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  • ab 01.05.2024 (aktuelle Fassung)

Abschnitt 56 WFB - Überlassung von Wohnraum, Wohnberechtigungsschein, Missbrauch

Bibliographie

Titel
Richtlinie zur Durchführung der sozialen Wohnraumförderung in Niedersachsen (Wohnraumförderbestimmungen - WFB)
Amtliche Abkürzung
WFB
Normtyp
Verwaltungsvorschrift
Normgeber
Niedersachsen
Gliederungs-Nr.
23400

56.1 Die Vorlage eines Wohnberechtigungsscheins ist grundsätzlich in jedem Fall einer Überlassung zum Gebrauch erforderlich, auch wenn die oder der Wohnungssuchende bisher schon eine geförderte Wohnung bewohnt hat. Dies gilt auch bei einem Wohnungstausch in demselben Wohngebäude. Dagegen ist die Vorlage eines Wohnberechtigungsscheins nicht erforderlich, wenn die Mieterin oder der Mieter einer geförderten Mietwohnung wegen der Sanierung ihrer oder seiner Wohnung vorübergehend in einer anderen geförderten Mietwohnung untergebracht wird.

56.2 Die oder der Verfügungsberechtigte hat unverzüglich, nachdem sie oder er die geförderte Wohnung einer wohnberechtigten Person überlassen hat, der Wohnraumförderstelle die Namen der Person und ihrer Haushaltsangehörigen mitzuteilen und ihr den übergebenen Wohnberechtigungsschein vorzulegen. Die Miethöhe und die Mietbindung sind im Interesse der Erfüllung des Förderzwecks zu überwachen. Dazu kann sich die Wohnraumförderstelle den Mietvertrag und ggf. Unterlagen über Mieterhöhungsverlangen vorlegen lassen (§ 10 Abs. 5 NWoFG).

56.3 Nach § 8 Abs. 7 NWoFG ist die Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins abzulehnen, soweit die Inanspruchnahme missbräuchlich wäre. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn erhebliches Vermögen vorhanden ist oder wenn die Einkommensgrenze nach § 3 NWoFG nur vorübergehend nicht überschritten wird. Eine Prüfung der Tatbestände ist nur vorzunehmen, soweit konkrete Anhaltspunkte für deren Vorliegen gegeben sind.

Der Missbrauchstatbestand ist erfüllt, wenn die Gesamtumstände des Einzelfalles den Schluss zulassen, dass die Erteilung eines Wohnberechtigungsscheins bei den festgestellten Vermögensverhältnissen den Zielen der Wohnraumförderung widerspricht, nämlich der Unterstützung von Haushalten, die sich am Markt nicht angemessen mit Mietwohnraum versorgen können (§ 2 Abs. 2 NWoFG).

56.3.1 Erhebliches Vermögen i. S. von § 8 Abs. 7 NWoFG ist in der Regel vorhanden, wenn die Summe des verwertbaren Vermögens der zum Haushalt rechnenden Personen folgende Beträge übersteigt:

  • 60 000 EUR für die erste zum Haushalt rechnende Person und

  • 30 000 EUR für jede weitere zum Haushalt rechnende Person.

56.3.2 Vermögen i. S. des § 8 Abs. 7 NWoFG ist die Gesamtheit der in Geld messbaren Güter aller zum Haushalt rechnenden Personen. Einkommen und Vermögen grenzen sich grundsätzlich dadurch voneinander ab, dass Einkommen alles das ist, was jemand während der einjährigen Geltungsdauer des Wohnberechtigungsscheins wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was sie oder er während der Geltungsdauer des Wohnberechtigungsscheins bereits hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.02.1999 - 5 C 35.97 - Randnummer 14).

56.3.3 Zum Vermögen i. S. des § 8 Abs. 7 NWoFG gehören nur verwertbare Vermögensgegenstände mit ihrem Verkehrswert. Vermögen ist verwertbar, wenn es für den Lebensunterhalt verwendet oder sein Geldwert für den Lebensunterhalt, insbesondere durch Verkauf, durch Verbrauch, Übertragung, Beleihung, Vermietung oder Verpachtung nutzbar gemacht werden kann. Nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, über die die Inhaberin oder der Inhaber z. B. aufgrund von Insolvenz, Beschlagnahme oder Verpfändung nicht frei verfügen kann. Ist ein Vermögensgegenstand nur zu einem Teil verwertbar, ist nur dieser Teil als Vermögen zu berücksichtigen. Liegt erhebliches Vermögen vor, wird widerleglich vermutet, dass es verwertbar ist. Die volle Beweislast für die Nichtverwertbarkeit des Vermögens liegt bei der Person, die den Wohnberechtigungsschein beantragt.

Grundsätzlich nicht verwertbar sind:

56.3.3.1
Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung nach Maßgabe des Betriebsrentengesetzes (§§ 2 und 3 BetrAVG), unabhängig vom gewählten Durchführungsweg (Direktzusage, Unterstützungskasse, Direktversicherung, Pensionskasse oder Pensionsfonds) und unabhängig davon, ob die betriebliche Altersversorgung über die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber oder über Entgeltumwandlung finanziert wurde;

56.3.3.2
der Anspruch auf eine persönliche Leibrente (sog. Rürup-Rente), die nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitalisierbar ist, und bei der darüber hinaus kein Auszahlungsanspruch besteht.

56.3.4 Zum Vermögen i. S. des § 8 Abs. 7 NWoFG gehören:

56.3.4.1
Geld und Geldwerte, z. B. Bargeld (gesetzliche Zahlungsmittel) und Schecks,

56.3.4.2
bewegliche Sachen, z. B. Schmuckstücke, Gemälde und Möbel,

56.3.4.3
unbewegliche Sachen, z. B. bebaute und unbebaute Grundstücke,

56.3.4.4
auf Geld gerichtete Forderungen, z. B. Ansprüche auf Darlehensrückzahlung,

56.3.4.5
sonstige Rechte, z. B. Rechte aus Wechseln, Aktien und anderen Gesellschaftsanteilen, Rechte aus Wohnungseigentum, Rechte aus Grundschulden, Nießbrauch, Dienstbarkeiten, Altenteil, auch Urheberrechte, soweit es sich bei der Nutzung um ein in Geld schätzbares Gut handelt.

56.3.5 Zum Vermögen i. S. des § 8 Abs. 7 NWoFG gehören nicht:

56.3.5.1
Vermögen, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes erbracht wird,

56.3.5.2
Altersvorsorge auf Basis eines zertifizierten Altersvorsorgevertrages in Höhe des nach § 10 a und/oder Abschnitt XI EStG geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge, soweit die Inhaberin oder der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwendet (vgl. § 93 EStG),

56.3.5.3
geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit die Inhaberin oder der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 1 500 EUR je vollendetem Lebensjahr der erwerbsfähigen zum Haushalt rechnenden Person, höchstens jedoch jeweils 90 000 EUR, nicht übersteigt,

56.3.5.4
angemessener Hausrat,

56.3.5.5
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede volljährige zum Haushalt rechnende Person,

56.3.5.6
Gegenstände, die

  1. a)

    für die Berufsausbildung oder Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind oder

  2. b)

    der Befriedigung geistiger, insbesondere wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse dienen und deren Besitz nicht Luxus ist,

56.3.5.7
Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB, mit Ausnahme der aus der Anlage von Schmerzensgeld erlangten Zinsen (BVerwG, Urteil vom 09.02.2012 - 5 C 10/11 - Leitsatz und Randnummern 9 und 30) sowie sonstige Leistungen mit Entschädigungscharakter (z. B. aus den Fonds "Heimerziehung in der DDR in den Jahren 1949 bis 1990" und "Heimerziehung West").

56.3.6 Wird ein Wohnberechtigungsschein wegen erheblichen Vermögens abgelehnt, kann die Wohnraumförderstelle in dem Ablehnungsbescheid das Vermögen für jede zum Haushalt rechnende Person einzeln ausweisen. Ist das Vermögen mehreren Personen gemeinsam zuzuordnen, kann angegeben werden, zu welchem Teil das Vermögen der jeweiligen zum Haushalt rechnenden Person zugeordnet wird (z. B. bei Miteigentum zweier Personen an einem Gegenstand ohne abweichende Vereinbarung oder gesetzliche Bestimmung je zur Hälfte).

56.3.7 Soweit zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Erteilung des Wohnberechtigungsscheins bekannt ist oder es sich konkret vorausschaubar abzeichnet, dass die Einhaltung der Einkommensgrenze nach § 3 NWoFG nicht länger als ein Jahr andauern wird, ist davon auszugehen, dass die Einkommensgrenze nach § 3 NWoFG nur vorübergehend nicht überschritten wird. In diesem Fall wäre die Inanspruchnahme eines Wohnberechtigungsscheins missbräuchlich.

Außer Kraft am 1. Januar 2026 durch Nummer 71 Satz 1 des RdErl. vom 23. April 2024 (Nds. MBl. 2024 Nr. 237)