Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 26.09.2012, Az.: 11 A 1469/10
Agrarumweltprogramm; Antrag; Fehler; Irrtum; Kontrollsystem; NAU/BAU; offensichtlicher Irrtum; Zinsanspruch
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 26.09.2012
- Aktenzeichen
- 11 A 1469/10
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2012, 44473
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 236 Abs 1 S 1 AO
- § 238 AO
- Art 11 Abs 2 EGV 796/2004
- Art 12 EGV 2419/2001
- Art 19 EGV 796/2004
- Art 21 Abs 2 EGV 796/2004
- § 14 Abs 2 S 1 MGO
- EGV 1678/2005
- EGV 1974/2006
- EGV 1975/2006
- § 41 Abs 2 VwVfG
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Anträge für Fördermaßnahmen nach der Richtlinie NAU/BAU müssen sowohl bei der Antragstellung in Papierform als auch bei Antragstellung im elektronischen Verfahren formgebunden auf dem amtlichen Vordruck im Rahmen der vorgegebenen Fristen gestellt werden.
Die subjektive Komponente eines offensichtlichen Irrtums im Sinne des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 ist anzunhmen, wenn sich der vom Antragsteller geltend gemachte Irrtum auf eine Unvollständigkeit bezieht, die sich ihm jedenfalls angesichts der ihm nicht bekannten technischen Besonderheiten im erstmals durchgeführten elektronischen Antragsverfahren und bei oberflächlicher eigener Lektüre der Anlage zum Sammelantrag nicht hätte aufdrängen müssen
Zur Offentsichtlichkeit des Fehlers bei Fördermaßnahmen ökologischer Anbauverfahren, an denen nur der gesamte landwirtschaftliche Betrieb teilnehmen kann.
Zum Zinsanspruch im Rahmen der Betriebsprämienregelung.
Tenor:
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2009 aus dem Niedersächsischen und Bremer Agrarumweltprogramm - Maßnahme C ökologische Anbauverfahren - eine weitere Auszahlung in Höhe von 1.881,66 € nebst Zinsen auf einen Betrag von 1.850,00 € in Höhe von 0,5 % für jeden vollen Monat ab dem 17.03.2010 zu bewilligen.
Der Bescheid der Beklagten vom 15.02.2010 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Auszahlung weiterer Förderung für ökologische Anbauverfahren.
Unter dem 29.04.2008 meldete der Kläger mit dem Sammelantrag Agrarförderung und Umweltmaßnahmen 2008 seinen gesamten landwirtschaftlichen Betrieb mit insgesamt 108,96 ha zu den Agrarumweltmaßnahmen, Fördermaßnahme 130, an und stellte gleichzeitig einen Antrag zum Niedersächsischen/Bremer Agrar-Umweltprogramm (NAU/BAU) 2008. In den Anlage 1a (Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis) war im Feldblock DENILI D. unter der lfd. Nr. 5 der Schlag 51 aus dem Antragsverfahren 2007 mit 8,63 ha festgestellt und vom Kläger mit 1,45 ha beantragt und in Anlage 2 unter der lfd. Nr. 5 unterteilt in die Schläge 51 mit 1,45 ha, 52 mit 0,66 ha und 53 mit 6,52 ha aufgeführt.
Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 15.12.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger für den Verpflichtungszeitraum vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2013 eine Zuwendung in Höhe von jährlich maximal 28.165,76 € bei einer beantragten und festgestellten Fläche von 105,48 ha für die Teilnahme an der Maßnahme C für ökologische Anbauverfahren im gesamten Betrieb (FM 130) im Rahmen des Niedersächsischen/Bremer Agrar-Umweltprogrammes NAU/BAU C mit dem Hinweis auf die im Antrag NAU/BAU und im Sammelantrag Agrarförderung und Umweltmaßnahmen 2008 eingegangenen Verpflichtungen und abgegebenen Erklärungen.
Im Jahr 2009 beantragte der Kläger im Wege der digitalen Antragstellung erneut die Auszahlung der Förderung, markierte in Anlage 1a zum Sammelantrag Agrarförderung und Umweltmaßnahmen 2009 in Spalte 15 alle Flächen mit der Teilnahme an den Agrarumweltmaßnahmen und gab nunmehr unter der lfd. Nr. 5 den mit 1,45 ha vorgegebenen Schlag 51 im Feldblock DENILI D. ohne Unterteilung in weitere Schläge mit 8,63 ha an. In der auf der für das elektronische Antragsverfahren verwendeten CD war in der Anlage 2 unter der lfd. Nr. 5 der Schlag 51 mit 1,45 ha vorgegeben.
Mit Bescheid vom 15.02.2010 teilte die Beklagte dem Kläger die Auszahlung der Zuwendung im Rahmen des Niedersächsischen/Bremer Agrar-Umweltprogrammes für 2009 in Höhe von 26.284,60 Euro bei einer beantragten und festgestellten Fläche von 98,80 ha mit. Der Auszahlungsbetrag basiere auf den Angaben des Klägers im Sammelantrag Agrarförderung und Umweltmaßnahmen 2009.
Der Kläger hat am 17.03.2010 Klage erhoben.
Er trägt vor, bei der Vorgabe des Schlages 51 mit 1,45 ha unter lfd. Nr. 5 der Anlage 2 der im elektronischen Antragsverfahren 2009 verwendeten CD handle es sich um die Größe des Schlages 51 aus dem Vorjahr. Diese Größenangabe habe er versehentlich nicht geändert. Tatsächlich habe er weitete 7,18 ha bewirtschaftet. Diese 7,18 ha seien im Vorjahr in den Schlägen 52 und 53 in Anlage 2 zum Sammelantrag Agrarförderung und Umweltmaßnahmen 2008 aufgeführt worden. Da im Jahr 2009 keine Unterteilung des Feldblocks DENILI E. mehr erfolgt sei, seien die Schläge 52 und 53 nicht mehr in der Anlage 2 aufgeführt worden. Die Beklagte habe offensichtlich die Förderung nach NAU C in Höhe von 262,00 €/ha für die Fläche von 7,18 ha in diesem Feldblock nicht bewilligt, weil diese Fläche nicht in der Anlage 2 aufgeführt gewesen sei. Er habe aber auch im Jahr 2009 die Fördervoraussetzungen erfüllt. Ein schriftlicher Antrag, in dem die einzelnen Betriebsflächen mit ihrer jeweiligen Größe aufgeführt werden, sei bei der Fortführung der Maßnahme im Jahr 2009 nicht mehr vorgesehen gewesen. Selbst wenn man die Eintragung der einzelnen Flächen in Anlage 2 des elektronischen Sammelantrages als Voraussetzung ansehen wolle, läge ein offensichtlicher Fehler im Sammelantrag vor, der jederzeit berichtigt werden könne. Die Abweichungen der Flächenangaben in Anlage 1a von 8,63 ha und von 1,45 ha in Anlage 2 stelle einen offensichtlichen Fehler dar, da nur der gesamte Betrieb an der Fördermaßnahme 130 des NAU C teilnehmen könne. Bei einer möglichen Verringerung der Fläche vor Ende des fünfjährigen Verpflichtungszeitraums dürfte diese Fläche auch nicht mehr in Anlage 2 aufgeführt werden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihm für das Jahr 2009 aus den Niedersächsischen und Bremer Agrarumweltprogramm - Maßnahme C Ökologische Anbauverfahren - eine weitere Auszahlung in Höhe von 1.881,66 € zu bewilligen und den Bescheid der Beklagten vom 15.02.2010 aufzuheben, soweit er dem entgegensteht, und ihm Prozesszinsen in Höhe von 0,5 % auf 1.881,66 € seit Klageerhebung für jeden vollen Monat zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie führt ergänzend aus, die im Rahmen einer Agar-Umweltmaßnahme beantragten Flächen seien zwingend in der Anlage 2 des Sammelantrages mit der korrekten Größe einzutragen. Der Kläger habe erklärt, dass er den Sammelantrag 2009 vollständig ausgefüllt habe. Der Kläger habe auch nicht fristgerecht einen Änderungsantrag hinsichtlich der im Feldblock DENILI E. befindlichen Antragsfläche gestellt.
Die Korrektur eines offensichtlichen Fehlers komme nicht in Betracht, weil der Sammelantrag des Klägers keine widersprüchlichen Angaben aufweise. Eine Verringerung der Antragsfläche vor Ablauf des Verpflichtungszeitraums sei nicht ungewöhnlich. Die Beantragung der Flächen zur Auszahlung in der Anlage 2 stehe nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Auflage, dass alle Flächen ökologisch bewirtschaftet werden müssten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Nach § 6 Abs. 1 VwGO entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter.
Die Verpflichtungsklage ist zulässig, insbesondere rechtzeitig innerhalb der Klagefrist des § 74 VwGO erhoben.
Ein Abgangsvermerk ist auf dem im automatisierten Verfahren bei der Beklagten erstellten Bescheid nicht ersichtlich. Nach Angaben der Beklagten ist der Bescheid vom 15.02.2010 spätestens am Montag, dem 15.02.2010, zur Post aufgegeben worden. Bei Abgang des angegriffenen Bescheides vom 15.02.2010 am selben Tage, gilt dieser bei der Übermittlung durch die Post nach § 41 Abs. 2 VwVfG am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Klageerhebung am 17.03.2010 ist damit noch rechtzeitig.
Die Klage ist auch im Wesentlichen begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Auszahlung einer weiteren Zuwendung in Höhe von 1.881,66 € für das Jahr 2009 aus dem Niedersächsischen/Bremer Agrar-Umweltprogramm - Maßnahme C Ökologische Anbauverfahren - für eine Fläche von 7,18 ha nebst Zinsen im tenorierten Umfang. Insoweit ist der Bescheid der Beklagten vom 15.02.2010 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
Die Beihilfen für Agrarumweltmaßnahmen werden auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20.09.2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfond für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) - ABl. EU Nr. L 277 S. 1 -, der Durchführungsverordnungen Nr. 1974/2006 und Nr. 1975/2006 sowie dem hierzu ergangenen Folgerecht der Europäischen Gemeinschaft und der Grundsätze des Bundes über die Förderung einer markt- und standortangepassten Landbewirtschaftung von den Ländern Niedersachsen und Bremen unter finanzieller Beteiligung der EG und des Bundes nach Maßgabe der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für das Niedersächsische und Bremer Agrar-Umweltprogramm (NAU/BAU) 2008 und der VV zu § 44 LHO gewährt.
Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 15.12.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger für den Verpflichtungszeitraum vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2013 eine Zuwendung in Höhe von jährlich maximal 28.165,76 € bei einer beantragten und festgestellten Fläche von 105,48 ha für die Teilnahme an der Maßnahme C für ökologische Anbauverfahren im gesamten Betrieb (FM 130) im Rahmen des Niedersächsischen/Bremer Agrar-Umweltprogrammes NAU/BAU C.
Nach Ziff. I.6.3 der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für das Niedersächsische und Bremer Agrar-Umweltprogramm (NAU/BAU) 2008 (im Folgenden: Richtlinie NAU/BAU 2008) wird die Zuwendung von der Zahlstelle jährlich nach dem 30. September des auf die Bewilligung folgenden Jahres, spätestens jedoch bis zum darauf folgenden 28. Februar auf das von dem Antragsteller bestimmte Konto gezahlt, sofern er zuvor gegenüber der Bewilligungsbehörde schriftlich die Auszahlung beantragt und versichert hat, dass die Bewilligungsvoraussetzungen eingehalten sind und weiterhin vorliegen. Gleiches gilt auch für die Auszahlung in den Folgejahren, mithin auch für das hier maßgebliche Jahr 2009. Dazu wird in der Richtlinie NAU/BAU 2008 im Einzelnen weiter ausgeführt, dass der Auszahlungsantrag Teil des Sammelantrages Agrarförderung und Agrarumweltmaßnahmen ist. Der Stichtag für die Stellung des Auszahlungsantrags entspricht dem in der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 genannten Zeitpunkt der Antragstellung, der nach Art. 11 Abs. 2 auf den 15. Mai des Antragsjahres festgeschrieben war.
Liegt der Auszahlungsantrag der Bewilligungsbehörde zum vorgegebenen Termin nicht vollständig vor, verringern sich, außer in Fällen höherer Gewalt bzw. außergewöhnlicher Umstände, nach Ziff. I.6.3 der Richtlinie NAU/BAU 2008 die von dem Auszahlungsantrag betroffenen Zuwendungsbeträge des Betriebsinhabers pro Werktag der Verspätung um 1 v. H. der Beträge, auf die der Betriebsinhaber im Fall rechtzeitiger Einreichung Anspruch hätte. Beträgt die Terminüberschreitung mehr als 25 Tage, so entfällt jeder Zahlungsanspruch auf die Zuwendung für das laufende Jahr. Für die verspätete Nachmeldung von Einzelflächen finden die Regelungen des Artikels 21 Abs. 2 der der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 Anwendung.
Mithin war auch für die Auszahlung der Förderung für die Teilnahme an der Maßnahme C für ökologische Anbauverfahren im gesamten Betrieb im Jahr 2009 ein den Anforderungen genügender Auszahlungsantrag vom Kläger zu stellen.
Der Kläger hat unstreitig in der Anlage 2 zum Sammelantrag Agrarförderung und Umweltmaßnahmen 2009 - entsprechend der Vorgabe der im elektronischen Antragsverfahren verwendeten CD- den Schlag 51 nur mit 1,45 ha beantragt. Hinsichtlich der nunmehr geltend gemachten weiteren 7,18 ha fehlt es an einem rechtzeitig gestellten und den Anforderungen genügenden Antrag.
Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, ein schriftlicher Antrag, in dem die einzelnen Betriebsflächen mit ihrer jeweiligen Größe aufgeführt werden, sei bei der Fortführung der Maßnahme im Jahr 2009 nicht mehr vorgesehen gewesen.
Nach Ziffer I.6.1.1 der Richtlinie NAU/BAU 2007 wurden Zuwendungen nur auf schriftlichen Antrag gemäß amtlichem Vordruck gewährt. Dabei konnten die Anträge für die einzelnen Fördermaßnahmen nur formgebunden in einer vom ML festgesetzten Zeit gestellt werden. Im Zusammenhang mit den Vorgaben in Ziff. I.6.3 der Richtlinie NAU/BAU 2008 waren die Flächen auch in den Folgejahren zwingend in der Anlage 2 des jeweiligen Sammelantrages Agrarförderung und Umweltmaßnahmen einzutragen. Das gilt sowohl für die Antragstellung in Papierform als auch für die Antragstellung mittels CD. Eine Differenzierung verbietet sich schon nach dem Zweck der Formvorschriften und vor dem Hintergrund eines effizienten Verwaltungs- und Kontrollsystems. Für einen wirksamen bundesweiten Flächenabgleich der Antragsdaten kommt es in besonderem Maße darauf an, dass von vornherein korrekte Flächenbezeichnungen und Größen vollständig und richtig vom Antragsteller angegeben werden. Das Verfahren wurde zudem in den Ausfüllhinweisen zum Sammelantrag und zu den Anlagen 1a, 1b, und 2 ausführlich erläutert.
Darüber hinaus hatte der Kläger unter Ziff. IV.9.1. des Sammelantrages Agrarförderung und Umweltmaßnahmen 2009 erklärt, dass er die Anlage 2 zum Sammelantrag Agrarförderung und Umweltmaßnahmen 2009 vollständig ausgefüllt hat.
Einen Änderungsantrag hinsichtlich der im Feldblocks DENILI D. befindlichen Antragsflächen bewirtschafteten Flächen hat der Kläger für das Auszahlungsjahr 2009 nicht innerhalb der von Ziff. I.6.3 der Richtlinie NAU/BAU 2008 in Verbindung mit Artikel 21 Abs. 2 der der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 vorgegebenen Frist gestellt. Nach Ablauf dieser Frist konnte die nicht beantragte Teilfläche grundsätzlich nicht mehr bei der Auszahlung für das Antragjahr 2009 berücksichtigt werden.
Ein Fall höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände ist nicht vorgetragen und nicht nach Ziff. I.5.6 der Richtlinie NAU/BAU 2008 innerhalb von zehn Werktagen angezeigt worden. Der Kläger führt dazu selbst aus, er habe die vorgegebene Größe des Schlages 51 mit 1,45 ha unter lfd. Nr. 5 der Anlage 2 der im elektronischen Antragsverfahren verwendeten CD versehentlich nicht geändert.
Bei dem Fehler im Antragsformular handelt es sich nach Auffassung des Gerichts indessen um einen anzuerkennenden offensichtlicher Irrtum im Sinne des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004, der in dem Beihilfeantrag auch noch nach Ablauf der oben genannten Fristen korrigiert werden kann.
Nach dem Wortlaut des Art. 19 VO (EG) Nr. 796/2004 und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 12 VO (EG) Nr. 2419/2001, die auf Art. 19 (EG) Nr. 796/2004 übertragen werden kann (vgl. Nds.OVG, Beschl. v. 27.10.2010 - 10 LA 36/08 -), enthält der Irrtumsbegriff des Art. 19 (EG) Nr. 796/2004 eine objektive Komponente, die in der Abweichung des "Irrtümlichen" unter Einschluss des (nur) Unvollständigen von einem "Richtigen" besteht, und eine subjektive Komponente, die sich auf die Kenntnis und die Vorwerfbarkeit dieser Abweichung bezieht, und muss darüber hinaus offensichtlich gewesen sein.
Auf der objektiven Seite lag ein Fehler des Antragstellers vor, der auf einem reinen Versehen bei der Ausfüllung des Sammelantrages Agrarförderung und Umweltmaßnahmen 2009 beruhte. Er hatte lediglich unterlassen, auch in Anlage 2 zum Sammelantrag 2009 die vorgegebene Größe des Schlages 51 mit 1,45 ha unter lfd. Nr. 5 der im elektronischen Antragsverfahren verwendeten CD zu ändern.
Der subjektiven Komponente ist nach der Rechtsprechung Bundesverwaltungsgerichts und des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 26.08.2009 - 3 C 15.08 -; Nds. OVG, Beschl. v. 27.10.2010 - 10 LA 36/08 -) das Erfordernis der "Gutgläubigkeit" zuzuordnen, dass die Annahme eines Irrtums für bestimmte Fallgestaltungen in Anknüpfung an die Schuldform ausschließt. Dieser Ausschluss gilt ohne weiteres für den Vorsatz. Wer also die fehlerhafte Abweichung des "Irrtümlichen" vom "Richtigen" als solche erkennt und will oder wer sie doch zumindest für möglich hält und billigend in Kauf nimmt, der ist nicht gutgläubig und irrt sich nicht. Ein anzuerkennender Irrtum scheidet in der Regel zumindest dann aus, wenn die Unrichtigkeit des Antrags auf einer mittleren oder groben, bewussten Fahrlässigkeit beruht.
Anhaltspunkte für eine solche zumindest mittlere, bewusste Fahrlässigkeit sind nicht ersichtlich und nicht vorgetragen. Der vom Kläger geltend gemachte Irrtum bezieht sich auf eine Unvollständigkeit, die sich ihm jedenfalls angesichts der technischen Besonderheiten der im Antragsjahr 2009 erstmals im elektronischen Antragsverfahren verwendeten CD und bei oberflächlicher eigener Lektüre der Anlage nicht hätte aufdrängen müssen (vgl. zu den Anforderungen: Nds. OVG, Besch. v. 27.10.2010, a.a.O.). Dem Kläger war bei der erstmaligen Anwendung der CD nicht bewusst, das die von ihm in Anlage 1a zum Sammelantrag 2009 unter lfd. Nr. 5 vorgenommene Korrektur durch Löschen der nach den Angaben vom Vorjahr getrennt vorgegebenen Schläge 52 und 53 mit denen ihnen zugeordneten Größen automatisch im elektronischen Verfahren in Anlage 2 zum Sammelantrag 2009 übernommen worden ist und dass es damit ohne aktives Einfügen einer entsprechenden Korrektur bei der Untererklärung hinsichtlich der ursprünglich mit 1,45 ha angegebenen Größe des Schlages 51 verblieb. Nach Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gibt es im elektronischen Antragsverfahren bei solchen Untererklärungen - im Gegensatz zu Übererklärungen - keine Fehler- bzw. Änderungsmeldung des Systems. Auf diese Besonderheiten des elektronischen Antragsverfahrens war der Kläger auch nicht hingewiesen worden. Bei der erstmaligen Anwendung des Systems im Jahr 2009 war der Kläger mit diesen Besonderheiten des Systems nicht vertraut, so dass er keinen Anlass sah, die Angaben in der Anlage 2 einer besonderen Kontrolle zu unterziehen. Die Unvollständigkeit hätte sich ihm bei oberflächlicher Lektüre der Anlage 2 zum Sammelantrag 2009 auch nicht optisch aufdrängen müssen.Die Anlage 2 umfasste 22 Feldblöcke mit unterschiedlichen Schlagnummern, Schlaggrößen und Teilschlaggrößen sowie Kuturcodes. In dem tabellarisch aufgeführten Zahlenwerk hebt sich keine Eintragung optisch oder durch besondere Zusätze von den übrigen ab. Der Fehler hätte dem Kläger nur bei sorgfältigem Abgleich der Schlag- und Teilschlaggrößen in den einzelnen Zeilen der Anlagen 2 und 1a zum Sammelantrag 2009 auffallen können.
Der Irrtum des Klägers ist auch als offensichtlich einzustufen.
Nach der auch insoweit übertragbaren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 26.08.2009, a.a.O.) ist die Offensichtlichkeit eines Irrtums im Sinne des Art. 19 (EG) Nr. 796/2004 anzunehmen, wenn die Irrtümlichkeit des zu berichtigenden Antragsinhalts aus dem Antrag selbst oder aus solchen Umständen der Antragstellung, auf die bei der Antragsbearbeitung zurückgegangen werden muss, ersichtlich ist und auch für Dritte ohne weiteres zweifelsfrei erkennbar ist.
Die Abweichung der Schlaggröße hätte der Beklagten bereits bei der ohnehin durchzuführenden Kontrolle der Sammelantrages 2009 mit den dazugehörigen Anlagen aufgefallen müssen und ist ihr tatsächlich aufgefallen. Sie hat darüber hinaus ausweislich der handschriftlichen Anmerkungen vom 13.01.2010 in einem Abgleich mit den Antragsunterlagen 2008 konkret die nicht in Anlage 2 des Sammelantrages 2009 beantragten Flächen des Schlages 52 und 53 mit insgesamt 7,18 ha ermittelt. Dass es sich bei dieser von den Angaben in Anlage 1a zum Sammelantrag 2009 abweichenden Untererklärung des Klägers in der Anlage 2 um einen offensichtlichen Fehler bei der Antragstellung handelt, hätte sich der Beklagten erschließen müssen. An der Fördermaßnahme ökologischer Anbauverfahren (FM 130) kann nur der gesamte landwirtschaftliche Betrieb teilnehmen, so dass es jedenfalls bei dieser Fördermaßnahme bei rechtmäßigen Handeln nicht zu einer Abweichung der bei der Beantragung der Betriebsprämie im Gesamtflächen- und Nutzungsnachweis aufgeführten Flächen und der in der zusätzlichen Anlage 2 aufgeführten Flächen kommen kann. Selbst wenn eine Antragsfläche vor Ablauf des fünfjährigen Verpflichtungszeitraumes aus dem landwirtschaftlichen Betrieb - etwa durch vorzeitige Beendigung eines Pachtverhältnisses - ausgeschieden wäre, könnte dieser Umstand nur zu einer entsprechenden Verringerung der Fläche in Anlagen 2 und 1a führen, nicht hingegen zu einer Untererklärung ausschließlich in Anlage 2.
Mithin musste die im Feldblock DENILI E. befindliche Fläche zur Größe von weiteren 7,18 ha bei der Auszahlung für das Jahr 2009 berücksichtigt werden.
Die Klage ist hinsichtlich des begehrten Zinsanspruchs nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.
Gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisation und der Direktzahlungen (MOG) sind u. a. Ansprüche auf besondere Vergünstigungen ab Rechtshängigkeit nach Maßgabe der §§ 236, 238 und 239 der Abgabenordnung zu verzinsen.
Die dem Kläger im Rahmen der Betriebsprämienregelung zu gewährende Auszahlung für die bewilligte Agrarumweltmaßnahme ist eine besondere Vergünstigung i. S. v. § 14 Abs. 2 S. 1 MOG (vgl. §§ 1, 6 MOG; Art. 2 d) VO (EG) Nr. 1782/2003).
Der dem Kläger zusätzlich zustehende Betrag ist entsprechend § 236 Abs. 1 S. 1 AO vom Tag der Rechtshängigkeit an bis zum Auszahlungstag zu verzinsen. Entsprechend § 238 Abs. 1 AO betragen die nur für volle Monate zu zahlenden Zinsen für jeden Monat einhalb Prozent. Für die Berechnung der Zinsen wird der zu verzinsende Betrag auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag abgerundet (§ 238 Abs. 2 AO).
Hinsichtlich des darüber hinaus begehrten Zinsanspruchs war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2 ZPO.