Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 26.02.2018, Az.: 3 A 148/16
Abschiebungshindernis; zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis; Abschiebungsverbot; Epilepsie; Erkrankung; Rückkehrerhilfen
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 26.02.2018
- Aktenzeichen
- 3 A 148/16
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2018, 74151
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 60 Abs 7 AufenthG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Eine dauerhaft behandlungsbedürftige Epilepsieerkrankung führt dann nicht zu einem Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs.7 AufenthaltsG, wenn das zur Behandlung der Epilepsie verordnete Medikament im Abschiebungszielstaat (hier: Afghanistan) regelmäßig und zu vertretbaren Kosten zu beziehen ist sowie das Krankheitsbild, insbesondere die voraussichtlich zu erwartende künftige Anfallshäufigkeit der Aufnahme einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht entgegensteht und daher zu erwarten ist, dass der Betroffene nach einem durch Rückkehrerhilfen überbrückbaren Übergangszeitraum auch künftig in der Lage sein wird, seinen Lebensunterhalt sowie die Kosten für notwendige Medikamente und ärztliche Behandlungen selbst zu bestreiten.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung von Abschiebungsverboten.
Der in Afghanistan in E. geborene, erwachsene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger. Der Kläger reiste am 7.10.2015 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 18.07.2016 einen Asylantrag. Am 28.07.2016 erfolgte die Anhörung des Klägers beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Der Kläger gab im Rahmen seiner Anhörung an, er gehöre zur Volksgruppe der Tadschiken und sei sunnitischen Glaubens. In Afghanistan habe er zuletzt in dem Bezirk F. in dem Ort G. gelebt.
Von Beruf sei der Kläger Maurer. Aus gesundheitlichen Gründen habe er diesen Beruf aufgegeben. Die letzten eineinhalb Jahre vor der Ausreise nach Deutschland sei er arbeitslos gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger mit seinem älteren Bruder, welcher auch Maurer sei, zusammengearbeitet. Er sei in Afghanistan nicht verfolgt worden sondern geflüchtet, weil er an Epilepsie leide. Die Erkrankung führe dazu, dass er von einem auf den anderen Moment bewusstlos oder apathisch werden könne. In Afghanistan habe man ihn nicht heilen können, daher habe er sich zunächst in Pakistan behandeln lassen. In Pakistan habe er ein Rezept erhalten, wonach er über vier Jahre hinweg ein bestimmtes Medikament habe nehmen müssen. Eine Besserung sei nicht eingetreten. Ungefähr vor einem Jahr und drei Monaten habe der Kläger mit der Einnahme des Medikamentes aufgehört. Aufgrund der Erkrankung habe er auch seine Arbeit aufgeben müssen. Er sei nach Deutschland gekommen, um sich hier behandeln und heilen zu lassen. In Afghanistan habe er ebenfalls ein Rezept über ein Medikament, welches ungefähr den Namen H. trage, erhalten. Dieses Medikament sei dem Kläger auch im Flüchtlingslager in I. verordnet worden.
Durch Bescheid vom 02.09.2016 lehnte die Beklagte die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1 des Bescheids), die Anerkennung von Asyl (Nr. 2) sowie die Zuerkennung subsidiären Schutzes (Nr. 3) ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Die Epilepsieerkrankung habe der Kläger nicht durch Vorlage ärztlicher Unterlagen aus Deutschland glaubhaft gemacht.
Ferner forderte die Beklagte den Kläger unter Androhung der Abschiebung nach Afghanistan zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids bzw. nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens auf (Nr. 5) und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 6). Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 9.09.2016 Klage erhoben.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger unter teilweiser Anfechtung des Bescheides die Feststellung eines Abschiebungsverbotes und verweist dazu im Wesentlichen auf seine Epilepsieerkrankung sowie außerdem auf die derzeitige allgemeine Lage in Afghanistan.
Mit Schriftsatz vom 8.03.2017 hat der Kläger einen Entlassungsbrief des Klinikums B-Stadt vom 12.01.2017 vorgelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage zum Schriftsatz vom 8.3.2017 (Blatt 62-67 der Gerichtsakte) verwiesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter teilweiser Aufhebung ihres Bescheides vom 02.09.2016 mit dem Geschäftszeichen 6391260-423, zugestellt am 5.09.2016, zu verpflichten, für den Kläger das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes gemäß § 60 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf den angefochtenen Bescheid.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Das Gericht konnte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO trotz Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung über die Klage entscheiden, weil die Beteiligten in der Ladung zum Termin auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind.
I.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat nach dem für die Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz AsylG) keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die Abschiebungsandrohung und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden.
1. Der Klageantrag ist trotz der Beschränkung des Wortlautes auf ein „Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs.5 AufenthG“ nach seinem Rechtsschutzziel dahin auszulegen, dass der Kläger die Feststellungen in Ziff.4 des Bescheides, mit welcher die Beklagte das Vorliegen von Abschiebungsverboten verneint hat, insgesamt angreift. Dies ergibt sich zum einen aus dem Sachvortrag des Klägers im Prozess. Die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs.5 und 7 S.1 AufenthG stellt im Übrigen einen einheitlichen Streitgegenstand dar (BVerwG Urt. v. 8.09.2011 - 10 C 14/10 – juris; vgl. auch BVerwG Urt. v. 25.07.2017, 1 C 11/17 – juris).
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs.5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
a) Ein Abschiebungsverbot aufgrund einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung (§ 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK) infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu Art. 3 EMRK nur in Fällen ganz extremer allgemeiner Gewalt in Betracht, wenn eine tatsächliche Gefahr einer Fehlbehandlung infolge des bloßen Umstands der Anwesenheit im Zielstaat besteht (vgl. Nds. OVG, Urt. v. 19.9.2016 - 9 LB 100/15 -, juris Rn 56 m.w.N.; Beschl. v. 26.8.2016 - 9 ME 146/16 -, n.v.). Nach der Rechtsprechung des EGMR ist die allgemeine Lage in Afghanistan nicht als so ernst anzusehen, dass eine Abschiebung dorthin ohne Weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellt (vgl. etwa EGMR, Urt. v. 12.1.2016 - 13442/08 (A.G.R./Niederlande), NVwZ 2017 293 [295]; vgl. auch Nds. OVG, Urt. v. 19.9.2016 - 9 LB 100/15 -, juris Rn 57 f.).
b) Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG drohen könnte, sind ebenfalls weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
c) Es lässt sich auch nicht feststellen, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan jedenfalls in der Provinz Kabul mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG oder eine Verletzung seiner Unversehrtheit im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG droht.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass und unter welchen Voraussetzungen eine ernsthafte individuelle Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.) anzunehmen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.6.2008 - 10 C 43.07 - juris Rn. 34 ff.; v. 27.4.2010 - 10 C 4.09 - juris Rn. 32 ff.; v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - juris Rn. 17 ff.; v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 24; Beschl. v. 27.6.2013 - 10 B 11.13 - juris Rn. 7). Danach genügt es nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung und zu schweren Menschenrechtsverletzungen führt (BVerwG, Urt.v. 13.2.2014, a.a.O., Rn. 24). Allerdings kann sich eine von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr individuell verdichten und damit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG erfüllen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.6.2008, a.a.O., Rn. 34). Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben. Dazu gehören in erster Linie persönliche Umstände, die den Antragsteller von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen - z.B. als Arzt oder Journalist - gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Antragsteller als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte - etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit - ausgesetzt ist (BVerwG, Urt. v. 17.11.2010, a.a.O., Rn. 18 m.w.N.).
Fehlen gefahrerhöhende Umstände, so kann eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011, a.a.O., Rn. 18 m.w.N.). Erforderlich ist insoweit ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt (BVerwG, Urt. v. 17.11.2011, a.a.O., Rn. 18 m.w.N.). Für die individuelle Betroffenheit von der Gefahr bedarf es Feststellungen zur Gefahrendichte für die Zivilbevölkerung in dem fraglichen Gebiet, die jedenfalls auch eine annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, zu umfassen hat, sowie einer wertenden Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung unter Berücksichtigung der medizinischen Versorgungslage (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2011, a.a.O., Rn. 23; v. 13.2.2014, a.a.O., Rn. 24). Allerdings sieht das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls ein Risiko von 1:800 (0,125 %), in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, als so weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt an, dass auch eine wertende Gesamtbetrachtung am Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.) nichts zu ändern vermag (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.11.2011, a.a.O., Rn. 23).
In der Zentralregion Afghanistans, die neben Kabul (Einwohnerzahl ca. 4,5 Millionen, jeweils nach dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 2.3.2017, aktualisiert am 30.1.2018, S. 56, 89, 102, 109, 111, 125) die Provinzen Parwan (Einwohnerzahl ca. 675.000), Kapisa (Einwohnerzahl ca. 448.000), Logar (Einwohnerzahl ca. 398.000), Panjshir (Einwohnerzahl ca. 156.000) und (Maidan) Wardak (Einwohnerzahl ca. 606.000) umfasst (vgl. UNAMA, Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2017, v. Febr. 2018, S. 2; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Republik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.1.2016, aktualisiert am 19.12.2016, S. 61; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 12) und in der insgesamt ca. 6,7 Millionen Einwohner leben, wurden im ersten Halbjahr 2017 von der UNAMA 1.254 verletzte oder getötete Zivilpersonen gezählt gegenüber 1.116 im gleichen Vorjahreszeitraum (UNAMA, Afghanistan Midyear Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2017, v. Juli 2017, S. 10). Insgesamt gingen lt. UNAMA mit Ausnahme der Nordregion in allen übrigen Regionen Afghanistans die zivilen Opferzahlen ggü. dem Vorjahreszeitraum leicht zurück (Afghanistan Protection of Civilians in Armed Conflicts, Annual Report 2017, Februar 2018, S.7). Selbst bei einer Verdreifachung der Opferzahlen besteht in der Zentralregion, zu welcher die Stadt Kabul gehört, keine im Rechtssinn beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine Zivilperson, dort aufgrund eines sicherheitsrelevanten Vorfalls verletzt oder getötet zu werden.
Es ergeben sich aus den aktuellen Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass sich die Gefahrenlage im Jahr 2017 und bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in einer für ein Abschiebungsverbot relevanten Weise verändert hätte. So entspricht die Gefahrendichte in Kabul – wie bereits ausgeführt – aktuell nicht der Gefahrendichte, wie sie im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zur Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) erforderlich wäre. (vgl. insoweit auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 4.1.2018 - 4 LA 160/17 -). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 1.03.2018 eingeführten Anfragebeantwortung von Amnesty international an das Verwaltungsgericht Wiesbaden zum Aktenzeichen 7 K.1757/16 WI.A. Die zitierte Anfragebeantwortung stützt sich im Wesentlichen auf bereits gerichtsbekannte und in der den Beteiligten übersandten Erkenntnismittelliste des Gerichtes bereits aufgeführte Quellen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO war daher nicht erforderlich.
Bei dem Kläger liegen auch keine persönlichen gefahrerhöhenden Umstände vor, die zu einer erheblichen individuellen Gefährdung führen würden.
Die allgemeine humanitäre Lage in Afghanistan begründet ebenfalls kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK.
Eine pauschale Beurteilung der Lebensbedingungen für Rückkehrer nach Afghanistan ist nicht möglich. Vielmehr kommt es auf die konkrete Situation des Betroffenen an, etwa auch auf seine Bildung, Berufserfahrung, Beziehungen oder familiären Rückhalt. Neben Armut gibt es in Afghanistan auch Wohlstand und Reichtum, wenn auch weit weniger verbreitet; die Schere in der Gesellschaft ist insoweit weiter aufgegangen, auch wenn sich zwischenzeitlich eine Art Mittelschicht gebildet hat (vgl. Schweizerische Eidgenossenschaft, Staatssekretariat für Migration SEM, Alltag in Kabul, Referat v. Thomas R., v. 12.4.2017, S. 7). Zum Teil haben sich die Lebensbedingungen auch verbessert und Rückkehrer erhalten Unterstützung. Das Gericht geht daher davon aus, dass für die Personengruppe der jungen, alleinstehenden und arbeitsfähigen männlichen afghanischen Staatsangehörigen jedenfalls bei einer Rückkehr in die Hauptstadt Kabul trotz der schwierigen humanitären Situation in aller Regel eine extreme Gefahrensituation im Sinne des § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung selbst dann nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit droht, wenn der Rückkehrer beruflich nicht besonders qualifiziert ist und weder über nennenswertes Vermögen noch über Rückhalt und Unterstützung durch Familie oder Bekannte verfügt (so auch Nds. OVG, Urt. v. 19.9.2016 – 9 LB 100/15, -, juris und Beschl. v. 4.1.2018 – 9 LA 160/17 - juris). Der Kläger gehört zu der Personengruppe der jungen, alleinstehenden und arbeitsfähigen (dazu siehe unten) männlichen afghanischen Staatsangehörigen. Der Kläger beherrscht eine der Landessprachen und hat in seiner früheren Tätigkeit als Maurer berufliche Erfahrungen gesammelt. Nach einer Studie der UNHCR zur Situation von Rückkehrern aus dem Iran und Pakistan im Jahr 2015, von denen viele noch nie in Afghanistan gelebt hatten, berichteten 97 Prozent der Befragten bei einem Interview, ein bis drei Monate nach der Rückkehr, durch die lokale Gemeinschaft gut aufgenommen worden zu sein (UNHCR, Voluntary Repatriation to Afghanistan 2015, April 2016, S. 1 und 6). Für das Jahr 2016 gaben dies 93 % der Befragten an und 75 % sprachen davon, dass eine Rückkehr die richtige Entscheidung gewesen sei (UNHCR, Tough choices for Afghan refugees returning home after years in exile, 03.02.2017). Die Befragten nahmen die Suche nach einer Unterkunft zwar als problematisch wahr, doch lebten sechs bis acht Monate nach der Rückkehr ca. 90 Prozent in Häusern, auch wenn sie sich diese teilweise mit anderen Haushalten teilen mussten; nur sieben Prozent der Befragten mussten in einer vorübergehenden Unterkunft wie einem Zelt oder einem öffentlichen Gebäude unterkommen (UNHCR, Voluntary Repatriation to Afghanistan 2015, April 2016, S. 8). Das Einkommensniveau der Befragten war zwar niedrig, die Erwerbsquote jedoch sogar leicht besser als der nationale Durchschnitt; 63 % der Befragten gaben an, mehr als 50 Afghani am Tag zu erhalten, 37 % weniger (UNHCR, Voluntary Repatriation 2015, April 2016, S. 11). So kehrten im Jahr 2016 auch 3.159 meist junge afghanische Männer freiwillig aus Deutschland nach Afghanistan zurück; die meisten freiwilligen Rückkehrer hatten das Ziel Herat, gefolgt von Kabul (AAN, Voluntary and Forced Returns to Afghanistan in 2016/17: Trends, statistics and experiences, S. 2).
d) Dem Kläger droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Sinne einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten Gefährdungssituation, die ein Abschiebungsverbot begründen würde.
aa) Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass für den Kläger alsbald nach seiner Rückkehr in Afghanistan aufgrund der dortigen Lebensbedingungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG besteht. Eine Rückkehr ist ihm auch im Hinblick auf § 60 Abs. 7 AufenthG zumutbar, da er – wie bereits ausgeführt - bei allen - auch existenzbedrohenden - Schwierigkeiten nicht chancenlos ist, sondern die Möglichkeit hat, Einfluss auf sein Schicksal zu nehmen und er nicht ohne jeden Ausweg in eine Situation gebracht wird, in der er so gut wie keine Überlebensmöglichkeit hat. Bei 3.000 in den Jahren 2001 bis 2011 für ein Jahr beobachteten Rückkehrerfällen sind keine Todesfälle aufgrund von Hunger oder Unterernährung bekannt geworden (vgl. Dr. L, Gutachterliche Stellungnahme an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz v. 8.6.2011, S. 11). Auch neueren Erkenntnismitteln sind Hinweise auf signifikant hohe Todesfälle wegen Hunger und Unterernährung nicht zu entnehmen.
bb) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der vorgetragenen Epilepsieerkrankung des Klägers.
Aufgrund des vorgelegten Entlassungsberichtes des Klinikums B-Stadt vom 12.01.2017 steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass der Kläger an einer seit seinem 9. Lebensjahr bestehenden Epilepsieerkrankung mit generalisierten Anfällen leidet. Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine schwerwiegende Erkrankung i. S. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthaltsG. Hingegen ist nicht ohne weiteres eine wesentliche Verschlechterung der Erkrankung durch die Abschiebung zu erwarten.
Nach dem Entlassungsbrief des Klinikums B-Stadt vom 12.01.2017 steht zu erwarten, dass die beim Kläger seit seiner Jugend bestehende Epilepsieerkrankung voraussichtlich lebenslang medikamentös behandlungsbedürftig ist. Nach dem Entlassungsbericht litt der Kläger zum Entlassungszeitpunkt nach durchgeführter medikamentöser Einstellung noch an ein bis zwei Anfällen monatlich. Im Rahmen seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2018 hat der Kläger angegeben, er nehme weiterhin die beiden Medikamente, die ihm auch im Klinikum B-Stadt verordnet worden seien, daneben begebe er sich ein bis zweimal monatlich zur Kontrolle der medikamentösen Einstellung in ärztliche Behandlung. Ferner gab der Kläger im Rahmen seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung an, er habe derzeit nur noch alle zwei bis drei Monate einen Anfall. Wenn er spüre, dass er einen Anfall bekomme, nehme er das ihm verordnete Akutmedikament.
Nach Auffassung des hessischen VGH (Urteil v. 11.12.2008 - 8 A 611/08.A – juris Rn 99) reicht es bei Vorliegen einer Epilepsieerkrankung unter den allgemeinen Gegebenheiten der Lebenssituation in Kabul zur Feststellung eines Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs.7 Satz 1 AufenthaltsG aus, dass ein an Epilepsie erkrankter Kläger seine medikamentöse Versorgung kaum dauerhaft sicherstellen könnte und im Fall von zwei- bis dreimal monatlich auftretenden Anfällen eine möglicherweise gefundene Erwerbstätigkeit verlieren würde (ähnlich auch VG Würzburg, Urteil vom 5.07.2016 - W 1 K 16. 30614 - juris Rn 41).
Nach Überzeugung des Gerichtes ist im konkreten Einzelfall angesichts der vorhandenen Versorgungsmöglichkeit mit dem ausweislich des Entlassungsbriefes B-Stadt vom 12. Januar 2017 dem Kläger verordneten Epilepsiemedikament Valproat keineswegs zu erwarten, dass der Kläger aufgrund seiner Epilepsieerkrankung im Falle der Abschiebung nach Afghanistan alsbald der erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben ausgesetzt würde. Nach dem Entlassungsbrief des Klinikums B-Stadt wurde die Epilepsie des Klägers im Zeitpunkt seiner Entlassung mit den Medikamenten Valproat und Levetiracetam behandelt. Ferner könnte nach dem Entlassungsbericht das Medikament Valproat im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan in der Dosis erhöht und Levetiracetam ausgeschlichen werden, falls das bei der Entlassung und auch offensichtlich derzeit noch vom Kläger genommene Medikament Levetiracetam in Afghanistan nicht verfügbar sein sollte. Nach der Anfragebeantwortung der deutschen Botschaft der Bundesreplik Deutschland in Kabul vom 6.12.2017 auf eine Anfrage des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 29.11.2017 zum Aktenzeichen 3 A 90/17 As HGW (Blatt 118 f der Gerichtsakte) sind Epilepsiemedikamente Teil der „Essential Medicines List“ des Gesundheitsministeriums und sollten grundsätzlich in Afghanistan sogar kostenlos erhältlich sein. Das Medikament Valproat chrono 500 bzw. 250 ist nach dieser Auskunft zwar nicht Teil der „Essential Medicines List“, aber grundsätzlich in Afghanistan in allen Apotheken erhältlich. Die Kosten für einen Monatsbedarf betragen lt. Auskunft in Afghanistan in der Praxis umgerechnet ca. 15 €. Daneben empfiehlt der Entlassungsbericht des Klinikums B-Stadt auch das Medikament Tabor expidet als Bedarfsmedikation bei Anfallsvorboten. Ob auch dieses Medikament oder ein gleich wirksames Medikament in Afghanistan verfügbar ist, bedurfte keiner weiteren Sachaufklärung durch das Gericht. Es ist zum einen nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthaltsG). Aus dem Entlassungsbrief des Klinikums B-Stadt vom 12.01.2017 ergeben sich darüber hinaus keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich allein aus der mangelnden Verfügbarkeit der Bedarfsmedikation eine dauerhafte wesentliche Verschlechterung des Krankheitsbildes ergeben würde. Hierzu hat auch der Kläger nichts vorgetragen.
Die Gefahr einer wesentlichen Verschlechterung einer schwerwiegenden Erkrankung im Sinne des § 60 Abs.7 S.2 AufenthaltsG liegt vor, wenn sich die Krankheit des Betroffenen mangels ausreichender Behandlungsmöglichkeit im Abschiebungszielstaat mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in einer Weise verschlimmert, die zu einer wesentlichen oder sogar lebensbedrohlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes führen würde. Diese Situation kann auch eintreten, wenn die im Rahmen der notwendigen medizinischen Behandlung erforderlichen Medikamente und Therapien für den Betroffenen tatsächlich nicht verfügbar sind. Dies kann nicht nur der Fall sein, wenn im Zielstaat die für die Behandlung benötigten Medikamente nicht beschafft werden oder die Therapien dort nicht angeboten werden. Daneben kann eine fehlende medizinische Behandlungsmöglichkeit sich auch aus finanziellen Gründen ergeben (Nds. OVG Beschl. v. 23.03.2009 - 10 LA 315/08 – juris; Nds. OVG, Beschl. v. 23.11.2015 – 9 LB 106/15 – juris). Es kann nach der zitierten Auskunft der deutschen Botschaft der Bundesreplik Deutschland in Kabul nicht davon ausgegangen werden, dass die vom Kläger benötigten Medikamente nicht verfügbar sein werden.
Es ist schließlich auch keineswegs beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger nicht in der Lage sein wird, die für die medizinische Behandlung erforderlichen finanziellen Mittel in Höhe von ca. 15,- EUR je Monat aufzubringen. Zum einen könnte der Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan die vom Land Niedersachsen zur Verfügung gestellten Rückkehrhilfen (Förderung der Rückkehr und Weiterwanderung von ausländischen Flüchtlingen (RdErl. d. MI v. 21. 6. 2016 – 15-12235-4.3.1/4.3.4.1.1 – VORIS 27100 – ) in Anspruch nehmen und damit seine medizinische Versorgung auch im Fall einer vorübergehenden Erwerbslosigkeit für einen Übergangszeitraum überbrücken. Gemäß 2.1.3 des Erlasses (Stand 1.01.2018) gehört über die allgemeine Starthilfe von 500 € hinaus (3.1.1 des Erlasses) auch die Übernahme von erforderlichen lebensnotwendigen oder zur Vermeidung einer schwerwiegenden Erkrankung medizinisch bedingten Zusatzkosten sowie für Medikamente (Sachleistung) für eine Überbrückungszeit von bis zu zwei Monaten zu den Rückkehrhilfen. Für Personen mit einem schweren oder lebensbedrohlichen Krankheitsbild können Nachbetreuungskosten bis zu 2000 € für einen Zeitraum von bis zu drei Monate nach Ankunft im Zielland gewährt werden. Der Kläger hätte daher die Möglichkeit, für einen Überbrückungszeitraum als Rückkehrhilfe jedenfalls als Sachleistung sowohl eine ausreichende Versorgung mit dem Medikament Valproat als auch mit dem Medikament Tabor expidet zu erhalten. Darüber hinaus gewährt das Land Niedersachsen gemäß Ziffer 8 des Erlasses auf Antrag im Einzelfall - allerdings ohne Rechtsanspruch - individuelle Hilfen.
Nachdem der Kläger durch die Behandlung im Klinikum B-Stadt nunmehr fachgerecht medikamentös eingestellt worden ist, besteht auch aufgrund der medizinischen Versorgungssituation für an Epilepsie erkrankte Menschen in Afghanistan im Falle einer Rückkehr des Klägers keine durch konkrete Tatsachen begründete Besorgnis einer wesentlichen Verschlechterung des Krankheitsbildes. Wie ausgeführt, kann grundsätzlich eine Versorgung mit den erforderlichen Medikamenten - auch für einen notwendigen Überbrückungszeitraum – sichergestellt werden.
Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass ihm aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten in Afghanistan mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine konkrete erhebliche Gefahr für Leib und Leben droht.
Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass sich das Krankheitsbild des Klägers im Fall einer Rückkehr aufgrund fehlender oder unzureichender Behandlungsmöglichkeiten mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wieder verschlechtern wird, bestehen nicht. Aus einer Anfragebeantwortung der Deutschen Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Kabul an das Verwaltungsgericht Darmstadt vom 11.05.2011 zum Aktenzeichen 2 K 837/10.DA.A. auf dessen Anfrage an das Auswärtige Amt vom 10.03.2011 ergibt sich, dass jedenfalls im German Medical Diagnostic Center in Kabul regelmäßige EEG Kontrollen unkompliziert möglich seien. Auch im Falle der Rückkehr nach Afghanistan stehen damit medizinische Einrichtungen zur Verfügung, in welchen sich der Kläger bei einem eigenverantwortlichen Umgang mit seiner Erkrankung zur Vermeidung einer künftigen erneuten Verschlechterung seines Krankheitsbildes untersuchen lassen könnte.
Es ist auch nicht zu erwarten, dass der Kläger aufgrund seiner Epilepsieerkrankung auf dem Arbeitsmarkt in Afghanistan chancenlos ist und daher auf Dauer nicht in der Lage sein wird, die notwendigen finanziellen Mittel für den Erwerb von notwendigen Medikamenten und die Durchführung erforderlicher ärztlicher Untersuchungen zu beschaffen. Soweit der hessische Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung vom 11.12.2008 unterstellt hat, ein an Epilepsie erkrankter Betroffener, welcher zwei- bis dreimal monatlich an Anfällen leide, werde aus diesem Grund eine möglicherweise gefundene Erwerbstätigkeit bald wieder verlieren und daher nicht in der Lage sein, seine medikamentöse Versorgung dauerhaft sicherzustellen, ist zum einen nicht erkennbar, auf welche Tatsachengrundlage der hessische Verwaltungsgerichtshof diese Annahme gestützt hat. Die vom hessischen Verwaltungsgerichtshof gezogene Schlussfolgerung ist im Übrigen auf die Situation des Klägers bereits deshalb nicht anwendbar, da dessen Anfallshäufigkeit nach erfolgter gründlicher Untersuchung des Klägers im Klinikum B-Stadt und sachgerechter medikamentöser Einstellung nachhaltig deutlich auf einen Anfall alle zwei bis drei Monate zurückgegangen ist. Aufgrund dieser durch die erfolgreiche medikamentöse Behandlung erzielten geringen Anfallshäufigkeit sind konkrete Auswirkungen auf den Arbeitsplatz keineswegs vorgezeichnet. Nach seinen eigenen Bekundungen im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2018 hält sich der Kläger trotz seiner krankheitsbedingten Einschränkungen in Deutschland grundsätzlich für arbeitsfähig. Warum diese eigene Einschätzung des Klägers nicht auch für „leidensgerechte“ Erwerbstätigkeiten, also solche, bei denen im Falle eines nicht vorhersehbaren Anfalls am Arbeitsplatz keine gesteigerte Gefahr der Eigen- oder Fremdgefährdung besteht, unter den Bedingungen des Arbeitsmarktes in Afghanistan gelten soll, ist nicht ersichtlich.
3. Die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung ist nicht zu beanstanden, insbesondere entspricht sie den Anforderungen des § 34 AsylG.
Ermessensfehler (vgl. zum eingeräumten Ermessen BVerwG, Urt. v. 22.2.2017 - 1 C 27/16 -, juris Rn. 18 ff.; VG Lüneburg, Urt. v. 12.7.2016 - 5 A 63/16 -, juris Rn. 30; so im Ergebnis auch VG München, Urt. v. 16.3.2017 - M 17 K 16.34860 -, juris Rn. 54) bei der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes gem. § 11 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 AufenthG durch das Bundesamt sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83 b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.