Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 02.04.2014, Az.: 9 W 43/14

Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit i.R.e. Anspruchs auf Architektenhonorars

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
02.04.2014
Aktenzeichen
9 W 43/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 16074
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2014:0402.9W43.14.0A

In der Beschwerdesache
pp.
hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. W, die Richterin am Oberlandesgericht W und den Richter am Oberlandesgericht Dr. S am 2. April 2014
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den eine Befangenheit des Vorsitzenden Richters am Landgericht Dr. W verneinenden Beschluss der 14. Zivilkammer des Landgerichts H vom 25. Februar 2014 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gegenstandswert: bis 9.000 Euro (GA 121)

Gründe

I. Die in zulässiger Weise erhobene sofortige Beschwerde ist im Ergebnis nicht begründet.

Der Kläger begehrt im Rechtsstreit Architektenhonorar vom Beklagten. Er hat den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. W als befangen abgelehnt, weil dieser zusammen mit dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten Aufsätze, Urteilsanmerkungen und Kommentierungen verfasse und eine Vielzahl von Fortbildungen für Rechtsanwälte, insb. auch auf dem Gebiet des Bau- und Architektenrechts, leite, was Anlass gebe, eine enge persönliche Beziehung zu vermuten.

Das Landgericht hat eine Befangenheit abgelehnt und der Sache nach darauf verwiesen, dass die wissenschaftliche Tätigkeit des Abgelehnten so umfangreich sei, dass das Gewicht der Zusammenarbeit mit dem Beklagtenvertreter, das im Streitfall zur Begründung herangezogen werde, als nicht ausreichend anzusehen sei.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers, mit der er nochmals betont, es gehe allein um die Frage, ob aus der Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei objektive Gründe dafür vorliegen, die ihr Anlass geben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Diesen Maßstab habe der angefochtene Beschluss verfehlt.

II. Die sofortige Beschwerde hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Zutreffend streicht allerdings der Kläger den Maßstab heraus, an dem die Frage, ob eine Befangenheitsablehnung Erfolg haben muss, zu entscheiden ist: nämlich nicht daran, ob der abgelehnte Richter befangen ist, sondern daran, ob die ablehnende Partei aufgrund objektiver Umstände Anlass hat, an seiner Unvoreingenommenheit zu zweifeln.

2. Auch das Anlegen dieses Maßstabes führt im Streitfall jedoch nicht dazu, das Ablehnungsgesuch im Ergebnis für berechtigt zu halten.

Die seitens des Klägers aufgezeigte recht enge wissenschaftliche Zusammenarbeit des Richters und des Bevollmächtigten des Beklagten allein bietet einen solchen Anlass nicht. Die gemeinsam betriebene Förderung der juristischen Fachdiskussion gibt für sich genommen keinen hinreichenden äußeren Anlass, um an der Unvoreingenommenheit zu zweifeln; sie stellt zum einen die Ausübung der grundgesetzlich geschützten Wissenschaftsfreiheit dar und zum anderen die Förderung der Fachauseinandersetzung und damit des Fachwissens auf dem gegenständlichen Fachgebiet. Wollte man jede wissenschaftliche Zusammenarbeit zwischen Rechtsanwalt und Richter als Grundlage für eine mögliche Wahrnehmung als voreingenommen ausreichen lassen, so würde ein schützenswerter Zweig juristischer Betätigung abgeschnitten; die besondere Fachkunde juristischer Berufsangehöriger und gerade ihr berufsübergreifendes Zusammenwirken würde behindert.

3. Natürlich hat der Senat im Streitfall auch erwogen, dass die - wie dargestellt grundsätzlich schützenswerte - juristische berufsübergreifende Zusammenarbeit dann einen Umfang erreicht, der objektive Gründe dafür bietet, dass die betroffene Partei den Richter nicht mehr als unvoreingenommen einschätzen kann, wenn die wissenschaftliche Zusammenarbeit zu einem besonderen persönlichen Näheverhältnis führt, sei es zu einer echten engen privaten Freundschaft oder sei es, dass die Zusammenarbeit z.B. in der Hochphase einer Manuskriptfertigung mehrmals wöchentlich persönliche Zusammenkünfte zur Folge hat, bei denen dann zu vermuten ist, dass neben der wissenschaftlichen Arbeit - naturgemäß - auch die Kümmernisse vom Arbeitsplatz ausgetauscht werden. Dass im Streitfall eine solche Dichte der Bekanntschaft generell besteht oder gerade eine besonders verdichtete Phase der Zusammenarbeit vorläge, verneint der Senat, weil die dienstliche Äußerung des abgelehnten Richters darauf keine Hinweise enthält.

4. Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO.

5. Der Gegenstandswert entspricht nach ständiger Rechtsprechung des Senats dem Wert der Hauptsache.

6. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.