Verwaltungsgericht Lüneburg
Beschl. v. 14.12.2005, Az.: 1 B 53/05

Abschiebungshindernis; Asylberechtigter; Aufenthaltsbefugnis; Ausreisehindernis; Ausweispapier; Befristung; Duldung; Mitwirkungspflicht; Niederlassungserlaubnis; Pass; siebenjährige Frist; Vertrauensschutz

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
14.12.2005
Aktenzeichen
1 B 53/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2005, 50899
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Gründe

1

Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner am 20. September 2005 gegen die Ablehnung der Verlängerung seines Aufenthaltstitels gerichteten Klage (Az. 1 A 295/05).

2

Der Antrag des Antragstellers nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig, aber nicht begründet.

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Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das zuständige Gericht - unter Berücksichtigung von Art. 19 Abs. 4 GG - eine eigene Interessenabwägung der widerstreitenden Interessen, also - hier - dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung der behördlichen Verfügung einerseits und dem Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung über den erhobenen Rechtsbehelf hiervon verschont zu bleiben, andererseits. Dabei fallen die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfes entscheidend mit ins Gewicht. Ist er nach summarischer Prüfung offensichtlich erfolgversprechend, d. h. ist der angegriffene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig oder bestehen ernsthafte Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit, so überwiegt das Interesse des Antragstellers an einer aufschiebenden Wirkung jedes denkbare öffentliche Vollzugsinteresse. Ergibt die summarische Einschätzung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos bleiben wird, was insbesondere der Fall ist, wenn der angegriffene Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist, besteht im Regelfall ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes. So liegt es hier.

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Der Antragsgegner hat zu Recht die Verlängerung der noch auf der Grundlage des bis zum 31. Dezember 2004 geltenden § 30 AuslG erteilten Aufenthaltsbefugnis, die ab dem 1. Januar 2005 nach § 102 Abs. 2 AufenthG als Aufenthaltserlaubnis fortgegolten hat, abgelehnt.

5

Eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis wegen Unmöglichkeit der Ausreise nach § 25 Abs. 5 AufenthG ist ausgeschlossen. Denn gemäß § 26 Abs. 2 AufenthG darf eine Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründen entfallen sind. So verhält es sich hier. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller nach früherem Recht die Aufenthaltsbefugnis erteilt, nachdem dem Antragsteller seit dem 11. November 1998 mehrere aufeinander folgende, jeweils befristete Duldungen erteilt worden sind und nicht absehbar gewesen ist, wann das der Ausreise des Antragstellers entgegenstehende Fehlen eines Ausweispapieres beseitigt werden kann. Dieses Hindernis ist mit Erteilung und Übergabe eines Passes durch die pakistanische Botschaft am 2. März 2004 an den Antragsteller entfallen. Andere, die Unmöglichkeit der Ausreise begründenden Umstände sind nicht ersichtlich.

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Der Antragsgegner ist auch berechtigt, sich auf den Wegfall dieses Hindernisses zur Ablehnung der Verlängerung der befristeten Aufenthaltserlaubnis gemäß § 26 Abs. 2 AufenthG zu berufen. Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner auf der Grundlage von § 30 AuslG die am 4. März 2004 erteilte Aufenthaltsbefugnis bereits nicht hätte erteilen dürfen, weil zu diesem Zeitpunkt der Antragsteller bereits im Besitz des Passes gewesen war. Denn jedenfalls mit Ablauf der mit der Aufenthaltsbefugnis bzw. nunmehr Aufenthaltserlaubnis verbundenen Befristung bis zum 4. März 2005 sind jedenfalls die Rechtswirkungen des Aufenthaltstitels beendet.

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Auch kann sich der Antragsteller nicht auf Vertrauensschutzgesichtspunkte dahingehend berufen, dass der Antragsgegner im Schreiben vom 26. Februar 2004 (Bl. 361 Beiakte B) an den Antragsteller mitgeteilt habe, dass dieser einen gültigen pakistanischen Pass benötige zwecks Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung. Denn dieses Schreiben ist im Zusammenhang mit dem vom Antragsgegner gegenüber dem Antragsteller in schriftlicher Form gegebenen Hinweis zu sehen, den der Antragsteller unterzeichnet hat (Bl. 360 Beiakte B). Nach diesem Hinweis ist der Antragsteller darauf aufmerksam gemacht worden, dass ein Abschiebungshindernis nur deshalb vorliegt, weil das Heimatland des Antragstellers bisher kein Passersatzpapier ausgestellt hat. Gleichzeitig ist darauf hingewiesen worden, dass der Antragsteller seiner Mitwirkungspflicht zur Beschaffung des Passersatzpapieres nicht nachgekommen ist und er für den Fall, dass sein Antrag auf Erteilung der Aufenthaltsbefugnis positiv beschieden wird, verpflichtet ist, vor der Erteilung der Aufenthaltsbefugnis seinen Passpflichten nachzukommen, also bei seiner Auslandsvertretung einen Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses zu stellen hat. Zudem ist der Hinweis erfolgt, dass für den Fall, dass dem Antragsteller der Reisepass während des Besitzes der Aufenthaltsbefugnis tatsächlich ausgestellt wird, das Abschiebungshindernis und damit der Grund für die Erteilung/Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis entfällt und er im Falle der Ausstellung des Reisepasses das Bundesgebiet nach Ablauf der Aufenthaltsbefugnis verlassen muss. Vor diesem Hintergrund kann das vom Antragsteller bezeichnete Schreiben des Antragsgegners nur dahingehend verstanden werden, dass bei Vorlage des Passes die Erteilung bzw. Verlängerung nur nach anderen gesetzlichen Vorschriften in Betracht kommen kann, wenn deren Voraussetzungen vorliegen. Für Vertrauensschutzgesichtspunkte ist insoweit - auch im Anwendungsbereich von § 26 Abs. 2 AufenthG - kein Raum.

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Andere Aufenthaltstitel, auf die der Antragsteller sich bei seinem Verlängerungsantrag stützen könnte, sind nicht ersichtlich. Der Antragsteller hat weder Gründe im Sinne von § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG noch Anhaltspunkte für die Annahme einer besonderen Härte im Sinne von § 26 Abs. 4 Satz 2 AufenthG dargelegt. Solche sind auch nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass der Antragsteller erwerbstätig ist, reicht hierfür ebenso wenig aus wie der Umstand, dass der Antragsteller sich seit mehreren Jahren in dem Bundesgebiet aufhält, wobei die Kammer auch berücksichtigt hat, dass der verwitwete Antragsteller erstmals am 30. Oktober 1995 in das Bundesgebiet einreiste, Anfang 1999 untertauchte, am 4. Februar 1999 erneut in das Bundesgebiet einreiste und keine weiteren familiären Bindungen im Bundesgebiet bestehen.

9

Auch kommt die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis weder nach Abs. 3 noch nach Abs. 4 des § 26 AufenthG in Betracht. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 26 Abs. 3 AufenthG liegen nicht vor, weil der Antragsteller nicht seit drei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG besitzt, er mithin nicht im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die ihre Grundlage in seiner Anerkennung als Asylberechtigter bzw. in der Feststellung eines Abschiebungsverbotes im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG hat. Ausgeschlossen ist auch die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, da der Antragsteller noch nicht seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis nach dem 5. Abschnitt des AufenthG besitzt. Zwar sind bei der Berechnung dieser Frist nach § 102 Abs. 2 AufenthG die Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis oder einer Duldung vor dem 1. Januar 2005 anzurechnen. Jedoch reicht dies vorliegend nicht aus, um die siebenjährige Frist zu erfüllen. Dies zeigt die von dem Antragsgegner vorgenommene und zutreffende Berechnung, wonach diese Voraussetzungen beim Antragsteller lediglich für einen Zeitraum von 6 Jahren, 1 Monat und 19 Tagen vorliegen (Bl. 416 der Beiakte). Eine Anrechnung der Zeiten des vom Antragsteller durchgeführten Asylverfahrens bzw. des Asylfolgeverfahrens nach § 26 Abs. 4 Satz 3 AufenthG kommt nicht in Betracht, da diese Verfahren nicht zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis geführt haben. Beide Verfahren sind erfolglos geblieben.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3, 52 Abs. 1 und 2 GKG.