Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 31.03.2014, Az.: 15 UF 186/13
Voraussetzungen für die Anordnung eines Arrests zur Sicherung eines Anspruchs auf Zugewinnausgleich
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 31.03.2014
- Aktenzeichen
- 15 UF 186/13
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2014, 13816
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:2014:0331.15UF186.13.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Gifhorn - 07.08.2013 - AZ: 16 F 530/13
Rechtsgrundlagen
- § 1385 BGB
- Art. 14 Abs. 1 EGBGB
- Art. 15 Abs. 1 EGBGB
- § 119 Abs. 2 FamFG
- § 916 Abs. 1 ZPO
- § 917 Abs. 1 ZPO
- § 917 Abs. 2 S. 1 ZPO
- § 920 Abs. 2 ZPO
Fundstelle
- MittBayNot 2014, 470-471
Amtlicher Leitsatz
1. Ist nach Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 EGBGB ausländisches Güterrecht anzuwenden, kommt es auf das aktuell geltende Recht an.
2. Arrest kann nicht nur für den vorzeitigen Zugewinnausgleich nach § 1385 BGB angeordnet werden, sondern nach Zustellung des Scheidungsantrages auch den Anspruch auf künftigen Zugewinnausgleich sichern.
3. Zu den Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Arrestanspruches und des Arrestgrundes.
4. Hatte das Amtsgericht einen ohne mündliche Verhandlung ergangenen Arrest auf den Widerspruch des Schuldners aufgehoben, hat das Beschwerdegericht den Arrest neu zu erlassen. Dieser bedarf der erneuten Vollziehung.
Tenor:
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Gifhorn vom 07.08.2013 - 16 F 530/13 - aufgehoben.
In Höhe eines Betrages von 68.853,54 wird der dingliche Arrest in das Vermögen des Antragsgegners angeordnet. Durch die Hinterlegung eines Betrages von 68.853,54 € wird die Vollziehung des Arrestes gehemmt und der Antragsgegner berechtigt, die Aufhebung des Arrestes zu beantragen.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.
III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 35.000 € festgesetzt.
IV. Der Antragstellerin wird Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt. Ihr wird Rechtsanwältin ... in G. zur Vertretung beigeordnet.
Gründe
I.
Die Beteiligten haben am 18.01.1986 in der damaligen UdSSR, in der Ortschaft K. in der M. S., der heutigen Republik M., geheiratet. Sie waren damals russische Staatsangehörige. Zwischenzeitlich sind beide deutsche Staatsangehörige.
Die Beteiligten leben seit ca. 2010 getrennt. Das Scheidungsverfahren ist seit dem 05.04.2012 rechtshängig. Der Antragsgegner hat ein in seinem Alleineigentum stehendes, mit einem Doppelhaus bebautes Grundstück in S. mit notariellem Vertrag vom 25.04.2013 veräußert. Er ist außerdem Eigentümer eines Einfamilien-/Bootshauses am S. in L. (Russische Föderation) und eines Sportbootes.
Die Antragstellerin behauptet, der Antragsgegner habe seinen Lebensmittelpunkt nach Russland verlegt, habe dort eine Freundin und einen Sohn. Sie errechnet sich einen Zugewinnausgleichsanspruch von 118.855,79 €. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berechnung wird auf die Beschwerdebegründung vom 18.10.2013 Bezug genommen (Bl. 118 ff.).
Nachdem das Amtsgericht zunächst ohne Anhörung des Antragsgegners mit Beschluss vom 15.05.2013 den dinglichen Arrest wegen eines Betrages von 68.853,54 € angeordnet hatte, hat es nach dessen Widerspruch den Antrag der Antragstellerin in dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter.
Die Antragstellerin hat vor dem Kreisgericht T. in der Region K. (Russische Föderation) einen Antrag auf Zugewinnausgleich gestellt und beantragt, ihr die Hälfte an dem Eigentum an dem (näher bezeichneten) Bootshaus zu übertragen. Das Verfahren endete mit einer Abweisung der Anträge der Antragstellerin, nachdem im Termin vom 26.12.2013 niemand erschienen war.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
1. Es ist deutsches Recht anzuwenden. Der Senat hat von Amts wegen zu prüfen, welches materielle Recht anzuwenden ist, wenn die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht kommt (BGH NJW 1998, 1321 [BGH 25.09.1997 - II ZR 113/96]).
Gemäß Art. 15 Abs. 1 EGBGB unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe dem bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebenden Recht. Nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB ist für die allgemeinen Wirkungen der Ehe zunächst auf das Recht des Staates abzustellen, dem beide Ehegatten angehörten. Beide Ehegatten waren zum Zeitpunkt der Eheschließung russische Staatsangehörige, so dass sich die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe nach russischem Recht richten. Da ausschließlich auf den Zeitpunkt der Eheschließung abzustellen ist ("Unwandelbarkeit"), ist es unerheblich, dass die Beteiligten inzwischen beide die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.
In der Rechtsprechung ist umstritten, auf welchen Rechtsstand bei dem nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB anzuwendenden ausländischen Recht abzustellen ist. Nach der so genannten Versteinerungstheorie werden Rechtsänderungen des fremden Rechts von der Verweisung nicht erfasst, so dass es ausschließlich auf das zum Zeitpunkt der Eheschließung geltende ausländische Recht ankommt (BGH NJW 1963, 1975, 1976 f. [BGH 21.06.1963 - V ZB 3/63][BGH 21.06.1963 - V ZB 3/63]; OLG Nürnberg FamRZ 2011, 1509, 1510). Wesentliches Argument hierfür war der Schutz vor politisch motivierten Rechtsänderungen, die häufig der Fluchtgrund waren (BGH aaO.) und die Gesetzesbegründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts (OLG Nürnberg aaO. unter Hinweis auf BT-Drs. 10/504, S. 57 f.).
Nach der wohl herrschenden Meinung ist auf das heute geltende ausländische Recht abzustellen (OLG Hamm FamRZ 2010, 975, 976; OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 1510, 1512 m.w.N. zu beiden Auffassungen).
Der Senat folgt der Auffassung, dass sich die Verweisung auf das aktuell geltende Recht des fremden Staates bezieht.
So handelt es sich bei der Verweisung in Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB gemäß Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB um eine Gesamtverweisung, die auch das ausländische Internationale Privatrecht umfasst. Enthält dies eine Rückverweisung auf das deutsche Recht, wird diese nach Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB akzeptiert.
Soweit nun das ausländische Kollisionsrecht eine wandelbare Anknüpfung beinhaltet, etwa auf den jeweiligen Aufenthalt oder die Staatsangehörigkeit abstellt, handelt es sich um eine bewegliche Rückverweisung. Damit akzeptiert das deutsche Kollisionsrecht, dass sich aus der Veränderung maßgeblicher Anknüpfungstatsachen eine Wandlung des Güterrechtsstatuts ergeben kann.
Dies spricht gegen die Auffassung, wonach es auf das Recht des fremden Staates allein zum Zeitpunkt der Eheschließung ankommt, weil sich bereits aus dem fremden Kollisionsrecht eine Wandelbarkeit ergeben kann. Es wäre daher wenig überzeugend, unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes die Änderungen des Rechts des fremden Staates unberücksichtigt zu lassen. Denn so wie die Beteiligten in der Lage sind, die güterrechtlichen Folgen von Veränderungen ihrer Lebensverhältnisse nach Maßgabe des internationalen Privatrechts zu überblicken, werden sie dies auch hinsichtlich der Rechtsentwicklung ihres vormaligen Heimatrechts können (OLG Hamm FamRZ 2010, 975, 976).
Das von der Gegenauffassung herangezogene Argument des Schutzes vor politisch motivierten Änderungen ist aufgrund des Gesetzes über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen vom 04.08.1969 und der weiteren historischen Entwicklung überholt (OLG Hamm FamRZ 2010, 975, 976; OLG Düsseldorf FamRZ 2011, 1510, 1512). Auch trägt der Hinweis der Gegenauffassung auf die Gesetzesbegründung nicht, weil diese lediglich die Frage der Unwandelbarkeit des Güterrechtsstatuts zum Gegenstand hat und sich nicht mit der Frage der Wandelbarkeit des ausländischen Rechts befasst.
Als weiteres Argument für die Auffassung, dass auf das derzeit geltende ausländische Recht abzustellen ist, tritt hinzu, dass auch Ehen, für deren allgemeine Wirkungen bei Eheschließung deutsches Recht gilt, an der Rechtsentwicklung des deutschen Güterrechts teilhaben. Es wäre daher kaum nachvollziehbar, warum nicht das jeweils geltende ausländische Rechts zur Anwendung gelangen sollte, ist doch bei Ehen, für deren güterrechtliche Verhältnisse das deutsche Recht gilt, ebenso das jeweils geltende deutsche Recht anzuwenden. So entwickelt der Gesetzgeber das Güterrecht auch für bereits geschlossene Ehen fort und belässt es bei punktuellen Übergangsvorschriften, wie Art. 229 § 20 Abs. 2 EGBGB belegt.
Daher ist das Recht der Russischen Föderation anzuwenden. In dessen internationalen Kollisionsrecht findet sich eine (wandelbare) Rückverweisung auf das deutsche Recht. Nach Art. 161 Nr. 1 S. 1 des Familiengesetzbuches der Russischen Föderation vom 29.12.1995 (Lorenz in: Bergmann/Ferid/Henrich: Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil "Russische Föderation", Stand: 10.07.2013) bestimmen sich die vermögenswerten Rechte und Pflichten der Ehegatten nach der Gesetzgebung des Staates, auf dessen Gebiet sie ihren gemeinsamen Wohnsitz haben oder ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz hatten. Da die Beteiligten zumindest ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz in Deutschland hatten, ist nach dem russischen Kollisionsrecht deutsches Güterrecht anzuwenden.
Der Umstand, dass die Antragstellerin vor dem Kreisgericht T. in der Region K. (Russische Föderation) ein Verfahren geführt hat, hat keine Auswirkung auf das anzuwendende Recht, weil dies nicht der Disposition der Antragstellerin unterliegt.
Das Verfahren vor dem Kreisgericht T. führt auch nicht zur Unzulässigkeit des vorliegenden Verfahrens. Einerseits ist das dortige Verfahren durch Abweisung des Antrags der Antragstellerin im Termin vom 26.12.2013 beendet, andererseits hätte das hiesige Verfahren nach dem Prioritätsprinzip (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 30. Auflage 2014, IZPR Rn. 96) Vorrang vor dem dortigen Verfahren, da es früher eingeleitet wurde.
2. Gemäß §§ 119 Abs. 2 FamFG, 916 Abs. 1, 917 Abs. 1 ZPO war der dingliche Arrest anzuordnen.
a) Die Antragstellerin hat einen Arrestanspruch in Gestalt eines Zugewinnanspruchs in einer Höhe glaubhaft gemacht, der den beantragten Arrestbetrag überschreitet.
Zwar ergibt sich der Arrestanspruch nicht aus einem Anspruch auf vorzeitigen Zugewinnausgleich gemäß § 1385 Nr. 1 BGB im Hinblick auf die über drei Jahre andauernde Trennungszeit, denn die Antragstellerin hat - soweit ersichtlich - insoweit keinen Hauptsacheantrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich gestellt, was Voraussetzung für die Bestimmung des Stichtages für das Endvermögen wäre (§ 1387 BGB).
Nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages kann jedoch auch ein Anspruch auf künftigen Zugewinnausgleich im Wege des Arrestes gesichert werden (Schwonberg in: Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 4. Auflage 2014, § 119 Rn. 16; Zöller/Vollkommer, § 916 Rn. 8; Koch in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 1378 Rn. 36; Helms in: Prütting/Helms, FamFG, 3. Auflage 2014, § 119 Rn. 7; Büte: Die Sicherung von Unterhalts- und Zugewinnausgleichsansprüchen, FuR 2013, 572).
Dies ergibt sich aus der Neukonzeption der §§ 1385 f. BGB im Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom 6. Juli 2009 und dem gesetzgeberischen Ziel, den ausgleichsberechtigten Ehegatten vor Vermögensminderungen zu schützen und dabei den einstweiligen Rechtsschutz zu stärken (BR-Drs. 635/08, S. 20). Der ausgleichsberechtigte Ehegatte hat daher die Wahl, einen Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich zu stellen und in diesem Rahmen einen Arrest zu beantragen oder nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages seinen Anspruch auf künftigen Zugewinnausgleich durch einen Arrest zu sichern.
Daher kann die Antragstellerin ihren Antrag auf einen künftigen Zugewinnausgleichsanspruch zum Stichtag der Zustellung des Scheidungsantrages (§ 1384 BGB) - hier den 05.04.2012 - stützen.
aa) Aktivendvermögen des Antragsgegners
Der Betrag von 230.000,00 € für das Doppelhaus in S. ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Außerdem sind 139.679,25 € für das Bootshaus von L. einzustellen. Im Arrestverfahren ist nicht der volle Beweis zu erbringen, sondern es sind dem Grund und der Höhe der Forderung zugrundeliegenden Tatsachen glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO). Neben der eigenen eidesstattlichen Versicherung kommt auch die Vorlage eines von einem Beteiligten selbst eingeholten Gutachtens in Betracht (Zöller/Vollkommer, § 920 Rn. 10). Letztlich genügt es, wenn Höhe und Bestand der Ausgleichsforderung wahrscheinlich sind (OLG Hamm FamRZ 1985, 71, 72; OLG Düsseldorf FamRZ 1991, 351, 352).
Die Antragstellerin hat zur Glaubhaftmachung ein Gutachten des Gutachters J. vorgelegt, das einen entsprechenden Wert belegt. Dieses Gutachten ist ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 07.08.2013 im Einverständnis des Antragsgegners eingeholt worden. Inhaltliche Einwendungen gegen die Richtigkeit hat er nicht vorgebracht.
Soweit er sich auf ein von ihm eingeholtes Gutachten beziehen möchte, das zu einem umgerechneten Wert von 20.000,00 € gelangt, ist das nicht glaubhaft gemacht. Er hat lediglich die Kopie eines Auszuges (eine von insgesamt 62 Seiten) des Gutachtens in russischer Sprache vorgelegt. Das genügt nicht nur wegen der fehlenden Übersetzung nicht, um das von der Antragstellerin vorgelegte Gutachten zu entkräften.
Darüber hinaus ist der Antragsgegner dem Vortrag der Antragstellerin, er habe ein gleichartiges Bootshaus im Jahr 2009 für umgerechnet ca. 100.000,00 € verkauft, nicht entgegengetreten. Der nunmehr von der Antragstellerin behauptete Wert ist daher ohne weiteres plausibel und nachvollziehbar, so dass dieser Vermögenswert mit der für die Glaubhaftmachung ausreichenden Wahrscheinlichkeit in der von der Antragstellerin geltend gemachten Höhe besteht.
Ein Betrag für einen Pkw Mercedes ist nicht hinzuzusetzen. Der Pkw ist in keiner Weise hinreichend bestimmt bezeichnet, etwa durch Angabe des Modells und des Zeitpunktes der Erstzulassung. Aus der Vermutung der Antragstellerin, dass der Antragsgegner in Russland auf die Nutzung eines Pkw angewiesen ist, kann nicht mit der nötigen Wahrscheinlichkeit auf das Vorhandensein eines bestimmten Vermögensgegenstandes mit einem bestimmten Wert geschlossen werden.
Das Sportboot ist mit 0,00 € anzusetzen. Die Antragstellerin hat auch diesen Vermögensgegenstand nicht näher beschrieben, so dass aufgrund ihres Vortrages keine Rückschlüsse auf den Wert möglich sind. Der Antragsgegner hat insoweit unwidersprochen vorgetragen, das Boot habe allenfalls Schrottwert, da es seit Jahren defekt und reparaturbedürftig sei.
Es errechnet sich ein Aktivendvermögen von 369.679,25 €.
bb) Passivendvermögen des Antragsgegners
Die Darlehnsverbindlichkeiten bei der X-Bank fallen mit 91.292,92 € in das Passivendvermögen des Antragsgegners, ebenso wie die 20.000 € zur Ablösung des Wohnrechts des Herrn J. B..
Ein Betrag von 10.000,00 € für Verbindlichkeiten bei der Y-Bank sind nicht zu berücksichtigen. Zwar besteht aufgrund der vorgelegten Unterlagen eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass zum Stichtag am 05.04.2012 Verbindlichkeiten bestanden, doch hat der Antragsgegner den genauen Schuldsaldo zum Stichtag nicht dargelegt. Die Angabe von "ca. 10.000,-- €" genügt nicht.
Für das Darlehn W. sind 4.000,00 € und für das Darlehn D. sind weitere 4.000,00 € einzusetzen. Der Antragsgegner hat Kopien der Darlehnsverträge/Schuldscheine vorgelegt und die Valutierung zum Stichtag eidesstattlich versichert. Auch wenn die Antragstellerin dies nicht nachvollziehen kann und bestreitet, hat sie diesen Vortrag bislang nicht erschüttern können.
Nicht zu berücksichtigen sind 5.715,70 € für Rückstände bei der Gasversorgung und 508,37 € für einen Rückstand beim Wasserverband. In beiden Fällen fehlen stichtagsbezogene Belege. In dem Betrag bei der Gasversorgung sind ersichtlich auch nach dem Stichtag angefallene Vorauszahlungen enthalten, nach der Abrechnung des Wasserverbandes war die zugrundeliegende Rechnung am 05.05.2013 und damit nach dem Stichtag fällig.
Die bei der A. G. rückständigen Beiträge von 2.968,71 € fallen in das Passivendvermögen.
Es errechnet sich ein Passivendvermögen des Antragsgegners von 122.261,63 €.
cc) Endvermögen des Antragsgegners
Das Endvermögen des Antragsgegners (§ 1375 Abs. 1 BGB) beläuft sich auf 247.417,62 €.
dd) Anfangsvermögen des Antragsgegners
Der Antragsgegner war bei Eheschließung unstreitig Eigentümer eines Hauses in D., das im Jahr nach der Eheschließung für umgerechnet ca. 50.000 € veräußert wurde. Der Antragsgegner ist jedoch dem von der Antragstellerin gehaltenen und eidesstattlich versicherten Vortrag, das Haus habe sich bei Eheschließung noch im Rohbau befunden, nicht entgegengetreten. Es seien lediglich die Außenwände des Erdgeschosses gemauert gewesen, die Zwischendecke sei noch nicht fertiggestellt gewesen. Erst nach der Hochzeit sei die Decke eingezogen worden und die erste Etage und das Dach seien fertiggestellt worden. Daher ist der von ihr behauptete Betrag von umgerechnet 19.173,44 € glaubhaft und nachvollziehbar.
Dieser Betrag ist zum Ausgleich des Kaufkraftschwundes anhand des Verbraucherpreisindex zum Zeitpunkt der Heirat und zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages umzurechnen. Nach dem Jahresverbraucherpreisindex mit Basisjahr 2005 betrug der Index 63,0 im Jahr 1986 und 104,1 im Jahr 2012. Es errechnet sich ein Betrag von 31.681,83 € (19.173,44 € x 104,1 : 63,0).
Dieser Betrag stellt das Anfangsvermögen (§ 1374 Abs. 1 BGB) des Antragsgegners dar.
ee) Berücksichtigung des Gesamtschuldnerausgleichs
Der Umstand, dass beide Beteiligte für das Darlehn bei der X-Bank gesamtschuldnerisch hafteten, führt zu keiner Korrektur der Berechnung.
Zwar sind Verbindlichkeiten, für die die Ehegatten gesamtschuldnerisch haften, grundsätzlich jeweils in voller Höhe im Passivvermögen zu berücksichtigen. Der durch den Zugewinnausgleich nicht verdrängte Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB führt im Ergebnis jedoch dazu, dass die gemeinsame Verbindlichkeit im Endvermögen mit der Quote einzustellen ist, in dem die Haftung im Innenverhältnis besteht (BGH FamRZ 2011, 25 Rn. 16).
Profitiert ein Ehegatte allein von einem Kredit, etwa weil er der Finanzierung einer in seinem Alleineigentum stehenden und von ihm allein genutzten Immobilie dient, dann ist darin eine anderweitige Bestimmung im Sinne von § 426 BGB zu sehen mit der Folge, dass er im Innenverhältnis allein für die Verbindlichkeit haftet (BGH FamRZ 1997, 487).
So liegen die Verhältnisse hier, da das Doppelhaus in S. im Alleineigentum des Antragsgegners stand und er es auch nach der Trennung allein nutzte. Daher ist das Darlehn allein in das Passivendvermögen des Antragsgegners einzustellen.
ff) Zugewinn des Antragsgegners
Der Zugewinn des Antragsgegners (§ 1373 BGB) beläuft sich danach auf 215.735,79 €.
gg) Ausgleichsanspruch der Antragstellerin
Da die Antragstellerin weder über ein Anfangs- noch ein Endvermögen verfügte, ist ein Zugewinnausgleichsanspruch gemäß § 1378 Abs. 1 BGB in Höhe der Hälfte des Zugewinns des Antragsgegners, mithin 107.867,90 € glaubhaft gemacht. Der geltend gemachte Arrestbetrag unterschreitet diesen Betrag.
b) Die Antragstellerin hat einen Arrestgrund im Sinne von § 917 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht. Danach ist ein Arrestgrund gegeben, wenn zu besorgen ist, dass die Vollstreckung ansonsten vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Ein Indiz dafür kann etwa die Veräußerung eines Grundstückes sein (BR-Drs. 635/08, S. 38).
Das ist vorliegend gegeben. Die Antragstellerin behauptet darüber hinaus, sie habe nur durch Zufall davon erfahren, dass der Antragsgegner das in seinem Alleineigentum stehende Haus in S. veräußert habe. Das hat sie eidesstattlich versichert. Demgegenüber genügt der Vortrag des Antragsgegners, die Antragstellerin habe von den Veräußerungsabsichten gewusst, nicht aus, um dies zu entkräften. So ist dieser Vortrag schon unsubstantiiert, da nicht mitgeteilt ist, wann, wo und bei welcher Gelegenheit die Antragstellerin von wem über den Veräußerungsabsichten in Kenntnis gesetzt worden sein soll. Im Übrigen ist dies von ihm auch nicht glaubhaft gemacht worden.
Auch wenn der Antragsgegner der Behauptung der Antragstellerin, er halte sich überwiegend in Russland auf, habe dort seinen Lebensmittelpunkt, eine Freundin und einen 13-jährigen Sohn, weitgehend entgegengetreten ist, so hat er doch bestätigt, dass er eine Freundin in Russland hat. Auch hat er vorgetragen, dass er immer wieder geschäftlich in Russland zu tun hat und sich auch immer wieder längerfristig dort aufgehalten hat.
Außerdem verfügt er in Russland über eine Immobilie, das Bootshaus in L..
In der Gesamtbetrachtung zeigt sich daher, dass der Antragsgegner über sehr enge Bindungen in Russland verfügt. Nachdem der Antragsgegner das hier belegene Hausgrundstück verkauft hat und er nichts zu persönlichen und sozialen Bindungen in Deutschland vorgetragen hat, besteht die konkrete Besorgnis, dass der Antragsgegner sein Vermögen, namentlich den Erlös aus dem Hausverkauf nach Russland transferiert und so dem Zugriff durch die Antragstellerin entzieht. Er hat auch nicht mitgeteilt, wie er den Erlös aus dem Verkauf des Hauses in S. zu verwenden gedachte.
Im Übrigen ist gemäß § 917 Abs. 2 S. 1 ZPO ein Arrestgrund anzunehmen, wenn die Vollstreckung im Ausland erfolgen müsste und die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.
Bei einem Transfer seines Vermögens müsste die Vollstreckung eines Titels auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs in Russland erfolgen, da er dort noch über Grundvermögen verfügt. Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Gegenseitigkeit mit der Russischen Föderation sicher verbürgt ist (Zöller/Geimer, Anhang IV "Russische Föderation"), ergibt sich hieraus zusätzlich der Arrestgrund des § 917 Abs. 2 S. 1 ZPO.
3. Der Senat hat gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen, weil sie vor dem Amtsgericht stattgefunden hat und zusätzliche Erkenntnisse nicht zu erwarten sind. Vorliegend handelt es sich daher um einen urteilsersetzenden Beschluss im Sinne von §§ 922 Abs. 1 S. 1 ZPO, 116 Abs. 1, 38 Abs. 1 FamFG.
Der Senat hatte den Arrest neu anzuordnen und klarstellend den angefochtenen Beschluss aufzuheben. Wenn - wie hier - ein ohne mündliche Verhandlung ergangener Arrestbefehl auf den Widerspruch des Schuldners aufgehoben worden ist, hat das Beschwerdegericht den Arrest neu zu erlassen; eine Bestätigung genügt nicht (OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 68 [OLG Düsseldorf 12.03.1999 - 22 U 66/98]; 2002, 138, 138 f.; Zöller/Vollkommer, § 925 Rn. 12 m.w.N; a.A. OLG Celle NJW-RR 1987, 64 [OLG Celle 24.07.1986 - 5 U 139/86]).
Daher bedarf der nunmehr vom Senat angeordnete Arrest innerhalb der Frist des § 929 Abs. 2 ZPO der erneuten Vollziehung nach § 928 ZPO.
4. Die Festsetzung der Lösungssumme beruht auf § 923 ZPO und beschränkt sich auf den Arrestbetrag, weil Zinsen nicht geltend gemacht werden. Die Kosten des Arrestverfahrens haben dabei außer Betracht zu bleiben.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 91 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Verfahrenswertes folgt § 42 Abs. 1 FamGKG. Eine besondere Wertvorschrift für das Arrestverfahren enthält das FamGKG nicht; auch ist § 41 FamGKG mangels Regelungslücke nicht analog anwendbar (Thiel in: FamGKG, 2. Auflage 2014, § 42 Rn. 94-97). Daher ist der Verfahrenswert nach billigem Ermessen zu bestimmen, wobei regelmäßig Bruchteile der Hauptforderung anzunehmen sind, etwa im Bereich zwischen 1/3 und 1/2 (Thiel in: Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 13. Auflage 2011, Rn. 6776).
Angesichts des besonderen Interesses der - ansonsten mittellosen - Antragstellerin und dem Umstand, dass sich eine Immobilie im Ausland befindet, erscheint die Bewertung mit der Hälfte des Arrestbetrages angemessen. Eine darüber hinausgehende Wertfestsetzung würde jedoch nicht hinreichend berücksichtigen, dass es sich beim Arrest lediglich um eine vorläufige Sicherungsmaßnahme handelt, die keine endgültige Befriedigung zur Folge hat. Auf den hinterlegten Betrag kann die Antragstellerin nur im Rahmen eines im Hauptsacheverfahren zu schaffenden Zahlungstitels zurückgreifen.