Amtsgericht Göttingen
Beschl. v. 21.02.2005, Az.: 74 IN 330/04
Absonderungsrecht; angemessene Vergütung; Aussonderungsrecht; Bearbeitungsaufwand; Bemessungsgrundlage; Berechnungsgrundlage; Insolvenzeröffnungsverfahren; Insolvenzmasse; Insolvenzverfahrenseröffnung; Insolvenzverwaltervergütungsanspruch; Schuldnervermögen; Tätigkeitsaufwand; Vermögensgegenstand; Vermögensverwaltung; Vermögenswert; Verwaltungsaufwand; Verwaltungstätigkeit; vorläufiger Insolvenzverwalter
Bibliographie
- Gericht
- AG Göttingen
- Datum
- 21.02.2005
- Aktenzeichen
- 74 IN 330/04
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2005, 51085
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 165 InsO
- § 3 InsVV
- § 10 InsVV
- § 11 Abs 1 InsVV
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
Die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters kann die des endgültigen Insolvenzverwalters übersteigen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter im größeren Umfang mit Aus- oder Absonderungsrechten belastete Gegenstände verwaltet (im Anschluss an BGH ZIP 2001, 296 = ZInsO 2001, 165 = NZI 2001, 191 = DZWIR 2001, 210 = InVo 2001, 163).
Tenor:
Gemäß Antrag vom 31.01.2005 wird die Vergütung für die Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter auf 36.765,05 €
und für die Tätigkeit als Sachverständiger auf 796,73 €
festgesetzt.
Dem Insolvenzverwalter Rechtsanwalt wird gestattet, den festgesetzten Betrag der Insolvenzmasse zu entnehmen.
Gründe
Aufgrund Fremdantrages eines Kreditinstitutes vom 16. August 2004 ist nach Anhörung des Schuldners am 27.08.2004 ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und angeordnet worden, dass Verfügungen nur mit seiner Zustimmung wirksam sind. Nach Erstattung des Abschlussgutachtens vom 17.11.2004 ist am 23.11.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die am 04.01.2005 gem. § 153 InsO erstellte Vermögensübersicht bewertet das Vermögen unter Liquidationsgesichtspunkten mit 4.951.302,73 €. Auf das mit Absonderungsrechten belastete Grundvermögen entfallen 4.783.000,00 €.
Mit Antrag vom 31.01.2005 hat der Insolvenzverwalter neben Festsetzung der Vergütung als Sachverständiger die Festsetzung der Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter in Höhe von 36.765,05 € beantragt. Als Berechnungsgrundlage hat er die verwaltete Masse von 4.951.302,00 € zugrundegelegt. Im Rahmen der vorläufigen Insolvenzverwaltung waren umfangreiche Immobilien des Schuldners zu ermitteln und entsprechende Insolvenzvermerke in die Grundbücher einzutragen. Die Sicherungstätigkeit war mit erheblichen Problemen belastet, da das Grundbuchamt zunächst die Auffassung vertrat, zulasten des Miteigentumsanteils des Schuldners könne ein Insolvenzvermerk bei einer GbR nicht eingetragen werden. Weiter war Überprüfung der Absonderungsrechte aufwendig und mit rechtlichen Schwierigkeiten verbunden, da die zahlreichen Immobilien des Schuldners wechselseitig für verschiedene Darlehen hafteten. Zudem war der Schuldner nicht kooperationsbereit, so dass sämtliche Informationen aus Unterlagen herausgesucht werden mussten, die nur zeitlich versetzt übergeben wurden.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH (BGH ZIP 2001, 296, 299 = ZInsO 2001, 165 = NZI 2001, 191 = DZWIR 2001, 210 = InVo 2001, 163) legt der vorläufige Insolvenzverwalter das gesamte Vermögen des Schuldners zugrunde und errechnet bei einem Satz von 25 % für die vorläufige Insolvenzverwaltung eine Grundvergütung von 31.694,01 € zuzüglich Mehrwertsteuer beantragt.
Ergänzend weist der vorläufige Insolvenzverwalter darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BGH die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters zwar in einem angemessenen Verhältnis zur Vergütung des (endgültigen) Insolvenzverwalters stehen muss. Für dessen Vergütung ergibt sich unter Zugrundelegung einer freien Masse von 178.302,73 € ohne Zuschläge lediglich ein Betrag in Höhe von 20.184,91 €. Jedenfalls im Hinblick auf die geschilderte umfangreiche und problematische Tätigkeit sei im vorliegenden Fall eine Vergütung angemessen, die die des endgültigen Verwalters übersteige.
Das Insolvenzgericht hat die Vergütung antragsgemäß festgesetzt.
Der vorläufige Verwalter war mit der Sicherung und Verwaltung der mit Absonderungsrechten belasteten Grundstücke im nennenswerten Umfang befasst, so dass der volle Wert zugrunde zu legen ist. Angemessen ist ein Satz von mindestens 25 % der Vergütung des endgültigen Verwalters. Ein Abschlag gem. § 3 Abs. 2 InsVV ist nicht vorzunehmen. Dies käme nur in Betracht, wenn er keinen erheblichen Teil der Tätigkeit für vorhandene Absonderungsrechte aufgewendet hätte. Dies ist nicht der Fall. Im Gegenteil bezog sich seine Tätigkeit fast ausschließlich auf die mit Absonderungsrechten belegten Grundstücke.
Es ist auch unschädlich, dass die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters die des endgültigen Insolvenzverwalters übersteigt. Der BGH hat in der Grundsatzentscheidung vom 14.12.2000 (BGH ZIP 2001, 296, 300 = ZInsO 2001, 165 = NZI 2001, 191 = DZWIR 2001, 210 = InVo 2001, 163) zwar ausgeführt, dass der vorläufige Insolvenzverwalter im Ergebnis vergütungsrechtlich nicht besser zu stellen ist als der endgültige Insolvenzverwalter. In einer früheren Entscheidung hat das erkennende Gericht ausgesprochen, dass in diesem Zusammenhang eine Vergleichsrechnung mit der Vergütung des endgültigen Insolvenzverwalters erfolgen kann und ein Satz von 50 % der Vergütung des endgültigen Insolvenzverwalters nicht zu beanstanden ist (AG Göttingen - 74 IN 131/00 - Beschluss vom 01.03.2001, EzInSR InsVV § 11 Nr. 27). Daraus ist jedoch nicht der Schluss zu ziehen, dass die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters die des endgültigen Insolvenzverwalters nicht erreichen oder gar nicht übersteigen dürfe. Dies belegt auch der vorliegende Sachverhalt. Die aufwändige Ermittlung der Vermögensmasse des Schuldners erfolgte im Eröffnungsverfahren. Im eröffneten Verfahren liegen die Vermögensverhältnisse klar zu Tage, es geht lediglich noch um die Verwertung der Masse. Es bestehen daher keine Bedenken, dass im Ergebnis die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters die des endgültigen Insolvenzverwalters um mehr als 50 % übertrifft (ähnlich AG Chemnitz ZIP 2001, 1473). Ähnlich hat die Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen entschieden, in denen sie den Regelbruchteil der Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters von 25 % auf über 100 % erhöht hat (AG Siegen ZIP 2002, 2054: 105 %; LG Bielefeld ZInsO 2004, 1250: 125 %).
Insgesamt ergibt sich eine Vergütung in Höhe von 36.765,05 € (Grundvergütung 31.694,01 € zzgl. MwSt. 5.071,04 €).