Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 06.01.2003, Az.: Not 19/02

Disziplinarverfahren gegen einen Anwaltsnotar; Verstoß gegen die Bestimmungen über die Führung der Urkundenrolle; Pflicht des Anwalts zur Überwachung des Büropersonals; Mitwirkungsverbote aus dem Beurkundungsgesetz (BeurkG)

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
06.01.2003
Aktenzeichen
Not 19/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2003, 33367
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2003:0106.NOT19.02.0A

Fundstellen

  • BauR 2003, 1941 (red. Leitsatz)
  • DNotZ 2004, 196-199 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZfIR 2004, 397 (amtl. Leitsatz)

In dem nicht förmlichen Disziplinarverfahren
hat der Senat für Notarsachen bei dem Oberlandesgericht Celle
auf Antrag des Notars vom 16. September 2002
auf gerichtliche Entscheidung gegen die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts ......vom 12. August 2002
unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht .........,
des Richters am Oberlandesgericht ........ sowie
des Notars ......
nach Anhörung
ohne mündliche Verhandlung (§ 96 BNotO i.V.m. § 32 Abs. 5 S. 1 NDO)
am 6. Januar 2003
beschlossen:

Tenor:

Die Disziplinarverfügung des Landgerichts ........vom 6. Juni 2002 (2 L 21 SH 3) sowie die sie bestätigende Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts ..........vom 12. August 2002 (10 L 127 SH VIII) werden aufrechterhalten.

Der Notar trägt die Kosten des Verfahrens sowie die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen.

Gründe

1

I.

Der jetzt 72 Jahre alte Anwaltsnotar ist seit 1960 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit dem Amtssitz in ......übt er seit 1975 auf Grund entsprechender Bestellung durch Erlass des Niedersächsischen Justizministeriums vom 19. Dezember 1974 auch das Notaramt aus.

2

Disziplinarrechtlich ist der Notar bislang einmal in Erscheinung getreten. Mit Verfügung vom 20. Januar 1998 ist sein Verhalten als Notar u.a. wegen fahrlässiger Verstöße gegen § 16 Abs. 2 Satz 1 DONot und § 11 Abs. 1 und 2 DONot a.F. (heute § 54 a BeurkG n.F.) missbilligt worden.

3

Im Mai 2001 kam es bei dem Notar zu einer turnusmäßigen Geschäftsprüfung. Deren Ergebnis bot der zuständigen Aufsichtsbehörde Anlass, die Amtsführung des Notars auch unter disziplinarrechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Nach Durchführung entsprechender Vorermittlungen sah sie schließlich Handlungsbedarf für eine disziplinare Ahndung. Daraufhin hat mit Disziplinarverfügung vom 6. Juni 2002, zugestellt am 17. Juni 2002, das Landgericht ........gegen den Notar den Vorwurf erhoben, bei seiner Urkundstätigkeit gegen seine Pflichten bei der Führung der Urkundenrolle verstoßen, die Urkundenrolle doppelt geführt, gegen ein Mitwirkungsverbot verstoßen, Anzeige- und Mitteilungspflichten verletzt, Geld ohne Hinterlegungsanweisungen entgegengenommen sowie in zahlreichen Fällen seine Pflichten zur richtigen Sachbehandlung im Zusammenhang mit der Betreuung und Belehrung von Urkundsbeteiligten verletzt zu haben. Wegen dieser Verstöße hat der unmittelbare Dienstvorgesetzte gegen den Notar eine Geldbuße in Höhe von 1.750 EURO verhängt.

4

Der Notar hat sich hiergegen zunächst mit der am 17. Juni 2002 bei der Aufsichtsbehörde eingegangenen Beschwerde gewandt, die das Oberlandesgericht ...... mit Beschwerdeentscheidung vom 12. August 2002, dem Notar wiederum zugestellt am 14. August 2002, zurückgewiesen hat.

5

Mit seinem am 16. September 2002 (montags) bei dem Oberlandesgericht ...... eingegangenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung verfolgt der Notar weiterhin die Aufhebung der Disziplinarverfügung und - nunmehr auch - der sie bestätigenden Beschwerdeentscheidung. Der hiernach fristgerecht eingegangene und auch ansonsten zulässige Antrag (§ 96 BNotO i.V.m. § 32 Abs. 3 NDO), über den der Senat, da der Sachverhalt hinreichend aufgeklärt erscheint, nach Anhörung ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat in der Sache keinen Erfolg. Im Einzelnen ist in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht hierbei von Folgendem auszugehen:

6

II.

1.

Die Verstöße gegen die Bestimmungen über die Führung der Urkundenrolle aus § 9 DONot a.F. (Bl. 2 f. der Beschwerdeentscheidung vom 12. August 2002, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird), werden vom Notar praktisch eingeräumt. Der Hinweis auf seine Arbeitsüberlastung und die fehlende Möglichkeit, die Tätigkeit seines Personals "bei jedem Bürovorgang" zu überwachen, kann den Notar nicht entlasten, zumal ihm in der Vergangenheit schon mehrere gleich gelagerte Verstöße vorgeworfen worden sind. Dies hätte den Notar veranlassen müssen, sein Personal engmaschiger zu überwachen und zu kontrollieren.

7

2.

Gegen die Verletzung der Pflicht zur Führung nur einer Urkundenrolle, die sich aus § 7 DONot a.F. ergibt (s. näher Bl. 3 f. der Beschwerdeentscheidung vom 12. August 2002), hat der Notar ebenfalls nichts erhebliches einzuwenden. Eine zweite Urkundenrolle birgt die Gefahr nicht identischer Eintragungen und ist deshalb zu vermeiden. Schwierigkeiten der vom Notar verwendeten Software ändern hieran nichts. Der Notar ist auch dafür verantwortlich, dass eine elektronisch geführte Urkundenrolle den gesetzlichen Anforderungen an die Führung der Rolle entspricht.

8

3.

Der gegen den Notar erhobene Vorwurf, zumindest fahrlässig, am 24. August 1999 zur UR-Nr. 769/99 gegen ein notarielles Mitwirkungsverbot bei der Ausübung seines Notaramtes verstoßen zu haben, indem er eine Grundschuldbestellung für die bei ihm angestellte Rechtsanwältin ........... und deren Schwester beurkundet hat, besteht zu Recht.

9

Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG soll der jeweilige Notar an einer Beurkundung nicht mitwirken, wenn es sich um die Angelegenheit einer Person handelt, mit der sich der Notar zur gemeinsamen Berufsausübung verbunden hat. Auch wenn diese Regelung als Sollvorschrift ausgestaltet ist, handelt es sich für den jeweiligen Notaramtsinhaber doch um ein Mitwirkungsverbot. Mit der "Soll "-Fassung stellt sie sicher, dass die Verletzung des Mitwirkungsverbotes im Interesse der Rechtssicherheit keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Beurkundung hat, begründet aber für den Notar als Beurkundungsperson eine unbedingte Amtspflicht ( Keidel/Winkler, BeurkG, 14. Auflage, § 3 BeurkG Rdn 10 ). Diese hat der hier betroffene Notar am 24. August 1999 zweifelsohne verletzt, weil er in Urkundsangelegenheiten seiner anwaltlichen Mitarbeiterin, wie er selbst nicht in Zweifel zieht, beurkundend tätig geworden ist.

10

Soweit der Notar gleichwohl eine Amtspflichtverletzung mit dem Hinweis in Abrede stellt, das Mitwirkungsverbot hätte ihn nicht treffen können, weil er habe annehmen dürfen, dass die Bestimmung für angestellte Mitarbeiter eines Notars nicht gelte, kann ihn dies nicht entlasten. Bereits Wortlaut und Gesamtkontext der gesetzlichen Neuregelung stehen einer solchen Sichtweise entgegen. Das verschärfte Mitwirkungsverbot des Notars nunmehr auch bei Beurkundungsangelegenheiten mit ihm zur gemeinsamen Berufsausübung verbundener Personen hat durch das dritte Gesetz zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze (Berufsrechtsnovelle) vom 31. August 1998 (BGBl. I S. 2585) mit Wirkung vom 8. September 1998 Eingang in das Beurkundungsgesetz gefunden( Art. 14 Satz 2 des Gesetzes ). Dass dieses Mitwirkungsverbot in Ansehung des klaren Wortlauts der Vorschrift, die auf dem Grundsatz beruht, dass die Unparteilichkeit ein tragendes Wesensmerkmal des Notaramtes ist (§ 14 BNotO) ist und die Neuregelungen des § 3 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG dem Zweck dienen sollen, dieses Merkmal zu stärken( vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 21. März 1996 - BT - Drucksache 13/4184 u.a. Seite 36 :

11

" ..sollen die im Beurkundungsgesetz vorgesehenen Mitwirkungsverbote verschärft werden, um die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der notariellen Amtsführung .... sicherzustellen" und im Ergebnis ebenso zuletzt Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 5. Mai 1998 - BT- Drucksache 13/10589 Seite 37 ), nicht auf angestellte Mitarbeiter anzuwenden ist, konnte der Notar nicht ernsthaft annehmen. Nach dem Wortlaut der Vorschrift genügt bereits die Benutzung gemeinsamer Geschäftsräume, um zu einem Mitwirkungsverbot zu kommen. Sie muss deshalb erst recht gelten, wenn ein Anstellungsverhältnis vorliegt. Anhaltspunkte dafür, dass sie nur auf Sozien anzuwenden sein könnte, ergeben sich keine. Dies war für den Notar, der diese für die Ausübung seines Amtes zentrale Vorschrift von Beginn an beachten muss, auch ohne weiteres erkennbar.

12

4.

Die Verstöße gegen die Anzeige- und Mitteilungspflichten aus § 16 Abs. 2 Satz 2 DONot a.F. (Bl. 4 f. der Beschwerdeentscheidung vom 12. August 2002) werden vom Notar nicht in Abrede gestellt. Hinweise auf die Verantwortlichkeit seines Personals können den Notar schon im Hinblick auf frühere, gleichgelagerte Verfehlungen, die den Notar zu einer sorgfältigeren Überwachung hätten veranlassen müssen, nicht entlasten (vgl. auch oben Ziff. II. 1.). Das Verhalten des Notars ist deshalb auch als grob fahrlässig zu werten.

13

5.

Hinsichtlich der Nachlasssache ....... geht der Notar nicht auf den Vorwurf ein, entgegen der eindeutigen Bestimmung des § 54 a Abs. 1 BeurkG Bargeld entgegen genommen zu haben. Sein Vortrag zur Einhaltung der Voraussetzungen des § 54 a Abs. 2 BeurkG ist deshalb nicht geeignet, ihn zu entlasten. Es mag sein, dass der Notar die Voraussetzungen dieser Bestimmung beachtet hat, Bargeld hätte er gleichwohl nicht in Verwahrung nehmen dürfen.

14

6.

In der Treuhandsache ....... wird der Vorwurf, gegen die Pflicht verstoßen zu haben, Treuhandaufträge nur schriftlich entgegen zu nehmen, vom Notar eingeräumt, indem er schreibt, seine Beschwerde richte sich insoweit nicht gegen die Disziplinarverfügung.

15

7.

Dem Notar wird schließlich zu Recht angelastet, bei den in Ziff. B der Disziplinarverfügung in Rede stehenden Beurkundungsvorgängen wiederholt unter Verletzung seiner Belehrungs- und Betreuungspflichten die Angelegenheiten sachlich unzutreffend behandelt und gegen § 17 Abs. 1 Satz 1 BeurkG verstoßen zu haben. Der Notar trägt keine Gesichtspunkte vor, die der ihm in der Beschwerdeentscheidung bereits mitgeteilten Entscheidung des Senats vom 13. September 2001 in der Sache Not 10/01, betreffend den Sozius des Notars entgegenstehen könnten. Der Senat nimmt deshalb - ebenso wie bereits die Aufsichtsbehörde - auf seine dortige Entscheidung Bezug, die auszugsweise wie folgt lautet:

"Gemäß § 17 Abs. 1 S. 1 BeurkG hat der Notar den Willen der Beteiligten zu erforschen, den Sachverhalt zu klären, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in Niederschrift wiederzugeben. Auch bei der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrages in Verbindung mit einer Auflassung betrifft diese Prüfungs- und Belehrungspflicht in erster Linie die Frage nach dem richtigen und sichersten Weg zur Verwirklichung des Parteiwillens. Darauf beschränkt sich die Prüfung allerdings nicht. Denn, wie der Notar selbst nicht in Zweifel zieht, ist bei der Gestaltung eines Rechtsgeschäftes ferner der billigste Weg zu wählen, um unnötige Kosten zu vermeiden. Das Nebeneinander dieser Prüfungs- und Belehrungskriterien kann zu einer Konkurrenzsituation führen, in der im jeweiligen Einzelfall ein Mehr an Sicherheit mit höheren Kosten oder geringere Kosten mit einem Weniger an Sicherheit einhergehen. Ob die Urkundsbeteiligten sich für die eine oder andere Vertragsgestaltung entscheiden, unterliegt letztlich ihrer Entscheidungsfreiheit. Der Notar ist nicht befugt, die jeweiligen Risikoabwägungen durch eine "Ermessensentscheidung" vorwegzunehmen oder entbehrlich zu machen. Diesen trifft lediglich die Pflicht, den Urkundsbeteiligten die Alternativen und ihre kostenrechtlichen Konsequenzen aufzuzeigen. Daran hat es der hier betroffene Notar bei den fraglichen Beurkundungsvorgängen regelmäßig fehlen lassen.

Im Allgemeinen kann, worauf das Landgericht ........in der Disziplinarverfügung zutreffend hingewiesen hat, bei gleichzeitiger Beurkundung von Kaufvertrag und Auflassung die Abwicklung eines Grundstückskaufvertrages durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung und Überwachung der Kaufpreiszahlung erfolgreich gesichert werden. So können die Vertragsparteien nach erklärter Auflassung und Eintragungsbewilligung den Vollzug der Eigentumsumschreibung von der Vertragsbestimmung abhängig machen, dass der Notar angewiesen wird, dem Käufer bis zur Umschreibungsreife keine Ausfertigungen oder beglaubigte Abschriften des Vertrages zu erteilen, die die Auflassungserklärung enthalten. Durch eine solche Art der Überwachung der Kaufpreiszahlung einerseits und der Stellung des Umschreibungsantrages durch den Notar andererseits werden jedenfalls im Regelfall auch die Interessen des Verkäufers hinreichend gesichert. Diese Vertragsgestaltung fällt gegenüber der getrennten Beurkundung von Kaufvertrag und Auflassung, die andererseits ein höheres Maß an Vollzugsicherheit bietet, in der Regel kostengünstiger für die Urkundsbeteiligten aus. Darauf hat sich die Prüfung und Belehrung des Notars zu erstrecken. Allgemein anerkannt ist, worauf der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (................) in der Beschwerdeentscheidung betreffend eine Kostensache des Notars nochmals zusammenfassend hingewiesen hat, dass den Notar in Fällen grundsätzlich nicht notwendiger getrennter Beurkundung von Kaufvertrag und Auflassung die Pflicht trifft, über die Gründe seines Vorgehens und über die zusätzlich entstehenden Kosten zu belehren. Der Notar muss deshalb in solchen Fällen auf verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten und unterschiedliche Kostenbelastungen hinweisen. Erst wenn die Beteiligten auch danach sich für die mehr Sicherheit bietende, aber auch Mehrkosten verursachende Vertragsgestaltung entschieden haben, kann der Notar dem entsprechen, ohne sich dem Vorwurf amtspflichtwidrigen Verhaltens ausgesetzt zu haben.

Indessen hat der hier betroffene Notar offensichtlich regelmäßig entweder die Abwägungen von vornherein unterlassen oder die Beteiligten hierüber nicht belehrt. Auch wenn der Notar im gerichtlichen Verfahren allgemein beanstandet, ihm werde das Unterlassen der Belehrung unterstellt, steht für den Senat fest, dass die fraglichen Belehrungen, die der Notar zunächst generell für überflüssig erklärt hat, unterblieben sind. Dafür spricht primär, dass die in Rede stehenden Urkunden keine Hinweise auf entsprechende Erklärungen des Notars enthalten, der im Übrigen aber auch nicht näher ausgeführt hat, wie er die von ihm als überflüssig eingestufte Belehrung denn auf andere Weise vorgenommen haben will. Soweit der Notar im Einzelfall nach Übersendung der Vertragsentwürfe auf Nachfrage auch Kostenpunkte erläutert haben will, genügen die Antworten erst auf Nachfrage dem regelmäßig gebotenen Belehrungsauftrag nicht. Dieser beruht auf gesetzlicher Grundlage ohne Ansehung des Vorstellungsvermögens oder Interesses einzelner Urkundsbeteiligter.

Soweit der Notar, der bis dahin den Rechtsstandpunkt der Aufsichtsbehörden zur zusammenfassenden Beurkundung von Kaufvertrag und Auflassung zumindest als "Empfehlung" gewertet hatte, erstmals im Zeichen des Disziplinarverfahrens zu der Einschätzung gelangt ist, die Empfehlung führe zur Beurkundung einer nichtigen Auflassung, weil diese etwa in Verbindung mit einer Vollzugssperre auf eine Bedingung hinaus laufe, unter der eine Auflassung aber nicht erklärt werden könne (§ 925 Abs. 2 BGB), verfängt der Hinweis nicht. Abgesehen davon, dass sich die Artikulierung solchermaßen motivierter Bedenken des Notars schon bei der ersten Geschäftsprüfung hätte aufdrängen können und müssen, erscheinen solche Bedenken schon nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts und später des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa Urteil vom 15. Mai 1953 - LM Nr. 3 zu § 925 BGB) " fern liegend ". Denn die Bedingungsfeindlichkeit der Auflassungserklärung schließt nicht aus, dass die Urkundsbeteiligten schuldrechtlich sich für die verfahrensrechtliche Behandlung des Eintragungsantrages binden und vereinbaren, dass die Einreichung des Eintragungsantrags beim Grundbuchamt hinausgeschoben oder von Bedingungen wie etwa der Leistung einer Anzahlung auf den Kaufpreis abhängig gemacht wird. In einem solchen Fall wird nicht ein bedingtes oder befristetes Eigentum gewollt oder die Einigung der Parteien über den Eigentumsübergang von einer Bedingung oder Befristung abhängig gemacht, sondern es werden nur schuldrechtliche Vereinbarungen über die Behandlung des Eintragungsantrages getroffen ( BGH a.a.O. )."

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Der Notar trägt auch in der Begründung zu seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht vor, dass er seinen Belehrungspflichten gegenüber den Urkundsbeteiligten erfüllt hat. Die Ausführungen können deshalb auch auf ihn übertragen werden. Einer Vernehmung von Zeugen zu einer früheren beim Notar durchgeführten Geschäftsprüfung bedarf es nicht, weil der Notar selbst einräumt, dass der Notariatsprüfer auf die im Fall der getrennten Beurkundung von Kaufvertrag und Auflassung bestehende Belehrungspflicht hingewiesen hat. Der Notar hätte diesen Hinweis selbst dann zum Anlass nehmen müssen, die Urkundsbeteiligten entsprechend zu belehren, wenn er weiterhin die Auffassung vertrat, dass die getrennte Beurteilung für ihn der sicherere Weg war. Wie bereits in dem zitierten Beschluss ausgeführt durfte der Notar, für den es zumindest objektiv verschiedene Alternativen gab, das Geschäft abzuwickeln, den Urkundsbeteiligten nicht ohne weiteres die Möglichkeit nehmen, den kostengünstigeren Weg zu wählen, indem er die objektiv möglichen Alternativen erst gar nicht darstellte und die gebotene Belehrung der Beteiligten unterließ. Dass er zuvor schon auf eine entsprechende Pflicht zur Belehrung hingewiesen worden war, macht sein Verhalten nur noch unverständlicher. Das frühere Entgegenkommen, wegen dieser Vorgänge kein Verfahren einzuleiten, entlastet den Notar nicht. Der Notar hat seine Belehrungspflichten auch ohne die vorherige "Ermahnung" durch ein Disziplinarverfahren zu erfüllen.

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III.

Die zahlreichen zu Recht festgestellten - teils grob fahrlässig, teils fahrlässig begangenen - Amtspflichtverletzungen rechtfertigen als einheitlich begangenes Dienstvergehen (§ 95 BNotO) eine disziplinarrechtliche Ahndung. Dabei sind die angefochtene Disziplinarverfügung und die sie bestätigende Beschwerdeentscheidung auch insoweit nicht zu beanstanden, als die Aufsichtsbehörden im Rechtsfolgenausspruch eine Geldbuße in Höhe von 1.750 EURO verhängt haben. Die im Einzelnen herangezogenen Kriterien und die daraus abgeleiteten Gesichtspunkte tragen die Maßnahme nach Grund und Höhe.

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Auch der Senat sieht in den beharrlichen Verstößen gegen die notariellen Pflichten im Zusammenhang mit der Führung der Urkundenrolle und der Missachtung des Mitwirkungsverbots sowie der Nichteinhaltung der Vorschriften über die Benachrichtigung nach § 16 Abs. 2 DONot schwer wiegende Pflichtverstöße, bei denen besonders ins Gewicht fällt, dass das Verhalten des Notar teilweise bereits wegen ähnlicher Pflichtwidrigkeiten missbilligt worden ist. Auch die Verstöße gegen § 54 a BeurkG wiegen in der Gesamtschau nicht leicht. Diese Vorschrift betrifft den zentralen Bereich notarieller Amtsausübung, wonach peinliche Genauigkeit bei der Erfüllung gerade der Vorgaben dieser Bestimmung für einen Notar grundlegende Pflicht ist und deshalb unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten Verstößen gegen solche Pflichten eine besonders große Bedeutung zukommen muss, weil hier der wichtige Bereich der Vollzugs- und Treuhandtätigkeit betroffen ist.

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Bei der amtspflichtwidrigen Vernachlässigung der Belehrungs- und Betreuungspflichten steht die beharrliche Weigerung des Notars im Vordergrund, sich in der Amtsführung auf gesetzliche Vorgaben einzustellen. Der Notar hat nicht dass Recht, die Parteien durch Vernachlässigung seiner Belehrungs- und Hinweispflichten in der von ihm gewünschten Art und Weise zu beeinflussen und ihnen andere Gestaltungsmöglichkeiten einfach vorzuenthalten. Hierbei spielt es keine Rolle, dass das pflichtwidrige Verhalten des Notars zunächst unbeanstandet geblieben ist.

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Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen ergänzend auf die Zumessungserwägungen in der angefochtenen Disziplinarverfügung verwiesen. Vor allem auch die Vielzahl der Unregelmäßigkeiten rechtfertigt die verhängte Geldbuße, die im Vergleich zu anderen Verfahren mindestens erforderlich ist, um das Verhalten des Notars nachhaltig zu ahnden. Die Buße hätte im Hinblick auf die Vorteile, die der Notar aus der unterlassenen Belehrung möglicherweise gezogen hat, auch höher ausfallen können.

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VI.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 96 BNotO i.V.m. §§ 114, 115 NDO. Danach muss der Notar die Kosten des Verfahrens sowie seiner notwendigen Auslagen tragen, da sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung erfolglos bleibt.