Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 01.10.2012, Az.: 13 A 4373/12

logische Sekunde; Versetzung in den Ruhestand; Versorgungsabschlag; Zeitpunkt

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
01.10.2012
Aktenzeichen
13 A 4373/12
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44321
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 16.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2012 verpflichtet, die Versorgung der Klägerin unter Berücksichtigung eines Zeitpunktes der Versetzung in den Ruhestand vor dem 01. April 2012 neu festzusetzen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine pensionierte Beamtin, begehrt die Festsetzung einer höheren Versorgung.

Die Klägerin wurde am 09.09.1949 geboren. Mit Bescheid vom 23.03.2012 versetzte die Niedersächsische Landesschulbehörde die Klägerin mit Ablauf des Monats, in dem die Verfügung zugestellt wurde, wegen dauerhafter Dienstunfähigkeit in den Ruhestand. Der Bescheid vom 23.03.2012 wurde der Klägerin unstreitig noch im März 2012 zugestellt.

Mit Bescheid vom 16.04.2012 setzte die Beklagte die Versorgung der Klägerin fest. Dabei ermittelte sie einen Versorgungsabschlag von 3,02%.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. Ihrer Ansicht dürfe nur ein Versorgungsabschlag von 2,70 % angesetzt werden, weil sie das 63 Lebensjahr zuzüglich drei Monate bereits im Dezember 2012 vollende.

Die Beklagte wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2012, zugestellt am 21.06.2012, zurück. Es sei von der Vollendung des 63. Lebensjahres zuzüglich 4 Monate auszugehen, mithin der Zeitraum bis Januar 2013 anzusetzen, weil der Ruhestand zwar vor dem 01.05.2012 begonnen habe, nicht jedoch vor dem 01. April 2012. Der Beginn des Ruhestandes liege nicht vor dem 01.04.2012.

Die Klägerin hat am 13.07.2012 Klage erhoben.

Sie trägt vor, sie sei mit dem Ablauf des Monats März 2012 in den Ruhestand getreten, mithin vor dem 01. April 2012. Damit sei nur vom 63. Lebensjahr zuzüglich 3 Monaten auszugehen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 16.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2012 die Beklagte zu verpflichten, die Versorgung des Klägerin unter Berücksichtigung eines Versorgungsabschlages von 2,70 % neu festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie tritt der Klage entgegen und nimmt Bezug auf die Gründe des Widerspruchsbescheides. Maßgeblich sei der Beginn des Ruhestandes und nicht der Zeitpunkt der Aushändigung der Versetzungsverfügung. Die Versetzung in den Ruhestand sei erst mit 01.04.2012 wirksam geworden.

Alle Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die Kammer hat die Sache mit Beschluss vom 01.10.2012 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ergeht gemäß § 6 Abs. 1 VwGO durch den Einzelrichter.

Im Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung weiterhin ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO.

Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass ihr Versorgungsabschlag geringer als tatsächlich geschehen festgesetzt wird.

Gem. § 83 Abs. 4 NBeamtVG ist für die Berechnung des Versorgungsabschlages von der Vollendung des 63. Lebensjahres der Klägerin zuzüglich 3 Monate auszugehen, denn sie ist vor dem 01.April 2012 in den Ruhestand versetzt worden.

Nach § 38 Abs. 3 NBG beginnt der Ruhestand mit dem Ablauf des Monats, in dem der Beamtin oder dem Beamten die Verfügung über die Versetzung in den Ruhestand zugestellt worden ist. Da der Klägerin die Verfügung über die Versetzung in den Ruhestand noch im Monat März 2012 zugestellt worden ist, endete ihr aktives Beamtenverhältnis mithin mit Ablauf des 31.03.2012, 24:00 Uhr, ab 01.04.2012, 0:00 Uhr, war sie Ruhestandsbeamtin.

Einzuräumen ist der Beklagten, dass die Klägerin danach den gesamten Monat März 2012 noch aktive Beamtin war und dass es nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses der Versetzungsverfügung bzw. deren Bekanntgabe an die Klägerin ankommt. Soweit die Beklagte aber in ihrem Widerspruch sich auf den Beginn des Ruhestandes der Klägerin beruft, vermag das Gericht ihr nicht zu folgen. Denn § 83 Abs. 4 NBeamtVG stellt gerade nicht auf den Zeitpunkt des Beginns des Ruhestandes ab, sondern auf den Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand, der logischer Weise davor liegen muss.

Die Klägerin war jedoch zu keinem Zeitpunkt im April 2012 noch im aktiven Beamtenverhältnis, sondern von der ersten Sekunde des Monats an bereits Ruhestandsbeamtin. Die Versetzung in den Ruhestand muss damit zwangsläufig noch vor dem 01. April 0:00 Uhr erfolgt sein, in einer „logischen Sekunde zwischen den Monaten“.

Gründe für die Zulassung der Berufung gem. §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ist gem. § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO für notwendig zu erklären, weil sie vom Standpunkt einer verständigen Partei nicht überflüssig und willkürlich, sondern zweckmäßig erscheint (vgl. BVerwGE 55, 299, 306; Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 1,2,13; VBlBW 1986, 257). Angesichts der Gestaltung des Falles in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht kann die Klägerin nicht darauf verwiesen werden, sie hätte ihre Rechte gegenüber der Beklagten allein wahrnehmen können.