Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 19.02.2018, Az.: 3 B 41/17

Abschnitt; Abschnittsbildung; beitragsfähiger Teilstreckenausbau

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
19.02.2018
Aktenzeichen
3 B 41/17
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2018, 73913
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die vier Straßenausbaubeitragsbescheide der Antragsgegnerin jeweils vom 18. Oktober 2016 und dem jeweiligen Aktenzeichen 604200/154/205 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.413,79 EUR festgesetzt.

Gründe

1.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (3 A 226/16) gegen vier Straßenausbaubeitragsbescheide der Antragsgegnerin.

Der Antragsteller ist Eigentümer der Grundstücke Flurstück C., D., E., F., G. und H., jeweils Flur I., Gemarkung A-Stadt im J., der von der K. Straße nach Norden hin abgeht. Unmittelbar an die K. Straße grenzt über eine Länge von ca. 110 Metern das Flurstück C. mit seiner südlichen Grundstücksseite an, nördlich an dieses Grundstück die weiteren Grundstücke des Antragstellers. An das Flurstück C. grenzen östlich die Flurstücke L. bzw. M. und sodann die Flurstücke N. und O. an. Die Bezeichnung der K. Straße wechselt im weiteren östlichen Verlauf in „P. Straße“.

Der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin beschloss am 28. März 2007 unter anderem, im Rahmen des Umbaus der Ortsdurchfahrt B214 die Gehwege auszubauen und die Hochborde zu erneuern, die Straßenbeleuchtung komplett zu erneuern und die Parkflächen mit Verbundsteinpflaster zu befestigen.

In den Jahren 2007 und 2008 erfolgte der Ausbau des Gehweges, der Parkbuchten und der Beleuchtung in der „P. Straße / K. Straße“ (B214) ab der Einmündung Q. in Richtung Ortsausgang R.. Die Beleuchtung wurde bis in Höhe von 20 Metern hinter der östlichen Grenze des Grundstücks Flurstück C. ausgebaut. Ein Gehweg ist bis zur Höhe (Mitte) des Flurstücks O. vorhanden. Im weiteren Verlauf findet sich - auch vor dem Grundstück des Antragstellers Flurstück C. - statt eines Gehweges eine Grünfläche, an der sich nach der Einmündung des J. s auch eine Bushaltestelle befindet. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite verläuft etwas abgesetzt von der Fahrbahn ein kombinierter Geh- und Radweg.

Mit Bescheiden jeweils vom 31. Mai 2012 erhob die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller Vorausleistungen für den Ausbau von Teileinrichtungen der „P. Straße / K. Straße“, die von dem Antragsteller auch gezahlt wurden.

In einem Schreiben an den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers vom 29. Juni 2012 führt die Antragsgegnerin aus, dass die 40 Jahre alte Ortsbeleuchtung durch eine moderne Beleuchtung mit hochwertiger Lichttechnik ersetzt worden sei, was zu einer besseren Ausleuchtung der Straße geführt habe.

In der Beschlussvorlage vom 27. Juli 2012 des Fachbereichs Bauen und Finanzen der Antragsgegnerin an den Verwaltungsausschuss und Rat der Antragsgegnerin wird ausgeführt, dass der Ausbau des ersten Abschnitts der B214 am Ortsausgang Richtung R. beginne und an der Einmündung Q. ende. Der dort beginnende zweite Abschnitt ende wiederum am Ortsausgang Richtung B-Stadt. Das Bauprogramm für die gesamte Einrichtung sowie ein Lageplan zur Klarstellung der Abschnitte seien beigefügt. Das Bauprogramm für den zweiten Abschnitt sei „den unverbindlichen vorläufigen Planungen des Straßenbauamtes entnommen. Sobald der Zeitpunkt für den Ausbau des zweiten Abschnitts feststeht, wird dem Rat ein, soweit erforderlich, aktualisiertes Bauprogramm zur Entscheidung vorgelegt werden.“

Am 25. September 2012 beschloss der Rat der Antragsgegnerin „für die Abrechnung von Vorausleistungen“ hinsichtlich des Ausbaus der B214 „die Abschnittsbildung vom Ortsausgang Richtung R. bis zur Einmündung „Q.“ sowie „den Ausbau der Straßenteileinrichtungen Gehweg, Beleuchtung und Parkplätze über die gesamte Einrichtung B214 gemäß beigefügten Bauprogramm“.

Mit vier Bescheiden jeweils vom 18. Oktober 2016 zog die Antragsgegnerin schließlich die Grundstücke des Antragstellers, die Flurstücke H., C., D., E., F. und G. zu Beiträgen „für den Ausbau des Gehweges, der Parkplätze sowie der Beleuchtung in der Straße „P. Straße / K. Straße“ (B214)“ auf einem ersten Bauabschnitt vom Ortsausgang aus Richtung R. bis zur Einmündung Schulstraße heran.

Mit E-Mail vom 9. November 2016 führte die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller aus, dass alle Grundstücke an dem gebildeten Abschnitt beitragspflichtig seien, auch diejenigen, auf deren Höhe keine Bauarbeiten durchgeführt worden seien. Eine andere Abschnittsbildung sei nicht rechtmäßig gewesen. In einer weiteren E-Mail vom 17. November 2016 erklärte die Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller, dass aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse kein Bedürfnis für die durchgehende Anlegung einer Teileinrichtung bestanden habe.

Gegen die vier Bescheide vom 18. Oktober 2016 erhob der Antragsteller am 21. November 2016 Klage. In den Verwaltungsvorgängen würden die gemeinsame Ausschreibung des Bundes und der Gemeinde, alle Abrechnungen sowie die zwischen den beiden Vorhabenträgern getroffene Vereinbarung auf die Schlussrechnung des Bundes fehlen. Zudem sei die Abschnittsbildung nur stichwortartig dokumentiert und die Behandlung des Vorhabens in den Ratsgremien nur bruchstückhaft erkennbar. Keines der antragstellerischen Grundstücke werde durch die abgerechnete Anlage erschlossen, da der Geh- und Radweg lediglich bis auf Höhe der Schachtstraße ausgebaut worden sei. Im weiteren Verlauf sei zunächst der alte Gehweg beibehalten worden, bevor sich der Straßenrand noch vor seinem Grundstück als Grünstreifen fortsetze. Der Ausbauabschnitt sei daher nicht auf ganzer Länge auch tatsächlich ausgebaut worden. Der J. sei vom Ausbauende ca. 180 Meter entfernt. Die antragstellerischen Grundstücke würden darüber hinaus auch zum Teil nicht durch die B214 erschlossen, sondern allein durch den J. und eine Wegeanbindung an die B214 sei auch nicht möglich.

In ihrer Klageerwiderung vom 13. September 2017 hat die Antragsgegnerin ausgeführt, dass der Ausbau zusammen mit der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr als gemeinsame Straßenbaumaßnahme durchgeführt worden sei. Bei dem Gehweg sei das vorhandene Material aufgenommen und durch Pflastersteine auf verstärktem Unterbau ersetzt worden. Die Parkplätze seien mit Verbundsteinpflaster hergestellt und die Straßenbeleuchtung sei „erneuert und ergänzt“ worden. Es sei nicht erforderlich gewesen, den alten Gehweg über seinen bisherigen Bestand hinaus zu erneuern. Die Verkehrssicherheit erfordere keinen weiteren Ausbau, zumal es im weiteren Verlauf auch an einer weiteren Bebauung fehle. Fuß- und Radverkehr könne den gegenüberliegenden Fuß- und Radweg nutzen. Dies entspräche auch den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Der erste Bauabschnitt habe eine Länge von 1,78 km und der Gehweg sei auf einer Länge von 1,62 km ausgebaut worden.

Der Antragsteller beantragte mit Schriftsatz vom 13. Juni 2017 gegenüber der Antragsgegnerin die Aussetzung (der Vollziehung der Beitragsbescheide), was die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 13. September 2017 ablehnte.

Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2017 hat der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Seine vier Grundstücke hätten keine Verbindung zur Teileinrichtung Gehweg, zumal das Grundstück Flurstück C. die weiteren Grundstücke abtrennen würde. Die Erschließungsanlage sei noch nicht fertiggestellt, da der Gehweg nicht über die gesamte Länge ausgebaut worden sei.

Der Antragsteller beantragt,

die Vollziehung der angefochtenen vier Bescheide bis zur Hauptsacheentscheidung auszusetzen.

Die Antragsgegnerin hat bislang keinen Antrag gestellt.

2.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 Alt. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) ist zulässig, insbesondere wurde - wie von § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO grundsätzlich vorausgesetzt - durch die Antragsgegnerin ein Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung zuvor abgelehnt, und begründet.

Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kommt gemäß § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO (vgl. etwa Bay. VGH, Beschl. v. 04.11.2014 - 6 CS 14.1466 -, juris Rn. 5; Nds. OVG, Beschl. v. 10.11.2004 - 13 ME 447/04 -, juris Rn. 3) dann in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Diese Voraussetzungen liegen hier nach summarischer Prüfung (vgl. etwa Nds. OVG, Beschl. v. 13.01.2004 - 2 ME 364/03 -, juris Rn. 6) vor. Die Kammer hat im vorliegenden Fall aufgrund der konkreten Länge des Ausbaus ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vier angegriffenen Straßenausbaubeitragsbescheide.

Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide vom 18. Oktober 2016 ist die aufgrund der §§ 1, 2 Abs. 1 Satz 1, 6 Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz (im Folgenden: NKAG) erlassene Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 6 NKAG für straßenbauliche Maßnahmen in der Gemeinde S. (Straßenausbaubeitragssatzung) vom 23. Oktober 2001 (im Folgenden: SABS). Nach § 1 Abs. 1 SABS erhebt die Antragsgegnerin zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung (nachstehend Maßnahmen genannt) ihrer öffentlichen Straßen, Wege und Plätze im Sinne von § 47 Nr. 1 und 2 des Nds. Straßengesetzes - insgesamt, in Abschnitten oder Teilen - (öffentliche Einrichtungen) nach Maßgabe dieser Satzung Beiträge von den Grundstückseigentümern, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet (Anlieger), sofern Erschließungsbeiträge nach den §§ 127 ff. BauGB nicht erhoben werden. Gem. § 1 Abs. 3 SABS ermittelt die Gemeinde den beitragsfähigen Aufwand jeweils für die einzelne Ausbaumaßnahme oder für bestimmte Teile einer Maßnahme (Aufwandsspaltung) oder für einen selbständig nutzbaren Abschnitt einer Maßnahme (Abschnittsbildung) gesondert. Die Beitragspflicht entsteht mit der Beendigung der beitragsfähigen Maßnahme (§ 9 Abs. 1 SABS), bei der Abrechnung von Abschnitten mit der Beendigung der Abschnittsmaßnahme, frühestens mit dem Abschnittsbildungsbeschluss (§ 9 Abs. 3 SABS).

Die Beitragsbescheide sind nach summarischer Prüfung bereits deshalb rechtswidrig, weil die öffentliche Einrichtung bzw. ein Abschnitt der öffentlichen Einrichtung nicht in gesamter Länge ausgebaut wurde. Grundsätzlich dürfen Straßenausbaubeiträge nur erhoben werden, wenn der Beitragstatbestand auf der gesamten Länge der ausgebauten Straße (Nds. OVG, Beschl. v. 22.08.2011 - 9 LC 101/10 -, n.v. m.w.N.; Beschl. v. 22.12.2009 - 9 ME 108/09 -, juris Rn. 6; vgl. auch Urt. v 09.10.1990 - 9 L 193/89 -, juris Rn. 7, 9) bzw. Teileinrichtung oder des etwa gebildeten Abschnitts verwirklicht worden ist (vgl. etwa Nds. OVG, Urt. v. 11.07.2007 - 9 LC 262/04 -, juris Rn. 41 m.w.N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall, die Antragsgegnerin hat weder die öffentliche Einrichtung in ihrer gesamten Länge ausgebaut (dazu a)), noch den Abschnitt (dazu b)) und auch die Abschnittsbildung war - nach vorläufiger Beurteilung der Rechtslage - nicht wirksam (dazu c)).

Die Beteiligten betrachten übereinstimmend die Ortsdurchfahrt der B214 vom Ortsausgang in Richtung B-Stadt bis zum Ortsausgang in Richtung R. als öffentliche Einrichtung.

a) Der Ausbau der Teileinrichtungen erfolgte lediglich ab der Einmündung Schulstraße und nicht über die gesamte Länge der Ortsdurchfahrt.

b) Die Antragsgegnerin hat die öffentliche Einrichtung für den Ausbau allerdings an der Einmündung zur Schulstraße in zwei Abschnitte unterteilt. Der Rat der Antragsgegnerin hat am 25. September 2012 für die Abrechnung von Vorausleistungen hinsichtlich des Ausbaus der B214 die Abschnittsbildung „vom Ortsausgang Richtung R. bis zur Einmündung in die Q.“ sowie „den Ausbau der Straßenteileinrichtungen Gehweg, Beleuchtung und Parkplätze über die gesamte Einrichtung B214 gemäß beigefügten Bauprogramm“ beschlossen. Der zweite Abschnitt soll nach der Beschlussvorlage an der Einmündung Q. beginnen und am Ortsausgang Richtung B-Stadt enden.

aa) Aber auch diesen ersten Abschnitt vom „Ortsausgang Richtung R. bis zur Einmündung in die Q.“ hat die Antragsgegnerin nicht auf voller Länge ausgebaut. Der Ausbau der öffentlichen Einrichtung erfolgte ab der Einmündung der Q. hinsichtlich des Gehweges lediglich bis zur Höhe der Mitte des Grundstücks Flurstück O. und nicht bis zum ca. 210 Meter entfernten Ende der Wohnbebauung auf dem - noch westlich des antragstellerischen Grundstücks Flurstück C. gelegenen - Grundstücks Flurstück T.. Der Ortsausgang bzw. das Ende der öffentlichen Einrichtung und damit auch eines entsprechenden Abschnitts dürfte aller Voraussicht nach hinter der Bebauung des Grundstücks Flurstück T. zu sehen sein. Auch die Beleuchtung wurde bei der öffentlichen Einrichtung lediglich bis zum Anfang des Grundstücks des Antragstellers ausgebaut. Auf den folgenden ca. 145 Metern sind nach dem in den Verwaltungsvorgängen vorhandenen Beleuchtungsplan keine Leuchten vorgesehen. Auch Parkbuchten sind nach dem im Klageverfahren als Anlage K 6 zum Schriftsatz vom 12. Mai 2017 vom Antragsteller eingereichten Luftbild auf den letzten ca. 320 Metern der Wohnbebauung nicht vorhanden. Sämtliche Teileinrichtungen enden damit zwischen ca. 145 und ca. 320 Meter vor dem voraussichtlich als Ortsausgang zu qualifizierenden Ende der Wohnbebauung.

bb) Soweit die Antragsgegnerin die Auffassung vertritt, dass der Ausbau des Gehweges als beitragsfähiger Teilstreckenausbau abrechenbar sei, liegen die Voraussetzungen eines sogenannten beitragsfähigen Teilstreckenausbaus nach vorläufiger Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch die Kammer nicht vor.

Straßenausbaubeiträge können - aus Gründen der Rechtssicherheit und Vorteilsgerechtigkeit - grundsätzlich nur erhoben werden, wenn der Beitragstatbestand auf der gesamten Länge der ausgebauten Straße bzw. Teileinrichtung oder des etwa gebildeten Abschnitts verwirklicht worden ist (Nds. OVG, Urt. v. 11.07.2007 - 9 LC 262/04 -, juris Rn. 41; Urt. v. 07.09.1999 - 9 L 393/99 -, juris Rn. 38, 39). Ausnahmen können insoweit gelten, wenn eine nur in Abständen oder ggf. auch nur an einer Stelle vorhandene Teileinrichtung ihre Funktion für die Gesamteinrichtung noch erfüllt, wie es etwa bei Parkbuchten der Fall sein kann, wenn die durchgehende Anlegung einer Teileinrichtung aus tatsächlichen Gründen (z.B. wegen einer vorhandenen Altbebauung oder einer Felswand) unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgeschlossen erscheint oder wenn für die durchgehende Anlegung einer Teileinrichtung aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Bedürfnis besteht oder wenn die Verwirklichung eines Beitragstatbestandes (z.B. eine Erneuerung) nur in einem Teilbereich notwendig ist, eine Abschnittsbildung aber nicht in Betracht kommt (Nds. OVG, Urt. v. 07.09.1999 - 9 L 393/99 -, juris Rn. 39; vgl. auch Nds. OVG, Urt. v. 09.10.1990 - 9 L 193/89 -, juris Rn. 8). Im letzteren Fall spricht die Erneuerungsbedürftigkeit einerseits und das Gebot einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung andererseits dafür, die Beitragsfähigkeit der auf einer Teilstrecke durchgeführten Erneuerungsmaßnahme anzuerkennen, sofern die Ausbaustrecke innerhalb der öffentlichen Einrichtung einen nicht nur untergeordneten Teilbereich erfasst und die Gemeinde sowohl die Notwendigkeit eines nur teilweisen Ausbaus als auch Umfang sowie Beendigung der Baumaßnahmen deutlich macht (Nds. OVG, Urt. v. 07.09.1999 - 9 L 393/99 -, juris Rn. 39). Würde man insoweit für eine Verbesserungsmaßnahme eine vollständige räumliche Erfassung der öffentlichen Einrichtung fordern, würden die Gemeinden zu unnötigen, dem Grundsatz von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung widersprechenden Ausbauentscheidungen verleitet, weil sie dann aus Gründen der Herbeiführung der Beitragsfähigkeit einer Verbesserungsmaßnahme zu räumlich weitergehenderen Bauprogrammen als der Sache nach erforderlich geneigt sein könnten (vgl. Nds. OVG Urt. v. 11.07.2007 - 9 LC 262/04 -, juris Rn. 43 m.w.N.). Dass diese an einen beitragsfähigen Teilstreckenausbau zu stellenden Anforderungen vorliegend erfüllt wären, ist nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin führt zwar aus, dass der Ausbau des Gehweges nicht auf gesamter Länge erforderlich gewesen sei. Dieser Auffassung vermag die Kammer indes nicht zu folgen. Das im Klageverfahren als Anlage K 7 zum Schriftsatz vom 12. Mai 2017 vom Antragsteller eingereichte Lichtbild zeigt gerade eindrücklich die Erforderlichkeit eines weiteren Ausbaus des Gehweges, der - unabhängig davon, ob der Ausbau tatsächlich, wie vom Antragsteller vorgetragen, nur bis zur Schachtstraße erfolgt ist - am Ende des Vorhandenseins eines Gehweges in einen unbefestigten Grünstreifen übergeht und an weiterer Wohnbebauung vorbei- und zu einer Bushaltestelle hinführt. Dass - nach den Angaben der Antragsgegnerin - auf der gegenüberliegenden Fahrbahnseite ein weiterer Geh- und Radweg vorhanden ist, vermag an den für einen weiteren Ausbau sprechenden Umständen nichts zu ändern. Auch auf der gehweglosen Straßenseite besteht weitere Wohnbebauung und ist im weiteren Verlauf auch (im Grünstreifen) eine Bushaltestelle vorhanden. Beides spricht gerade für die Notwendigkeit eines weiteren Ausbaus. Davon, dass unter keinem Gesichtspunkt ein Bedürfnis für einen weiteren Ausbau des Gehweges bestünde, kann danach keine Rede sein. Darüber hinaus ist - wie bereits ausgeführt - auch ein Ausbau der weiteren Teileinrichtung wohl nicht bis zum Ende des Abschnitts erfolgt, ohne dass ersichtlich wäre, dass auch hierfür unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Bedürfnis bestünde. Gerade auch hinsichtlich der Bushaltestelle erschließt sich nicht, weshalb eine Ausleuchtung der öffentlichen Einrichtung im weiteren Verlauf nicht erforderlich sein sollte.

b) Zudem ist die Abschnittsbildung - nach vorläufiger Beurteilung der Rechtslage - auch nicht wirksam beschlossen worden.

Bei der Abschnittsbildung handelt es sich - als Vorfinanzierungsinstrument (vgl. hierzu etwa Nds. OVG, Beschl. v. 19.03.2015 - 9 ME 1/15 -, juris Rn. 8; Beschl. v. 22.08.2011 - 9 LC 101/10 -, n.v.; Beschl. v. 22.12.2009 - 9 ME 108/09 -, juris Rn. 6; Urt. v. 17.06.2008 - 9 LC 252/07 -, juris Rn. 55; Urt. v. 20.06.2007 - 9 LC 59/06 -, juris Rn. 21; VG Lüneburg, Urt. v. 18.03.2014 - 3 A 220/12 -, juris Rn. 25; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 07.03.2017 - 9 C 20/15 -, juris Rn. 35 zum Erschließungsbeitragsrecht) - um eine Möglichkeit der gesonderten Abrechnung von Ausbauabschnitten, die eine öffentliche Einrichtung betreffen und deren Ausbau über einen längeren Zeitraum erfolgt (Nds. OVG, Beschl. v. 22.12.2009 - 9 ME 108/09 -, juris Rn. 6 m.w.N.). Die Möglichkeit der Abschnittsbildung soll die Gemeinde in die Lage versetzen, bei auf den Ausbau der öffentlichen Einrichtung in ganzer Länge abzielenden Maßnahmen, die sich über mehrere Straßenabschnitte erstrecken und einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen, Ausbauabschnitte gesondert endgültig abzurechnen (Nds. OVG, Beschl. v. 22.12.2009 - 9 ME 108/09 -, juris Rn. 6 m.w.N.; vgl. auch BayVGH, Beschl. v. 27.09.2016 - 6 ZB 15.1979 -, juris Rn. 15). Dementsprechend muss das Bauprogramm (vgl. hierzu auch VG Lüneburg, Urt. v. 21.04.2015 - 3 A 181/13, n.v.; VG Lüneburg, Urt. v. 21.05.2010 - 3 a 175/07 -, juris Rn. 20 ff., 30) der Gemeinde bei einer Abschnittsbildung einen Ausbau über den (zunächst) ausgebauten Abschnitt hinaus vorsehen (Nds. OVG, Beschl. v. 22.08.2011 - 9 LC 101/10 -, n.v. m.w.N.; Beschl. v. 22.12.2009 - 9 ME 108/09 -, juris Rn. 6 m.w.N.; VG Lüneburg, Urt. v. 21.04.2015 - 3 A 181/13, n.v.). Bereits im Zeitpunkt der Abschnittsbildung muss die planerische und bauliche Konzeption zeitlich fest umrissen sein (VG Lüneburg, Urt. v. 18.03.2014 - 3 A 220/12 -, juris Rn. 27; so auch BayVGH, Beschl. v. 15.04.2015 - 6 ZB 14.2843 -, juris Rn. 10; Sächs. OVG, Urt. v. 31.03.2016 - 5 A 99/14 -, juris Rn. 42 (Vorstellung über den Zeitrahmen)). Ein Bauprogramm muss über die bloße Bekundung der Absicht, eine bestimmte Anlage in der Zukunft auf ganzer Länge irgendwann (weiter) auszubauen hinausgehen (VG Lüneburg, Urt. v. 18.03.2014 - 3 A 220/12 -, juris Rn. 30). Die Abschnittsbildung stellt ein Vorfinanzierungsinstitut dar und die Beitragspflichtigen an der Straße in gesamter Länge bilden eine Schicksalsgemeinschaft, die durch die Abschnittsbildung nicht auf unabsehbare Zeit auseinandergerissen werden darf (VG Lüneburg, Urt. v. 18.03.2014 - 3 A 220/12 -, juris Rn. 27). Die künftig Beitragspflichtigen würden dann auch im Unklaren darüber gelassen, wann die Beitragspflicht in etwa entstehen wird (vgl. VG Würzburg, Urt. v. 15.05.2014 - W 3 K 12.1063 -, juris Rn. 62).

Diese Voraussetzungen dürften vorliegend nicht erfüllt sein. Zwar lag - auch im Zeitpunkt der Abschnittsbildung - ein vom Umfang her konkretes Bauprogramm vor, dass auch den zweiten von der Antragsgegnerin geplanten Abschnitt umfasst. Eine zeitliche Vorstellung über den weiteren Ausbau geht aber aus den Verwaltungsvorgängen nicht hervor und ist auch sonst nicht ersichtlich. Der Planfeststellungsbeschluss vom 22. September 2009 bezieht sich lediglich auf eine 1,6 Kilometer lange Teilstrecke der Ortsdurchfahrt, den ersten Abschnitt. In der Beschlussvorlage vom 5. September 2011 zur Abschnittsbildung wird ausgeführt, dass der Ausbau des zweiten Abschnitts zunächst zurückgestellt werde, bis von Seiten der Straßenbauverwaltung des Bundes feststehe, wann die Finanzierung gewährleistet sei. Weiter heißt es darin, von Seiten der Antragsgegnerin werde ein Abschluss der Baumaßnahme bis zum Jahr 2016 angestrebt. In der späteren Beschlussvorlage vom 27. Juli 2012 zur nochmaligen Abschnittsbildung unter Berücksichtigung eines Bauprogramms auch für den zweiten Abschnitt wird ausgeführt, dass das Bauprogramm für den zweiten Abschnitt „den unverbindlichen vorläufigen Planungen des Straßenbauamtes entnommen“ sei und „sobald der Zeitpunkt für den Ausbau des zweiten Abschnitts feststehe, werde dem Rat ein, soweit erforderlich, aktualisiertes Bauprogramm zur Entscheidung vorgelegt werden.“ Daraus wird deutlich, dass zum Zeitpunkt der Abschnittsbildung gerade noch keine konkrete Vorstellung über den Zeitpunkt des Ausbaus des zweiten Abschnitts vorlag. Die Planung des weiteren Ausbaus erfolgte vielmehr lediglich dazu, über eine Abschnittsbildung den Ausbau nur einer Teilstrecke abrechnen zu können, ohne dass der Ausbau des weiteren Abschnitts zeitlich absehbar war. Dies entspricht nicht dem Sinn und Zweck der Abschnittsbildung als Vorfinanzierungsinstrument.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 GKG (vgl. auch Ziff. 15. des Streitwertkataloges der Verwaltungsgerichtsbarkeit, Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 23. Auflage 2017, Anh § 164 Rn. 14).