkulation nicht zugrunde.

27

Diese Auslegung der Ausschreibung durch die Klägerin, die sie durchgehend gegenüber der Beklagten vertreten hat, lässt sich jedoch - wie ausgeführt - mit dem objektiven Inhalt der Leistungsbeschreibung nebst Querprofilskizze nicht in Einklang bringen. Gleichwohl beharrte die Klägerin auf ihrem Standpunkt und war nur willens, die Befestigungsarbeiten am Seitengraben nur bei Vorgabe genauerer Angaben zu beginnen. Wenn die Klägerin ihren unzutreffenden Standpunkt in den Verhandlungen mit der Beklagten bis zur Festlegung des Betonsohlschalentyps am 24. Oktober 1996 aufrecht erhielt und wiederholt eine Klarstellung forderte, obwohl eine solche objektiv nicht erforderlich war, kann die erfolgte Festlegung der Betonsohlschale durch das WNA, die der ursprünglichen Ausschreibung entsprach, nur als eine Konkretisierung der Leistungsbeschreibung verstanden werden.

28

bb)

Aus dem Ablauf der Verhandlungen ergibt sich darüber hinaus, dass die nähere Beschreibung der Sohlschale allein auf Veranlassung der Klägerin und in deren Interesse erfolgte. Sie diente nur der Beseitigung von Unklarheiten auf Seiten der Klägerin, die der Beklagten nicht zurechenbar waren.

29

Als die örtliche Bauleitung der Beklagten die Vorstellungen der Klägerin über die Grabenbefestigung zu Recht zurückgewiesen und auf eine bestimmte Betonsohlschalenbefestigung hingewiesen hatte, reagierte die Klägerin hierauf mit Schreiben vom 24. September 1996. Hierin gab sie ihrer Auffassung Ausdruck, dass die von der Bauleitung geforderte Sohlschale vertraglich nicht geschuldet sei, und bot eine Sohlschale "Typ 240" zum Preis von 81,16 DM/m netto auf 10 cm Beton B 10 an. Die Beklagte wies dieses Nachtragsangebot mit Schreiben vom 26. September 1996 unter Hinweis auf die Festlegung in der Leistungsbeschreibung und in den Zeichnungen zurück. Hiermit erklärte sich die Klägerin mit Schreiben vom 7. Oktober 1996 nicht einverstanden. Sie führte aus, dass nicht klar sei, welche Sohlschale zur Ausführung kommen solle, und forderte die Beklagte zu einer umgehenden klaren und erschöpfenden Beschreibung der Leistung auf. Sie bat darüber hinaus um die Angabe der Art und Beschaffenheit der Fertigteile (Betongüte, Bewehrung, Materialstärke, Baulänge, etc.), vorgeschriebenes Erzeugnis, lichte Rinnenbreite und -tiefe sowie die Art des Rinnenprofils (Mulde, Trapez, Rechteck, etc.). Zugleich wies sie darauf hin, dass sie bezüglich der Materialwahl zunächst keine eigenen weiteren Nachforschungen anstellen werde. Die Beklagte wies in ihrem Antwortschreiben vom 8. Oktober 1996 darauf hin, dass der Klägerin von der örtlichen Bauleitung bereits verlegte Sohlschaden zur Ansicht angeboten worden seien und eine Bezugsquelle benannt worden sei. Es sei jedoch dem Geschick des Auftragnehmers überlassen, das günstigste Angebot der verschiedenen Anbieter von Sohlschalen auszuwählen. Im Übrigen sei die Leistung im Leistungsverzeichnis und in den Zeichnungen eindeutig dargestellt.

30

Bereits aus diesem Schriftverkehr ist ersichtlich, dass die Klägerin nachhaltig ihren objektiv nicht haltbaren Standpunkt vom Inhalt ihrer Leistungspflichten aufrechterhielt und sich die Beschaffung des Materials sowie die Fertigstellung des Bahnseitengrabens infolgedessen verzögern würde.

31

Auf der am 14. Oktober 1996 stattgefundenen ersten Baubesprechung wurde die Klägerin nochmals darauf hingewiesen, dass die in ihrem Schreiben vom 24. September 1996 beschriebene Sohlschale "Typ 240" oder eine gleichwertige Schale Verwendung finden können (vgl. Gesprächsprotokoll der Beklagten von der Besprechung vom 14. Oktober 1996, GA 30). Gleichwohl beharrte die Klägerin weiterhin auf einer näheren Beschreibung der Beklagten. Mit Schreiben vom 18. Oktober 1996 erklärte sie wiederum, dass sie auf ihrer Forderung nach einer klaren und erschöpfenden Beschreibung der geforderten Leistung bestehe, und vorerst mit der Ausführung der Arbeiten nicht beginnen könne. Dies wies die Beklagte mit Schreiben vom 22. Oktober 1996 zurück, weil der Klägerin spätestens seit ihrem Schreiben vom 24. September 1996 die Ausführungsart der Sohlschale bekannt sei. Nachdem eine Einigung nicht erzielt werden konnte, kam es zu einer zweiten Baubesprechung am 24. Oktober 1996. Das WNA hatte sich in Vorbereitung dieser Besprechung zeichnerische Darstellungen von Produkten des Betonwerks V. eingeholt. Diese waren im Übrigen seit August 1996 auch im Besitz der Klägerin und Grundlage ihres Nachtragsangebots vom 24. September 1996. Wenn die Beklagte angesichts dieser Umstände in der Baubesprechung vom 24. Oktober 1996 sodann einen Sohlschalentyp fest legte, der sich im Kern bereits aus den Ausschreibungsunterlagen ergab, so kam sie damit lediglich dem Begehren der Klägerin nach, deren in Bezug auf die geforderten Sohlschalen bestehenden Unklarheiten, die der Beklagten nicht zurechenbar waren, auszuräumen. Denn die Klägerin musste aufgrund des bei ihr vorauszusetzenden Fachwissens in der Lage sein, die Leistungsbeschreibung richtig zu interpretieren, sodass eine Notwendigkeit für die ihr geforderte und schließlich erfolgte exakte Festlegung nicht bestanden hatte.

32

Für einen Anspruch der Klägerin gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B ergibt sich auch nichts aus dem Umstand, dass die Beklagte ihre Bereitschaft zu erkennen gegeben hat, sich wegen vermeintlich nicht vollständiger Angaben etwa im Hinblick auf die Baulänge und das Gewicht der Betonfertigteile sowie die Schenkellänge und deren Dicke auf eine Vergütung des Mehraufwandes und Erteilung eines Nachtragsauftrages einzulassen. Die unzutreffende Rechtsauffassung der Beklagten führt nicht dazu, dass ihre lediglich konkretisierende Festlegung der Betonsohlschale den Charakter einer Anordnung i.S.v. § 2 Nr. 5 VOB/B gewinnt. Denn an der Tatsache, dass die Festlegung lediglich der Beseitigung von Unklarheiten, die allein der Sphäre der Klägerin zuzurechnen waren, diente, änderte sich nichts. Das Drängen der Klägerin, die Sohlschale noch konkreter als im Leistungsverzeichnis zu beschreiben, kann unter diesen Umständen nicht dazu führen, dass das Risiko einer falschen Kalkulation aufgrund einer unzutreffenden Auslegung des Leistungsverzeichnisses auf die Beklagte verlagert wird.

33

Die Klägerin kann auch nicht damit gehört werden, dass durch die Konkretisierung vom 24. Oktober 1996 eine Festlegung auf ein bestimmtes Produkt erfolgt wäre. Nach den vorausgegangenen Schreiben des WNA sowie dem Ergebnis der Baubesprechungen war klar, dass die Beklagte nicht etwa allein das Produkt der Betonfirma V. "Typ 240" als geschuldet angesehen hat und sich auf ein bestimmtes Produkt beschränken wollte. Vielmehr hat es der Klägerin freigestanden, im Rahmen der Vorgaben Betonfertigteile von anderen Herstellern zu beziehen.

34

2.

Ferner lässt sich aus dem Umstand, dass sich die Beklagte im Zusammenhang mit der Festlegung der Betonsohlschale am 24. Oktober 1996 sich bereit erklärt hat, der Klägerin den Mehraufwand an Material und Verlegekosten zu ersetzen, der sich aus der Differenz einer der Leistungsbeschreibung noch entsprechenden Betonsohlschale ("Mindestsohlschale") und der am 24. Oktober 1996 festgelegten Sohlschale ergibt (vgl. Besprechungsprotokoll vom 28. Oktober 1996, GA 425) und später - nach Durchführung des Einigungsverfahrens gemäß § 18 Nr. 2 VOB/B (vgl. Bescheid der Wasser- und Schifffahrtsdirektion ... vom 6. Juni 1997, GA 426) - tatsächlich einen Nachtragsauftrag mit Schreiben des WNA vom 25. Juni 1997 (GA 77) zu dem von der vorgesetzten Stelle ermittelten Einheitspreis erteilt hat, nichts anderes herleiten. Die Beklagte hat insoweit kein vom Schuldgrund losgelöstes Anerkenntnis abgegeben, aufgrund dessen sie sich verpflichtet hat, für die Differenz zwischen ursprünglich kalkulierten und tatsächlich angefallenen Kosten einzustehen. Vielmehr hatte die Beklagte ersichtlich ihre Ausschreibung als in einigen Punkten für nicht präzise genug angesehen und sich deshalb bereit erklärt, den hieraus für die Klägerin entstehenden Mehraufwand zu übernehmen. Diesen hat die Beklagte konkret im Einigungsverfahren gemäß § 18 Nr. 2 VOB/B mit 79,39 DM/m netto berechnet und das nachgeordnete WNA angewiesen, diesen Betrag anzuerkennen. Dem folgenden Nachtragsauftrag des WNA vom 25. Juni 1996 kommt deshalb kein weiter gehender Erklärungswert zu, weil er im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Einigungsverfahren steht. Nachdem die Klägerin fristgemäß Einspruch gegen den Bescheid der Wasser- und Schifffahrtsdirektion eingelegt hatte, war die Beilegung der Meinungsverschiedenheiten der Parteien zudem als gescheitert anzusehen. Den Parteien stand es deshalb frei, im Streitverfahren unterschiedliche Auffassungen ohne Bindung an ihre Erklärungen im Einigungsverfahren zu vertreten. Mehr als den unstreitig bezahlten Einheitspreis hat die Beklagte jedenfalls nicht anerkannt. Eine darüber hinausgehende Vergütung kann die Klägerin nach alledem nicht fordern.

35

II.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch aus § 2 Nr. 6 VOB/B zu. Diese Vorschrift setzt eine im Vertrag noch nicht vorgesehene Leistung voraus (vgl. Riedl, a.a.O., B § 2 Rn. 135). Um eine solche Leistung handelt es sich vorliegend - wie ausgeführt - gerade nicht, da sie bereits ursprünglich im Bauvertrag vorgesehen war.

36

III.

Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss kann die Klägerin ebenfalls nicht geltend machen. Ein solcher Schadensersatzanspruch kommt zwar in Betracht, wenn der Auftraggeber in der Leistungsbeschreibung unrichtige oder unvollständige Angaben macht bzw. ihm bekannte erhebliche Umstände verschweigt und der Auftragnehmer aus trotz des bei ihm zu verlangenden Fachwissens nicht erkennt (Ingenstau/Korbion/Kratzenberg, a.a.O., A § 9 Rn. 16). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall jedoch nicht gegeben. Die Leistungsbeschreibung ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr.-Ing. G. vollständig und für die beteiligten Verkehrskreise hinreichend klar gefasst. Die Leistungsbeschreibung enthält alle notwendigen technischen Angaben, sodass sich ein unrichtiges oder lückenhaftes Leistungsverzeichnis nicht feststellen lässt. Unabhängig davon hätte die Klägerin Unklarheiten der Leistungsbeschreibung, die sie geltend macht, vor ihrer Angebotsabgabe klären und sich bei der Beklagten rechtzeitig nach Einzelheiten erkundigen müssen. Die später aufgetretenen Zweifelsfragen hätte die Klägerin ohne weiteres bei einem Ortstermin in unmittelbarer Nähe der Baustelle klären können, wie es ihr von der Beklagten angeboten war. Wich die Klägerin jedoch ohne Klärung des für sie lückenhaften Leistungsverzeichnisses ab, so hat sie kein schützenswertes Vertrauen gebildet, der die Beklagte zu Schadensersatz verpflichten würde. Die unzutreffende Urkalkulation beruht deshalb auf einem unbeachtlichen internen Kalkulationsirrtum, der für die Beklagte nicht erkennbar war, weil die Urkalkulation dieser in verschlossenem Umschlag überreicht und erst am 25. Januar 1997 geöffnet worden ist.

37

Nach alledem hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg.

38

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Den Wert der Beschwer hat der Senat gemäß § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO festgesetzt.